Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.giebt, und die es nun ins Unendliche vermehren möchten, um auch ihren Eine Kritik dieser in vieler Beziehung beachtenswerten Ansicht würde zu giebt, und die es nun ins Unendliche vermehren möchten, um auch ihren Eine Kritik dieser in vieler Beziehung beachtenswerten Ansicht würde zu <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0526" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/227428"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1925" prev="#ID_1924"> giebt, und die es nun ins Unendliche vermehren möchten, um auch ihren<lb/> Kindern wieder die Macht zu sichern, und mit der Macht das Recht zur Aus-<lb/> saugung ihrer arbeitenden Zeitgenossen. . . . Was all das soziale Elend schafft,<lb/> das ist nicht die freie Konkurrenz, sondern die sreie Konkurrenz unter so blöd¬<lb/> sinnigen Umstünden, daß der Sohn reicher Eltern nur drei Schritt vom Ziele<lb/> steht, der tüchtige Arme aber dreitausend. Ist es ein Wunder, daß jener trotz<lb/> seiner lahmen Beine das Ziel eher erreicht, und dieser erst ankommt, wenn<lb/> alle Preise vergeben sind?" Von den Individuen überträgt der „Sozial¬<lb/> aristokrat" seine Forderung einer Herrschaft der Besten auf die Völker. Die<lb/> Germanen, als die Besten, sollen den Erdkreis erfüllen und beherrschen und<lb/> sollen die übrigen Völker verdrängen und den Verkümmerungsprozeß, der die<lb/> Aussicht auf ihr Aussterben eröffnet, befördern. Aber nicht durch Kriege<lb/> sollen wir die andern Völker unterwerfen, durch Maffenmord der Besten, der<lb/> zur Folge habe, daß die Schlechtesten überleben und das siegende Volk sich<lb/> selbst verschlechtere, sondern wir sollen die andern Völker aus ihrem Besitz<lb/> „hinausarbeiten." „Diese Kräftemessung Zwischen »Mittelländern« und Mon-<lb/> golenl wird menschlicher Voraussicht nach nicht mit Kanonen und kleinkalibrigen<lb/> Gewehren ausgesuchten werden, sondern durch die Leistung schwieliger Hände<lb/> und die Kraft der Lenden auf beiden Seiten, durch die beiden Kräfte, die zu<lb/> allen Zeiten Geschichte gemacht haben, welchen andern Umständen menschlicher<lb/> Unverstand auch sonst noch die großen Ereignisse im Wechsel der Völkerschicksale<lb/> zugeschrieben hat." Das Land der minderwertigen Völker sollen wir durch<lb/> Arbeit in Besitz nehmen, nicht ihre Personen annektiren, die als Unterwvrfne<lb/> den Staat hassen, der sie sich einverleibt hat, und einen Krankheitsstoff im<lb/> Staatskörper bilden. Ja eben die Staaten, die Landesgrenzen, die Kriegsheere<lb/> sind das eigentliche Hindernis der Ausdehnung für die tüchtigen, gesunden,<lb/> der Expansion bedürfenden Völker; daher muß der Staatsdienst, für den die<lb/> Vaterlandsliebe gemißbraucht zu werden Pflegt, aufhören und dem Vvlksdicnst<lb/> Platz macheu.</p><lb/> <p xml:id="ID_1926" next="#ID_1927"> Eine Kritik dieser in vieler Beziehung beachtenswerten Ansicht würde zu<lb/> weit führen; sür den vorliegenden Zweck genügt der Hinweis darauf, daß die<lb/> hier entwickelte Gedankenreihe mit seinen gegen die Arbeiterbewegung gerichteten<lb/> Artikeln, von denen einer schon früher in den Grenzboten kritistrt worden ist,<lb/> in Widerspruch stehen. Hier bewirkt der Druck auf die Arbeiterbevölkerung<lb/> die Auslese der Besten, die anderwärts ihr Fortkommen finden, wenn es daheim<lb/> nicht gehen will, dort wird die gesamte Arbeiterschaft vom erblichen Reichtum<lb/> ausgesaugt. Hier soll die richtige Auslese schon im Gange sein, sodaß nur<lb/> die Unfähigen und Faulen unten bleiben und zuletzt vernichtet werden; dort<lb/> sollen unvernünftige Staats- und Gesellschaftseiurichtungen im Wege stehen,<lb/> die erst durch grundstürzende Veränderungen, ja durch die Auflösung der<lb/> Staaten selbst hinweggeräumt werden müssen, wenn der Ausleseprozeß in Gang</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0526]
