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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr.

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Vorgeschichte der Kolonisation in Südwestafrika

gewissen Gideon Visagio, einem Weißen (Bastard), der bei den Hottentotten
herumvagabundirte.

Am 23. Januar wurde Walfischbai erreicht. Der Kapitän der Meermin
war schon vor zwei Jahren in diesem Hafen gewesen und hatte damals die
dortigen Hottentotten im Besitz von etwa hundert Rindern gefunden. Am 25.
ging van Recueil ans Land und handelte einiges Vieh von den Hottentotten
ein. Diese kannten Memcmd und teilten mit, daß er südöstlich von Walfischbai
wohne, doch lehnten sie es ab, die Holländer zu ihm zu führen. Am 29. Januar
machte sich einer der Begleiter van Remms, Pieter Pienaar, mit einigen der
vom Kap mitgebrachten Hottentotten auf die Reise ins Innere. Sie kehrten
am 20. Februar zurück. Nach ihren Berichten sind sie wahrscheinlich das
Swakopthal hinaufgegangen. Sie hatten fünf Damarawerfte getroffen. Aber
niemand hatte etwas von Inemcmd oder einem andern Metall als Kupfer
gehört; Wild hatte sich im Überfluß gezeigt: Elefanten, Rhinozerosse, Büffel,
Antilopen und Löwen. Am 26. Februar wurde auch in Walfischbai ein
Hoheitszeichen errichtet, und da man die Hoffnung, Gold zu finden, aufgab,
so kehrte die Meermin am 3. März wieder von Walsischbai nach Kapstadt zurück,
wo sie am 10. April anlangte. Es stellte sich hinterher heraus, daß Freyr
angeblich der Dürre wegen nur eine sehr kurze Strecke vorgedrungen war.

Die Verluste der Expeditionen, die schwere Zugänglichkeit und die daraus
folgende Aussichtslosigkeit der Erzausfuhr kühlten das Interesse der Voeren
und der holländischen Negierung am Damaralande ab/°) Dagegen drangen
einzelne mit Feuergewehren bewaffnete Orlcims, Bastardboeren, europäische
Händler, den Walfischfängern weggelaufne Matrosen immer noch von Zeit zu
Zeit in Rama- und Damaralcmd ein. 1835 versuchte der englische Kapitän
Alexander einen Niudviehhandel von Damaralcmd nach Se. Helena einzurichten,
mußte aber sein Unternehmen aufgeben. Er sah bald, daß keine bestimmten
Lieferungen und Lieferfristen für Vieh eingehalten werden konnten, da die Ein-
gebornen vielfach nicht zu bewegen waren, ihre Ochsen zu verkaufen, und
andrerseits das Vieh infolge der Strapazen in ganz schlechter Beschaffenheit
an der Küste ankam.

Von größerer Bedeutung waren die Versuche der englischen Mission, festen
Fuß in Rama- und Damaralcmd zu fassen. Im Auftrage einer englischen
Missionsgesellschaft ließ sich 1814 der deutsche Missionar Schneken in Bethanien
nieder. Damals suchten die Missionare dadurch Einfluß zu gewinnen, daß sie
eingeborne Frauen heirateten, ein Verfahren, von dem man jetzt ganz ab¬
gekommen ist. Schneken war der erste Missionar, der eine Hottentottin hei¬
ratete, und das machte ihm möglich, der Mission dadurch vorzuarbeiten, daß



Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde 1889, Ur. 4, Erste Reise eines Europäers
im Dmnaraland, übersetzt von Dr. Büttner aus der 55u1c1 ^kril^Aisolis liMolultt, Februar 1889.
Vorgeschichte der Kolonisation in Südwestafrika

gewissen Gideon Visagio, einem Weißen (Bastard), der bei den Hottentotten
herumvagabundirte.

Am 23. Januar wurde Walfischbai erreicht. Der Kapitän der Meermin
war schon vor zwei Jahren in diesem Hafen gewesen und hatte damals die
dortigen Hottentotten im Besitz von etwa hundert Rindern gefunden. Am 25.
ging van Recueil ans Land und handelte einiges Vieh von den Hottentotten
ein. Diese kannten Memcmd und teilten mit, daß er südöstlich von Walfischbai
wohne, doch lehnten sie es ab, die Holländer zu ihm zu führen. Am 29. Januar
machte sich einer der Begleiter van Remms, Pieter Pienaar, mit einigen der
vom Kap mitgebrachten Hottentotten auf die Reise ins Innere. Sie kehrten
am 20. Februar zurück. Nach ihren Berichten sind sie wahrscheinlich das
Swakopthal hinaufgegangen. Sie hatten fünf Damarawerfte getroffen. Aber
niemand hatte etwas von Inemcmd oder einem andern Metall als Kupfer
gehört; Wild hatte sich im Überfluß gezeigt: Elefanten, Rhinozerosse, Büffel,
Antilopen und Löwen. Am 26. Februar wurde auch in Walfischbai ein
Hoheitszeichen errichtet, und da man die Hoffnung, Gold zu finden, aufgab,
so kehrte die Meermin am 3. März wieder von Walsischbai nach Kapstadt zurück,
wo sie am 10. April anlangte. Es stellte sich hinterher heraus, daß Freyr
angeblich der Dürre wegen nur eine sehr kurze Strecke vorgedrungen war.

