Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr.Vorgeschichte der Kolonisation in Siidwestafrika Damaralande zu übernehmen war der britischen Regierung bei dem geringen Als die Kapbeamten Südwestafrika betraten, herrschte Friede zwischen Wenn bloß eine Orientirung über die Landesverhältnisse beabsichtigt war, Grenzboten III 1898 33
Vorgeschichte der Kolonisation in Siidwestafrika Damaralande zu übernehmen war der britischen Regierung bei dem geringen Als die Kapbeamten Südwestafrika betraten, herrschte Friede zwischen Wenn bloß eine Orientirung über die Landesverhältnisse beabsichtigt war, Grenzboten III 1898 33
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0265" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/228567"/> <fw type="header" place="top"> Vorgeschichte der Kolonisation in Siidwestafrika</fw><lb/> <p xml:id="ID_925" prev="#ID_924"> Damaralande zu übernehmen war der britischen Regierung bei dem geringen<lb/> Werte von Südwestafrika zu viel. Knrzerhand berief sie 1880 die sämtlichen<lb/> Beamten ab, zahlte die erhobnen Steuern zurück und übergab das Walfisch¬<lb/> baigebiet der Kapregierung, die es seitdem behalten hat. Der dritte Versuch,<lb/> eine europäische Herrschaft im Damaralande einzurichten, wurde damit freiwillig<lb/> aufgegeben. Er hatte der britischen Krone etwa 250000 Mark gekostet. Wenn<lb/> ich die Gründe zusammenfasse, die den ungünstigen Erfolg zelligem, so waren<lb/> es folgende:</p><lb/> <p xml:id="ID_926"> Als die Kapbeamten Südwestafrika betraten, herrschte Friede zwischen<lb/> den Hauptstümmen, aber die europäischen Händler waren schutzlos gegen die<lb/> Willkür einzelner Eingeborner und ganzer Stämme. Zweckmäßig wurde mit<lb/> dem Studium der Verhältnisse ein Mann betraut, der Land und Leute schon<lb/> kannte. Praktisch war es auch, daß dem Kommissar keine Truppe oder Kon-<lb/> stabler mitgegeben wurden. Das hätte die Kapregierung nur vorzeitig ver¬<lb/> pflichtet, die Orientirung erschwert und verteuert. Daß die Orientirung und<lb/> Vorbereitung der Besitzergreifung aber nur einem Kommissar übertragen wurde,<lb/> war bei der uralten Stammfeindschaft der beiden wichtigsten Stämme ein<lb/> Fehler; denn bei aller Geschicklichkeit, die der englische Kommissar bewies, war<lb/> es unvermeidlich, daß die Herero in dem Bewußtsein des englischen Schutzes<lb/> auf Kosten der Rama übermütig und mißtrauisch wurden. Es wäre vielleicht<lb/> besser gewesen, gleichzeitig zu den Herero und Rama Kommissare zu senden.<lb/> Die Regierung würde dann auch schneller bedient worden sein. Der Wieder-<lb/> ausbruch des Nassekriegs zwischen Gelben und Schwarzen ist ein Beweis für<lb/> die begangnen Fehler.</p><lb/> <p xml:id="ID_927"> Wenn bloß eine Orientirung über die Landesverhältnisse beabsichtigt war,<lb/> durften durchaus keine Eingriffe in die politischen Beziehungen der Stämme<lb/> gemacht werden, wie dies durch die Einmischung in den Streit der Rama und<lb/> Damara geschah. Ebenso durfte aber auch in ihre Beziehungen zu den Euro¬<lb/> päern nicht eingegriffen werden. Daß von den Europäern außerhalb des Wal¬<lb/> fischbaigebiets, nach der Besitznahme der Walsischbai, anßer den Hafengebühren<lb/> auch noch Steuern erhoben und sie britischer Rechtspflege unterstellt wurden,<lb/> war ungerechtfertigt. Sowie dies geschah, mußte die britische Regierung anch<lb/> den Schutz der Europäer übernehmen. Und dazu war es nötig, mit Truppen<lb/> aufzutreten, stark genug, die Eingebornen in Schach zu halten. Daß dies<lb/> nicht geschah, täuschte die Erwartungen der europäischen Händler und Missio¬<lb/> nare, mußte sie verstimmen und rief Anfeindungen gegen die englischen Be¬<lb/> amten hervor. Es wären Wohl auch alle diese Enttäuschungen und Unzu¬<lb/> friedenheiten mehr vermieden worden, wenn der Zweck des Kommissars von<lb/> vornherein öffentlich bekannt gegeben worden wäre. Wie verfehlt die ganze<lb/> Besitzergreifung verlief, zeigt am besten, daß alle Europäer im Lande neu auf¬<lb/> atmeten, als die englischen Beamten weg waren.