giebt, und die es nun ins Unendliche vermehren möchten, um auch ihren
Kindern wieder die Macht zu sichern, und mit der Macht das Recht zur Aus-
saugung ihrer arbeitenden Zeitgenossen. . . . Was all das soziale Elend schafft,
das ist nicht die freie Konkurrenz, sondern die sreie Konkurrenz unter so blöd¬
sinnigen Umstünden, daß der Sohn reicher Eltern nur drei Schritt vom Ziele
steht, der tüchtige Arme aber dreitausend. Ist es ein Wunder, daß jener trotz
seiner lahmen Beine das Ziel eher erreicht, und dieser erst ankommt, wenn
alle Preise vergeben sind?" Von den Individuen überträgt der „Sozial¬
aristokrat" seine Forderung einer Herrschaft der Besten auf die Völker. Die
Germanen, als die Besten, sollen den Erdkreis erfüllen und beherrschen und
sollen die übrigen Völker verdrängen und den Verkümmerungsprozeß, der die
Aussicht auf ihr Aussterben eröffnet, befördern. Aber nicht durch Kriege
sollen wir die andern Völker unterwerfen, durch Maffenmord der Besten, der
zur Folge habe, daß die Schlechtesten überleben und das siegende Volk sich
selbst verschlechtere, sondern wir sollen die andern Völker aus ihrem Besitz
„hinausarbeiten." „Diese Kräftemessung Zwischen »Mittelländern« und Mon-
golenl wird menschlicher Voraussicht nach nicht mit Kanonen und kleinkalibrigen
Gewehren ausgesuchten werden, sondern durch die Leistung schwieliger Hände
und die Kraft der Lenden auf beiden Seiten, durch die beiden Kräfte, die zu
allen Zeiten Geschichte gemacht haben, welchen andern Umständen menschlicher
Unverstand auch sonst noch die großen Ereignisse im Wechsel der Völkerschicksale
zugeschrieben hat." Das Land der minderwertigen Völker sollen wir durch
Arbeit in Besitz nehmen, nicht ihre Personen annektiren, die als Unterwvrfne
den Staat hassen, der sie sich einverleibt hat, und einen Krankheitsstoff im
Staatskörper bilden. Ja eben die Staaten, die Landesgrenzen, die Kriegsheere
sind das eigentliche Hindernis der Ausdehnung für die tüchtigen, gesunden,
der Expansion bedürfenden Völker; daher muß der Staatsdienst, für den die
Vaterlandsliebe gemißbraucht zu werden Pflegt, aufhören und dem Vvlksdicnst
Platz macheu.
Eine Kritik dieser in vieler Beziehung beachtenswerten Ansicht würde zu
weit führen; sür den vorliegenden Zweck genügt der Hinweis darauf, daß die
hier entwickelte Gedankenreihe mit seinen gegen die Arbeiterbewegung gerichteten
Artikeln, von denen einer schon früher in den Grenzboten kritistrt worden ist,
in Widerspruch stehen. Hier bewirkt der Druck auf die Arbeiterbevölkerung
die Auslese der Besten, die anderwärts ihr Fortkommen finden, wenn es daheim
nicht gehen will, dort wird die gesamte Arbeiterschaft vom erblichen Reichtum
ausgesaugt. Hier soll die richtige Auslese schon im Gange sein, sodaß nur
die Unfähigen und Faulen unten bleiben und zuletzt vernichtet werden; dort
sollen unvernünftige Staats- und Gesellschaftseiurichtungen im Wege stehen,
die erst durch grundstürzende Veränderungen, ja durch die Auflösung der
Staaten selbst hinweggeräumt werden müssen, wenn der Ausleseprozeß in Gang
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |