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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr.

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Vorgeschichte der Aolonisation in Siidwestafrika

und gewebte Kleider. Auch heute noch tragen die vornehmen Herero (Damara)
langes Haar; dagegen ist der Gebrauch gewebter (einheimischer) Zeuge offenbar
schon lange verschwunden, da man die Herero im Laufe dieses Jahrhunderts
nur in Fellkleidern gesehen hat.

Auf die Berichte von Coetjee wurde von der Regierung der Kapkolonie
im Jahre 1761 eine Expedition nach Groß-Namaqualand unter der Leitung
des Kapitän Hope ausgesandt. Zu der Expedition, die fünfzehn Wagen
mit sich führte, gehörten ein Botaniker, Jan Andries Auge, ein Arzt, Carel
Christoffel Rijkovet, der zugleich Mineraloge war, ein Geometer, Carel Frederick
Brink. der die Karte aufnehmen sollte, und dreizehn andre Boeren mit achtund¬
sechzig Bastardkncchtcn. Hope fand Klein-Namaqualand durch die Buschmänner
verwüstet; seit etwa zwanzig Jahren waren die Einwohner nach Norden aus¬
gewandert. Wir haben hierin wohl die ersten bestimmten Nachrichten über die
erste Einwanderung der sogenannten Orkan, die jetzt den Stamm von Bethanien
bilden, und es wird damit die durch die Tradition überlieferte Nachricht, daß
die Einwanderung Mitte des vorigen Jahrhunderts stattgefunden hätte, nur
bestätigt.

Am 29. September überschritt die Expedition den Orcmjefluß durch eine
Furt, bei der der Strom etwa 1100 Fuß Breite hatte. Sie gelangte dann
bald zu einer heißen Quelle, worin leicht das jetzige Warmbad zu erkennen
ist, und zog dann an der Westseite der Kharasberge entlang, sodaß die dort
noch jetzt bestehende Fahrstraße wohl damals zuerst eröffnet wurde. Nahe
bei dem Oranjeflnß wurden einige Giraffen geschossen, und das Fell von einer,
das in das Museum von Lehden kam, war das erste einer südafrikanischen
Giraffe, das überhaupt Europa erreichte.

Etwas nördlich vom 26. Breitengrade fand die Expedition ihren äußersten
Punkt. Der Anfang des Dezembers war herangekommen, die schlimmste Zeit,
in der die Hitze am größten und die Dürre am schrecklichsten ist. Hätte man
gewußt, daß man nur noch wenige Wochen Hütte auf Regen zu warten brauchen,
so wäre die Expedition sicher noch viel weiter vorgedrungen. So kehrte
sie aber am 7. Dezember um und legte den Rückweg unter den schwierigsten
Verhältnissen zurück. In den Uferbergen des Oranjcflusfcs, den sie Anfang
Januar 1762 wieder erreichte, wurde Kupfer gefunden. Im letzten Stadium
der Reise wurden der Expedition viele Ochsen von Buschmännern geraubt,
sodaß der Erfolg des Unternehmens nicht gerade zur Wiederholung reizte,
zumal da man die Herero, bei denen man billig Rinder zu kaufen gedachte,
nicht erreicht hatte.

Im Jahre 1778 war ein englischer Offizier, Patterson, auch nördlich vom
Oranjefluß gewesen, und es wurde behauptet, daß dieser dort Gold gefunden
hätte, obwohl er selbst nichts darüber gesagt hatte. Aber ein gewisser Valentin
van Recueil, der ihn auf dieser Fahrt begleitet hatte, brachte ein Stück Gestein


Vorgeschichte der Aolonisation in Siidwestafrika

und gewebte Kleider. Auch heute noch tragen die vornehmen Herero (Damara)
langes Haar; dagegen ist der Gebrauch gewebter (einheimischer) Zeuge offenbar
schon lange verschwunden, da man die Herero im Laufe dieses Jahrhunderts
nur in Fellkleidern gesehen hat.

Auf die Berichte von Coetjee wurde von der Regierung der Kapkolonie
im Jahre 1761 eine Expedition nach Groß-Namaqualand unter der Leitung
des Kapitän Hope ausgesandt. Zu der Expedition, die fünfzehn Wagen
mit sich führte, gehörten ein Botaniker, Jan Andries Auge, ein Arzt, Carel
Christoffel Rijkovet, der zugleich Mineraloge war, ein Geometer, Carel Frederick
Brink. der die Karte aufnehmen sollte, und dreizehn andre Boeren mit achtund¬
sechzig Bastardkncchtcn. Hope fand Klein-Namaqualand durch die Buschmänner
verwüstet; seit etwa zwanzig Jahren waren die Einwohner nach Norden aus¬
gewandert. Wir haben hierin wohl die ersten bestimmten Nachrichten über die
erste Einwanderung der sogenannten Orkan, die jetzt den Stamm von Bethanien
bilden, und es wird damit die durch die Tradition überlieferte Nachricht, daß
die Einwanderung Mitte des vorigen Jahrhunderts stattgefunden hätte, nur
bestätigt.

