Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr.Ebenbürtigkeit Hurtigkeit" dröhnend entgcgcnschallt. Ich muß zu meiner großen Beschämung Wie schon angedeutet worden ist, gehen sie aus von dem Grundsatze der Im besondern Falle ergiebt sich aus dieser Anschauung, daß möglichst Das Reichsgericht hat in zwei Entscheidungen die Ebenbürtigkeit des Ebenbürtigkeit Hurtigkeit" dröhnend entgcgcnschallt. Ich muß zu meiner großen Beschämung Wie schon angedeutet worden ist, gehen sie aus von dem Grundsatze der Im besondern Falle ergiebt sich aus dieser Anschauung, daß möglichst Das Reichsgericht hat in zwei Entscheidungen die Ebenbürtigkeit des <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0548" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/228850"/> <fw type="header" place="top"> Ebenbürtigkeit</fw><lb/> <p xml:id="ID_1901" prev="#ID_1900"> Hurtigkeit" dröhnend entgcgcnschallt. Ich muß zu meiner großen Beschämung<lb/> gestehen, daß ich mir die größte Mühe gegeben habe, das Zwingende, das<lb/> Logische der sich hiernach ergebenden Gedankenfolge zu erkennen, daß aber alle<lb/> meine Anstrengung vergebens gewesen ist. Ich stehe auf dem Boden christlich¬<lb/> konservativer Weltanschauung, ich bin sogar, man verzeihe die persönliche Ve-<lb/> merknng, aber um Mißverständnissen vorzubeugen, muß es gesagt sein, über¬<lb/> zeugter Monarchist, ja ein überzeugter Anhänger der durchaus „veralteten"<lb/> und „unwissenschaftlichen" Theorie der Monarchie von Gottes Gnaden. Und<lb/> trotzdem dieser Mangel an Verständnis! Unbegreiflich! werden die konservativen<lb/> Gegner sagen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1902"> Wie schon angedeutet worden ist, gehen sie aus von dem Grundsatze der<lb/> Legitimität. Thrvufolgeberechtigt ist der legitime Erbe. In allen deutschen<lb/> Fürstenhäusern ist legitimer Thronerbe der Erstgeborne der ältesten Linie. Er<lb/> ist, sobald der Thron ihm zufällt, der Herrscher von Gottes Gnaden. 1^6 roi<lb/> 68t mort, vivs 1o roi! Darüber herrscht allseitige Übereinstimmung. Da haben<lb/> wir es ja klar und deutlich! Wenn also der Primogenitus der ältesten Linie<lb/> der legitime Erbe ist, so widerspricht es dem Legitimitätsprinzip, ihn und<lb/> damit auch seine Nachkommen, wenn er solche hat, aus irgend einem Grunde,<lb/> sei es, welcher es wolle, von der Thronfolge auszuschließen. Folglich kann er<lb/> auch nicht wegen mangelnder „Ebenbürtigkeit" von der Thronfolge ausgeschlossen<lb/> werden. Das dürfte mit kurzen Worten der Gedankengang konservativer Gegner<lb/> der „Ebenbürtigkeit" sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_1903"> Im besondern Falle ergiebt sich aus dieser Anschauung, daß möglichst<lb/> milden Ebenbürtigkeitsgrundsätzen das Wort geredet oder unleugbar bestehenden<lb/> Ebenbürtigkeitsgrundsätzen eine möglichst milde Auslegung gegeben wird. So<lb/> sind wir dazu gekommen, daß gegenwärtig fast die gesamte Presse darüber einig<lb/> ist, daß auch im neunzehnten Jahrhundert der niedere Adel den regierenden<lb/> Häusern ebenbürtig sei, wenn nicht deren Hausgesetze strengere Bestimmungen<lb/> enthalten. Die Meinungen der liberalen und der konservativen Presse gehen<lb/> nur dahin auseinander, daß diese einen solche» Rechtssatz natürlich sindet,<lb/> während jene ihn baldigst abgeschafft wissen will.