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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.

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Marineerfahrungen aus dem Sezessiouskriege ^36^ bis ^865

Lage und seiner Verbindung mit Norfolk durch den Dismal Swampkcmal ge¬
stattete, Truppen von Süden aus gegen das wichtige Norfolk zu senden,
zögerten die Südstaaten nicht, die innerhalb der Nehrung zwischen dem
Pamlico- und Albemarlesnnd gelegne Insel Roanoke stark zu befestigen und
mit Schiffsbauten im innern Teil des Albemarlesundes zu beginnen. Im
Januar 1862 wurden deshalb 12000 Mann der uordstaatlichen Truppen auf
einer aus zwanzig flachgehenden, armirten Schlepp- und Fährdampfern und
sechsundvierzig kleinen Transportern bestehenden Flotte eingeschifft und am
11. Januar von Hampton Roads aus über See nach der Hatteraseinfahrt
gesandt. Obgleich wegen der flachen Fahrwasserkanäle im Pamlieo- und
Albemarlesnnd die meisten Fahrzeuge nicht über acht Fuß Tiefgang hatten,
verstrichen dennoch über zwanzig Tage, ehe das letzte Fahrzeug die Barren
der Hatteraseinfahrt hinter sich hatte. Am 7. Februar war die Flotte nach
Auslotung und Bedornung des Fahrwassers in dem Kanal zwischen Roanoke
und dem Festlande angekommen. Der Feind hatte hier eine Sperre aus
Pfählen und versenkten Fahrzeugen quer über das Fahrwasser gebaut und an
beiden Seiten Forts errichtet. Außer durch zwei andre Forts im nördlichen
Teil der Insel und zwei Vatterieaufstellungen wurde die Insel noch von acht
zu Kanonenbooten eingerichteten Dampfern der Südstaaten verteidigt. Die
gesamten Streitkräfte der Südstaaten auf der Insel Roanoke betrugen gegen
4000 Mann. Nach sehr erfolgreicher Beschießung der Forts, der Kanonen¬
boote und der südstaatlichen Truppen durch die armirten Fahrzeuge der Flotte
wurde am 7. Februar abends mit der Ausschiffung der Truppen begonnen,
und um 8. nachmittags die Sperre von den Fahrzeugen durchbrochen und
darauf die Insel genommen, wobei 2675 Gefangne gemacht wurden. Die
nordstaatlichen Kriegsfahrzeuge setzten dann noch monatelang ihre Streifzüge
auf den Flnßläufen des Albemarlesundes fort, zerstörten die verschiednen Neu¬
bauten von Kriegsfahrzeugen in den anliegenden Städten und verbrannten die
dort vorhandnen Vorräte, ohne daß der Staat Nordkarolina selbst in den
Händen der Nordstaaten war.

Ermutigt durch die Erfolge der Flotte gegen Fort Hatteras gingen die
Nordstaaten noch in demselben Jahre an die Aufgabe, noch weiter südlich
an der atlantischen Küste einen Stützpunkt für ihre Blockadeschiffe zu gewinnen.
Bei dem starken Kohlenverbrauch der damaligen Kriegsschiffe konnten die besten
höchstens zehn Tage unter Dampf fahren, ihre Maschinen wurden zudem oft
schadhaft; es war mithin dringend nötig, im Süden möglichst in der Nähe der
Hnupthäfen der Südstaaten einen Hafen mit genügender Wassertiefe als
Operationsbasis sür die großen seetüchtigen Blvckadeschiffe zu erobern. Ein
solcher Hafen war Port Royal in Südkarolina, der, zwischen Savanncih und
Charleston gelegen, der beste Hafen der atlantischen Küste südlich von Hampton
Roads ist. Er hat in den drei Zugängen zum innern Fahrwasser 23 bis


Marineerfahrungen aus dem Sezessiouskriege ^36^ bis ^865

Lage und seiner Verbindung mit Norfolk durch den Dismal Swampkcmal ge¬
stattete, Truppen von Süden aus gegen das wichtige Norfolk zu senden,
zögerten die Südstaaten nicht, die innerhalb der Nehrung zwischen dem
Pamlico- und Albemarlesnnd gelegne Insel Roanoke stark zu befestigen und
mit Schiffsbauten im innern Teil des Albemarlesundes zu beginnen. Im
Januar 1862 wurden deshalb 12000 Mann der uordstaatlichen Truppen auf
einer aus zwanzig flachgehenden, armirten Schlepp- und Fährdampfern und
sechsundvierzig kleinen Transportern bestehenden Flotte eingeschifft und am
11. Januar von Hampton Roads aus über See nach der Hatteraseinfahrt
gesandt. Obgleich wegen der flachen Fahrwasserkanäle im Pamlieo- und
Albemarlesnnd die meisten Fahrzeuge nicht über acht Fuß Tiefgang hatten,
verstrichen dennoch über zwanzig Tage, ehe das letzte Fahrzeug die Barren
der Hatteraseinfahrt hinter sich hatte. Am 7. Februar war die Flotte nach
Auslotung und Bedornung des Fahrwassers in dem Kanal zwischen Roanoke
und dem Festlande angekommen. Der Feind hatte hier eine Sperre aus
Pfählen und versenkten Fahrzeugen quer über das Fahrwasser gebaut und an
beiden Seiten Forts errichtet. Außer durch zwei andre Forts im nördlichen
Teil der Insel und zwei Vatterieaufstellungen wurde die Insel noch von acht
zu Kanonenbooten eingerichteten Dampfern der Südstaaten verteidigt. Die
gesamten Streitkräfte der Südstaaten auf der Insel Roanoke betrugen gegen
4000 Mann. Nach sehr erfolgreicher Beschießung der Forts, der Kanonen¬
boote und der südstaatlichen Truppen durch die armirten Fahrzeuge der Flotte
wurde am 7. Februar abends mit der Ausschiffung der Truppen begonnen,
und um 8. nachmittags die Sperre von den Fahrzeugen durchbrochen und
darauf die Insel genommen, wobei 2675 Gefangne gemacht wurden. Die
nordstaatlichen Kriegsfahrzeuge setzten dann noch monatelang ihre Streifzüge
auf den Flnßläufen des Albemarlesundes fort, zerstörten die verschiednen Neu¬
bauten von Kriegsfahrzeugen in den anliegenden Städten und verbrannten die
dort vorhandnen Vorräte, ohne daß der Staat Nordkarolina selbst in den
Händen der Nordstaaten war.

Ermutigt durch die Erfolge der Flotte gegen Fort Hatteras gingen die
Nordstaaten noch in demselben Jahre an die Aufgabe, noch weiter südlich
an der atlantischen Küste einen Stützpunkt für ihre Blockadeschiffe zu gewinnen.
Bei dem starken Kohlenverbrauch der damaligen Kriegsschiffe konnten die besten
höchstens zehn Tage unter Dampf fahren, ihre Maschinen wurden zudem oft
schadhaft; es war mithin dringend nötig, im Süden möglichst in der Nähe der
Hnupthäfen der Südstaaten einen Hafen mit genügender Wassertiefe als
Operationsbasis sür die großen seetüchtigen Blvckadeschiffe zu erobern. Ein
solcher Hafen war Port Royal in Südkarolina, der, zwischen Savanncih und
Charleston gelegen, der beste Hafen der atlantischen Küste südlich von Hampton
Roads ist. Er hat in den drei Zugängen zum innern Fahrwasser 23 bis


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[0465] Marineerfahrungen aus dem Sezessiouskriege ^36^ bis ^865 Lage und seiner Verbindung mit Norfolk durch den Dismal Swampkcmal ge¬ stattete, Truppen von Süden aus gegen das wichtige Norfolk zu senden, zögerten die Südstaaten nicht, die innerhalb der Nehrung zwischen dem Pamlico- und Albemarlesnnd gelegne Insel Roanoke stark zu befestigen und mit Schiffsbauten im innern Teil des Albemarlesundes zu beginnen. Im Januar 1862 wurden deshalb 12000 Mann der uordstaatlichen Truppen auf einer aus zwanzig flachgehenden, armirten Schlepp- und Fährdampfern und sechsundvierzig kleinen Transportern bestehenden Flotte eingeschifft und am 11. Januar von Hampton Roads aus über See nach der Hatteraseinfahrt gesandt. Obgleich wegen der flachen Fahrwasserkanäle im Pamlieo- und Albemarlesnnd die meisten Fahrzeuge nicht über acht Fuß Tiefgang hatten, verstrichen dennoch über zwanzig Tage, ehe das letzte Fahrzeug die Barren der Hatteraseinfahrt hinter sich hatte. Am 7. Februar war die Flotte nach Auslotung und Bedornung des Fahrwassers in dem Kanal zwischen Roanoke und dem Festlande angekommen. Der Feind hatte hier eine Sperre aus Pfählen und versenkten Fahrzeugen quer über das Fahrwasser gebaut und an beiden Seiten Forts errichtet. Außer durch zwei andre Forts im nördlichen Teil der Insel und zwei Vatterieaufstellungen wurde die Insel noch von acht zu Kanonenbooten eingerichteten Dampfern der Südstaaten verteidigt. Die gesamten Streitkräfte der Südstaaten auf der Insel Roanoke betrugen gegen 4000 Mann. Nach sehr erfolgreicher Beschießung der Forts, der Kanonen¬ boote und der südstaatlichen Truppen durch die armirten Fahrzeuge der Flotte wurde am 7. Februar abends mit der Ausschiffung der Truppen begonnen, und um 8. nachmittags die Sperre von den Fahrzeugen durchbrochen und darauf die Insel genommen, wobei 2675 Gefangne gemacht wurden. Die nordstaatlichen Kriegsfahrzeuge setzten dann noch monatelang ihre Streifzüge auf den Flnßläufen des Albemarlesundes fort, zerstörten die verschiednen Neu¬ bauten von Kriegsfahrzeugen in den anliegenden Städten und verbrannten die dort vorhandnen Vorräte, ohne daß der Staat Nordkarolina selbst in den Händen der Nordstaaten war. Ermutigt durch die Erfolge der Flotte gegen Fort Hatteras gingen die Nordstaaten noch in demselben Jahre an die Aufgabe, noch weiter südlich an der atlantischen Küste einen Stützpunkt für ihre Blockadeschiffe zu gewinnen. Bei dem starken Kohlenverbrauch der damaligen Kriegsschiffe konnten die besten höchstens zehn Tage unter Dampf fahren, ihre Maschinen wurden zudem oft schadhaft; es war mithin dringend nötig, im Süden möglichst in der Nähe der Hnupthäfen der Südstaaten einen Hafen mit genügender Wassertiefe als Operationsbasis sür die großen seetüchtigen Blvckadeschiffe zu erobern. Ein solcher Hafen war Port Royal in Südkarolina, der, zwischen Savanncih und Charleston gelegen, der beste Hafen der atlantischen Küste südlich von Hampton Roads ist. Er hat in den drei Zugängen zum innern Fahrwasser 23 bis

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_226901/465>, abgerufen am 09.01.2025.