Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.urteil gesprochen, hat Deutschland ein für allemal verzichtet, das Elsaß zu Die Exemplare des Manuskriptdrucks scheinen sehr zahlreich versandt "Kenner der hiesigen Verhältnisse wissen, daß bereits seinerzeit in den urteil gesprochen, hat Deutschland ein für allemal verzichtet, das Elsaß zu Die Exemplare des Manuskriptdrucks scheinen sehr zahlreich versandt „Kenner der hiesigen Verhältnisse wissen, daß bereits seinerzeit in den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0648" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/227550"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_2344" prev="#ID_2343"> urteil gesprochen, hat Deutschland ein für allemal verzichtet, das Elsaß zu<lb/> gewinnen." Die einschränkende Fassung des Stichworts hängt damit zu¬<lb/> sammen, daß der Verfasser Lothringen ganz außer Betracht läßt, der Grund,<lb/> den er dafür anführt, er kenne diesen Landesteil nicht, macht seiner Gewissen¬<lb/> haftigkeit Ehre, aber für die politische Betrachtung ist Lothringen doch ein<lb/> Drittel des Ganzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2345"> Die Exemplare des Manuskriptdrucks scheinen sehr zahlreich versandt<lb/> worden zu sein, ich habe schon mehrere Beamte gesprochen, die es erhalten<lb/> haben, und mir selbst ist es nach meinem letzte» dienstlichen Wohnsitz geschickt<lb/> worden. Nun sollte man meinen, unsre Presse müßte sich auf die kostbare<lb/> Ware mit Eifer gestürzt haben. Weit gefehlt. Die Straßburger Post z. B.<lb/> hat meines Wissens die Schrift nur in ihrem Briefkasten erwähnt, der Autor¬<lb/> schaft wegen, und dann in einer Korrespondenz, die gegen die in der That<lb/> zu schroffe Behandlung des Notariats eine Einsprache erhob, die ihresteils<lb/> nicht weniger übers Ziel schoß. Die Strnßbnrger Post ist allerdings ent¬<lb/> schuldigt, denn das Deutschtum des Elsässers ist nicht das ihrige, ihr ist der<lb/> Kompatriot Drehfuß wichtiger. Nur ein Kreuzer unsrer Preßflotte hat alle<lb/> Segel aufgehißt: die „Heimat," Kapitän Hoffet. In seinem Zivilverhältnis<lb/> ist Herr Hoffet evangelischer Geistlicher, seine Zeitung ist das Amtsblatt des<lb/> politischen Protestantismus in Elsaß-Lothringen und gilt für deutschfreundlich,<lb/> ein Auszug aus dem betreffenden Leitartikel ist auch sonst interessant. Ich<lb/> führe die bezeichnendsten Stellen an.</p><lb/> <p xml:id="ID_2346" next="#ID_2347"> „Kenner der hiesigen Verhältnisse wissen, daß bereits seinerzeit in den<lb/> Grenzboten Artikel über das Elsaß erschienen sind, die ganz denselben Stempel<lb/> tragen, dort aber nicht als anonyme schriftstellerische Kunstprodukte, sondern<lb/> als mit voller Unterschrift versehene Abhandlungen auftraten. Daß der Ver¬<lb/> fasser der »Briefe eines Elsässers« kein Elsässer ist, braucht nicht lange be¬<lb/> wiesen zu werden, ein Mann, der seinem Freunde schreibt: »die für das öffent¬<lb/> liche Leben verhängnisvollste Eigenschaft des Elsässers ist seine Unzuverlässig-<lb/> keit, seine — es muß heraus — Falschheit dem Nichtelsäsfer gegenüber« ist<lb/> entweder der allerelendeste Tropf der Welt, oder aber er hat eben kein Elsässcr-<lb/> blut in seinen Adern; denn man kann doch füglich bei der allergrößten Ob¬<lb/> jektivität sich ein solches Zeugnis nicht selbst ins Stammbuch schreiben. Also<lb/> mit den »Briefen eines Elsässers« ist es wieder einmal faul. . . . Der Ver¬<lb/> fasser der Briefe ist nicht der erste beste. Er hat eine umfassende Kenntnis<lb/> der elsässischen Verhältnisse, hat es aber doch nicht verstanden, sich ganz in<lb/> die Eigenart und in die komplizirten Verhältnisse derselben völlig einzuleben.<lb/> Daher auch das obige Urteil, für das man ihm in einem weniger anständigen<lb/> oder thatsächlich falschen Volksstamme wohl bei Nacht eine gehörige Tracht<lb/> Prügel erteilt hätte, wo er doch bei den »unzuverlässigen und falschen El-<lb/> scissern« unbehelligt seine Beobachtungen machen und niederschreiben konnte. . . .</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0648]
urteil gesprochen, hat Deutschland ein für allemal verzichtet, das Elsaß zu
gewinnen." Die einschränkende Fassung des Stichworts hängt damit zu¬
sammen, daß der Verfasser Lothringen ganz außer Betracht läßt, der Grund,
den er dafür anführt, er kenne diesen Landesteil nicht, macht seiner Gewissen¬
haftigkeit Ehre, aber für die politische Betrachtung ist Lothringen doch ein
Drittel des Ganzen.
Die Exemplare des Manuskriptdrucks scheinen sehr zahlreich versandt
worden zu sein, ich habe schon mehrere Beamte gesprochen, die es erhalten
haben, und mir selbst ist es nach meinem letzte» dienstlichen Wohnsitz geschickt
worden. Nun sollte man meinen, unsre Presse müßte sich auf die kostbare
Ware mit Eifer gestürzt haben. Weit gefehlt. Die Straßburger Post z. B.
hat meines Wissens die Schrift nur in ihrem Briefkasten erwähnt, der Autor¬
schaft wegen, und dann in einer Korrespondenz, die gegen die in der That
zu schroffe Behandlung des Notariats eine Einsprache erhob, die ihresteils
nicht weniger übers Ziel schoß. Die Strnßbnrger Post ist allerdings ent¬
schuldigt, denn das Deutschtum des Elsässers ist nicht das ihrige, ihr ist der
Kompatriot Drehfuß wichtiger. Nur ein Kreuzer unsrer Preßflotte hat alle
Segel aufgehißt: die „Heimat," Kapitän Hoffet. In seinem Zivilverhältnis
ist Herr Hoffet evangelischer Geistlicher, seine Zeitung ist das Amtsblatt des
politischen Protestantismus in Elsaß-Lothringen und gilt für deutschfreundlich,
ein Auszug aus dem betreffenden Leitartikel ist auch sonst interessant. Ich
führe die bezeichnendsten Stellen an.
„Kenner der hiesigen Verhältnisse wissen, daß bereits seinerzeit in den
Grenzboten Artikel über das Elsaß erschienen sind, die ganz denselben Stempel
tragen, dort aber nicht als anonyme schriftstellerische Kunstprodukte, sondern
als mit voller Unterschrift versehene Abhandlungen auftraten. Daß der Ver¬
fasser der »Briefe eines Elsässers« kein Elsässer ist, braucht nicht lange be¬
wiesen zu werden, ein Mann, der seinem Freunde schreibt: »die für das öffent¬
liche Leben verhängnisvollste Eigenschaft des Elsässers ist seine Unzuverlässig-
keit, seine — es muß heraus — Falschheit dem Nichtelsäsfer gegenüber« ist
entweder der allerelendeste Tropf der Welt, oder aber er hat eben kein Elsässcr-
blut in seinen Adern; denn man kann doch füglich bei der allergrößten Ob¬
jektivität sich ein solches Zeugnis nicht selbst ins Stammbuch schreiben. Also
mit den »Briefen eines Elsässers« ist es wieder einmal faul. . . . Der Ver¬
fasser der Briefe ist nicht der erste beste. Er hat eine umfassende Kenntnis
der elsässischen Verhältnisse, hat es aber doch nicht verstanden, sich ganz in
die Eigenart und in die komplizirten Verhältnisse derselben völlig einzuleben.
Daher auch das obige Urteil, für das man ihm in einem weniger anständigen
oder thatsächlich falschen Volksstamme wohl bei Nacht eine gehörige Tracht
Prügel erteilt hätte, wo er doch bei den »unzuverlässigen und falschen El-
scissern« unbehelligt seine Beobachtungen machen und niederschreiben konnte. . . .
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