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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.

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liefen aus den Haffs und den Flußläufen kleine und große Kaperschiffe zur
Zerstörung der Handelsschiffe der Nordstaaten aus, sobald Witterungsverhält¬
nisse oder andre Gründe die Blockadeschisfe aus der Nähe der Einfahrten ent¬
fernt hatten. Die Nordstaaten mußten deshalb darnach streben, die Blockade
möglichst bald vom Ozean in die Einfahrten zu verlegen; sie mußten sich der
Befestigungen an den Hafeneingängen und an den Durchfahrten zu den Haffs
bemächtigen. Hatten sie die Befestigungen genommen, so wurden diese durch die
dort stationirten Blockadeschisfe gedeckt, und die Schiffe selbst hatten gesicherte
Ankerplätze. Es konnten an solchen Stellen an Land Depots für Kohlen,
Vorräte, Reserveteile und Werkstätten errichtet werden, anch wenn das dahinter-
liegende Land noch in Feindes Hand war.

Die Südstaaten wurden durch den Angriff der Flotte auf die Ein¬
fahrten und Häfen zur Verstärkung der Verteidignngsmittel gezwungen. Es
wurden Fahrwassersperren aus Balken, Ketten, Netzen und Seculum angebracht,
Flnßdampfer und andre Dampfschiffe zu Kriegsschiffen umgeändert und Panzer-
uud Nammschiffe gebant, die zwar für das offne Meer nicht geeignet, für den
Kampf in ruhigem Wasser aber recht wertvoll waren. Todesmutig wurde
mit mangelhaften Spierentorpedvbooten gegen die Schiffe der Nordstaaten vor¬
gegangen. In Charleston wurde ein Unterwasserboot, obgleich es schon vier¬
mal bei Versuchen und Angriffen mit seiner ganzen freiwilligen Mannschaft
gesunken war, uach seiner letzten Hebung zum fünften male von Leutnant
Dixon mit acht Freiwilligen besetzt. Am 17. Februar 1864 abends neun Uhr
griff Dixon die blockirende, vor Anker liegende Korvette der Nordstaaten
Honsatonic an und brachte einen Torpedo unterhalb ihrer Wasserlinie zur
Explosion. Die Honsatonic sank, das Unterwasserboot kam aber auch nie
wieder an die Oberfläche und soll erst nach dem Kriege hundert Meter von
der Korvette entfernt aufgefunden worden sein. In ähnlicher Weise vernichtete
Leutnant Cushiug von den Nordstaaten am 27. Oktober 1864 das neugebaute
Panzerschiff der Südstaaten Albemarle mit Spierentorpedvs. Diese Beispiele
mögen zur Schätzung des Wagemuth und der Entschlossenheit dienen, mit der
auf beiden Seiten um den Besitz der Häfen und Verkehrswege gerümpft wurde.
Die hartnäckig durchgeführten Kämpfe der Schiffe und Fahrzeuge der Nord-
staaten auf den großen Strömen gegen Forts und Fahrzeuge der Südstaaten
haben für die schließliche Niederwerfung des Südens die größte Wichtigkeit
gehabt, doch würde eine Schilderung zu weit führen, zumal da eine derartige
Kriegführung doch nur auf amerikanischen, wasserreichen Strömen und bei den
damaligen schlechten Eisenbahnverbindungen Erfolg haben konnte.

Die erste Unternehmung der Nordstaaten war bei Kap Hatteras gegen die
Einfahrten des riesigen Haffs gerichtet, das als Pnmlieo- und weiter nörd¬
lich als Albemarlesund tief ins Land einschneidet. An den Hauptdurchfahrten
durch die schmale, mehrfach unterbrochne Nehrung südwestlich von Kap Hatteras


liefen aus den Haffs und den Flußläufen kleine und große Kaperschiffe zur
Zerstörung der Handelsschiffe der Nordstaaten aus, sobald Witterungsverhält¬
nisse oder andre Gründe die Blockadeschisfe aus der Nähe der Einfahrten ent¬
fernt hatten. Die Nordstaaten mußten deshalb darnach streben, die Blockade
möglichst bald vom Ozean in die Einfahrten zu verlegen; sie mußten sich der
Befestigungen an den Hafeneingängen und an den Durchfahrten zu den Haffs
bemächtigen. Hatten sie die Befestigungen genommen, so wurden diese durch die
dort stationirten Blockadeschisfe gedeckt, und die Schiffe selbst hatten gesicherte
Ankerplätze. Es konnten an solchen Stellen an Land Depots für Kohlen,
Vorräte, Reserveteile und Werkstätten errichtet werden, anch wenn das dahinter-
liegende Land noch in Feindes Hand war.

Die Südstaaten wurden durch den Angriff der Flotte auf die Ein¬
fahrten und Häfen zur Verstärkung der Verteidignngsmittel gezwungen. Es
wurden Fahrwassersperren aus Balken, Ketten, Netzen und Seculum angebracht,
Flnßdampfer und andre Dampfschiffe zu Kriegsschiffen umgeändert und Panzer-
uud Nammschiffe gebant, die zwar für das offne Meer nicht geeignet, für den
Kampf in ruhigem Wasser aber recht wertvoll waren. Todesmutig wurde
mit mangelhaften Spierentorpedvbooten gegen die Schiffe der Nordstaaten vor¬
gegangen. In Charleston wurde ein Unterwasserboot, obgleich es schon vier¬
mal bei Versuchen und Angriffen mit seiner ganzen freiwilligen Mannschaft
gesunken war, uach seiner letzten Hebung zum fünften male von Leutnant
Dixon mit acht Freiwilligen besetzt. Am 17. Februar 1864 abends neun Uhr
griff Dixon die blockirende, vor Anker liegende Korvette der Nordstaaten
Honsatonic an und brachte einen Torpedo unterhalb ihrer Wasserlinie zur
Explosion. Die Honsatonic sank, das Unterwasserboot kam aber auch nie
wieder an die Oberfläche und soll erst nach dem Kriege hundert Meter von
der Korvette entfernt aufgefunden worden sein. In ähnlicher Weise vernichtete
Leutnant Cushiug von den Nordstaaten am 27. Oktober 1864 das neugebaute
Panzerschiff der Südstaaten Albemarle mit Spierentorpedvs. Diese Beispiele
mögen zur Schätzung des Wagemuth und der Entschlossenheit dienen, mit der
auf beiden Seiten um den Besitz der Häfen und Verkehrswege gerümpft wurde.
Die hartnäckig durchgeführten Kämpfe der Schiffe und Fahrzeuge der Nord-
staaten auf den großen Strömen gegen Forts und Fahrzeuge der Südstaaten
haben für die schließliche Niederwerfung des Südens die größte Wichtigkeit
gehabt, doch würde eine Schilderung zu weit führen, zumal da eine derartige
Kriegführung doch nur auf amerikanischen, wasserreichen Strömen und bei den
damaligen schlechten Eisenbahnverbindungen Erfolg haben konnte.

Die erste Unternehmung der Nordstaaten war bei Kap Hatteras gegen die
Einfahrten des riesigen Haffs gerichtet, das als Pnmlieo- und weiter nörd¬
lich als Albemarlesund tief ins Land einschneidet. An den Hauptdurchfahrten
durch die schmale, mehrfach unterbrochne Nehrung südwestlich von Kap Hatteras


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_226901/463>, abgerufen am 08.01.2025.