Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr.Frühlingstage am Garigliano dann aber wurde die ganze Stimmung des Bildes und der Ausdruck des Das Sehenswerteste in Alatri ist ohne Zweifel die Burg. Man erreicht Hier erheben sich eine Menge zum Teil noch ungelöster Fragen: Von Frühlingstage am Garigliano dann aber wurde die ganze Stimmung des Bildes und der Ausdruck des Das Sehenswerteste in Alatri ist ohne Zweifel die Burg. Man erreicht Hier erheben sich eine Menge zum Teil noch ungelöster Fragen: Von <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0364" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/228666"/> <fw type="header" place="top"> Frühlingstage am Garigliano</fw><lb/> <p xml:id="ID_1269" prev="#ID_1268"> dann aber wurde die ganze Stimmung des Bildes und der Ausdruck des<lb/> schönen Kopfes freundlicher und ging in die Gestalt der heimischen Frau<lb/> Holle über.</p><lb/> <p xml:id="ID_1270"> Das Sehenswerteste in Alatri ist ohne Zweifel die Burg. Man erreicht<lb/> sie, von der Stadt aufsteigend auf der Nordseite, wo im Mittelalter ein breiter<lb/> Zugang durch die Umfassungsmauer gebrochen worden ist. Sie nimmt das ganze<lb/> Plateau des Bergs von Alatri ein und sollte wohl nach dem Plane der Er¬<lb/> bauer ungefähr ein Rechteck darstellen. Aber die Terrainverhältnisse bewirkten,<lb/> daß an der Nordwestseite ein rechtwinkliges Dreieck fehlt, sodaß die Nord¬<lb/> seite einen stumpfen Winkel bildet und ans dem Rechteck ein unregelmäßiges<lb/> Fünfeck geworden ist. Die Länge des ummauerten Platzes betrügt etwa<lb/> 200 Meter, die Breite etwa 100 bis 125 Meter, der Flächeninhalt also etwa<lb/> 22000 Quadratmeter. Die Mauern erheben sich gegenwärtig etwa noch zehn<lb/> Meter über den Boden. Wenn man diese Mauern rings umwandelt, so wird<lb/> man in Staunen gesetzt durch die riesigen Werkstücke, die hier ohne Binde¬<lb/> mittel kunstvoll über einander getürmt sind und so den Jahrtausenden getrotzt<lb/> haben und noch weitern Jahrtausenden trotzen werden. Ich habe einzelne<lb/> dieser geglätteten Felsblöcke gemessen und gefunden, daß sie bis zu drei Meter<lb/> lang und bis gegen zwei Meter hoch vorkommen. Die Dicke entzieht sich in<lb/> den meisten Fällen der Schätzung, doch überschreitet sie sicherlich überall einen<lb/> Meter. Es sind also zu diesem Ban Blöcke etwa von sechs Kubikmeter Inhalt<lb/> bewegt worden. Am gewaltigsten erscheint die Struktur des unweit der Süd¬<lb/> ostecke gelegnen Thores. Es ist genau nach Süden gerichtet, zu ihm führen<lb/> vom jetzigen Fuße der Mauer dreizehn Stufen empor. In rechteckiger Form<lb/> errichtet ist es 2,42 Meter breit, 3,75 Meter hoch und oben durch einen<lb/> Monolithen von 5 Meter Länge, 1,K0 Meter Höhe und 1,75 Meter Dicke<lb/> geschlossen. Drei archaische Phalli, Symbole der Fruchtbarkeit, sind mit roher<lb/> Arbeit in diese Niesendeckplattc eingemeißelt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1271" next="#ID_1272"> Hier erheben sich eine Menge zum Teil noch ungelöster Fragen: Von<lb/> wem, wann, wie und warum wurden diese Riesenbauten in Alatri, Arpinum,<lb/> segni und andern Bergstädten Latinas, des Herniker- und Volskerlcmds er¬<lb/> richtet? Diese Fragen haben schon die Römer in den spätern Epochen<lb/> ihrer Geschichte aufgeworfen. Aber der naive Glaube der Leute im Zeitalter<lb/> der punischen Kriege und Virgils sah in diesen Bauwerken eine übermenschliche<lb/> Kraftleistung der Titanen oder Cyklopen, oder man führte sie auf den Vater<lb/> der Götter, auf Saturn zurück. Noch heute behauptet der Volksmund, Saturn<lb/> habe die Burgen in Arpino, Aquino, Alatri, Atiua und Anagni gebaut. Die<lb/> moderne Wissenschaft hat wenigstens soviel festgestellt, daß diese sogenannten<lb/> Cyklopenbauten von den alten Jtalikern, also eben von den Stämmen, die wir<lb/> als Latiner, Herniker, Volsker, Marsen, Äqucr in der Geschichte kennen, er¬<lb/> richtet worden sind, allerdings in Zeiten, über die wir keine geschichtliche Über-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0364]
Frühlingstage am Garigliano
dann aber wurde die ganze Stimmung des Bildes und der Ausdruck des
schönen Kopfes freundlicher und ging in die Gestalt der heimischen Frau
Holle über.