Die Verluste der Expeditionen, die schwere Zugänglichkeit und die daraus
folgende Aussichtslosigkeit der Erzausfuhr kühlten das Interesse der Voeren
und der holländischen Negierung am Damaralande ab/°) Dagegen drangen
einzelne mit Feuergewehren bewaffnete Orlcims, Bastardboeren, europäische
Händler, den Walfischfängern weggelaufne Matrosen immer noch von Zeit zu
Zeit in Rama- und Damaralcmd ein. 1835 versuchte der englische Kapitän
Alexander einen Niudviehhandel von Damaralcmd nach Se. Helena einzurichten,
mußte aber sein Unternehmen aufgeben. Er sah bald, daß keine bestimmten
Lieferungen und Lieferfristen für Vieh eingehalten werden konnten, da die Ein-
gebornen vielfach nicht zu bewegen waren, ihre Ochsen zu verkaufen, und
andrerseits das Vieh infolge der Strapazen in ganz schlechter Beschaffenheit
an der Küste ankam.

Von größerer Bedeutung waren die Versuche der englischen Mission, festen
Fuß in Rama- und Damaralcmd zu fassen. Im Auftrage einer englischen
Missionsgesellschaft ließ sich 1814 der deutsche Missionar Schneken in Bethanien
nieder. Damals suchten die Missionare dadurch Einfluß zu gewinnen, daß sie
eingeborne Frauen heirateten, ein Verfahren, von dem man jetzt ganz ab¬
gekommen ist. Schneken war der erste Missionar, der eine Hottentottin hei¬
ratete, und das machte ihm möglich, der Mission dadurch vorzuarbeiten, daß



Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde 1889, Ur. 4, Erste Reise eines Europäers
im Dmnaraland, übersetzt von Dr. Büttner aus der 55u1c1 ^kril^Aisolis liMolultt, Februar 1889.
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[0256] Vorgeschichte der Kolonisation in Südwestafrika gewissen Gideon Visagio, einem Weißen (Bastard), der bei den Hottentotten herumvagabundirte. Am 23. Januar wurde Walfischbai erreicht. Der Kapitän der Meermin war schon vor zwei Jahren in diesem Hafen gewesen und hatte damals die dortigen Hottentotten im Besitz von etwa hundert Rindern gefunden. Am 25. ging van Recueil ans Land und handelte einiges Vieh von den Hottentotten ein. Diese kannten Memcmd und teilten mit, daß er südöstlich von Walfischbai wohne, doch lehnten sie es ab, die Holländer zu ihm zu führen. Am 29. Januar machte sich einer der Begleiter van Remms, Pieter Pienaar, mit einigen der vom Kap mitgebrachten Hottentotten auf die Reise ins Innere. Sie kehrten am 20. Februar zurück. Nach ihren Berichten sind sie wahrscheinlich das Swakopthal hinaufgegangen. Sie hatten fünf Damarawerfte getroffen. Aber niemand hatte etwas von Inemcmd oder einem andern Metall als Kupfer gehört; Wild hatte sich im Überfluß gezeigt: Elefanten, Rhinozerosse, Büffel, Antilopen und Löwen. Am 26. Februar wurde auch in Walfischbai ein Hoheitszeichen errichtet, und da man die Hoffnung, Gold zu finden, aufgab, so kehrte die Meermin am 3. März wieder von Walsischbai nach Kapstadt zurück, wo sie am 10. April anlangte. Es stellte sich hinterher heraus, daß Freyr angeblich der Dürre wegen nur eine sehr kurze Strecke vorgedrungen war. Die Verluste der Expeditionen, die schwere Zugänglichkeit und die daraus folgende Aussichtslosigkeit der Erzausfuhr kühlten das Interesse der Voeren und der holländischen Negierung am Damaralande ab/°) Dagegen drangen einzelne mit Feuergewehren bewaffnete Orlcims, Bastardboeren, europäische Händler, den Walfischfängern weggelaufne Matrosen immer noch von Zeit zu Zeit in Rama- und Damaralcmd ein. 1835 versuchte der englische Kapitän Alexander einen Niudviehhandel von Damaralcmd nach Se. Helena einzurichten, mußte aber sein Unternehmen aufgeben. Er sah bald, daß keine bestimmten Lieferungen und Lieferfristen für Vieh eingehalten werden konnten, da die Ein- gebornen vielfach nicht zu bewegen waren, ihre Ochsen zu verkaufen, und andrerseits das Vieh infolge der Strapazen in ganz schlechter Beschaffenheit an der Küste ankam. Von größerer Bedeutung waren die Versuche der englischen Mission, festen Fuß in Rama- und Damaralcmd zu fassen. Im Auftrage einer englischen Missionsgesellschaft ließ sich 1814 der deutsche Missionar Schneken in Bethanien nieder. Damals suchten die Missionare dadurch Einfluß zu gewinnen, daß sie eingeborne Frauen heirateten, ein Verfahren, von dem man jetzt ganz ab¬ gekommen ist. Schneken war der erste Missionar, der eine Hottentottin hei¬ ratete, und das machte ihm möglich, der Mission dadurch vorzuarbeiten, daß Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde 1889, Ur. 4, Erste Reise eines Europäers im Dmnaraland, übersetzt von Dr. Büttner aus der 55u1c1 ^kril^Aisolis liMolultt, Februar 1889.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228301/256>, abgerufen am 28.07.2024.