Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.Marineerfahrungen aus dem Sezessionskriege ^36^ bis i^865 und Semmes. Im Süden gab es keine Maschinenfabriken, keine bedeutenden Da den Nordstaaten die Unfähigkeit des Südens, Schiffsmaterial, Ma¬ Marineerfahrungen aus dem Sezessionskriege ^36^ bis i^865 und Semmes. Im Süden gab es keine Maschinenfabriken, keine bedeutenden Da den Nordstaaten die Unfähigkeit des Südens, Schiffsmaterial, Ma¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0406" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/227308"/> <fw type="header" place="top"> Marineerfahrungen aus dem Sezessionskriege ^36^ bis i^865</fw><lb/> <p xml:id="ID_1437" prev="#ID_1436"> und Semmes. Im Süden gab es keine Maschinenfabriken, keine bedeutenden<lb/> Schiffsbauwerften, nur wenige Pulverfabriken und nur eine kleine Geschütz¬<lb/> fabrik. Der Süden war in Bezug auf alle Erzeugnisse des Gewerbfleißes ab¬<lb/> hängig vom Norden und von Europa gewesen und wurde beim Kriege fast<lb/> völlig abhängig von der Seezufuhr. Die Verwertung seiner landwirtschaft¬<lb/> lichen Produkte, besonders der Baumwolle und des Tabaks, und die Erlangung<lb/> von Geldmitteln machten die Ausfuhr über See durchaus notwendig; war diese<lb/> gehemmt, so mußten die Landbesitzer und das Land verarmen. Es war Lebens¬<lb/> frage für deu Süden, den Seeverkehr offen zu erhalten; der Süden baute<lb/> deshalb im Kriege eigne Kriegsfahrzeuge für die Küsten und Flußmündungen,<lb/> gab ihnen Maschinen aus andern Dampfern, baute Forts an den Küsten¬<lb/> einschnitten und Flüssen und kaufte im Auslande schnelle Schiffe. Die Ar-<lb/> mirung dieser Schiffe wurde möglich, weil infolge grober Nachlässigkeit der<lb/> Nordstaaten am 21. April 1861 die große Werft von Norfolk mit ihren reichen<lb/> Kriegsvorräten den Südstaaten in die Hände fiel, und mit ihr mehr als zwölf-<lb/> hundert Schiffs- und Küstengeschütze, unter denen auch dreihundert gute Dahl-<lb/> greenkcinonen waren. Diese Geschütze haben während des ganzen Krieges zur<lb/> Armirung der Südstaatenschiffe und der Forts gedient. Bei der unblutig ver-<lb/> laufenden Eroberung der Werft wurden die dort außer Dienst befindlichen Segel¬<lb/> schiffe der Nordstaatenflotte verbrannt und der Rumpf der durch den Brand<lb/> wenig beschädigten Schraubenfregatte Merrimac weggenommen. Außerdem<lb/> lieferte die Übergabe der Werft von Pensacola an die Südstaaten diesen auch<lb/> noch Kriegsmaterial, Geschütze und Pulver. Der Vesitzwechsel des Materials<lb/> dieser beiden Werften ist verhängnisvoll sür beide Parteien geworden, weil er<lb/> den Südstciaten die Mittel gewährte, im Widerstande gegen die Nordstaaten<lb/> unverhältnismäßig lange zu verharren, und den Nordstaaten den sicher voraus¬<lb/> zusehenden endlichen Sieg sehr erschwerte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1438" next="#ID_1439"> Da den Nordstaaten die Unfähigkeit des Südens, Schiffsmaterial, Ma¬<lb/> schinen und Kriegsmaterial selbst herzustellen, und die Notwendigkeit der Aus¬<lb/> fuhr von Baumwolle, Tabak usw. bekannt waren, so wurde sofort nach Beginn<lb/> der Feindseligkeiten der Seeverkehr der Südstaaten abgeschnitten. Am 19. April<lb/> 1861 befahl der Präsident Lincoln die Blockade der Südstaaten, vorläufig noch<lb/> mit Ausnahme von Texas und Virginia, und am 27. April auch für diese<lb/> Staaten. Von diesem Zeitpunkte ab beginnt die Thätigkeit der Flotte der<lb/> Nordstaaten. Die Aufgabe, die gegen 3000 Seemeilen lange feindliche Küste<lb/> mit ungefähr 185 Häfen und schiffbaren Einschnitten zu blockiren, war zunächst<lb/> nicht durchführbar für eine Flotte von kaum 35 brauchbaren Dampfschiffen.<lb/> Wenn auch Nordamerika der Pariser Konvention von 1856 nicht beigetreten<lb/> war, so zwang besonders die feindliche Haltung des neutralen England, dessen<lb/> Industrie allerdings bedeutend unter der Verminderung der Baumwollenausfuhr<lb/> aus dem damaligen Hauptbaumwollenlande der Erde leiden mußte, doch die</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0406]
