Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.Die Raufleute im Raiserhof wie der Leute wegen, von denen sie ausgeht. Die Sache ist in den Grenz¬ Die versammelten Handels- und Fabrikherren wollen und werden natürlich Grenzboten I 1898 13
Die Raufleute im Raiserhof wie der Leute wegen, von denen sie ausgeht. Die Sache ist in den Grenz¬ Die versammelten Handels- und Fabrikherren wollen und werden natürlich Grenzboten I 1898 13
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0105" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/227007"/> <fw type="header" place="top"> Die Raufleute im Raiserhof</fw><lb/> <p xml:id="ID_307" prev="#ID_306"> wie der Leute wegen, von denen sie ausgeht. Die Sache ist in den Grenz¬<lb/> boten schon gründlich behandelt worden, aber die Leute sind es noch nicht.<lb/> Li nov tavirmt leisen, non est Iclsm. Wenn Kaufleute Politik treiben, so ist<lb/> das etwas besondres.</p><lb/> <p xml:id="ID_308" next="#ID_309"> Die versammelten Handels- und Fabrikherren wollen und werden natürlich<lb/> zunächst ihr Urteil abgeben als Geschäftsleute, vom Standpunkte ihrer eignen<lb/> und ihrer Standesgenossen geschäftlichen Interessen. Das ist bei der Sach¬<lb/> kunde der Herren sehr viel wert, und man kann nur wünschen, daß dem<lb/> deutschen Michel im Kaufmannsstande die Notwendigkeit einer starken Seemacht,<lb/> deren Nutzens für Handel und Industrie ja nicht in Gelde berechnet werden<lb/> kann, recht klar und eindringlich s,et oculos demonstrirt wird. Die Vorlage<lb/> ist nach dieser Richtung hin ungenügend vorbereitet an den Reichstag ge¬<lb/> langt. Erst in letzter Stunde hat man, wie es scheint, daran gedacht,<lb/> daß der Entwurf doch vor allem eine handelspolitische Begründung verlangt,<lb/> und hat dann im Neichsmarineamt die dem Zahlengehalt nach sehr wert¬<lb/> volle, dem Text nach aber ganz ungenießbare Denkschrift: „Die Sceintercssen<lb/> des deutschen Reichs" zusammenstellen lassen. An den zur Vertretung der<lb/> materiellen Interessen, man kann mich sagen: der Sonderinteressen des deutschen<lb/> Handels berufnen Stellen, im Auswärtige» Amt, im Reichsamt des Innern,<lb/> in den verschiednen Handelsministerien, hat man sich um die Sache augen¬<lb/> scheinlich viel zu wenig, viel zu spät gekümmert, und eigentlich ist es nur der<lb/> Kaiser selbst gewesen, der in seinen hie und da gehaltnen Reden das Mvisaro<lb/> neoesss sse und die Notwendigkeit der gepanzerten Faust in unsrer Seehandels¬<lb/> politik von vornherein sachgemäß und mit vollem Nachdruck begründet hat.<lb/> Diese Lücke kann und wird die Kundgebung der versammelten Handels- und<lb/> Fabrikherren vortrefflich ausfüllen, am vortrefflichsten, je schärfer dabei der<lb/> kaufmännische, der geschäftliche Standpunkt zum Ausdruck kommt. Auch<lb/> im Prinzip ist es gut, wenn gerade von diesem Standpunkt aus der kurz¬<lb/> sichtigen Übertreibung manchesterlicher Konsequenzen ein Ende gemacht wird,<lb/> die in der Phrase ausklingt, unser Seehandel habe bisher ohne die gepanzerte<lb/> Faust seine Erfolge erzielt, und deshalb brauche er sie auch in Zukunft nicht.<lb/> Es gilt auszusprechen, daß die Zeiten eben anders geworden sind, schon durch<lb/> den Übergang zum Absperrungssystem bei den Staaten und Nationen, die sich<lb/> dank ihrem Nieseuanteil an der Erde das erlauben können. Es gilt dem<lb/> kaufmännischen Verstände kaufmännisch klar zu machen, daß die englische, die<lb/> russische, die amerikanische und auch die französische Konkurrenz den deutschen<lb/> Seehandel trotz seiner bisherigen Erfolge Schach und matt zu setzen vermöchte,<lb/> wenn England, Rußland, Nordamerika und Frankreich nicht nur deu durch<lb/> ihre politischen Grenzpfähle umschlossenen Teil des Erdballs unserm Absatz<lb/> versperrten, sondern außerdem auch noch durch ihre Kreuzer und Linienschiffe<lb/> mit einem klug berechneten Netz von Kohlen- und Flottenstationen die politisch</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I 1898 13</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0105]
Die Raufleute im Raiserhof
wie der Leute wegen, von denen sie ausgeht. Die Sache ist in den Grenz¬
boten schon gründlich behandelt worden, aber die Leute sind es noch nicht.
Li nov tavirmt leisen, non est Iclsm. Wenn Kaufleute Politik treiben, so ist
das etwas besondres.
Die versammelten Handels- und Fabrikherren wollen und werden natürlich
zunächst ihr Urteil abgeben als Geschäftsleute, vom Standpunkte ihrer eignen
und ihrer Standesgenossen geschäftlichen Interessen. Das ist bei der Sach¬
kunde der Herren sehr viel wert, und man kann nur wünschen, daß dem
deutschen Michel im Kaufmannsstande die Notwendigkeit einer starken Seemacht,
deren Nutzens für Handel und Industrie ja nicht in Gelde berechnet werden
kann, recht klar und eindringlich s,et oculos demonstrirt wird. Die Vorlage
ist nach dieser Richtung hin ungenügend vorbereitet an den Reichstag ge¬
langt. Erst in letzter Stunde hat man, wie es scheint, daran gedacht,
daß der Entwurf doch vor allem eine handelspolitische Begründung verlangt,
und hat dann im Neichsmarineamt die dem Zahlengehalt nach sehr wert¬
volle, dem Text nach aber ganz ungenießbare Denkschrift: „Die Sceintercssen
des deutschen Reichs" zusammenstellen lassen. An den zur Vertretung der
materiellen Interessen, man kann mich sagen: der Sonderinteressen des deutschen
Handels berufnen Stellen, im Auswärtige» Amt, im Reichsamt des Innern,
in den verschiednen Handelsministerien, hat man sich um die Sache augen¬
scheinlich viel zu wenig, viel zu spät gekümmert, und eigentlich ist es nur der
Kaiser selbst gewesen, der in seinen hie und da gehaltnen Reden das Mvisaro
neoesss sse und die Notwendigkeit der gepanzerten Faust in unsrer Seehandels¬
politik von vornherein sachgemäß und mit vollem Nachdruck begründet hat.
Diese Lücke kann und wird die Kundgebung der versammelten Handels- und
Fabrikherren vortrefflich ausfüllen, am vortrefflichsten, je schärfer dabei der
kaufmännische, der geschäftliche Standpunkt zum Ausdruck kommt. Auch
im Prinzip ist es gut, wenn gerade von diesem Standpunkt aus der kurz¬
sichtigen Übertreibung manchesterlicher Konsequenzen ein Ende gemacht wird,
die in der Phrase ausklingt, unser Seehandel habe bisher ohne die gepanzerte
Faust seine Erfolge erzielt, und deshalb brauche er sie auch in Zukunft nicht.
Es gilt auszusprechen, daß die Zeiten eben anders geworden sind, schon durch
den Übergang zum Absperrungssystem bei den Staaten und Nationen, die sich
dank ihrem Nieseuanteil an der Erde das erlauben können. Es gilt dem
kaufmännischen Verstände kaufmännisch klar zu machen, daß die englische, die
russische, die amerikanische und auch die französische Konkurrenz den deutschen
Seehandel trotz seiner bisherigen Erfolge Schach und matt zu setzen vermöchte,
wenn England, Rußland, Nordamerika und Frankreich nicht nur deu durch
ihre politischen Grenzpfähle umschlossenen Teil des Erdballs unserm Absatz
versperrten, sondern außerdem auch noch durch ihre Kreuzer und Linienschiffe
mit einem klug berechneten Netz von Kohlen- und Flottenstationen die politisch
Grenzboten I 1898 13
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