Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.Das Wirtshausleben in Italien Eier- und Ölmayonnaise gereicht wird, wie meist in Italien. Daß man auch Austern sind billig, das Dutzend kostet ein bis zwei Lire. Mau soll sie Etwas ganz vorzügliches ist z, B, in Neapel die Muschclsuppe (pong-oll) aber etwas
,Die Red, mühsam zu essen. Das Wirtshausleben in Italien Eier- und Ölmayonnaise gereicht wird, wie meist in Italien. Daß man auch Austern sind billig, das Dutzend kostet ein bis zwei Lire. Mau soll sie Etwas ganz vorzügliches ist z, B, in Neapel die Muschclsuppe (pong-oll) aber etwas
,Die Red, mühsam zu essen. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0552" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/227454"/> <fw type="header" place="top"> Das Wirtshausleben in Italien</fw><lb/> <p xml:id="ID_1975" prev="#ID_1974"> Eier- und Ölmayonnaise gereicht wird, wie meist in Italien. Daß man auch<lb/> beim Einkauf dieses Gerichts handeln muß, sei nur beiläufig erwähnt. Man<lb/> wählt sich am Büffet den Fisch oder die raguLtg. aus und vereinbart den Preis.<lb/> Im größten und berühmtesten Fischristorante Roms wurde uns einst für eine<lb/> i'ÄMstg. sechs Lire abverlangt, ich schlug diese Forderung rundweg ab und<lb/> erhielt das mächtige Schalenticr in aller Freundschaft für dreiein viertel Lire.<lb/> Für zwei Personen bildet das prächtige Geschöpf eine völlig ausreichende<lb/> Nahrung, im Norden wird man bei einem größern Eßgelage eine raZusts. auf<lb/> vier Personen zu rechnen haben. Ein gewaltiges Vieh derselben Gattung ist<lb/> der leonö all miirs (Seelöwe), der indes seltner ist und von mir nicht erprobt<lb/> werden konnte; ich habe ihn nur ein einzigesmal, auf dem Fischmarkt von<lb/> Anziv (Antium) gesehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1976" next="#ID_1977"> Austern sind billig, das Dutzend kostet ein bis zwei Lire. Mau soll sie<lb/> indessen nur mit Vorsicht genießen und in Neapel während des Sommers un¬<lb/> bedingt vermeiden, da dort die Hauptausternbmik unmittelbar vor der berühmten<lb/> oder — berüchtigten Straße Santa Lucia liegt und durch deren Ausflüsse ver¬<lb/> unreinigt wird. Größere Ristoranti haben ihren eignen ostrie^so, einen Mann,<lb/> der in den Wirtschaften mit Austern, gleichsam hausirend, umhergeht, für frische<lb/> Ware zu sorgen hat und sie beim Verkaufe zurecht macht. Sehr beliebt sind<lb/> die truttg. al wars (Meeresfrüchte), Muscheln u. ä., die mit großer Schnellig¬<lb/> keit vom Meeresgrunde abgelesen werden. Auf einer Gondelfahrt nach dem<lb/> schönen armenischen Kloster San Lazzaro wurde ich Augenzeuge eines solchen<lb/> Fanges; es war Ebbe, ein Fischer stand in der Lagune und brachte mit den<lb/> Händen derartige Mengen zu Tage, daß ich für wenige Soloi einen großen<lb/> Haufen erhielt. Nach Venedig zurückgekehrt, wußte ich natürlich nicht, was ich<lb/> mit meinem Fange beginnen sollte; in der Trattorie machte man aber, als man<lb/> meine Verlegenheit bemerkte, sofort ohne Entgelt alles zurecht und beschämte<lb/> dadurch die norddeutsche» Gastwirte einmal wieder recht sehr, die es meist als<lb/> Beleidigung betrachten, wenn Speisewaren vom Gast mitgebracht werden;<lb/> nur in München oder in Baiern überhaupt begegnete ich in dieser Beziehung<lb/> einer ähnlich weitherzigen Unbefangenheit und Liebenswürdigkeit wie in Italien.<lb/> Unter Ij'ruttii all eng.rs erfreuen sich die Pidoechi (lülg. «üapxruziua) eines be¬<lb/> sonders guten Rufes; es sind längliche schwarze Muschel», deren Inhalt mit<lb/> reichlich Öl und etwas Pfeffer ähnlich der Auster geschlürft wird.") Zu den<lb/> streng nationalen Genüssen, denen sich der Fremde nicht ohne weiteres hin¬<lb/> geben wird, gehört das massenhafte Vertilgen gekochter Schnecken in der Jo-<lb/> hannisnacht; da werden vom Abend bis zum frühen Morgen auf dem großen<lb/> Platze vor der Lateranskirche in Rom unzählige Mengen der kleinen Tiere ans<lb/> offnen hell lodernden Feuern zurechtgemacht und mit Hilfe von Stecknadeln,<lb/> mit denen man die Schnecken aus ihren Gehäusen herausholt, verspeist. Auch<lb/> zum Tintenfisch (eins,ni^o). der im lebenden Zustande bekanntermaßen that¬<lb/> sächlich eine tintenartige Flüssigkeit erzeugt, wird man erst nach längerm<lb/> Aufenthalt in Italien ein freundschaftliches Verhältnis gewinnen. Er wird<lb/> in der Pfanne gebacken, seine zahlreichen Rüssel werden dabei zu harten Ge¬<lb/> bilden, die abgeschlagnen Henkeln von Porzellangefäßen gleichen; wie ungeheuer<lb/> beliebt er aber in den untern Schichten ist, kann man bei Volksfesten hin¬<lb/> länglich beobachten. Die Neapolitaner Straßenjungen bieten sich sogar gegen</p><lb/> <note xml:id="FID_62" place="foot"> Etwas ganz vorzügliches ist z, B, in Neapel die Muschclsuppe (pong-oll) aber etwas<lb/><note type="byline"> ,Die Red,</note> mühsam zu essen. </note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0552]
Das Wirtshausleben in Italien
Eier- und Ölmayonnaise gereicht wird, wie meist in Italien. Daß man auch
beim Einkauf dieses Gerichts handeln muß, sei nur beiläufig erwähnt. Man
wählt sich am Büffet den Fisch oder die raguLtg. aus und vereinbart den Preis.