</p><lb/> <p xml:id="ID_1904" next="#ID_1905"> Das Reichsgericht hat in zwei Entscheidungen die Ebenbürtigkeit des<lb/> niedern Adels mit den sogenannten neufürstlichen und den reichsgräflichen<lb/> Häusern anerkannt. Zwar betrifft die eine Entscheidung eine Ehe, die in die<lb/> Zeit vor der Bundesakte fällt, die andre eine Ehe in einem mediatisirten<lb/> Hause; das hindert aber die Gelehrten der Presse nicht, den Grundsatz der<lb/> Ebenbürtigkeit des niedern Adels auch für die regierenden Häuser des neun¬<lb/> zehnten Jahrhunderts zu verallgemeinern. Wie es in frühern Jahrhunderten<lb/> Rechtens war, mag hier dahingestellt bleiben, daß sich aber der deutsche Vürger-<lb/> stand eine angebliche Rechtsüberzeugung gefallen läßt, nach der in unserm<lb/> Jahrhundert der niedre Adel den regierenden Häusern gemeinrechtlich eben-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0548]
Ebenbürtigkeit
Hurtigkeit" dröhnend entgcgcnschallt. Ich muß zu meiner großen Beschämung
gestehen, daß ich mir die größte Mühe gegeben habe, das Zwingende, das
Logische der sich hiernach ergebenden Gedankenfolge zu erkennen, daß aber alle
meine Anstrengung vergebens gewesen ist. Ich stehe auf dem Boden christlich¬
konservativer Weltanschauung, ich bin sogar, man verzeihe die persönliche Ve-
merknng, aber um Mißverständnissen vorzubeugen, muß es gesagt sein, über¬
zeugter Monarchist, ja ein überzeugter Anhänger der durchaus „veralteten"
und „unwissenschaftlichen" Theorie der Monarchie von Gottes Gnaden. Und
trotzdem dieser Mangel an Verständnis! Unbegreiflich! werden die konservativen
Gegner sagen.
Wie schon angedeutet worden ist, gehen sie aus von dem Grundsatze der
Legitimität. Thrvufolgeberechtigt ist der legitime Erbe. In allen deutschen
Fürstenhäusern ist legitimer Thronerbe der Erstgeborne der ältesten Linie. Er
ist, sobald der Thron ihm zufällt, der Herrscher von Gottes Gnaden. 1^6 roi
68t mort, vivs 1o roi! Darüber herrscht allseitige Übereinstimmung. Da haben
wir es ja klar und deutlich! Wenn also der Primogenitus der ältesten Linie
der legitime Erbe ist, so widerspricht es dem Legitimitätsprinzip, ihn und
damit auch seine Nachkommen, wenn er solche hat, aus irgend einem Grunde,
sei es, welcher es wolle, von der Thronfolge auszuschließen. Folglich kann er
auch nicht wegen mangelnder „Ebenbürtigkeit" von der Thronfolge ausgeschlossen
werden. Das dürfte mit kurzen Worten der Gedankengang konservativer Gegner
der „Ebenbürtigkeit" sein.
Im besondern Falle ergiebt sich aus dieser Anschauung, daß möglichst
milden Ebenbürtigkeitsgrundsätzen das Wort geredet oder unleugbar bestehenden
Ebenbürtigkeitsgrundsätzen eine möglichst milde Auslegung gegeben wird. So
sind wir dazu gekommen, daß gegenwärtig fast die gesamte Presse darüber einig
ist, daß auch im neunzehnten Jahrhundert der niedere Adel den regierenden
Häusern ebenbürtig sei, wenn nicht deren Hausgesetze strengere Bestimmungen
enthalten. Die Meinungen der liberalen und der konservativen Presse gehen
nur dahin auseinander, daß diese einen solche» Rechtssatz natürlich sindet,
während jene ihn baldigst abgeschafft wissen will.
Das Reichsgericht hat in zwei Entscheidungen die Ebenbürtigkeit des
niedern Adels mit den sogenannten neufürstlichen und den reichsgräflichen
Häusern anerkannt. Zwar betrifft die eine Entscheidung eine Ehe, die in die
Zeit vor der Bundesakte fällt, die andre eine Ehe in einem mediatisirten
Hause; das hindert aber die Gelehrten der Presse nicht, den Grundsatz der
Ebenbürtigkeit des niedern Adels auch für die regierenden Häuser des neun¬
zehnten Jahrhunderts zu verallgemeinern. Wie es in frühern Jahrhunderten
Rechtens war, mag hier dahingestellt bleiben, daß sich aber der deutsche Vürger-
stand eine angebliche Rechtsüberzeugung gefallen läßt, nach der in unserm
Jahrhundert der niedre Adel den regierenden Häusern gemeinrechtlich eben-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |