Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.Überschüsse geliefert, daß ein kleiner Bruchteil davon genügt hätte, die Einrichtungen Dann hat der Eisenbahnminister noch einen andern dunkeln Punkt berührt, zurühren, sondern an6 einem Mangel um Disziplin, d, h, sie hat in Leichtsinn, Ummfmertsmnkeit,
Unpünktlichkeit ihren Grund, Aber gerade daran ist die unvernünftige und unnötige Über¬ anstrengung zum großen Teile schuld^ denn sie ist überall der Ruin der Disziplin; auch beim Militär in Krieg und Frieden, Überschüsse geliefert, daß ein kleiner Bruchteil davon genügt hätte, die Einrichtungen Dann hat der Eisenbahnminister noch einen andern dunkeln Punkt berührt, zurühren, sondern an6 einem Mangel um Disziplin, d, h, sie hat in Leichtsinn, Ummfmertsmnkeit,
Unpünktlichkeit ihren Grund, Aber gerade daran ist die unvernünftige und unnötige Über¬ anstrengung zum großen Teile schuld^ denn sie ist überall der Ruin der Disziplin; auch beim Militär in Krieg und Frieden, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0508" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/227410"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1868" prev="#ID_1867"> Überschüsse geliefert, daß ein kleiner Bruchteil davon genügt hätte, die Einrichtungen<lb/> in jeder Beziehung ans einen den höchsten Anforderungen genügenden Zustand zu<lb/> bringen, schon lange bevor der Unfallsommer 1897 die übertriebnen Vorwürfe auf<lb/> die Verwaltung herauf beschwor. Verantwortlich ist in Wirklichkeit die übermäßige<lb/> Plusmacherei zu Gunsten des allgemeinen Staatssäckels, veranlaßt durch das Über¬<lb/> gewicht des Finanzministers auch in der Eisenbahuverwaltuug. Statt daß diese<lb/> ihrerseits in erster Linie feststellte, wie viel aus den Bruttoeinnahmen für die ge-<lb/> botne Erhöhung der Betriebssicherheit aufzuwenden sei, und daß dann erst in<lb/> zweiter Linie berechnet würde, wie viel als Überschuß dem Finanzminister in Aus¬<lb/> sicht gestellt werden könnte, ist die Eisenbahnverwaltung gezwungen, mit dem<lb/> Finanzminister zu verhandeln, auf welchem Wege größere Summen dafür — d. h.<lb/> für längst als notwendig erkennte Vermehrungen der Betriebssicherheit — disponibel<lb/> gemacht oder in den Etat eingestellt werden könnten. Das ist verkehrt. Viel¬<lb/> leicht hätte ein solches Verfahren als Notbehelf Sinn, wenn der Finanzminister<lb/> mit dem Staatssäckel bis über die Ohren in der Klemme säße. Aber er hat<lb/> unsre Finanzlage doch bekanntlich auf eine noch nie dagewesene Höhe gebracht,<lb/> sodaß man meinen sollte, niemals wäre Preußen weniger genötigt gewesen, die<lb/> Eisenbahnen in einem Maße als melkende Kuh zu beHandel», das den berechtigten<lb/> Argumenten gegen den Privatbetrieb und für die Verstaatlichung des Hauptnctzes<lb/> der Eisenbahnen geradezu ius Gesicht schlägt. Der preußische Eiseubahnminister<lb/> ist thatsächlich nichts weiter als ein Abteiluugsdirektor des Finanzministers, und<lb/> es wäre fast besser, sein Ressort würde anch rechtlich zu einer Abteilung des<lb/> Finanzministeriums gemacht, wie es früher die Abteilung für Domänen und Forsten<lb/> war. Dann wäre wenigstens Klarheit über die Verantwvrtlichkeitsverhältnisse ge¬<lb/> schaffen. Es geht auf die Dauer nicht mehr so weiter, daß der Finanzminister<lb/> dnrch Nehmen auf der einen und Geben auf der andern Seite der gesamten<lb/> Staatsverwaltung seinen wenn much noch so genialen Wirtschaftsreformatorischen<lb/> Stempel aufdrückt, ohne auch auf den einzelnen Gebieten die volle Verantwortung<lb/> dafür zu übernehmen, was er anrichtet. Hier scheint es sich wirklich um ein<lb/> „System" zu handeln, mit dem gebrochen werden muß; in der Eisenbahnverwal-<lb/> tuug selbst von einem Systemwechsel zu reden, ist vorläufig ungerechtfertigt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1869" next="#ID_1870"> Dann hat der Eisenbahnminister noch einen andern dunkeln Punkt berührt,<lb/> wobei er sogar selbst einen kritischen Ton anschlug, das ist der Schachergeist, mit<lb/> dem groß- und kleinstädtische Gemeindeverwaltungen die ihnen vou Staatsbehörden<lb/> vorgeschlagncn wirtschaftlichen Projekte, namentlich auch die der Eiseubcchneu, be¬<lb/> handeln. Für den bekannten Pseudoliberalismus, der in den Städten fast durch¬<lb/> weg die Hnuplflöte bläst, ist ja das bischen Parlamentspiclen der Stadtverordneten¬<lb/> versammlungen über jede Kritik erhaben, aber trotzdem und trotz der Proteste der<lb/> Herren Oberbürgermeister im Herrenhause sei es gesagt, daß wir es nur mit<lb/> Freuden begrüßen können, wenn der Staat mit der Kirchturms- und Krämerpolitik<lb/> der Herren Stadtverordneten in Brieg wie in Dortmund, in Posemuckel wie in<lb/> Berlin möglichst wenig Federlesens macht. Wer die Ängstlichkeit kennt, mit der<lb/> die freien Bürger in diesen Empvrieu der Selbstverwaltung häufig auch den<lb/> albernsten Begehrlichkeiten ihrer wenigen Herren Wähler gerecht zu werden suchen,</p><lb/> <note xml:id="FID_57" prev="#FID_56" place="foot"> zurühren, sondern an6 einem Mangel um Disziplin, d, h, sie hat in Leichtsinn, Ummfmertsmnkeit,<lb/> Unpünktlichkeit ihren Grund, Aber gerade daran ist die unvernünftige und unnötige Über¬<lb/> anstrengung zum großen Teile schuld^ denn sie ist überall der Ruin der Disziplin; auch beim<lb/> Militär in Krieg und Frieden,</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0508]
Überschüsse geliefert, daß ein kleiner Bruchteil davon genügt hätte, die Einrichtungen
in jeder Beziehung ans einen den höchsten Anforderungen genügenden Zustand zu
bringen, schon lange bevor der Unfallsommer 1897 die übertriebnen Vorwürfe auf
die Verwaltung herauf beschwor. Verantwortlich ist in Wirklichkeit die übermäßige
Plusmacherei zu Gunsten des allgemeinen Staatssäckels, veranlaßt durch das Über¬
gewicht des Finanzministers auch in der Eisenbahuverwaltuug. Statt daß diese
ihrerseits in erster Linie feststellte, wie viel aus den Bruttoeinnahmen für die ge-
botne Erhöhung der Betriebssicherheit aufzuwenden sei, und daß dann erst in
zweiter Linie berechnet würde, wie viel als Überschuß dem Finanzminister in Aus¬
sicht gestellt werden könnte, ist die Eisenbahnverwaltung gezwungen, mit dem
Finanzminister zu verhandeln, auf welchem Wege größere Summen dafür — d. h.
für längst als notwendig erkennte Vermehrungen der Betriebssicherheit — disponibel
gemacht oder in den Etat eingestellt werden könnten. Das ist verkehrt. Viel¬
leicht hätte ein solches Verfahren als Notbehelf Sinn, wenn der Finanzminister
mit dem Staatssäckel bis über die Ohren in der Klemme säße. Aber er hat
unsre Finanzlage doch bekanntlich auf eine noch nie dagewesene Höhe gebracht,
sodaß man meinen sollte, niemals wäre Preußen weniger genötigt gewesen, die
Eisenbahnen in einem Maße als melkende Kuh zu beHandel», das den berechtigten
Argumenten gegen den Privatbetrieb und für die Verstaatlichung des Hauptnctzes
der Eisenbahnen geradezu ius Gesicht schlägt. Der preußische Eiseubahnminister
ist thatsächlich nichts weiter als ein Abteiluugsdirektor des Finanzministers, und
es wäre fast besser, sein Ressort würde anch rechtlich zu einer Abteilung des
Finanzministeriums gemacht, wie es früher die Abteilung für Domänen und Forsten
war. Dann wäre wenigstens Klarheit über die Verantwvrtlichkeitsverhältnisse ge¬
schaffen. Es geht auf die Dauer nicht mehr so weiter, daß der Finanzminister
dnrch Nehmen auf der einen und Geben auf der andern Seite der gesamten
Staatsverwaltung seinen wenn much noch so genialen Wirtschaftsreformatorischen
Stempel aufdrückt, ohne auch auf den einzelnen Gebieten die volle Verantwortung
dafür zu übernehmen, was er anrichtet. Hier scheint es sich wirklich um ein
„System" zu handeln, mit dem gebrochen werden muß; in der Eisenbahnverwal-
tuug selbst von einem Systemwechsel zu reden, ist vorläufig ungerechtfertigt.
Dann hat der Eisenbahnminister noch einen andern dunkeln Punkt berührt,
wobei er sogar selbst einen kritischen Ton anschlug, das ist der Schachergeist, mit
dem groß- und kleinstädtische Gemeindeverwaltungen die ihnen vou Staatsbehörden
vorgeschlagncn wirtschaftlichen Projekte, namentlich auch die der Eiseubcchneu, be¬
handeln. Für den bekannten Pseudoliberalismus, der in den Städten fast durch¬
weg die Hnuplflöte bläst, ist ja das bischen Parlamentspiclen der Stadtverordneten¬
versammlungen über jede Kritik erhaben, aber trotzdem und trotz der Proteste der
Herren Oberbürgermeister im Herrenhause sei es gesagt, daß wir es nur mit
Freuden begrüßen können, wenn der Staat mit der Kirchturms- und Krämerpolitik
der Herren Stadtverordneten in Brieg wie in Dortmund, in Posemuckel wie in
Berlin möglichst wenig Federlesens macht. Wer die Ängstlichkeit kennt, mit der
die freien Bürger in diesen Empvrieu der Selbstverwaltung häufig auch den
albernsten Begehrlichkeiten ihrer wenigen Herren Wähler gerecht zu werden suchen,
zurühren, sondern an6 einem Mangel um Disziplin, d, h, sie hat in Leichtsinn, Ummfmertsmnkeit,
Unpünktlichkeit ihren Grund, Aber gerade daran ist die unvernünftige und unnötige Über¬
anstrengung zum großen Teile schuld^ denn sie ist überall der Ruin der Disziplin; auch beim
Militär in Krieg und Frieden,
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