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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.

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(Öffentliche Fernsprechstellcn und Telephoukioske

Wenn hier dasselbe Verhältnis herrschte, statt der jetzigen 33 öffentlichen Tele¬
phone deren 1058 haben, also elfeinhalbmal so viel. In Bergen in Norwegen
gab es zu derselben Zeit 30 solcher öffentlichen Sprcchstellen, also je eine auf
1766 Einwohner (Bergen hat etwa 53000 Einwohner). Mit Recht wurde des¬
halb in den letzten deutschen Postkonferenzen auch eine Vermehrung der öffent¬
lichen Fernsprecher gefordert, namentlich auch in den kleinern Landstädte", wo
sie zur Zeit noch fast ganz sehlen.

In Schweden, Norwegen und Dänemark ist übrigens die Mehrzahl solcher
städtischen öffentlichen Fernsprechstellen nicht in den staatlichen Post-, Tele¬
graphen- oder Telephonanstalten untergebracht oder in den Bureaus der Privat¬
telephongesellschaften, sondern meist viel praktischer und zweckmäßiger, dicht am
Wege, für jedermann sichtbar und sofort benutzbar: nämlich in besondern Tclephon-
kiosken, in Seltersbuden, Zeitungspavillons, Blumenbuden usw. Natürlich
müssen die Inhaber solcher Sprechstellen den staatlichen oder privaten Telephon¬
verwaltungen eine besondre Vergütung zahlen, sei es nun eine jährliche Abgabe
oder eine Tantieme für jedes bezahlte Gespräch. Es ist oft ein Vergnügen,
zu sehen, mit welcher Geschicklichkeit und Fertigkeit man sich in jenen Ländern,
namentlich in Schweden, des Telephons bedient. In Stockholm pflegen die
Sprechenden gar nicht erst in einen solchen Kiosk einzutreten, sondern sie lassen
sich den an der Schnur hängenden Hörapparat auf die Straße herausreichen,
und da der Schalltrichter zum Hineinsprechen mit ihm verbunden ist und so
beim Hören schon von selbst immer vor dem Munde ruht, so ist Sprechen
und Hören hier die leichteste Sache von der Welt. Auch sind die Apparate
so zierlich und geschmackvoll gearbeitet, wie man sie in Deutschland gar nicht
kennt. Die Leitungen sind stets doppelt, die Verständigung ist daher vortrefflich,
trotz des Straßenlärms nebenbei, und trotzdem daß man meist nur leise hiuein-
spricht. Alle Augenblicke kann man Herren und Damen oder selbst Männer und
Frauen der einfachern Stände, so in Stockholm, auf den Straßen am Telephon
sprechen, antworten und lachen hören. Es sind ja auch nur 10 Öre (11 Pfennige)
für ein Stadtgespräch zu bezahlen. In den Kiosks werden außerdem noch
Zeitungen, Kursbücher, Witzblätter verkauft und allerlei Dienstleistungen über¬
nommen. Ihre Glaswände sind mit Annoncen und Neklametransparenten
bedeckt.

Sehr praktisch und merkwürdig sind die großartigen Telephonkioske in
Kopenhagen, die seit dem 1. Juli 1896 von einer besondern Privatgesellschaft
in Betrieb gesetzt wurden und schon im ersten Halbjahr eine Dividende von
6 Prozent einbrachten. Es giebt zur Zeit zehn Kioske, und sie stehen an den
Hauptverkehrsadern der Stadt. Fast um die Hälfte höher, also etwa sieben Meter
hoch, und drei- bis viermal dicker als die Uraniasüulen in Berlin, sind sie stil¬
voll in sechseckiger Gestalt auf Granitquadern von etwa einem Meter Höhe
errichtet, oben mit rundem Dach, das sich später zu einer Spitze verjüngt und


(Öffentliche Fernsprechstellcn und Telephoukioske

Wenn hier dasselbe Verhältnis herrschte, statt der jetzigen 33 öffentlichen Tele¬
phone deren 1058 haben, also elfeinhalbmal so viel. In Bergen in Norwegen
gab es zu derselben Zeit 30 solcher öffentlichen Sprcchstellen, also je eine auf
1766 Einwohner (Bergen hat etwa 53000 Einwohner). Mit Recht wurde des¬
halb in den letzten deutschen Postkonferenzen auch eine Vermehrung der öffent¬
lichen Fernsprecher gefordert, namentlich auch in den kleinern Landstädte», wo
sie zur Zeit noch fast ganz sehlen.

In Schweden, Norwegen und Dänemark ist übrigens die Mehrzahl solcher
städtischen öffentlichen Fernsprechstellen nicht in den staatlichen Post-, Tele¬
graphen- oder Telephonanstalten untergebracht oder in den Bureaus der Privat¬
telephongesellschaften, sondern meist viel praktischer und zweckmäßiger, dicht am
Wege, für jedermann sichtbar und sofort benutzbar: nämlich in besondern Tclephon-
kiosken, in Seltersbuden, Zeitungspavillons, Blumenbuden usw. Natürlich
müssen die Inhaber solcher Sprechstellen den staatlichen oder privaten Telephon¬
verwaltungen eine besondre Vergütung zahlen, sei es nun eine jährliche Abgabe
oder eine Tantieme für jedes bezahlte Gespräch. Es ist oft ein Vergnügen,
zu sehen, mit welcher Geschicklichkeit und Fertigkeit man sich in jenen Ländern,
namentlich in Schweden, des Telephons bedient. In Stockholm pflegen die
Sprechenden gar nicht erst in einen solchen Kiosk einzutreten, sondern sie lassen
sich den an der Schnur hängenden Hörapparat auf die Straße herausreichen,
und da der Schalltrichter zum Hineinsprechen mit ihm verbunden ist und so
beim Hören schon von selbst immer vor dem Munde ruht, so ist Sprechen
und Hören hier die leichteste Sache von der Welt. Auch sind die Apparate
so zierlich und geschmackvoll gearbeitet, wie man sie in Deutschland gar nicht
kennt. Die Leitungen sind stets doppelt, die Verständigung ist daher vortrefflich,
trotz des Straßenlärms nebenbei, und trotzdem daß man meist nur leise hiuein-
spricht. Alle Augenblicke kann man Herren und Damen oder selbst Männer und
Frauen der einfachern Stände, so in Stockholm, auf den Straßen am Telephon
sprechen, antworten und lachen hören. Es sind ja auch nur 10 Öre (11 Pfennige)
für ein Stadtgespräch zu bezahlen. In den Kiosks werden außerdem noch
Zeitungen, Kursbücher, Witzblätter verkauft und allerlei Dienstleistungen über¬
nommen. Ihre Glaswände sind mit Annoncen und Neklametransparenten
bedeckt.

Sehr praktisch und merkwürdig sind die großartigen Telephonkioske in
Kopenhagen, die seit dem 1. Juli 1896 von einer besondern Privatgesellschaft
in Betrieb gesetzt wurden und schon im ersten Halbjahr eine Dividende von
6 Prozent einbrachten. Es giebt zur Zeit zehn Kioske, und sie stehen an den
Hauptverkehrsadern der Stadt. Fast um die Hälfte höher, also etwa sieben Meter
hoch, und drei- bis viermal dicker als die Uraniasüulen in Berlin, sind sie stil¬
voll in sechseckiger Gestalt auf Granitquadern von etwa einem Meter Höhe
errichtet, oben mit rundem Dach, das sich später zu einer Spitze verjüngt und


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[0476] (Öffentliche Fernsprechstellcn und Telephoukioske Wenn hier dasselbe Verhältnis herrschte, statt der jetzigen 33 öffentlichen Tele¬ phone deren 1058 haben, also elfeinhalbmal so viel. In Bergen in Norwegen gab es zu derselben Zeit 30 solcher öffentlichen Sprcchstellen, also je eine auf 1766 Einwohner (Bergen hat etwa 53000 Einwohner). Mit Recht wurde des¬ halb in den letzten deutschen Postkonferenzen auch eine Vermehrung der öffent¬ lichen Fernsprecher gefordert, namentlich auch in den kleinern Landstädte», wo sie zur Zeit noch fast ganz sehlen. In Schweden, Norwegen und Dänemark ist übrigens die Mehrzahl solcher städtischen öffentlichen Fernsprechstellen nicht in den staatlichen Post-, Tele¬ graphen- oder Telephonanstalten untergebracht oder in den Bureaus der Privat¬ telephongesellschaften, sondern meist viel praktischer und zweckmäßiger, dicht am Wege, für jedermann sichtbar und sofort benutzbar: nämlich in besondern Tclephon- kiosken, in Seltersbuden, Zeitungspavillons, Blumenbuden usw. Natürlich müssen die Inhaber solcher Sprechstellen den staatlichen oder privaten Telephon¬ verwaltungen eine besondre Vergütung zahlen, sei es nun eine jährliche Abgabe oder eine Tantieme für jedes bezahlte Gespräch. Es ist oft ein Vergnügen, zu sehen, mit welcher Geschicklichkeit und Fertigkeit man sich in jenen Ländern, namentlich in Schweden, des Telephons bedient. In Stockholm pflegen die Sprechenden gar nicht erst in einen solchen Kiosk einzutreten, sondern sie lassen sich den an der Schnur hängenden Hörapparat auf die Straße herausreichen, und da der Schalltrichter zum Hineinsprechen mit ihm verbunden ist und so beim Hören schon von selbst immer vor dem Munde ruht, so ist Sprechen und Hören hier die leichteste Sache von der Welt. Auch sind die Apparate so zierlich und geschmackvoll gearbeitet, wie man sie in Deutschland gar nicht kennt. Die Leitungen sind stets doppelt, die Verständigung ist daher vortrefflich, trotz des Straßenlärms nebenbei, und trotzdem daß man meist nur leise hiuein- spricht. Alle Augenblicke kann man Herren und Damen oder selbst Männer und Frauen der einfachern Stände, so in Stockholm, auf den Straßen am Telephon sprechen, antworten und lachen hören. Es sind ja auch nur 10 Öre (11 Pfennige) für ein Stadtgespräch zu bezahlen. In den Kiosks werden außerdem noch Zeitungen, Kursbücher, Witzblätter verkauft und allerlei Dienstleistungen über¬ nommen. Ihre Glaswände sind mit Annoncen und Neklametransparenten bedeckt. Sehr praktisch und merkwürdig sind die großartigen Telephonkioske in Kopenhagen, die seit dem 1. Juli 1896 von einer besondern Privatgesellschaft in Betrieb gesetzt wurden und schon im ersten Halbjahr eine Dividende von 6 Prozent einbrachten. Es giebt zur Zeit zehn Kioske, und sie stehen an den Hauptverkehrsadern der Stadt. Fast um die Hälfte höher, also etwa sieben Meter hoch, und drei- bis viermal dicker als die Uraniasüulen in Berlin, sind sie stil¬ voll in sechseckiger Gestalt auf Granitquadern von etwa einem Meter Höhe errichtet, oben mit rundem Dach, das sich später zu einer Spitze verjüngt und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_226901/476>, abgerufen am 08.01.2025.