</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten III 1898 33</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0265]
Vorgeschichte der Kolonisation in Siidwestafrika
Damaralande zu übernehmen war der britischen Regierung bei dem geringen
Werte von Südwestafrika zu viel. Knrzerhand berief sie 1880 die sämtlichen
Beamten ab, zahlte die erhobnen Steuern zurück und übergab das Walfisch¬
baigebiet der Kapregierung, die es seitdem behalten hat. Der dritte Versuch,
eine europäische Herrschaft im Damaralande einzurichten, wurde damit freiwillig
aufgegeben. Er hatte der britischen Krone etwa 250000 Mark gekostet. Wenn
ich die Gründe zusammenfasse, die den ungünstigen Erfolg zelligem, so waren
es folgende:
Als die Kapbeamten Südwestafrika betraten, herrschte Friede zwischen
den Hauptstümmen, aber die europäischen Händler waren schutzlos gegen die
Willkür einzelner Eingeborner und ganzer Stämme. Zweckmäßig wurde mit
dem Studium der Verhältnisse ein Mann betraut, der Land und Leute schon
kannte. Praktisch war es auch, daß dem Kommissar keine Truppe oder Kon-
stabler mitgegeben wurden. Das hätte die Kapregierung nur vorzeitig ver¬
pflichtet, die Orientirung erschwert und verteuert. Daß die Orientirung und
Vorbereitung der Besitzergreifung aber nur einem Kommissar übertragen wurde,
war bei der uralten Stammfeindschaft der beiden wichtigsten Stämme ein
Fehler; denn bei aller Geschicklichkeit, die der englische Kommissar bewies, war
es unvermeidlich, daß die Herero in dem Bewußtsein des englischen Schutzes
auf Kosten der Rama übermütig und mißtrauisch wurden. Es wäre vielleicht
besser gewesen, gleichzeitig zu den Herero und Rama Kommissare zu senden.
Die Regierung würde dann auch schneller bedient worden sein. Der Wieder-
ausbruch des Nassekriegs zwischen Gelben und Schwarzen ist ein Beweis für
die begangnen Fehler.
Wenn bloß eine Orientirung über die Landesverhältnisse beabsichtigt war,
durften durchaus keine Eingriffe in die politischen Beziehungen der Stämme
gemacht werden, wie dies durch die Einmischung in den Streit der Rama und
Damara geschah. Ebenso durfte aber auch in ihre Beziehungen zu den Euro¬
päern nicht eingegriffen werden. Daß von den Europäern außerhalb des Wal¬
fischbaigebiets, nach der Besitznahme der Walsischbai, anßer den Hafengebühren
auch noch Steuern erhoben und sie britischer Rechtspflege unterstellt wurden,
war ungerechtfertigt. Sowie dies geschah, mußte die britische Regierung anch
den Schutz der Europäer übernehmen. Und dazu war es nötig, mit Truppen
aufzutreten, stark genug, die Eingebornen in Schach zu halten. Daß dies
nicht geschah, täuschte die Erwartungen der europäischen Händler und Missio¬
nare, mußte sie verstimmen und rief Anfeindungen gegen die englischen Be¬
amten hervor. Es wären Wohl auch alle diese Enttäuschungen und Unzu¬
friedenheiten mehr vermieden worden, wenn der Zweck des Kommissars von
vornherein öffentlich bekannt gegeben worden wäre. Wie verfehlt die ganze
Besitzergreifung verlief, zeigt am besten, daß alle Europäer im Lande neu auf¬
atmeten, als die englischen Beamten weg waren.
Grenzboten III 1898 33
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |