Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr.Lin sächsisches Gymnasium während des Krieges von ^3?O/?l, sie den Lazaretten um Metz zuzuführen. Sie arbeiteten sich auch glücklich über Nach den gewaltigen Schlägen um Metz trat eine Art von Pause ein. Die langen Züge von gefangnen Franzosen, die um die Mitte des Monats O Straßburg, o Straßburg, Lin sächsisches Gymnasium während des Krieges von ^3?O/?l, sie den Lazaretten um Metz zuzuführen. Sie arbeiteten sich auch glücklich über Nach den gewaltigen Schlägen um Metz trat eine Art von Pause ein. Die langen Züge von gefangnen Franzosen, die um die Mitte des Monats O Straßburg, o Straßburg, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0208" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/228510"/> <fw type="header" place="top"> Lin sächsisches Gymnasium während des Krieges von ^3?O/?l,</fw><lb/> <p xml:id="ID_783" prev="#ID_782"> sie den Lazaretten um Metz zuzuführen. Sie arbeiteten sich auch glücklich über<lb/> Saarbrücken bis in die deutschen Stellungen westlich von Metz durch und<lb/> brachten vom Schlachtfelde des 18. August eine reiche Ausbeute von franzö¬<lb/> sischen Waffen, Granatsplittern, Patronen und dergleichen mit.</p><lb/> <p xml:id="ID_784"> Nach den gewaltigen Schlägen um Metz trat eine Art von Pause ein.<lb/> Erst allmählich in den letzten Tagen des August und den ersten des September<lb/> wurde es klar, daß sich eine neue große Entscheidung vorbereite. Da am<lb/> Sonnabend, am 3. September, vormittags gegen 10 Uhr lasen wir an unserm<lb/> stets mit Spannung beobachteten Steinpfeiler die Depesche von Sedan! „Der<lb/> Kaiser gefangen, gefangen das ganze feindliche Heer!" so ging es wie ein Lauf¬<lb/> feuer durch die Schule. Da war kein Halten mehr, der Unterricht wurde<lb/> sofort geschlossen, jubelnd stürmte die Jugend hinaus in die Stadt, überall<lb/> Flaggen, Jubelgeschrei, Musik. Im Nu ordnete sich ein Festzug, ein Mustk-<lb/> korps voran, wer ihm begegnete, schloß sich an, alt und jung, vornehm und<lb/> gering, inimer und immer wieder erscholl hundert- und tausendstimmig die Wacht<lb/> am Rhein. Am Abend war die Stadt illuminirt, auf dem Markte hielt der<lb/> Superintendent Beyer vor einer dichtgedrängten Menschenmasse eine patriotische<lb/> Ansprache, und die Freudenschüsse krachten in die Nacht hinaus. Nähere Nach¬<lb/> richten aus Soldatenbriefen zeigten uns wieder unser wackeres Regiment im<lb/> Feuer; es hatte mit dem zwölften Jügerbataillon drei Mitrailleusen und einen<lb/> Adler erbeutet, wobei ein uns wohlbekannter Hauptmann gefallen war; am<lb/> 2. September vormittags hatte dem Regiment der Kriegsminister von Roon, der<lb/> seinen verwundeten Sohn auf dem Schlachtfelde suchte, im Biwak die Nachricht<lb/> von der bevorstehenden Kapitulation der Franzosen mitgeteilt und damit einen<lb/> ungeheuern Jubel hervorgerufen; am Nachmittage hatte es zum erstenmale den<lb/> König Wilhelm begrüßt.</p><lb/> <p xml:id="ID_785"> Die langen Züge von gefangnen Franzosen, die um die Mitte des Monats<lb/> an Plauen vorübergingen, bewiesen auch uns augenfällig die Größe des Sieges.<lb/> Aber der von vielen erhoffte Friede kam nicht, und in den ersten Tagen unsrer<lb/> Michaelisferien bewiesen uns starke Truppennachschübe, daß sich die deutsche<lb/> Heeresleitung auf eine nachdrückliche Fortsetzung des Krieges gefaßt mache.<lb/> Dazwischen gingen kleinere und größere Verwundetentransporte; die Leute er¬<lb/> hielten auch immer Blumen zu den Erfrischungen, worüber sie sich immer<lb/> ganz besonders freuten. Mit Ungeduld und schmerzlicher Teilnahme harrten<lb/> wir der Nachrichten von Straßburg; es wirkte wie eine Erlösung, als endlich<lb/> am Nachmittage des 23. September die ersehnte Kunde von seinem Falle<lb/> eintraf. Wie lebendig wurde uns damals das alte halbvergessene Volkslied:</p><lb/> <quote> O Straßburg, o Straßburg,<lb/> Du wunderschöne Stadt,<lb/> Darinnen liegt begraben<lb/> So mannicher Soldat!</quote><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0208]
Lin sächsisches Gymnasium während des Krieges von ^3?O/?l,
sie den Lazaretten um Metz zuzuführen. Sie arbeiteten sich auch glücklich über
Saarbrücken bis in die deutschen Stellungen westlich von Metz durch und
brachten vom Schlachtfelde des 18. August eine reiche Ausbeute von franzö¬
sischen Waffen, Granatsplittern, Patronen und dergleichen mit.
Nach den gewaltigen Schlägen um Metz trat eine Art von Pause ein.
Erst allmählich in den letzten Tagen des August und den ersten des September
wurde es klar, daß sich eine neue große Entscheidung vorbereite. Da am
Sonnabend, am 3. September, vormittags gegen 10 Uhr lasen wir an unserm
stets mit Spannung beobachteten Steinpfeiler die Depesche von Sedan! „Der
Kaiser gefangen, gefangen das ganze feindliche Heer!" so ging es wie ein Lauf¬
feuer durch die Schule. Da war kein Halten mehr, der Unterricht wurde
sofort geschlossen, jubelnd stürmte die Jugend hinaus in die Stadt, überall
Flaggen, Jubelgeschrei, Musik. Im Nu ordnete sich ein Festzug, ein Mustk-
korps voran, wer ihm begegnete, schloß sich an, alt und jung, vornehm und
gering, inimer und immer wieder erscholl hundert- und tausendstimmig die Wacht
am Rhein. Am Abend war die Stadt illuminirt, auf dem Markte hielt der
Superintendent Beyer vor einer dichtgedrängten Menschenmasse eine patriotische
Ansprache, und die Freudenschüsse krachten in die Nacht hinaus. Nähere Nach¬
richten aus Soldatenbriefen zeigten uns wieder unser wackeres Regiment im
Feuer; es hatte mit dem zwölften Jügerbataillon drei Mitrailleusen und einen
Adler erbeutet, wobei ein uns wohlbekannter Hauptmann gefallen war; am
2. September vormittags hatte dem Regiment der Kriegsminister von Roon, der
seinen verwundeten Sohn auf dem Schlachtfelde suchte, im Biwak die Nachricht
von der bevorstehenden Kapitulation der Franzosen mitgeteilt und damit einen
ungeheuern Jubel hervorgerufen; am Nachmittage hatte es zum erstenmale den
König Wilhelm begrüßt.
Die langen Züge von gefangnen Franzosen, die um die Mitte des Monats
an Plauen vorübergingen, bewiesen auch uns augenfällig die Größe des Sieges.
Aber der von vielen erhoffte Friede kam nicht, und in den ersten Tagen unsrer
Michaelisferien bewiesen uns starke Truppennachschübe, daß sich die deutsche
Heeresleitung auf eine nachdrückliche Fortsetzung des Krieges gefaßt mache.
Dazwischen gingen kleinere und größere Verwundetentransporte; die Leute er¬
hielten auch immer Blumen zu den Erfrischungen, worüber sie sich immer
ganz besonders freuten. Mit Ungeduld und schmerzlicher Teilnahme harrten
wir der Nachrichten von Straßburg; es wirkte wie eine Erlösung, als endlich
am Nachmittage des 23. September die ersehnte Kunde von seinem Falle
eintraf. Wie lebendig wurde uns damals das alte halbvergessene Volkslied:
O Straßburg, o Straßburg,
Du wunderschöne Stadt,
Darinnen liegt begraben
So mannicher Soldat!
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