Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.Madlene War geweihtes Gebiet, Gestärkt verließ Mndlene das Gotteshaus. Auf dem Heim¬ Gesangbuch und Kirchenmantel kamen an ihren Ort. Im Äußern angethan In die Höh! In die Höh, Madlene! Dein Grübeln nutzt nichts. Auf, Sie trank. Der Oberkörper sank zurück ius Moos, die Hände falteten sich Bist du stark genug, Madlene? Steh ans! Wer gewinnt? Da knickten El, die Müsersmadlene da? Madlene schlug die Augen verschämt nieder, und heiße Glut trat ihr ins Gesicht. Hihihihi! Mach mir keine Maus! El, du Lieberle! Der Schmied setzte Aber Madlene setzte sich nicht; sie lehnte um dem weißen Stamm der Wir siud da allein, mei Tichterle! Sag mirs, was du von mir willst. Ich . Wer gewinnt, will ich von Euch wissen. Ihr habes dem Götzemichel auch Wer gewinnt? Hofe doch kein Streit, mei Tichterle? Madlene War geweihtes Gebiet, Gestärkt verließ Mndlene das Gotteshaus. Auf dem Heim¬ Gesangbuch und Kirchenmantel kamen an ihren Ort. Im Äußern angethan In die Höh! In die Höh, Madlene! Dein Grübeln nutzt nichts. Auf, Sie trank. Der Oberkörper sank zurück ius Moos, die Hände falteten sich Bist du stark genug, Madlene? Steh ans! Wer gewinnt? Da knickten El, die Müsersmadlene da? Madlene schlug die Augen verschämt nieder, und heiße Glut trat ihr ins Gesicht. Hihihihi! Mach mir keine Maus! El, du Lieberle! Der Schmied setzte Aber Madlene setzte sich nicht; sie lehnte um dem weißen Stamm der Wir siud da allein, mei Tichterle! Sag mirs, was du von mir willst. Ich . Wer gewinnt, will ich von Euch wissen. Ihr habes dem Götzemichel auch Wer gewinnt? Hofe doch kein Streit, mei Tichterle? <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0283" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/227185"/> <fw type="header" place="top"> Madlene</fw><lb/> <p xml:id="ID_943" prev="#ID_942"> War geweihtes Gebiet, Gestärkt verließ Mndlene das Gotteshaus. Auf dem Heim¬<lb/> weg kam ein Entschluß in ihr zur Reife. Sie bekam dabei ein wenig eine Gems-<lb/> bart. Aber der Kampf mit dem Christelbild sollte und mußte in ihr abgethan<lb/> werden. Den lieben Herrgott konnte sie mit der Turteltaube nicht belästigen; wozu<lb/> ist denn der Einsiedler Schmied da? Sein Erdspiegel soll mir sagen, wer gewinnt!<lb/> Das war der gänshäutige Entschluß.</p><lb/> <p xml:id="ID_944"> Gesangbuch und Kirchenmantel kamen an ihren Ort. Im Äußern angethan<lb/> wie zum Tanz verließ Madlene das Haus. Die Brüder meinten, sie unternähme<lb/> ihren gewohnten Sonntngsslurgang. Aber diesmal ging sie den Bart hinan, über<lb/> den Brand, die finstere Leite hinein, schräg durchs Neulehn, um den Schneidmühlen<lb/> vorüber, über einen muntern Wicsenbach, der aus der Hel kommt, und: hinter der<lb/> Waldecke liegt Einsiedel. Sie ging einige Schritte vom Weg ab und setzte sich<lb/> unter eine mächtige Weißtanne. Hoch in ihrem Gezweig ruckste ein Tauber. Von<lb/> der Biber heraus tönte das Lied des Zaunkönigs, mit dem sich die Rufe der gelben<lb/> Bachstelze mischten. Mönch und Rotkehlchen flöteten und trüllerten. Ein Paar<lb/> Eichhörnchen sanfte knurrend an Madlene vorüber, daß sie erschrocken die Füße<lb/> zurückzog, und jagte am nächsten Fichtenstnmm in die Höh.