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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.

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Gine Frauenfrage
als berufslose Angehörige im Haushalt des Familienhauvtcs 10425000
als Nentnerinnen oder sonstige Berufslose (in Anstalten usw>) 397 300
als erwerbsthätige Töchter und andre Verwandte im Betriebe
des Haushaltungsvorstands in Landwirtschaft, Industrie
und Handel............... 813500
als Erwerbsthätige für fremde Betriebe....... 2468800
als häusliche Dienstboten............ 1263400

Abgesehen von den Rentnerinnen und den sonstigen Berufslosen scheinen
durch ihr Berufsleben ganz dem Haushalt entfremdet eigentlich nur die Er¬
werbsthätigen für fremde Betriebe, aber auch unter diesen sind noch viele
Tausende namentlich zum landwirtschaftlichen und gewerblichen Dienstpersonal
gehörige Personen, die im Haushalt der Betriebsinhaber leben und dort auch
nebenher mit thätig sind.

Folgende Zahlen mögen endlich noch ein Bild von den Altersverhält-
nissen der weiblichen Dienstboten im Juni 1895 geben. Es standen in einem
Lebensalter



Bei weitem die Mehrzahl der weiblichen Dienstboten steht sonach im Alter
unter 30 Jahren, und davon wieder über die Hälfte im Alter unter 20 Jahren.
Daran hat sich gegen früher wenig oder nichts geändert, und gerade darin ist
die ungeheure Bedeutung der Fürsorge für das Dienstbotenwescn nach wie vor
begründet: der Dienstbotenberuf ist für weite Schichten der weiblichen Be¬
völkerung die Vorschule für den Hausfrauenberuf. Die Dienstbotenfrage ist eine
Frauenfrage im ganz besondern Sinne, von ganz besondrer sozialer Bedeutung.
Ihre Lösung gilt der Erziehung von Hausfrauen für Millionen von Familien,
namentlich der minderbemittelten Stände, und sie liegt in der Hand einer
Million von Hausfrauen namentlich der besitzenden Klassen. Unendlich reichen
sozialen Segen werden gesunde Dienstbotenverhältnisse dem deutschen Volke
bringen, unsägliches soziales Elend schaffen die ungesunden.

Als vor etwa zwölf Jahren die bekannte Frau Guilleaume-Schack ihre
Agitationsreise durch Deutschland machte, um unsre Frauen zur Einmischung
in das widerlichste Gebiet der Polizei, die Prostitutionsfrage, zu begeistern,
habe ich in den Grenzboten dem gegenüber die ungeheuer wichtige und arg


Gine Frauenfrage
als berufslose Angehörige im Haushalt des Familienhauvtcs 10425000
als Nentnerinnen oder sonstige Berufslose (in Anstalten usw>) 397 300
als erwerbsthätige Töchter und andre Verwandte im Betriebe
des Haushaltungsvorstands in Landwirtschaft, Industrie
und Handel............... 813500
als Erwerbsthätige für fremde Betriebe....... 2468800
als häusliche Dienstboten............ 1263400

Abgesehen von den Rentnerinnen und den sonstigen Berufslosen scheinen
durch ihr Berufsleben ganz dem Haushalt entfremdet eigentlich nur die Er¬
werbsthätigen für fremde Betriebe, aber auch unter diesen sind noch viele
Tausende namentlich zum landwirtschaftlichen und gewerblichen Dienstpersonal
gehörige Personen, die im Haushalt der Betriebsinhaber leben und dort auch
nebenher mit thätig sind.

Folgende Zahlen mögen endlich noch ein Bild von den Altersverhält-
nissen der weiblichen Dienstboten im Juni 1895 geben. Es standen in einem
Lebensalter



Bei weitem die Mehrzahl der weiblichen Dienstboten steht sonach im Alter
unter 30 Jahren, und davon wieder über die Hälfte im Alter unter 20 Jahren.
Daran hat sich gegen früher wenig oder nichts geändert, und gerade darin ist
die ungeheure Bedeutung der Fürsorge für das Dienstbotenwescn nach wie vor
begründet: der Dienstbotenberuf ist für weite Schichten der weiblichen Be¬
völkerung die Vorschule für den Hausfrauenberuf. Die Dienstbotenfrage ist eine
Frauenfrage im ganz besondern Sinne, von ganz besondrer sozialer Bedeutung.
Ihre Lösung gilt der Erziehung von Hausfrauen für Millionen von Familien,
namentlich der minderbemittelten Stände, und sie liegt in der Hand einer
Million von Hausfrauen namentlich der besitzenden Klassen. Unendlich reichen
sozialen Segen werden gesunde Dienstbotenverhältnisse dem deutschen Volke
bringen, unsägliches soziales Elend schaffen die ungesunden.

Als vor etwa zwölf Jahren die bekannte Frau Guilleaume-Schack ihre
Agitationsreise durch Deutschland machte, um unsre Frauen zur Einmischung
in das widerlichste Gebiet der Polizei, die Prostitutionsfrage, zu begeistern,
habe ich in den Grenzboten dem gegenüber die ungeheuer wichtige und arg


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[0248] Gine Frauenfrage als berufslose Angehörige im Haushalt des Familienhauvtcs 10425000 als Nentnerinnen oder sonstige Berufslose (in Anstalten usw>) 397 300 als erwerbsthätige Töchter und andre Verwandte im Betriebe des Haushaltungsvorstands in Landwirtschaft, Industrie und Handel............... 813500 als Erwerbsthätige für fremde Betriebe....... 2468800 als häusliche Dienstboten............ 1263400 Abgesehen von den Rentnerinnen und den sonstigen Berufslosen scheinen durch ihr Berufsleben ganz dem Haushalt entfremdet eigentlich nur die Er¬ werbsthätigen für fremde Betriebe, aber auch unter diesen sind noch viele Tausende namentlich zum landwirtschaftlichen und gewerblichen Dienstpersonal gehörige Personen, die im Haushalt der Betriebsinhaber leben und dort auch nebenher mit thätig sind. Folgende Zahlen mögen endlich noch ein Bild von den Altersverhält- nissen der weiblichen Dienstboten im Juni 1895 geben. Es standen in einem Lebensalter unter 20 Jahren SW 596 von 20 bis 30 „ 508571 also unter 30 „ 1094167 ---- 83,3 Prozent von 30 bis 40 „ 101771 „ 40 „ 50 „ S0112 „ 50 „ 60 „ 37100 „ 60 „ 70 „ 22 246 über 70 „ 8661 also von 30 und mehr „ 219790 16,7 Prozent zusammen 1313957 100,0 Prozent Bei weitem die Mehrzahl der weiblichen Dienstboten steht sonach im Alter unter 30 Jahren, und davon wieder über die Hälfte im Alter unter 20 Jahren. Daran hat sich gegen früher wenig oder nichts geändert, und gerade darin ist die ungeheure Bedeutung der Fürsorge für das Dienstbotenwescn nach wie vor begründet: der Dienstbotenberuf ist für weite Schichten der weiblichen Be¬ völkerung die Vorschule für den Hausfrauenberuf. Die Dienstbotenfrage ist eine Frauenfrage im ganz besondern Sinne, von ganz besondrer sozialer Bedeutung. Ihre Lösung gilt der Erziehung von Hausfrauen für Millionen von Familien, namentlich der minderbemittelten Stände, und sie liegt in der Hand einer Million von Hausfrauen namentlich der besitzenden Klassen. Unendlich reichen sozialen Segen werden gesunde Dienstbotenverhältnisse dem deutschen Volke bringen, unsägliches soziales Elend schaffen die ungesunden. Als vor etwa zwölf Jahren die bekannte Frau Guilleaume-Schack ihre Agitationsreise durch Deutschland machte, um unsre Frauen zur Einmischung in das widerlichste Gebiet der Polizei, die Prostitutionsfrage, zu begeistern, habe ich in den Grenzboten dem gegenüber die ungeheuer wichtige und arg

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_226901/248>, abgerufen am 07.01.2025.