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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr.

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Friedrich der Große "ut England

Pitts ins Ministerium könne seine Meinung nicht ändern, obgleich er ihn für
einen der größten Staatsmänner des Jahrhunderts halte. Man könne sich
in England auf kein Ministerium, welcher Art es auch sei, verlassen!

Ebenso ablehnend ist die Antwort auf einen weitern Brief des Erbprinzen,
die am 18. November erging: er glaube ja, daß das jetzige Ministerium auf
soliden Grundlagen ruhe, es werde sich, solange Frieden sei, wohl auch halten.
Aber könne man garantiren, daß es beim Ausbruch eines Kriegs nicht gestürzt
werde?

In einem eigenhändige" Schreiben vom 28. November beantwortet der
König ausführlicher das des Prinzen vom 16. November. Durch das Bündnis
mit Rußland sei seine Lage gesichert, von seinen Feinden habe er nichts zu
fürchten, mit Frankreich habe er nichts auszufechten, er brauche keiner Garantien,
um sich zu befestigen. Anders stehe es mit England: das habe Freund und
Feind verletzt, habe einen lächerlichen Frieden geschlossen, sich den Haß Frank¬
reichs und Spaniens zugezogen. Wer sein Schicksal also an das dieser Leute
kelte, laufe Gefahr, sich mit ihnen in einen Krieg zu stürzen, der lediglich
die Interessen Englands betreffe. Wörtlich fährt der König dann fort --
und diese Worte haben eine Bedeutung nicht bloß für die damalige Lage:
"Wenn ich ferner die Form der englischen Verfassung in Erwägung ziehe, die
dem Parteiwesen, den Kabalen und völlig unerwarteten Revolutionen ausgesetzt
ist, so überzeuge ich mich, daß man sich niemals solchen Verbündeten anvertrauen
darf, weil auf sie keinerlei Verlaß ist." Vute könne eines schönen Tags
wieder ans Ruder kommen: "Dem, mein lieber Neffe, will ich mich auf keinen
Fall aussetzen. Mein Alter und das bischen Welterfahrung, was ich habe,
müßte mich doch zum mindesten klug gemacht haben; und würde ich für mein
Verhalten nicht Vorwarf und Verurteilung verdienen, wenn ich mich nach dem,
was mir mit den Engländern geschehen ist, wie sinnlos, durch denselben Köder
fangen ließe, den sie mir vor zehn Jahren vorgehalten haben, und wenn ich
mich von ihnen zum zweitenmale narren ließe? Jeder Mensch kann in die
Lage kommen, daß ihn ein andrer betrügt; aber nur die Dummen lassen sich
immer auf dieselbe Weise übertölpeln." Die Korrespondenz dauerte uoch eine
Weile fort; der König antwortete aber meist nnr höflich, ohne auf näheres
einzugehen.

Am 7. Januar 1766 antwortet der König auf ein Schreiben des Erb¬
prinzen, worin dieser nun auch das uns schon bekannte Argument ins Treffen
führt: England wird sich über kurz oder lang Österreich in die Arme werfen
müssen, wenn es bei Preußen keine Aussichten hat; dabei spielt der Erbprinz
auf die Lage der dentschen protestantischen Fürsten zweiten Ranges an, wenn
die beiden Staaten, die ihren Schutz bilden, also England und Preußen, un-
eins sind. "Handelt es sich um das Land der Verheißung, um das gelobte
Land Hannover?" fragt der König. Die preußischen Gebiete um Rhein seien den


Friedrich der Große »ut England

Pitts ins Ministerium könne seine Meinung nicht ändern, obgleich er ihn für
einen der größten Staatsmänner des Jahrhunderts halte. Man könne sich
in England auf kein Ministerium, welcher Art es auch sei, verlassen!

Ebenso ablehnend ist die Antwort auf einen weitern Brief des Erbprinzen,
die am 18. November erging: er glaube ja, daß das jetzige Ministerium auf
soliden Grundlagen ruhe, es werde sich, solange Frieden sei, wohl auch halten.
Aber könne man garantiren, daß es beim Ausbruch eines Kriegs nicht gestürzt
werde?

In einem eigenhändige» Schreiben vom 28. November beantwortet der
König ausführlicher das des Prinzen vom 16. November. Durch das Bündnis
mit Rußland sei seine Lage gesichert, von seinen Feinden habe er nichts zu
fürchten, mit Frankreich habe er nichts auszufechten, er brauche keiner Garantien,
um sich zu befestigen. Anders stehe es mit England: das habe Freund und
Feind verletzt, habe einen lächerlichen Frieden geschlossen, sich den Haß Frank¬
reichs und Spaniens zugezogen. Wer sein Schicksal also an das dieser Leute
kelte, laufe Gefahr, sich mit ihnen in einen Krieg zu stürzen, der lediglich
die Interessen Englands betreffe. Wörtlich fährt der König dann fort —
und diese Worte haben eine Bedeutung nicht bloß für die damalige Lage:
„Wenn ich ferner die Form der englischen Verfassung in Erwägung ziehe, die
dem Parteiwesen, den Kabalen und völlig unerwarteten Revolutionen ausgesetzt
ist, so überzeuge ich mich, daß man sich niemals solchen Verbündeten anvertrauen
darf, weil auf sie keinerlei Verlaß ist." Vute könne eines schönen Tags
wieder ans Ruder kommen: „Dem, mein lieber Neffe, will ich mich auf keinen
Fall aussetzen. Mein Alter und das bischen Welterfahrung, was ich habe,
müßte mich doch zum mindesten klug gemacht haben; und würde ich für mein
Verhalten nicht Vorwarf und Verurteilung verdienen, wenn ich mich nach dem,
was mir mit den Engländern geschehen ist, wie sinnlos, durch denselben Köder
fangen ließe, den sie mir vor zehn Jahren vorgehalten haben, und wenn ich
mich von ihnen zum zweitenmale narren ließe? Jeder Mensch kann in die
Lage kommen, daß ihn ein andrer betrügt; aber nur die Dummen lassen sich
immer auf dieselbe Weise übertölpeln." Die Korrespondenz dauerte uoch eine
Weile fort; der König antwortete aber meist nnr höflich, ohne auf näheres
einzugehen.

Am 7. Januar 1766 antwortet der König auf ein Schreiben des Erb¬
prinzen, worin dieser nun auch das uns schon bekannte Argument ins Treffen
führt: England wird sich über kurz oder lang Österreich in die Arme werfen
müssen, wenn es bei Preußen keine Aussichten hat; dabei spielt der Erbprinz
auf die Lage der dentschen protestantischen Fürsten zweiten Ranges an, wenn
die beiden Staaten, die ihren Schutz bilden, also England und Preußen, un-
eins sind. „Handelt es sich um das Land der Verheißung, um das gelobte
Land Hannover?" fragt der König. Die preußischen Gebiete um Rhein seien den


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_227635/69>, abgerufen am 27.12.2024.