</p><lb/> <p xml:id="ID_945"> In die Höh! In die Höh, Madlene! Dein Grübeln nutzt nichts. Auf,<lb/> zum Schmied mit dem Erdspiegel! Wer gewinnt? Ach, da beim Herrgott im<lb/> Wald ists so feierlich, so erquickend! Wie Balsam dringt dirs in die Seele, ge¬<lb/> quältes Mädchen! So bleibe sitzen! Trinke weiter das Labsal, das dir der frische<lb/> Wald kredenzt! Habe keine Sorge; da ists wie in deinem Kircheustaud vorhin:<lb/> Hieher dringt sie nicht, die vermaledeite Welt!</p><lb/> <p xml:id="ID_946"> Sie trank. Der Oberkörper sank zurück ius Moos, die Hände falteten sich<lb/> unter der vollen Brust, und das eggertse Auge drang durch den zart durchbrochnen<lb/> grünen Tannendom hinauf zur treuen Himmelsbläue. So trank die wunde Mad-<lb/> lenenseele in vollen Zügen heilenden, stärkenden Balsam.</p><lb/> <p xml:id="ID_947"> Bist du stark genug, Madlene? Steh ans! Wer gewinnt? Da knickten<lb/> dürre Zweige in der Nähe hinter ihr. Ein Reh? Madlene springt auf: der<lb/> Einsiedler Schmied steht vor ihr mit einem Bündel Kräuter.</p><lb/> <p xml:id="ID_948"> El, die Müsersmadlene da?</p><lb/> <p xml:id="ID_949"> Madlene schlug die Augen verschämt nieder, und heiße Glut trat ihr ins Gesicht.<lb/> Was ists denn, mei Tichterle? Wo willst dn hin?<lb/> Ich wollt zu Euch und hatt 's Herz nit.</p><lb/> <p xml:id="ID_950"> Hihihihi! Mach mir keine Maus! El, du Lieberle! Der Schmied setzte<lb/> sich ins weiche Moos nieder. Setz dich doch, mei Tichterle! Thu, als wärst<lb/> drheim! Die schönsten Bank wachsen im Wald.</p><lb/> <p xml:id="ID_951"> Aber Madlene setzte sich nicht; sie lehnte um dem weißen Stamm der<lb/> großen Tanne, und die langen, dunkeln Wimpern hielten von dem halbgeöffneten<lb/> Auge die Blicke des Schmiedes ab.</p><lb/> <p xml:id="ID_952"> Wir siud da allein, mei Tichterle! Sag mirs, was du von mir willst. Ich<lb/> den kein Freimaurer; sie habn mich nit angenommn. Was ich treib, da ist der<lb/> Teufel ausgelassen. Mei Sach steht im siebnten Buch Mosis und in andern<lb/> Suchern. Und was da nit steht, hat mir mit Gottes Hilf für Geld und gute<lb/> ^ort der alt schwarz Hans von Heboch beigebracht. Ruhe schon lang unter der<lb/> ^rdn. Sogs, Tichterle, wo dirs fahle!</p><lb/> <p xml:id="ID_953"> . Wer gewinnt, will ich von Euch wissen. Ihr habes dem Götzemichel auch<lb/> gejagt. ^ ^ ^- ^ ^</p><lb/> <p xml:id="ID_954"> Wer gewinnt? Hofe doch kein Streit, mei Tichterle?</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0283]
Madlene
War geweihtes Gebiet, Gestärkt verließ Mndlene das Gotteshaus. Auf dem Heim¬
weg kam ein Entschluß in ihr zur Reife. Sie bekam dabei ein wenig eine Gems-
bart. Aber der Kampf mit dem Christelbild sollte und mußte in ihr abgethan
werden. Den lieben Herrgott konnte sie mit der Turteltaube nicht belästigen; wozu
ist denn der Einsiedler Schmied da? Sein Erdspiegel soll mir sagen, wer gewinnt!
Das war der gänshäutige Entschluß.
Gesangbuch und Kirchenmantel kamen an ihren Ort. Im Äußern angethan
wie zum Tanz verließ Madlene das Haus. Die Brüder meinten, sie unternähme
ihren gewohnten Sonntngsslurgang. Aber diesmal ging sie den Bart hinan, über
den Brand, die finstere Leite hinein, schräg durchs Neulehn, um den Schneidmühlen
vorüber, über einen muntern Wicsenbach, der aus der Hel kommt, und: hinter der
Waldecke liegt Einsiedel. Sie ging einige Schritte vom Weg ab und setzte sich
unter eine mächtige Weißtanne. Hoch in ihrem Gezweig ruckste ein Tauber. Von
der Biber heraus tönte das Lied des Zaunkönigs, mit dem sich die Rufe der gelben
Bachstelze mischten. Mönch und Rotkehlchen flöteten und trüllerten. Ein Paar
Eichhörnchen sanfte knurrend an Madlene vorüber, daß sie erschrocken die Füße
zurückzog, und jagte am nächsten Fichtenstnmm in die Höh.
In die Höh! In die Höh, Madlene! Dein Grübeln nutzt nichts. Auf,
zum Schmied mit dem Erdspiegel! Wer gewinnt? Ach, da beim Herrgott im
Wald ists so feierlich, so erquickend! Wie Balsam dringt dirs in die Seele, ge¬
quältes Mädchen! So bleibe sitzen! Trinke weiter das Labsal, das dir der frische
Wald kredenzt! Habe keine Sorge; da ists wie in deinem Kircheustaud vorhin:
Hieher dringt sie nicht, die vermaledeite Welt!
Sie trank. Der Oberkörper sank zurück ius Moos, die Hände falteten sich
unter der vollen Brust, und das eggertse Auge drang durch den zart durchbrochnen
grünen Tannendom hinauf zur treuen Himmelsbläue. So trank die wunde Mad-
lenenseele in vollen Zügen heilenden, stärkenden Balsam.
Bist du stark genug, Madlene? Steh ans! Wer gewinnt? Da knickten
dürre Zweige in der Nähe hinter ihr. Ein Reh? Madlene springt auf: der
Einsiedler Schmied steht vor ihr mit einem Bündel Kräuter.
El, die Müsersmadlene da?
Madlene schlug die Augen verschämt nieder, und heiße Glut trat ihr ins Gesicht.
Was ists denn, mei Tichterle? Wo willst dn hin?
Ich wollt zu Euch und hatt 's Herz nit.
Hihihihi! Mach mir keine Maus! El, du Lieberle! Der Schmied setzte
sich ins weiche Moos nieder. Setz dich doch, mei Tichterle! Thu, als wärst
drheim! Die schönsten Bank wachsen im Wald.
Aber Madlene setzte sich nicht; sie lehnte um dem weißen Stamm der
großen Tanne, und die langen, dunkeln Wimpern hielten von dem halbgeöffneten
Auge die Blicke des Schmiedes ab.
Wir siud da allein, mei Tichterle! Sag mirs, was du von mir willst. Ich
den kein Freimaurer; sie habn mich nit angenommn. Was ich treib, da ist der
Teufel ausgelassen. Mei Sach steht im siebnten Buch Mosis und in andern
Suchern. Und was da nit steht, hat mir mit Gottes Hilf für Geld und gute
^ort der alt schwarz Hans von Heboch beigebracht. Ruhe schon lang unter der
^rdn. Sogs, Tichterle, wo dirs fahle!
. Wer gewinnt, will ich von Euch wissen. Ihr habes dem Götzemichel auch
gejagt. ^ ^ ^- ^ ^
Wer gewinnt? Hofe doch kein Streit, mei Tichterle?
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