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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.

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Hundert Jahre Allgemeine Zeitung

der Liberalismus rundweg abgesprochen, vollends wenn religiöse Fragen mit
ins Spiel kamen. Machte sich doch Robert Blum zum Verteidiger der studen¬
tischen Leibgarde der Lota Montez, weil diese sich mit den Jesuiten entzweit
hatte, und ein Mann wie der von Heine so schmählich verfolgte Venedeh mußte
nachdrücklich dafür eintreten, daß das deutsche Volk die ersehnte Freiheit nicht
von der Gnade der spanischen Tänzerin empfangen wolle! Nicht geringer war
die Konfusion während des Krieges von 1859. Wie wenige wollten damals
begreifen, daß der damalige mannhafte Kampf der A. Z. nicht für Österreichs
italienischen Besitz, sondern gegen den Sohn der Hortense Beauharnais geführt
würde, den im Harlemer Landhause eines Amsterdamer Bankiers zur Welt ge-
kommnen Anonymus, der nach dem Tode seines Halbbruders sich als napo-
leoniden aufspielte, es durch verbrecherische Mittel zum Beherrscher Frankreichs
brachte, auf Befehl der Carbonari den Krieg gegen Österreich begann und,
wie jedermann voraussah, später gern oder ungern seine Hand nach dem Rhein
ausstrecken mußte. In diesem verdienstlichen Kampfe gegen den "zweiten
Dezember" (welchen Namen Hermann Orges für den gewohnheitsmäßigen Ver¬
schwörer in Paris aufgebracht hatte) und gegen die von ihm Gewonnenen oder
Bethörten, voran Karl Vogt, traten viele Nationalgesinnte in die Reihen der
A. Z., die sonst nicht immer mit ihr überein gestimmt hatten, freilich auch
Internationale, wie der von Heyck namhaft gemachte Wilhelm Liebknecht,
damals in London, von wo auch Karl Marx seine furchtbare Anklageschrift
"Herr Karl Vogt" ausgehen ließ.

Überhaupt ist eine Übersicht der bekannter" erklärten oder geheimen Mit¬
arbeiter der Zeitung bezeichnend sür die Allgemeine. Das Verzeichnis könnte
noch viel länger und bunter sein, wenn nicht oft, namentlich für die neuere
und neueste Zeit eine wohlerklärliche Verschwiegenheit beobachtet worden wäre.
Wir greifen, absehend von bereits Genannten und von den bekannten Leitern
der Zeitung, bunt heraus: Goethe, der viel mehr politische Einsicht bewies
als Schiller, K. A. Böttiger, Archenholtz, E, M. Arndt, Niebuhr. Varnhagen,
Ölsner, Raumer, Graf Schlabrendorf, Schubart, Aug. von Binzer (Dichter
des "Wir hatten gebauet"), K. Follen, Fallmernyer, Graf Reinhard, Thiers,
Siehüs, Schlözer, Wolfg. Menzel, Frdr. Schlegel, Kanzler Fürst Hardenberg,
H. Chr. von Gagern, K. Fr. von Moser, Radowitz, Ritter Bunsen, Jarcke,
Adam Müller, Pilat, Ed. Gans, Ranke, Rotteck, Paul Pfizer. List, Prokesch-
Osteu. H. Leo, Julius und Rob. Mohl, Jos. und Guido Görres, Karl Hase,
der Kirchenhistoriker, Zschokke, Dönniges, Döllinger, Reinkens, Friedrich,
Paulus, Feuerbnch, Hansemann, Minister Patow, Major Helmuth vou Moltke
(1841--1844), Detmold, Laboulaye, Hock, Höslen, Ludw. Robert (Bruder der
Nadel), Wik. Alexis, Laube, Mundt, Dingelstedt. Rüge. Temme, Rellstab,
Steub, Moritz Wagner, Melch. Mehr, Bodenstedt, Hackländer, Rhyno Quedl
(nicht Guehl, unter Mnnteuffel Preßgewaltiger, Erfinder der Anzeigenbesteue-


