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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr.

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Braunschweigisches

und gehörte der vaterländischen Vereinigung Brunonia an. In dieser Eigen¬
schaft wollte er am Geburtstage des Herzogs von Cumberland die Festrede
halten. Durch eine Indisposition wurde er an der Ausführung dieser Absicht
verhindert, er erhielt jedoch vom Bezirkskommando den Befehl, das Manuskript
der nicht gehaltenen Rede vorzulegen, und den weitern, sofort aus der Ver¬
einigung auszutreten. Indem von Damm dem Befehle nachkam, hat er zugleich
auf dem üblichen Instanzenwege Beschwerde erhoben und will, wie es heißt,
womöglich eine allerhöchste Entscheidung herbeiführen. Die welfische Agitation
machte sich natürlich diese beiden Fälle zu nutze. Noch höhere Wellen schlug
die Bewegung, als bekannt wurde, daß das Staatsministerium, das bisher
eine abwartende Stellung eingenommen hatte, die Beamten angewiesen habe,
aus den welfischen Vereinen auszutreten und den erfolgten Austritt der vor¬
gesetzten Behörde zu melden. In den Versammlungen der welfischen Vereine
wurden gegen dieses Vorgehen der Negierung scharfe Resolutionen gefaßt; es
wurde auch beschlossen, bei dem Regenten vorstellig zu werden. Der frühere
nativnalliberale Neichstagsabgeordnete Kulemann machte sogar in einem von
einem braunschweigischen Blatte veröffentlichten Artikel den Versuch, die Ver¬
fügung des Ministeriums als ungesetzlich hinzustellen.

Wohl infolge dieser scharfen Opposition nahm die Regierung Veranlassung,
in dem amtlichen Blatte in einer lungern offiziösen Erklärung die Berechtigung
der von ihr getrvffnen Maßregel zu verteidigen und zugleich ihre Stellung zu
der welfischen Agitation kundzugeben; daran war eine Erklärung über die
gegenwärtige Lage des Landes angeschlossen. Diese offiziöse Auslassung ist
für die Beurteilung der braunschweigischen Verhältnisse von so einschneidender
Bedeutung, daß wir nachstehend ihren Gedankengang im wesentlichen wieder¬
geben wollen.

Nachdem kurz die Vorgänge erwähnt sind, die zum Erlaß des Rcgent-
schciftgesctzes und des BnndeSratsbeschlnsses vom 2. Juli 1835 führten, wird
erklärt, daß in den thatsächlichen Verhältnissen, die der gegenwärtigen Ge¬
staltung der Negierung des Herzogtums zu Grunde liegen, soweit die Kenntnis
reiche, bisher keine Änderung eingetreten sei, und daß an der Herbeiführung
jener Verhältnisse das Herzogtum keinen Teil habe. Diese Verhältnisse ent¬
zögen sich dem Einflusse des Landes. Es wird dann weiter ausgeführt, daß
die Negierung es als ihre Aufgabe angesehen habe, die Staatsgeschäfte zu führen
auf dem Boden des Regentschaftsgesetzes und des Bundesratsbeschlusses. Über
die Rücknahme dieses Beschlusses zu entscheiden sei nicht Sache des Herzog¬
tums, sondern des Bundesstaates Preußen und der verbündeten Regierungen.
Eine deu Entschließungen dieser zuständigen Stellen vorgreifende, vom Herzog¬
tum ausgehende Anregung zur Entscheidung der Frage sei unter Umständen
geeignet, dem Lande bedenkliche Verwicklungen zu bringen. Geleitet durch diese
Erwägungen sei das Ministerium zu der Überzeugung gelangt, daß die Thätig¬
keit der welfischen Vereinigungen mit den Interessen des Herzogtums nicht im


Braunschweigisches

und gehörte der vaterländischen Vereinigung Brunonia an. In dieser Eigen¬
schaft wollte er am Geburtstage des Herzogs von Cumberland die Festrede
halten. Durch eine Indisposition wurde er an der Ausführung dieser Absicht
verhindert, er erhielt jedoch vom Bezirkskommando den Befehl, das Manuskript
der nicht gehaltenen Rede vorzulegen, und den weitern, sofort aus der Ver¬
einigung auszutreten. Indem von Damm dem Befehle nachkam, hat er zugleich
auf dem üblichen Instanzenwege Beschwerde erhoben und will, wie es heißt,
womöglich eine allerhöchste Entscheidung herbeiführen. Die welfische Agitation
machte sich natürlich diese beiden Fälle zu nutze. Noch höhere Wellen schlug
die Bewegung, als bekannt wurde, daß das Staatsministerium, das bisher
eine abwartende Stellung eingenommen hatte, die Beamten angewiesen habe,
aus den welfischen Vereinen auszutreten und den erfolgten Austritt der vor¬
gesetzten Behörde zu melden. In den Versammlungen der welfischen Vereine
wurden gegen dieses Vorgehen der Negierung scharfe Resolutionen gefaßt; es
wurde auch beschlossen, bei dem Regenten vorstellig zu werden. Der frühere
nativnalliberale Neichstagsabgeordnete Kulemann machte sogar in einem von
einem braunschweigischen Blatte veröffentlichten Artikel den Versuch, die Ver¬
fügung des Ministeriums als ungesetzlich hinzustellen.

Wohl infolge dieser scharfen Opposition nahm die Regierung Veranlassung,
in dem amtlichen Blatte in einer lungern offiziösen Erklärung die Berechtigung
der von ihr getrvffnen Maßregel zu verteidigen und zugleich ihre Stellung zu
der welfischen Agitation kundzugeben; daran war eine Erklärung über die
gegenwärtige Lage des Landes angeschlossen. Diese offiziöse Auslassung ist
für die Beurteilung der braunschweigischen Verhältnisse von so einschneidender
Bedeutung, daß wir nachstehend ihren Gedankengang im wesentlichen wieder¬
geben wollen.

Nachdem kurz die Vorgänge erwähnt sind, die zum Erlaß des Rcgent-
schciftgesctzes und des BnndeSratsbeschlnsses vom 2. Juli 1835 führten, wird
erklärt, daß in den thatsächlichen Verhältnissen, die der gegenwärtigen Ge¬
staltung der Negierung des Herzogtums zu Grunde liegen, soweit die Kenntnis
reiche, bisher keine Änderung eingetreten sei, und daß an der Herbeiführung
jener Verhältnisse das Herzogtum keinen Teil habe. Diese Verhältnisse ent¬
zögen sich dem Einflusse des Landes. Es wird dann weiter ausgeführt, daß
die Negierung es als ihre Aufgabe angesehen habe, die Staatsgeschäfte zu führen
auf dem Boden des Regentschaftsgesetzes und des Bundesratsbeschlusses. Über
die Rücknahme dieses Beschlusses zu entscheiden sei nicht Sache des Herzog¬
tums, sondern des Bundesstaates Preußen und der verbündeten Regierungen.
Eine deu Entschließungen dieser zuständigen Stellen vorgreifende, vom Herzog¬
tum ausgehende Anregung zur Entscheidung der Frage sei unter Umständen
geeignet, dem Lande bedenkliche Verwicklungen zu bringen. Geleitet durch diese
Erwägungen sei das Ministerium zu der Überzeugung gelangt, daß die Thätig¬
keit der welfischen Vereinigungen mit den Interessen des Herzogtums nicht im


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[0024] Braunschweigisches und gehörte der vaterländischen Vereinigung Brunonia an. In dieser Eigen¬ schaft wollte er am Geburtstage des Herzogs von Cumberland die Festrede halten. Durch eine Indisposition wurde er an der Ausführung dieser Absicht verhindert, er erhielt jedoch vom Bezirkskommando den Befehl, das Manuskript der nicht gehaltenen Rede vorzulegen, und den weitern, sofort aus der Ver¬ einigung auszutreten. Indem von Damm dem Befehle nachkam, hat er zugleich auf dem üblichen Instanzenwege Beschwerde erhoben und will, wie es heißt, womöglich eine allerhöchste Entscheidung herbeiführen. Die welfische Agitation machte sich natürlich diese beiden Fälle zu nutze. Noch höhere Wellen schlug die Bewegung, als bekannt wurde, daß das Staatsministerium, das bisher eine abwartende Stellung eingenommen hatte, die Beamten angewiesen habe, aus den welfischen Vereinen auszutreten und den erfolgten Austritt der vor¬ gesetzten Behörde zu melden. In den Versammlungen der welfischen Vereine wurden gegen dieses Vorgehen der Negierung scharfe Resolutionen gefaßt; es wurde auch beschlossen, bei dem Regenten vorstellig zu werden. Der frühere nativnalliberale Neichstagsabgeordnete Kulemann machte sogar in einem von einem braunschweigischen Blatte veröffentlichten Artikel den Versuch, die Ver¬ fügung des Ministeriums als ungesetzlich hinzustellen. Wohl infolge dieser scharfen Opposition nahm die Regierung Veranlassung, in dem amtlichen Blatte in einer lungern offiziösen Erklärung die Berechtigung der von ihr getrvffnen Maßregel zu verteidigen und zugleich ihre Stellung zu der welfischen Agitation kundzugeben; daran war eine Erklärung über die gegenwärtige Lage des Landes angeschlossen. Diese offiziöse Auslassung ist für die Beurteilung der braunschweigischen Verhältnisse von so einschneidender Bedeutung, daß wir nachstehend ihren Gedankengang im wesentlichen wieder¬ geben wollen. Nachdem kurz die Vorgänge erwähnt sind, die zum Erlaß des Rcgent- schciftgesctzes und des BnndeSratsbeschlnsses vom 2. Juli 1835 führten, wird erklärt, daß in den thatsächlichen Verhältnissen, die der gegenwärtigen Ge¬ staltung der Negierung des Herzogtums zu Grunde liegen, soweit die Kenntnis reiche, bisher keine Änderung eingetreten sei, und daß an der Herbeiführung jener Verhältnisse das Herzogtum keinen Teil habe. Diese Verhältnisse ent¬ zögen sich dem Einflusse des Landes. Es wird dann weiter ausgeführt, daß die Negierung es als ihre Aufgabe angesehen habe, die Staatsgeschäfte zu führen auf dem Boden des Regentschaftsgesetzes und des Bundesratsbeschlusses. Über die Rücknahme dieses Beschlusses zu entscheiden sei nicht Sache des Herzog¬ tums, sondern des Bundesstaates Preußen und der verbündeten Regierungen. Eine deu Entschließungen dieser zuständigen Stellen vorgreifende, vom Herzog¬ tum ausgehende Anregung zur Entscheidung der Frage sei unter Umständen geeignet, dem Lande bedenkliche Verwicklungen zu bringen. Geleitet durch diese Erwägungen sei das Ministerium zu der Überzeugung gelangt, daß die Thätig¬ keit der welfischen Vereinigungen mit den Interessen des Herzogtums nicht im

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_227635/24>, abgerufen am 27.12.2024.