Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.Der Auszug der deutschen Professoren und wird auch schwerlich jemals wieder in die Lage kommen, dies zu thun. Man sieht also, daß es sich allerdings um eine entscheidende Wendung Doch das sind Folgen, denen die Kantonalregicrnng vielleicht ruhigen Der Auszug der deutschen Professoren und wird auch schwerlich jemals wieder in die Lage kommen, dies zu thun. Man sieht also, daß es sich allerdings um eine entscheidende Wendung Doch das sind Folgen, denen die Kantonalregicrnng vielleicht ruhigen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0142" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/227044"/> <fw type="header" place="top"> Der Auszug der deutschen Professoren</fw><lb/> <p xml:id="ID_438" prev="#ID_437"> und wird auch schwerlich jemals wieder in die Lage kommen, dies zu thun.<lb/> Ferner müssen natürlich die abgerechnet werden, die sich offen zu denselben<lb/> Anschauungen wie ihre scheidenden Kollegen bekannt haben, aber durch äußere<lb/> Umstände noch an Freiburg gebunden sind. Somit bleiben nur noch die vier<lb/> erst vor kurzem berufnen Professoren der naturwissenschaftlichen Fakultät übrig,<lb/> die die Lage nur erst unvollkommen übersehen, sowie ein kürzlich habilitirter<lb/> Privatdozent. Von solchen, die ebenso lange in Freiburg wirken wie die Zurück-<lb/> getretnen, sind nur noch zwei vorhanden, von denen der eine durch Krankheit<lb/> stets vom Universitätsleben und seinen Kämpfen ferngehalten worden ist. Das<lb/> sind die bleibenden Deutschen.</p><lb/> <p xml:id="ID_439"> Man sieht also, daß es sich allerdings um eine entscheidende Wendung<lb/> in der Geschichte der Freiburger Universität handelt. Denn darüber kann<lb/> kaum ein Zweifel bestehen, daß den Scheidenden in nicht allzuferner Zeit andre<lb/> nachfolgen werden. Dürfte doch auch für die Deutschschweizer der Boden<lb/> Freiburgs vou Tag zu Tag heißer werden. Und die erst kürzlich angekommnen<lb/> Dozenten der naturwissenschaftlichen Fakultät werden vermutlich in wenigen<lb/> Jahren dieselben Erfahrungen machen, die heute ihre ältern Kollegen veranlaßt<lb/> haben, ihr Amt niederzulegen. Ein Versuch aber, die Verlornen Kräfte aus<lb/> Deutschland zu ersetzen, hat wenig Aussicht auf Erfolg. Erstens sind für eine<lb/> Reihe von Fächern katholische Gelehrte bei uns zur Zeit überhaupt nicht vor¬<lb/> handen, die Lücke ist also von dort nicht auszufüllen. Dann aber werden sich<lb/> voraussichtlich die katholischen Gelehrten, die für die andern Lehrstühle in<lb/> Betracht kommen könnten, aus dem Schicksal der heute Scheidenden eine Lehre<lb/> ziehen, damit sie nicht blindlings den Versprechungen der Freiburger Staats¬<lb/> lenker Glauben schenken.</p><lb/> <p xml:id="ID_440" next="#ID_441"> Doch das sind Folgen, denen die Kantonalregicrnng vielleicht ruhigen<lb/> Gemüts entgegensieht. Denn sind deutsche Professoren nicht zu haben, so<lb/> giebt es ja auch noch anderwärts gelehrte Leute, z. B. unter den Polen und<lb/> den Tschechen. Eine andre, vielleicht weniger leicht genommne Frage ist die:<lb/> wird der Zuzug von Studenten aus den Ländern deutscher Zunge, auf den<lb/> Freiburg angewiesen ist, der bisherige bleiben? Unsre deutschen Studenten<lb/> besuchen ausländische Hochschulen in der Regel nur dann, wenn ihnen die an<lb/> diesen verbrachten Semester als Studicnscmester in der Heimat angerechnet<lb/> werden. Unsre Regierungen und unsre Fakultäten haben aber allen Grund,<lb/> sich jetzt die Frage vorzulegen, ob sie eine in solchem Geiste regierte Universität,<lb/> an der nicht nur Neid und Haß gegen deutsche Kulturarbeit das Wort führen,<lb/> sondern auch die Freiheit der wissenschaftlichen Lehre durch eiuen katholischen<lb/> Orden aufs ernstlichste bedroht erscheint, fernerhin als eine den andern Schweizer<lb/> Hochschulen und den deutschen Universitäten ebenbürtige Lehranstalt anerkennen<lb/> können- In den Kreisen der deutschen Universitätslehrer scheint schon jetzt<lb/> die Meinung vorzuherrschen, daß diese Frage zu verneinen sei. Jedenfalls</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0142]
Der Auszug der deutschen Professoren
und wird auch schwerlich jemals wieder in die Lage kommen, dies zu thun.