Das Sehenswerteste in Alatri ist ohne Zweifel die Burg. Man erreicht
sie, von der Stadt aufsteigend auf der Nordseite, wo im Mittelalter ein breiter
Zugang durch die Umfassungsmauer gebrochen worden ist. Sie nimmt das ganze
Plateau des Bergs von Alatri ein und sollte wohl nach dem Plane der Er¬
bauer ungefähr ein Rechteck darstellen. Aber die Terrainverhältnisse bewirkten,
daß an der Nordwestseite ein rechtwinkliges Dreieck fehlt, sodaß die Nord¬
seite einen stumpfen Winkel bildet und ans dem Rechteck ein unregelmäßiges
Fünfeck geworden ist. Die Länge des ummauerten Platzes betrügt etwa
200 Meter, die Breite etwa 100 bis 125 Meter, der Flächeninhalt also etwa
22000 Quadratmeter. Die Mauern erheben sich gegenwärtig etwa noch zehn
Meter über den Boden. Wenn man diese Mauern rings umwandelt, so wird
man in Staunen gesetzt durch die riesigen Werkstücke, die hier ohne Binde¬
mittel kunstvoll über einander getürmt sind und so den Jahrtausenden getrotzt
haben und noch weitern Jahrtausenden trotzen werden. Ich habe einzelne
dieser geglätteten Felsblöcke gemessen und gefunden, daß sie bis zu drei Meter
lang und bis gegen zwei Meter hoch vorkommen. Die Dicke entzieht sich in
den meisten Fällen der Schätzung, doch überschreitet sie sicherlich überall einen
Meter. Es sind also zu diesem Ban Blöcke etwa von sechs Kubikmeter Inhalt
bewegt worden. Am gewaltigsten erscheint die Struktur des unweit der Süd¬
ostecke gelegnen Thores. Es ist genau nach Süden gerichtet, zu ihm führen
vom jetzigen Fuße der Mauer dreizehn Stufen empor. In rechteckiger Form
errichtet ist es 2,42 Meter breit, 3,75 Meter hoch und oben durch einen
Monolithen von 5 Meter Länge, 1,K0 Meter Höhe und 1,75 Meter Dicke
geschlossen. Drei archaische Phalli, Symbole der Fruchtbarkeit, sind mit roher
Arbeit in diese Niesendeckplattc eingemeißelt.
Hier erheben sich eine Menge zum Teil noch ungelöster Fragen: Von
wem, wann, wie und warum wurden diese Riesenbauten in Alatri, Arpinum,
segni und andern Bergstädten Latinas, des Herniker- und Volskerlcmds er¬
richtet? Diese Fragen haben schon die Römer in den spätern Epochen
ihrer Geschichte aufgeworfen. Aber der naive Glaube der Leute im Zeitalter
der punischen Kriege und Virgils sah in diesen Bauwerken eine übermenschliche
Kraftleistung der Titanen oder Cyklopen, oder man führte sie auf den Vater
der Götter, auf Saturn zurück. Noch heute behauptet der Volksmund, Saturn
habe die Burgen in Arpino, Aquino, Alatri, Atiua und Anagni gebaut. Die
moderne Wissenschaft hat wenigstens soviel festgestellt, daß diese sogenannten
Cyklopenbauten von den alten Jtalikern, also eben von den Stämmen, die wir
als Latiner, Herniker, Volsker, Marsen, Äqucr in der Geschichte kennen, er¬
richtet worden sind, allerdings in Zeiten, über die wir keine geschichtliche Über-
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