Im größten und berühmtesten Fischristorante Roms wurde uns einst für eine
i'ÄMstg. sechs Lire abverlangt, ich schlug diese Forderung rundweg ab und
erhielt das mächtige Schalenticr in aller Freundschaft für dreiein viertel Lire.
Für zwei Personen bildet das prächtige Geschöpf eine völlig ausreichende
Nahrung, im Norden wird man bei einem größern Eßgelage eine raZusts. auf
vier Personen zu rechnen haben. Ein gewaltiges Vieh derselben Gattung ist
der leonö all miirs (Seelöwe), der indes seltner ist und von mir nicht erprobt
werden konnte; ich habe ihn nur ein einzigesmal, auf dem Fischmarkt von
Anziv (Antium) gesehen.
Austern sind billig, das Dutzend kostet ein bis zwei Lire. Mau soll sie
indessen nur mit Vorsicht genießen und in Neapel während des Sommers un¬
bedingt vermeiden, da dort die Hauptausternbmik unmittelbar vor der berühmten
oder — berüchtigten Straße Santa Lucia liegt und durch deren Ausflüsse ver¬
unreinigt wird. Größere Ristoranti haben ihren eignen ostrie^so, einen Mann,
der in den Wirtschaften mit Austern, gleichsam hausirend, umhergeht, für frische
Ware zu sorgen hat und sie beim Verkaufe zurecht macht. Sehr beliebt sind
die truttg. al wars (Meeresfrüchte), Muscheln u. ä., die mit großer Schnellig¬
keit vom Meeresgrunde abgelesen werden. Auf einer Gondelfahrt nach dem
schönen armenischen Kloster San Lazzaro wurde ich Augenzeuge eines solchen
Fanges; es war Ebbe, ein Fischer stand in der Lagune und brachte mit den
Händen derartige Mengen zu Tage, daß ich für wenige Soloi einen großen
Haufen erhielt. Nach Venedig zurückgekehrt, wußte ich natürlich nicht, was ich
mit meinem Fange beginnen sollte; in der Trattorie machte man aber, als man
meine Verlegenheit bemerkte, sofort ohne Entgelt alles zurecht und beschämte
dadurch die norddeutsche» Gastwirte einmal wieder recht sehr, die es meist als
Beleidigung betrachten, wenn Speisewaren vom Gast mitgebracht werden;
nur in München oder in Baiern überhaupt begegnete ich in dieser Beziehung
einer ähnlich weitherzigen Unbefangenheit und Liebenswürdigkeit wie in Italien.
Unter Ij'ruttii all eng.rs erfreuen sich die Pidoechi (lülg. «üapxruziua) eines be¬
sonders guten Rufes; es sind längliche schwarze Muschel», deren Inhalt mit
reichlich Öl und etwas Pfeffer ähnlich der Auster geschlürft wird.") Zu den
streng nationalen Genüssen, denen sich der Fremde nicht ohne weiteres hin¬
geben wird, gehört das massenhafte Vertilgen gekochter Schnecken in der Jo-
hannisnacht; da werden vom Abend bis zum frühen Morgen auf dem großen
Platze vor der Lateranskirche in Rom unzählige Mengen der kleinen Tiere ans
offnen hell lodernden Feuern zurechtgemacht und mit Hilfe von Stecknadeln,
mit denen man die Schnecken aus ihren Gehäusen herausholt, verspeist. Auch
zum Tintenfisch (eins,ni^o). der im lebenden Zustande bekanntermaßen that¬
sächlich eine tintenartige Flüssigkeit erzeugt, wird man erst nach längerm
Aufenthalt in Italien ein freundschaftliches Verhältnis gewinnen. Er wird
in der Pfanne gebacken, seine zahlreichen Rüssel werden dabei zu harten Ge¬
bilden, die abgeschlagnen Henkeln von Porzellangefäßen gleichen; wie ungeheuer
beliebt er aber in den untern Schichten ist, kann man bei Volksfesten hin¬
länglich beobachten. Die Neapolitaner Straßenjungen bieten sich sogar gegen
Etwas ganz vorzügliches ist z, B, in Neapel die Muschclsuppe (pong-oll) aber etwas
,Die Red, mühsam zu essen.
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