Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.Madlene Soll sich der Große niederschlcigen lassen von der jüngern Kompagnie? Der Fritz fing stärker an zu schnurren; aber wir haben jetzt keine Zeit, auf Su? a Vexirschluß? -- Woh is denn mei sogen! Vexirn! Hahaha! -- Kupp, klappklapp! Bleibt, wies war! Das muß ich kenn! Nun hob Madlene So mochte ein Biertelstündchen ohne Rede und Widerrede verstriche" sein. Für den Großeir aber begann nun noch ein Stündchen ungestörter, fröh¬ Der Schlehenstrnuch hatte keine Vlnttlcin mehr, Und die blauen, blauen Schlchlein, ach, die fror gar sehr! Da kam ein armes Kind, Durch den Rock Vlies der Wind; Das trug ein Körblein um dein Arm, Ein altes Körblein, Gott erbarm! Fein Ännelein, mein Schätzelein, Die Schlehlein haben harte Stein! Fein Ännelein klopfte beim Schlehnstrauch a", Und es waren, ach, so spitze, spitze Dornen drum! Sie zupft und zupft geschwind, Durch den Rock bläst der Wind. Madlene Soll sich der Große niederschlcigen lassen von der jüngern Kompagnie? Der Fritz fing stärker an zu schnurren; aber wir haben jetzt keine Zeit, auf Su? a Vexirschluß? — Woh is denn mei sogen! Vexirn! Hahaha! — Kupp, klappklapp! Bleibt, wies war! Das muß ich kenn! Nun hob Madlene So mochte ein Biertelstündchen ohne Rede und Widerrede verstriche» sein. Für den Großeir aber begann nun noch ein Stündchen ungestörter, fröh¬ Der Schlehenstrnuch hatte keine Vlnttlcin mehr, Und die blauen, blauen Schlchlein, ach, die fror gar sehr! Da kam ein armes Kind, Durch den Rock Vlies der Wind; Das trug ein Körblein um dein Arm, Ein altes Körblein, Gott erbarm! Fein Ännelein, mein Schätzelein, Die Schlehlein haben harte Stein! Fein Ännelein klopfte beim Schlehnstrauch a», Und es waren, ach, so spitze, spitze Dornen drum! Sie zupft und zupft geschwind, Durch den Rock bläst der Wind. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0051" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/226953"/> <fw type="header" place="top"> Madlene</fw><lb/> <p xml:id="ID_113"> Soll sich der Große niederschlcigen lassen von der jüngern Kompagnie?<lb/> Nicht um die Welt! Kupp, klappklapp! Dus muß ich kenn! Ein Vexirschloß<lb/> kommt dran. Ich kenn die Welt!</p><lb/> <p xml:id="ID_114"> Der Fritz fing stärker an zu schnurren; aber wir haben jetzt keine Zeit, auf<lb/> sein grobes Lied zu höre». Madlenens Spindel schnurrte mit ihm um die Wette,<lb/> und der Kleine nagelte, daß die Stube dröhnte. Der höchste Trumpf war aus¬<lb/> gespielt: Ich kenn die Welt!</p><lb/> <p xml:id="ID_115"> Su? a Vexirschluß? — Woh is denn mei sogen! Vexirn! Hahaha! —<lb/> Wenn der Kleine laut lachte, so wars ungefähr, als schlüge der Pfarrer mit<lb/> Zwei Fäusten auf die Kanzel. Da war es der Madlene, als stürze ihre Wag¬<lb/> schale in den Feuerteich, und die Schale des Großen schnelle in die Äste des<lb/> Holzapfelbnums, sodaß sie schleunigst einlenkte und zaghaft fragte: Wie solls denn<lb/> »ander mit dem Schlüssel werd»?</p><lb/> <p xml:id="ID_116"> Kupp, klappklapp! Bleibt, wies war! Das muß ich kenn! Nun hob Madlene<lb/> den Ofenblasendeckel, nahm ein Holzäpfelchen heraus und führte es zwischen die<lb/> restlichen Zähne und netzte den Faden so freigiebig, daß von der Spule dem Fritz<lb/> ein paar feine Tröpflein ins Gesicht flogen, und er niesen mußte. Hases deutest,<lb/> tagte Madleue und langte dem Kleinen auch ein Äpfelchcn zu. Es war eine<lb/> Lust, zu sehen, wie die drei nun in stillem Eifer weiter arbeiteten, und der Kater<lb/> Lieder dazu dichtete.</p><lb/> <p xml:id="ID_117"> So mochte ein Biertelstündchen ohne Rede und Widerrede verstriche» sein.<lb/> Da griff Madlene wieder in die Ofenblase und mochte so ein Stücker vier oder<lb/> fünf Holzäpfelchen erwischt haben; die warf sie dem Großen zu. Weil aber<lb/> etliche davon beim Trittwechsel in den Zettel gerieten, so sprangen Wohl zehn Fäden<lb/> "uf einmal. Doch der Große las die Äpfelchen zusammen, steckte eins in den<lb/> Mund und die andern in die Tasche und knüpfte geduldig die gerissenen Fäden;<lb/> dann arbeitete er weiter — vergnügt weiter. Madlene steckte den Rocken uuter,<lb/> stellte das Rad in die Ecke und huschte mit einem schelmischen Gute Nacht! zur<lb/> ^-sur hinaus. Fritz war mit entwischt und begann seine Spaziergänge auf dem<lb/> "bersten Boden. Der Kleine packte sein Flickgerät in einen Kasten und schob<lb/> ""t einem herzcnhaften Gute Nacht! ebenfalls ab.</p><lb/> <p xml:id="ID_118"> Für den Großeir aber begann nun noch ein Stündchen ungestörter, fröh¬<lb/> licher Arbeit, bei der er ein Lied aus seiner Wanderzeit sang, zwischen den Strophen<lb/> "ber öfter eine längere Pause machend. Die sauern Äpfel mochten ihn an das<lb/> Schlehenlied erinnert haben. Wenn er damit zu Eude war, fing ers wieder von<lb/> vorn an. 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Madlene
Soll sich der Große niederschlcigen lassen von der jüngern Kompagnie?