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der Liberalismus rundweg abgesprochen, vollends wenn religiöse Fragen mit
ins Spiel kamen. Machte sich doch Robert Blum zum Verteidiger der studen¬
tischen Leibgarde der Lota Montez, weil diese sich mit den Jesuiten entzweit
hatte, und ein Mann wie der von Heine so schmählich verfolgte Venedeh mußte
nachdrücklich dafür eintreten, daß das deutsche Volk die ersehnte Freiheit nicht
von der Gnade der spanischen Tänzerin empfangen wolle! Nicht geringer war
die Konfusion während des Krieges von 1859. Wie wenige wollten damals
begreifen, daß der damalige mannhafte Kampf der A. Z. nicht für Österreichs
italienischen Besitz, sondern gegen den Sohn der Hortense Beauharnais geführt
würde, den im Harlemer Landhause eines Amsterdamer Bankiers zur Welt ge-
kommnen Anonymus, der nach dem Tode seines Halbbruders sich als napo-
leoniden aufspielte, es durch verbrecherische Mittel zum Beherrscher Frankreichs
brachte, auf Befehl der Carbonari den Krieg gegen Österreich begann und,
wie jedermann voraussah, später gern oder ungern seine Hand nach dem Rhein
ausstrecken mußte. In diesem verdienstlichen Kampfe gegen den „zweiten
Dezember" (welchen Namen Hermann Orges für den gewohnheitsmäßigen Ver¬
schwörer in Paris aufgebracht hatte) und gegen die von ihm Gewonnenen oder
Bethörten, voran Karl Vogt, traten viele Nationalgesinnte in die Reihen der
A. Z., die sonst nicht immer mit ihr überein gestimmt hatten, freilich auch
Internationale, wie der von Heyck namhaft gemachte Wilhelm Liebknecht,
damals in London, von wo auch Karl Marx seine furchtbare Anklageschrift
„Herr Karl Vogt" ausgehen ließ.

Überhaupt ist eine Übersicht der bekannter» erklärten oder geheimen Mit¬
arbeiter der Zeitung bezeichnend sür die Allgemeine. Das Verzeichnis könnte
noch viel länger und bunter sein, wenn nicht oft, namentlich für die neuere
und neueste Zeit eine wohlerklärliche Verschwiegenheit beobachtet worden wäre.
Wir greifen, absehend von bereits Genannten und von den bekannten Leitern
der Zeitung, bunt heraus: Goethe, der viel mehr politische Einsicht bewies
als Schiller, K. A. Böttiger, Archenholtz, E, M. Arndt, Niebuhr. Varnhagen,
Ölsner, Raumer, Graf Schlabrendorf, Schubart, Aug. von Binzer (Dichter
des „Wir hatten gebauet"), K. Follen, Fallmernyer, Graf Reinhard, Thiers,
Siehüs, Schlözer, Wolfg. Menzel, Frdr. Schlegel, Kanzler Fürst Hardenberg,
H. Chr. von Gagern, K. Fr. von Moser, Radowitz, Ritter Bunsen, Jarcke,
Adam Müller, Pilat, Ed. Gans, Ranke, Rotteck, Paul Pfizer. List, Prokesch-
Osteu. H. Leo, Julius und Rob. Mohl, Jos. und Guido Görres, Karl Hase,
der Kirchenhistoriker, Zschokke, Dönniges, Döllinger, Reinkens, Friedrich,
Paulus, Feuerbnch, Hansemann, Minister Patow, Major Helmuth vou Moltke
(1841—1844), Detmold, Laboulaye, Hock, Höslen, Ludw. Robert (Bruder der
Nadel), Wik. Alexis, Laube, Mundt, Dingelstedt. Rüge. Temme, Rellstab,
Steub, Moritz Wagner, Melch. Mehr, Bodenstedt, Hackländer, Rhyno Quedl
(nicht Guehl, unter Mnnteuffel Preßgewaltiger, Erfinder der Anzeigenbesteue-