Am 29. September überschritt die Expedition den Orcmjefluß durch eine
Furt, bei der der Strom etwa 1100 Fuß Breite hatte. Sie gelangte dann
bald zu einer heißen Quelle, worin leicht das jetzige Warmbad zu erkennen
ist, und zog dann an der Westseite der Kharasberge entlang, sodaß die dort
noch jetzt bestehende Fahrstraße wohl damals zuerst eröffnet wurde. Nahe
bei dem Oranjeflnß wurden einige Giraffen geschossen, und das Fell von einer,
das in das Museum von Lehden kam, war das erste einer südafrikanischen
Giraffe, das überhaupt Europa erreichte.

Etwas nördlich vom 26. Breitengrade fand die Expedition ihren äußersten
Punkt. Der Anfang des Dezembers war herangekommen, die schlimmste Zeit,
in der die Hitze am größten und die Dürre am schrecklichsten ist. Hätte man
gewußt, daß man nur noch wenige Wochen Hütte auf Regen zu warten brauchen,
so wäre die Expedition sicher noch viel weiter vorgedrungen. So kehrte
sie aber am 7. Dezember um und legte den Rückweg unter den schwierigsten
Verhältnissen zurück. In den Uferbergen des Oranjcflusfcs, den sie Anfang
Januar 1762 wieder erreichte, wurde Kupfer gefunden. Im letzten Stadium
der Reise wurden der Expedition viele Ochsen von Buschmännern geraubt,
sodaß der Erfolg des Unternehmens nicht gerade zur Wiederholung reizte,
zumal da man die Herero, bei denen man billig Rinder zu kaufen gedachte,
nicht erreicht hatte.

Im Jahre 1778 war ein englischer Offizier, Patterson, auch nördlich vom
Oranjefluß gewesen, und es wurde behauptet, daß dieser dort Gold gefunden
hätte, obwohl er selbst nichts darüber gesagt hatte. Aber ein gewisser Valentin
van Recueil, der ihn auf dieser Fahrt begleitet hatte, brachte ein Stück Gestein


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[0254] Vorgeschichte der Aolonisation in Siidwestafrika und gewebte Kleider. Auch heute noch tragen die vornehmen Herero (Damara) langes Haar; dagegen ist der Gebrauch gewebter (einheimischer) Zeuge offenbar schon lange verschwunden, da man die Herero im Laufe dieses Jahrhunderts nur in Fellkleidern gesehen hat. Auf die Berichte von Coetjee wurde von der Regierung der Kapkolonie im Jahre 1761 eine Expedition nach Groß-Namaqualand unter der Leitung des Kapitän Hope ausgesandt. Zu der Expedition, die fünfzehn Wagen mit sich führte, gehörten ein Botaniker, Jan Andries Auge, ein Arzt, Carel Christoffel Rijkovet, der zugleich Mineraloge war, ein Geometer, Carel Frederick Brink. der die Karte aufnehmen sollte, und dreizehn andre Boeren mit achtund¬ sechzig Bastardkncchtcn. Hope fand Klein-Namaqualand durch die Buschmänner verwüstet; seit etwa zwanzig Jahren waren die Einwohner nach Norden aus¬ gewandert. Wir haben hierin wohl die ersten bestimmten Nachrichten über die erste Einwanderung der sogenannten Orkan, die jetzt den Stamm von Bethanien bilden, und es wird damit die durch die Tradition überlieferte Nachricht, daß die Einwanderung Mitte des vorigen Jahrhunderts stattgefunden hätte, nur bestätigt. Am 29. September überschritt die Expedition den Orcmjefluß durch eine Furt, bei der der Strom etwa 1100 Fuß Breite hatte. Sie gelangte dann bald zu einer heißen Quelle, worin leicht das jetzige Warmbad zu erkennen ist, und zog dann an der Westseite der Kharasberge entlang, sodaß die dort noch jetzt bestehende Fahrstraße wohl damals zuerst eröffnet wurde. Nahe bei dem Oranjeflnß wurden einige Giraffen geschossen, und das Fell von einer, das in das Museum von Lehden kam, war das erste einer südafrikanischen Giraffe, das überhaupt Europa erreichte. Etwas nördlich vom 26. Breitengrade fand die Expedition ihren äußersten Punkt. Der Anfang des Dezembers war herangekommen, die schlimmste Zeit, in der die Hitze am größten und die Dürre am schrecklichsten ist. Hätte man gewußt, daß man nur noch wenige Wochen Hütte auf Regen zu warten brauchen, so wäre die Expedition sicher noch viel weiter vorgedrungen. So kehrte sie aber am 7. Dezember um und legte den Rückweg unter den schwierigsten Verhältnissen zurück. In den Uferbergen des Oranjcflusfcs, den sie Anfang Januar 1762 wieder erreichte, wurde Kupfer gefunden. Im letzten Stadium der Reise wurden der Expedition viele Ochsen von Buschmännern geraubt, sodaß der Erfolg des Unternehmens nicht gerade zur Wiederholung reizte, zumal da man die Herero, bei denen man billig Rinder zu kaufen gedachte, nicht erreicht hatte. Im Jahre 1778 war ein englischer Offizier, Patterson, auch nördlich vom Oranjefluß gewesen, und es wurde behauptet, daß dieser dort Gold gefunden hätte, obwohl er selbst nichts darüber gesagt hatte. Aber ein gewisser Valentin van Recueil, der ihn auf dieser Fahrt begleitet hatte, brachte ein Stück Gestein

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228301/254>, abgerufen am 27.07.2024.