Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr.Braünschweigisches Bezug auf die hannöversche Linie anerkannt wird, aber man blieb dabei, daß Das ist im Augenblick der Stand der Angelegenheit. Am interessantesten Das legt natürlich die Frage nahe: wie lange soll es überhaupt noch Braünschweigisches Bezug auf die hannöversche Linie anerkannt wird, aber man blieb dabei, daß Das ist im Augenblick der Stand der Angelegenheit. Am interessantesten Das legt natürlich die Frage nahe: wie lange soll es überhaupt noch <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0026" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/227662"/> <fw type="header" place="top"> Braünschweigisches</fw><lb/> <p xml:id="ID_56" prev="#ID_55"> Bezug auf die hannöversche Linie anerkannt wird, aber man blieb dabei, daß<lb/> das Verbot an die Beamten ungesetzlich sei, und gelobte schärfste Opposition<lb/> anch für die Zukunft.</p><lb/> <p xml:id="ID_57"> Das ist im Augenblick der Stand der Angelegenheit. Am interessantesten<lb/> in dem offiziösen Erlaß war die Feststellung der Thatsache, daß sich in den<lb/> Verhältnissen nichts geändert habe. Es ist somit wohl jegliche Möglichkeit<lb/> ausgeschlossen, daß in diesem Jahre, wo der älteste Sohn des Herzogs<lb/> von Cumberland volljährig wird, die Thronfolgefrage ihre Erledigung finden<lb/> werde. Das gegenwärtige Provisorium wird also weiter bestehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_58" next="#ID_59"> Das legt natürlich die Frage nahe: wie lange soll es überhaupt noch<lb/> dauern? Die Antwort lautet vielfach: bis der Herzog seinen Frieden mit der<lb/> preußischen Regierung macht und auf Hannover vollständig Verzicht leistet.<lb/> Wer mit der Stimmung in Preuße» vertraut zu sein vorgiebt, behauptet, daß<lb/> sich weder der Herzog noch einer seiner Söhne jemals zu diesem Verzicht ver¬<lb/> stehen würden. Sie mögen Recht haben. Sei es aus Gründen der Pietät<lb/> gegen den verstorbnen Vater, sei es aus sonstigen Erwägungen, jedenfalls ist<lb/> mit der Möglichkeit dieses Verzichts nicht zu rechnen. Aber ist dieser<lb/> Verzicht wirklich so unbedingt notwendig, wie es gewöhnlich hingestellt wird?<lb/> Wir stehen nicht an, diese Frage mit nein zu beantworten. Der Herzog hat<lb/> ü, seinem oben erwähnten Patent die Reichsverfassung anerkannt, er weiß,<lb/> daß er nach menschlicher Voraussicht niemals wieder in den Besitz von<lb/> Hannover kommen wird. Also lasse man ihn die Reichsverfassung feierlich<lb/> anerkennen, die in gewissen Sinne doch auch den Besitzstand Preußens ein¬<lb/> schließt, und lasse ihn das Erbe seiner Väter antreten. Die Besorgnisse, die<lb/> besonders in den Hamburger Nachrichten geäußert werden, als würde sich<lb/> mit der Thronbesteigung des Herzogs in Braunschweig ein Herd von welfischen<lb/> Umtrieben aufthun, sind wohl kaum ernst zu nehmen. Der Herzog hat aus¬<lb/> drücklich ausgesprochen, daß er sich durchaus als deutscher Fürst fühle und<lb/> nichts thun oder unterstützen werde, was irgendwie die Sicherheit des Reiches<lb/> gefährden könne. Da man an dem Worte eines deutschen Fürsten zu deuteln<lb/> kein Recht hat, so darf man alle dahin gehenden Befürchtungen wohl als<lb/> grundlos bezeichnen. Es verdient auch hervorgehoben zu werden, daß der<lb/> Herzog seit 1866 nichts, aber auch gar nichts gethan hat, was irgendwie<lb/> Anlaß zu Bedenken gegeben hätte. Die Begrüßungen seiner Anhänger be¬<lb/> antwortet er kurz und freundlich, streift aber selten oder nie die politischen<lb/> Tagesfragen. Das Dankschreiben, das er kürzlich dem hannöverschen Ritt¬<lb/> meister von Rheden sandte, war zwar um einen Ton herzlicher gehalten,<lb/> verdient aber beileibe nicht die Bedeutung, die ihm vielfach in der Presse bei¬<lb/> gelegt wird. Wir sehen in dem Herzog von Cumberland auf dem braun-<lb/> schweigischen Throne keine Gefahr für das Reich, umsoweniger, als wahr¬<lb/> scheinlich der Herzog sofort zu Gunsten seines Sohnes auf seine Anwartschaft</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0026]
Braünschweigisches
Bezug auf die hannöversche Linie anerkannt wird, aber man blieb dabei, daß
das Verbot an die Beamten ungesetzlich sei, und gelobte schärfste Opposition
anch für die Zukunft.
Das ist im Augenblick der Stand der Angelegenheit. Am interessantesten
in dem offiziösen Erlaß war die Feststellung der Thatsache, daß sich in den
Verhältnissen nichts geändert habe. Es ist somit wohl jegliche Möglichkeit
ausgeschlossen, daß in diesem Jahre, wo der älteste Sohn des Herzogs
von Cumberland volljährig wird, die Thronfolgefrage ihre Erledigung finden
werde. Das gegenwärtige Provisorium wird also weiter bestehen.
Das legt natürlich die Frage nahe: wie lange soll es überhaupt noch
dauern? Die Antwort lautet vielfach: bis der Herzog seinen Frieden mit der
preußischen Regierung macht und auf Hannover vollständig Verzicht leistet.
Wer mit der Stimmung in Preuße» vertraut zu sein vorgiebt, behauptet, daß
sich weder der Herzog noch einer seiner Söhne jemals zu diesem Verzicht ver¬
stehen würden. Sie mögen Recht haben. Sei es aus Gründen der Pietät
gegen den verstorbnen Vater, sei es aus sonstigen Erwägungen, jedenfalls ist
mit der Möglichkeit dieses Verzichts nicht zu rechnen. Aber ist dieser
Verzicht wirklich so unbedingt notwendig, wie es gewöhnlich hingestellt wird?
Wir stehen nicht an, diese Frage mit nein zu beantworten. Der Herzog hat
ü, seinem oben erwähnten Patent die Reichsverfassung anerkannt, er weiß,
daß er nach menschlicher Voraussicht niemals wieder in den Besitz von
Hannover kommen wird. Also lasse man ihn die Reichsverfassung feierlich
anerkennen, die in gewissen Sinne doch auch den Besitzstand Preußens ein¬
schließt, und lasse ihn das Erbe seiner Väter antreten. Die Besorgnisse, die
besonders in den Hamburger Nachrichten geäußert werden, als würde sich
mit der Thronbesteigung des Herzogs in Braunschweig ein Herd von welfischen
Umtrieben aufthun, sind wohl kaum ernst zu nehmen. Der Herzog hat aus¬
drücklich ausgesprochen, daß er sich durchaus als deutscher Fürst fühle und
nichts thun oder unterstützen werde, was irgendwie die Sicherheit des Reiches
gefährden könne. Da man an dem Worte eines deutschen Fürsten zu deuteln
kein Recht hat, so darf man alle dahin gehenden Befürchtungen wohl als
grundlos bezeichnen. Es verdient auch hervorgehoben zu werden, daß der
Herzog seit 1866 nichts, aber auch gar nichts gethan hat, was irgendwie
Anlaß zu Bedenken gegeben hätte. Die Begrüßungen seiner Anhänger be¬
antwortet er kurz und freundlich, streift aber selten oder nie die politischen
Tagesfragen. Das Dankschreiben, das er kürzlich dem hannöverschen Ritt¬
meister von Rheden sandte, war zwar um einen Ton herzlicher gehalten,
verdient aber beileibe nicht die Bedeutung, die ihm vielfach in der Presse bei¬
gelegt wird. Wir sehen in dem Herzog von Cumberland auf dem braun-
schweigischen Throne keine Gefahr für das Reich, umsoweniger, als wahr¬
scheinlich der Herzog sofort zu Gunsten seines Sohnes auf seine Anwartschaft
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