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[0698] Hundert Jahre Allgemeine Zeitung der Liberalismus rundweg abgesprochen, vollends wenn religiöse Fragen mit ins Spiel kamen. Machte sich doch Robert Blum zum Verteidiger der studen¬ tischen Leibgarde der Lota Montez, weil diese sich mit den Jesuiten entzweit hatte, und ein Mann wie der von Heine so schmählich verfolgte Venedeh mußte nachdrücklich dafür eintreten, daß das deutsche Volk die ersehnte Freiheit nicht von der Gnade der spanischen Tänzerin empfangen wolle! Nicht geringer war die Konfusion während des Krieges von 1859. Wie wenige wollten damals begreifen, daß der damalige mannhafte Kampf der A. Z. nicht für Österreichs italienischen Besitz, sondern gegen den Sohn der Hortense Beauharnais geführt würde, den im Harlemer Landhause eines Amsterdamer Bankiers zur Welt ge- kommnen Anonymus, der nach dem Tode seines Halbbruders sich als napo- leoniden aufspielte, es durch verbrecherische Mittel zum Beherrscher Frankreichs brachte, auf Befehl der Carbonari den Krieg gegen Österreich begann und, wie jedermann voraussah, später gern oder ungern seine Hand nach dem Rhein ausstrecken mußte. In diesem verdienstlichen Kampfe gegen den „zweiten Dezember" (welchen Namen Hermann Orges für den gewohnheitsmäßigen Ver¬ schwörer in Paris aufgebracht hatte) und gegen die von ihm Gewonnenen oder Bethörten, voran Karl Vogt, traten viele Nationalgesinnte in die Reihen der A. Z., die sonst nicht immer mit ihr überein gestimmt hatten, freilich auch Internationale, wie der von Heyck namhaft gemachte Wilhelm Liebknecht, damals in London, von wo auch Karl Marx seine furchtbare Anklageschrift „Herr Karl Vogt" ausgehen ließ. Überhaupt ist eine Übersicht der bekannter» erklärten oder geheimen Mit¬ arbeiter der Zeitung bezeichnend sür die Allgemeine. Das Verzeichnis könnte noch viel länger und bunter sein, wenn nicht oft, namentlich für die neuere und neueste Zeit eine wohlerklärliche Verschwiegenheit beobachtet worden wäre. Wir greifen, absehend von bereits Genannten und von den bekannten Leitern der Zeitung, bunt heraus: Goethe, der viel mehr politische Einsicht bewies als Schiller, K. A. Böttiger, Archenholtz, E, M. Arndt, Niebuhr. Varnhagen, Ölsner, Raumer, Graf Schlabrendorf, Schubart, Aug. von Binzer (Dichter des „Wir hatten gebauet"), K. Follen, Fallmernyer, Graf Reinhard, Thiers, Siehüs, Schlözer, Wolfg. Menzel, Frdr. Schlegel, Kanzler Fürst Hardenberg, H. Chr. von Gagern, K. Fr. von Moser, Radowitz, Ritter Bunsen, Jarcke, Adam Müller, Pilat, Ed. Gans, Ranke, Rotteck, Paul Pfizer. List, Prokesch- Osteu. H. Leo, Julius und Rob. Mohl, Jos. und Guido Görres, Karl Hase, der Kirchenhistoriker, Zschokke, Dönniges, Döllinger, Reinkens, Friedrich, Paulus, Feuerbnch, Hansemann, Minister Patow, Major Helmuth vou Moltke (1841—1844), Detmold, Laboulaye, Hock, Höslen, Ludw. Robert (Bruder der Nadel), Wik. Alexis, Laube, Mundt, Dingelstedt. Rüge. Temme, Rellstab, Steub, Moritz Wagner, Melch. Mehr, Bodenstedt, Hackländer, Rhyno Quedl (nicht Guehl, unter Mnnteuffel Preßgewaltiger, Erfinder der Anzeigenbesteue-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_226901/698>, abgerufen am 09.01.2025.