Nicht um die Welt! Kupp, klappklapp! Dus muß ich kenn! Ein Vexirschloß
kommt dran. Ich kenn die Welt!
Der Fritz fing stärker an zu schnurren; aber wir haben jetzt keine Zeit, auf
sein grobes Lied zu höre». Madlenens Spindel schnurrte mit ihm um die Wette,
und der Kleine nagelte, daß die Stube dröhnte. Der höchste Trumpf war aus¬
gespielt: Ich kenn die Welt!
Su? a Vexirschluß? — Woh is denn mei sogen! Vexirn! Hahaha! —
Wenn der Kleine laut lachte, so wars ungefähr, als schlüge der Pfarrer mit
Zwei Fäusten auf die Kanzel. Da war es der Madlene, als stürze ihre Wag¬
schale in den Feuerteich, und die Schale des Großen schnelle in die Äste des
Holzapfelbnums, sodaß sie schleunigst einlenkte und zaghaft fragte: Wie solls denn
»ander mit dem Schlüssel werd»?
Kupp, klappklapp! Bleibt, wies war! Das muß ich kenn! Nun hob Madlene
den Ofenblasendeckel, nahm ein Holzäpfelchen heraus und führte es zwischen die
restlichen Zähne und netzte den Faden so freigiebig, daß von der Spule dem Fritz
ein paar feine Tröpflein ins Gesicht flogen, und er niesen mußte. Hases deutest,
tagte Madleue und langte dem Kleinen auch ein Äpfelchcn zu. Es war eine
Lust, zu sehen, wie die drei nun in stillem Eifer weiter arbeiteten, und der Kater
Lieder dazu dichtete.
So mochte ein Biertelstündchen ohne Rede und Widerrede verstriche» sein.
Da griff Madlene wieder in die Ofenblase und mochte so ein Stücker vier oder
fünf Holzäpfelchen erwischt haben; die warf sie dem Großen zu. Weil aber
etliche davon beim Trittwechsel in den Zettel gerieten, so sprangen Wohl zehn Fäden
"uf einmal. Doch der Große las die Äpfelchen zusammen, steckte eins in den
Mund und die andern in die Tasche und knüpfte geduldig die gerissenen Fäden;
dann arbeitete er weiter — vergnügt weiter. Madlene steckte den Rocken uuter,
stellte das Rad in die Ecke und huschte mit einem schelmischen Gute Nacht! zur
^-sur hinaus. Fritz war mit entwischt und begann seine Spaziergänge auf dem
"bersten Boden. Der Kleine packte sein Flickgerät in einen Kasten und schob
""t einem herzcnhaften Gute Nacht! ebenfalls ab.
Für den Großeir aber begann nun noch ein Stündchen ungestörter, fröh¬
licher Arbeit, bei der er ein Lied aus seiner Wanderzeit sang, zwischen den Strophen
"ber öfter eine längere Pause machend. Die sauern Äpfel mochten ihn an das
Schlehenlied erinnert haben. Wenn er damit zu Eude war, fing ers wieder von
vorn an. Er kam die Nacht nicht über das Ding hinaus; drum magh mit drein
gegeben werden.
Der Schlehenstrnuch hatte keine Vlnttlcin mehr,
Und die blauen, blauen Schlchlein, ach, die fror gar sehr!
Da kam ein armes Kind,
Durch den Rock Vlies der Wind;
Das trug ein Körblein um dein Arm,
Ein altes Körblein, Gott erbarm!
Fein Ännelein, mein Schätzelein,
Die Schlehlein haben harte Stein! Fein Ännelein klopfte beim Schlehnstrauch a»,
Und es waren, ach, so spitze, spitze Dornen drum!
Sie zupft und zupft geschwind,
Durch den Rock bläst der Wind.
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Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
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