Ferner müssen natürlich die abgerechnet werden, die sich offen zu denselben
Anschauungen wie ihre scheidenden Kollegen bekannt haben, aber durch äußere
Umstände noch an Freiburg gebunden sind. Somit bleiben nur noch die vier
erst vor kurzem berufnen Professoren der naturwissenschaftlichen Fakultät übrig,
die die Lage nur erst unvollkommen übersehen, sowie ein kürzlich habilitirter
Privatdozent. Von solchen, die ebenso lange in Freiburg wirken wie die Zurück-
getretnen, sind nur noch zwei vorhanden, von denen der eine durch Krankheit
stets vom Universitätsleben und seinen Kämpfen ferngehalten worden ist. Das
sind die bleibenden Deutschen.
Man sieht also, daß es sich allerdings um eine entscheidende Wendung
in der Geschichte der Freiburger Universität handelt. Denn darüber kann
kaum ein Zweifel bestehen, daß den Scheidenden in nicht allzuferner Zeit andre
nachfolgen werden. Dürfte doch auch für die Deutschschweizer der Boden
Freiburgs vou Tag zu Tag heißer werden. Und die erst kürzlich angekommnen
Dozenten der naturwissenschaftlichen Fakultät werden vermutlich in wenigen
Jahren dieselben Erfahrungen machen, die heute ihre ältern Kollegen veranlaßt
haben, ihr Amt niederzulegen. Ein Versuch aber, die Verlornen Kräfte aus
Deutschland zu ersetzen, hat wenig Aussicht auf Erfolg. Erstens sind für eine
Reihe von Fächern katholische Gelehrte bei uns zur Zeit überhaupt nicht vor¬
handen, die Lücke ist also von dort nicht auszufüllen. Dann aber werden sich
voraussichtlich die katholischen Gelehrten, die für die andern Lehrstühle in
Betracht kommen könnten, aus dem Schicksal der heute Scheidenden eine Lehre
ziehen, damit sie nicht blindlings den Versprechungen der Freiburger Staats¬
lenker Glauben schenken.
Doch das sind Folgen, denen die Kantonalregicrnng vielleicht ruhigen
Gemüts entgegensieht. Denn sind deutsche Professoren nicht zu haben, so
giebt es ja auch noch anderwärts gelehrte Leute, z. B. unter den Polen und
den Tschechen. Eine andre, vielleicht weniger leicht genommne Frage ist die:
wird der Zuzug von Studenten aus den Ländern deutscher Zunge, auf den
Freiburg angewiesen ist, der bisherige bleiben? Unsre deutschen Studenten
besuchen ausländische Hochschulen in der Regel nur dann, wenn ihnen die an
diesen verbrachten Semester als Studicnscmester in der Heimat angerechnet
werden. Unsre Regierungen und unsre Fakultäten haben aber allen Grund,
sich jetzt die Frage vorzulegen, ob sie eine in solchem Geiste regierte Universität,
an der nicht nur Neid und Haß gegen deutsche Kulturarbeit das Wort führen,
sondern auch die Freiheit der wissenschaftlichen Lehre durch eiuen katholischen
Orden aufs ernstlichste bedroht erscheint, fernerhin als eine den andern Schweizer
Hochschulen und den deutschen Universitäten ebenbürtige Lehranstalt anerkennen
können- In den Kreisen der deutschen Universitätslehrer scheint schon jetzt
die Meinung vorzuherrschen, daß diese Frage zu verneinen sei. Jedenfalls
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |