Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.Beaconsficld lateinisch gesprochen hatte. Seine Worte waren gewesen: <Zug.si (nasus Dasselbe thun bekanntlich die Franzosen und die Italiener, deren Sprache Der Kaisertitel allein würde zu dem Beweis genügen, daß das Volk seine Beaconsficld lateinisch gesprochen hatte. Seine Worte waren gewesen: <Zug.si (nasus Dasselbe thun bekanntlich die Franzosen und die Italiener, deren Sprache Der Kaisertitel allein würde zu dem Beweis genügen, daß das Volk seine <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0339" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/227241"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1164" prev="#ID_1163"> Beaconsficld lateinisch gesprochen hatte. Seine Worte waren gewesen: <Zug.si (nasus<lb/> Lotti, fast ein Kriegsfall. Ein ähnliches Befremden erregt es in Neapel, wenn<lb/> ein Engländer nach ?»uncl fahren will, will sagen nach Pompeji, wenn er<lb/> im Museum nach der vA.ig.una., das heißt nach der Diana fragt, oder wenn er in<lb/> der Geschichte von dem ^.Isibaiäclis Mcibiadcs) oder von dem Linsär (Cäsar) oder<lb/> von dem Kairos (Cyrus) oder Von den Oibsiai An.xi8t.rai ivoeii Nagistn) spricht.<lb/> Der Engländer spricht die klassischen Namen und die lateinischen Worte eng¬<lb/> lisch aus.</p><lb/> <p xml:id="ID_1165"> Dasselbe thun bekanntlich die Franzosen und die Italiener, deren Sprache<lb/> eben ans dieser eigenmächtigen Behandlung des Lateins hervorgegangen ist. Zum<lb/> Beispiel hat im Französischen N am Ende einer Silbe den nasalen Ton des N;<lb/> ^om, Name, und non, nein, wird beidemal wie nonx ausgesprochen. So kommt<lb/> es, daß Hommo, das lateinische Homo, nachdem es zu Hom und 0in verkürzt<lb/> worden ist, wie 0n ausgesprochen und geschrieben wird und das unbestimmte Für¬<lb/> wort der dritten Person bildet, das unserm mau entspricht. Ähnlich wird aber<lb/> anch die lateinische Endung —um, wenn sie sich in Frankreich, wie bei den Worten<lb/> Opium und I'Salvum, erhalten hat, wie —«RA ausgesprochen, während die Italiener,<lb/> die keinen Konsonanten im Anstande dulden, das ur ganz abwerfen, das u in o<lb/> verwandeln und: 0ni>in>, loäso sagen. Das lateinische Liumuws wird von den<lb/> Franzosen etwa wie Kümmel ausgesprochen, das von vuminum kommt, mit drei¬<lb/> fachem ü und hörbarem s; einen Trottel bezeichnet man in Frankreich gelegentlich<lb/> als einen Ninus-Imocms, das wird ausgesprochen: NinüsabünZ-s. Genau so verfahre»<lb/> die Franzosen und die Italiener mit den alten Eigennamen, anch diese werden<lb/> nach Landesart behandelt und ausgesprochen; ja die romanischen Nationen gehen<lb/> sogar noch weiter als die Engländer, indem sie diese Namen, wenigstens die be¬<lb/> kanntern unter ihnen, auch so schreiben wie sie sprechen. Napoleon III. schrieb<lb/> nicht eine Histoiro av Julius «üaesar, sondern eine llistoiro alö -Inlos Liosar; und<lb/> die Italiener kennen keinen Alexander Magnus, sondern: ^1o8sanSro it KiAuäe,<lb/> keinen Anaxagoras, sondern einen ^.riaWag'ora., für Cieero sagen sie: Vice-rons<lb/> und für Julius Cäsar: Viulio oss-rrv. Freie und selbstbewußte Nationen pflegen<lb/> so mit dem ererbten Sprachgut zu schalten und zu walten; auch die Deutschen<lb/> haben sich dieser Freiheit einmal bedient.</p><lb/> <p xml:id="ID_1166" next="#ID_1167"> Der Kaisertitel allein würde zu dem Beweis genügen, daß das Volk seine<lb/> eigne Manier hat, die Namen nuszusprechen. Kaiser ist soviel wie Cäsar, das<lb/> Wort knüpft wie Zar an den Julius Cäsar an; aber die Aussprache stimmt<lb/> nicht mit der des Namens Cäsar überein. Kaiser klingt altertümlicher als Cäsar;<lb/> Kaiser stammt.noch aus einer Zeit, wo das 0 vor av seine alte gutturale Aus¬<lb/> sprache noch nicht verloren hatte, wo daher auch die Griechen den lateinischen<lb/> Namen /v«t<7«^ schrieben. Plutarch zum Beispiel, im ersten Jahrhundert uach<lb/> Christus, schreibt noch /t.«^«^». Es läßt sich nicht genan bestimmen, wie<lb/> lange diese Aussprache nach dem Untergange des weströmischen Reiches noch be¬<lb/> standen hat; jedenfalls haben sie die Germanen beibehalten und nicht auf¬<lb/> gegeben, als die Gelehrten: Cäsar zu sprechen und zu schreiben anfingen. Der<lb/> Umstand, daß der Diphthong ac wie im Griechischen mit -ü wiedergegeben wird,<lb/> macht es nicht unwahrscheinlich, daß die Goten, die zuerst und ursprünglich Kaisar<lb/> sagten, nicht den Römern, sondern den Griechen nachgesprochen haben, das heißt:<lb/> daß das Wort Kaiser der deutschen Sprache dnrch die Griechen vermittelt worden<lb/> ist. Wir haben also hier den Fall, daß ein lateinischer Name in Deutschland eine<lb/> Form empfangen und beibehalten hat, die ihn, die Griechen gegeben haben. Noch</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0339]
Beaconsficld lateinisch gesprochen hatte. Seine Worte waren gewesen: <Zug.si (nasus
Lotti, fast ein Kriegsfall. Ein ähnliches Befremden erregt es in Neapel, wenn
ein Engländer nach ?»uncl fahren will, will sagen nach Pompeji, wenn er
im Museum nach der vA.ig.una., das heißt nach der Diana fragt, oder wenn er in
der Geschichte von dem ^.Isibaiäclis Mcibiadcs) oder von dem Linsär (Cäsar) oder
von dem Kairos (Cyrus) oder Von den Oibsiai An.xi8t.rai ivoeii Nagistn) spricht.
Der Engländer spricht die klassischen Namen und die lateinischen Worte eng¬
lisch aus.
Dasselbe thun bekanntlich die Franzosen und die Italiener, deren Sprache
eben ans dieser eigenmächtigen Behandlung des Lateins hervorgegangen ist. Zum
Beispiel hat im Französischen N am Ende einer Silbe den nasalen Ton des N;
^om, Name, und non, nein, wird beidemal wie nonx ausgesprochen. So kommt
es, daß Hommo, das lateinische Homo, nachdem es zu Hom und 0in verkürzt
worden ist, wie 0n ausgesprochen und geschrieben wird und das unbestimmte Für¬
wort der dritten Person bildet, das unserm mau entspricht. Ähnlich wird aber
anch die lateinische Endung —um, wenn sie sich in Frankreich, wie bei den Worten
Opium und I'Salvum, erhalten hat, wie —«RA ausgesprochen, während die Italiener,
die keinen Konsonanten im Anstande dulden, das ur ganz abwerfen, das u in o
verwandeln und: 0ni>in>, loäso sagen. Das lateinische Liumuws wird von den
Franzosen etwa wie Kümmel ausgesprochen, das von vuminum kommt, mit drei¬
fachem ü und hörbarem s; einen Trottel bezeichnet man in Frankreich gelegentlich
als einen Ninus-Imocms, das wird ausgesprochen: NinüsabünZ-s. Genau so verfahre»
die Franzosen und die Italiener mit den alten Eigennamen, anch diese werden
nach Landesart behandelt und ausgesprochen; ja die romanischen Nationen gehen
sogar noch weiter als die Engländer, indem sie diese Namen, wenigstens die be¬
kanntern unter ihnen, auch so schreiben wie sie sprechen. Napoleon III. schrieb
nicht eine Histoiro av Julius «üaesar, sondern eine llistoiro alö -Inlos Liosar; und
die Italiener kennen keinen Alexander Magnus, sondern: ^1o8sanSro it KiAuäe,
keinen Anaxagoras, sondern einen ^.riaWag'ora., für Cieero sagen sie: Vice-rons
und für Julius Cäsar: Viulio oss-rrv. Freie und selbstbewußte Nationen pflegen
so mit dem ererbten Sprachgut zu schalten und zu walten; auch die Deutschen
haben sich dieser Freiheit einmal bedient.
Der Kaisertitel allein würde zu dem Beweis genügen, daß das Volk seine
eigne Manier hat, die Namen nuszusprechen. Kaiser ist soviel wie Cäsar, das
Wort knüpft wie Zar an den Julius Cäsar an; aber die Aussprache stimmt
nicht mit der des Namens Cäsar überein. Kaiser klingt altertümlicher als Cäsar;
Kaiser stammt.noch aus einer Zeit, wo das 0 vor av seine alte gutturale Aus¬
sprache noch nicht verloren hatte, wo daher auch die Griechen den lateinischen
Namen /v«t<7«^ schrieben. Plutarch zum Beispiel, im ersten Jahrhundert uach
Christus, schreibt noch /t.«^«^». Es läßt sich nicht genan bestimmen, wie
lange diese Aussprache nach dem Untergange des weströmischen Reiches noch be¬
standen hat; jedenfalls haben sie die Germanen beibehalten und nicht auf¬
gegeben, als die Gelehrten: Cäsar zu sprechen und zu schreiben anfingen. Der
Umstand, daß der Diphthong ac wie im Griechischen mit -ü wiedergegeben wird,
macht es nicht unwahrscheinlich, daß die Goten, die zuerst und ursprünglich Kaisar
sagten, nicht den Römern, sondern den Griechen nachgesprochen haben, das heißt:
daß das Wort Kaiser der deutschen Sprache dnrch die Griechen vermittelt worden
ist. Wir haben also hier den Fall, daß ein lateinischer Name in Deutschland eine
Form empfangen und beibehalten hat, die ihn, die Griechen gegeben haben. Noch
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