Marineerfahrungen aus dem Sezessionskriege ^36^ bis i^865
und Semmes. Im Süden gab es keine Maschinenfabriken, keine bedeutenden
Schiffsbauwerften, nur wenige Pulverfabriken und nur eine kleine Geschütz¬
fabrik. Der Süden war in Bezug auf alle Erzeugnisse des Gewerbfleißes ab¬
hängig vom Norden und von Europa gewesen und wurde beim Kriege fast
völlig abhängig von der Seezufuhr. Die Verwertung seiner landwirtschaft¬
lichen Produkte, besonders der Baumwolle und des Tabaks, und die Erlangung
von Geldmitteln machten die Ausfuhr über See durchaus notwendig; war diese
gehemmt, so mußten die Landbesitzer und das Land verarmen. Es war Lebens¬
frage für deu Süden, den Seeverkehr offen zu erhalten; der Süden baute
deshalb im Kriege eigne Kriegsfahrzeuge für die Küsten und Flußmündungen,
gab ihnen Maschinen aus andern Dampfern, baute Forts an den Küsten¬
einschnitten und Flüssen und kaufte im Auslande schnelle Schiffe. Die Ar-
mirung dieser Schiffe wurde möglich, weil infolge grober Nachlässigkeit der
Nordstaaten am 21. April 1861 die große Werft von Norfolk mit ihren reichen
Kriegsvorräten den Südstaaten in die Hände fiel, und mit ihr mehr als zwölf-
hundert Schiffs- und Küstengeschütze, unter denen auch dreihundert gute Dahl-
greenkcinonen waren. Diese Geschütze haben während des ganzen Krieges zur
Armirung der Südstaatenschiffe und der Forts gedient. Bei der unblutig ver-
laufenden Eroberung der Werft wurden die dort außer Dienst befindlichen Segel¬
schiffe der Nordstaatenflotte verbrannt und der Rumpf der durch den Brand
wenig beschädigten Schraubenfregatte Merrimac weggenommen. Außerdem
lieferte die Übergabe der Werft von Pensacola an die Südstaaten diesen auch
noch Kriegsmaterial, Geschütze und Pulver. Der Vesitzwechsel des Materials
dieser beiden Werften ist verhängnisvoll sür beide Parteien geworden, weil er
den Südstciaten die Mittel gewährte, im Widerstande gegen die Nordstaaten
unverhältnismäßig lange zu verharren, und den Nordstaaten den sicher voraus¬
zusehenden endlichen Sieg sehr erschwerte.
Da den Nordstaaten die Unfähigkeit des Südens, Schiffsmaterial, Ma¬
schinen und Kriegsmaterial selbst herzustellen, und die Notwendigkeit der Aus¬
fuhr von Baumwolle, Tabak usw. bekannt waren, so wurde sofort nach Beginn
der Feindseligkeiten der Seeverkehr der Südstaaten abgeschnitten. Am 19. April
1861 befahl der Präsident Lincoln die Blockade der Südstaaten, vorläufig noch
mit Ausnahme von Texas und Virginia, und am 27. April auch für diese
Staaten. Von diesem Zeitpunkte ab beginnt die Thätigkeit der Flotte der
Nordstaaten. Die Aufgabe, die gegen 3000 Seemeilen lange feindliche Küste
mit ungefähr 185 Häfen und schiffbaren Einschnitten zu blockiren, war zunächst
nicht durchführbar für eine Flotte von kaum 35 brauchbaren Dampfschiffen.
Wenn auch Nordamerika der Pariser Konvention von 1856 nicht beigetreten
war, so zwang besonders die feindliche Haltung des neutralen England, dessen
Industrie allerdings bedeutend unter der Verminderung der Baumwollenausfuhr
aus dem damaligen Hauptbaumwollenlande der Erde leiden mußte, doch die
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |