Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr.Aur Weihnachtszeit gehen, "ut so ein bischen leichte, bequeme Jagd kann ich nun einmal nicht ent¬ Sind Sie denn hier oben zufrieden? fragte ich, um mich nicht weiter auf Ach jn, so einigermaßen, in gewisser Hinsicht. Aber es ist doch ein häßliches So? Ja, das kann man. Zu Hause habe ich es doch nie auf mehr als zwölf Das ist ja ganz schön, aber wird Ihnen denn die Zeit niemals lang? Nein, das kann ich nicht sagen. Hexe da verkürzt mir auch manche Stunde. Ich sah auf seinen Hund herab, eine höchst sonderbare Mischung von Spür¬ Das ist ein seltner Hund, fuhr Mathem fort. Er ist mir zugelaufen, und er Während dieser Unterhaltung sind wir an den Teil des Reviers gelangt, Es rührt sich keine Tannennadel, und eine Zeit lang vernimmt man keinen Sehen Sie wohl, ich bekam keinen Auerhahn auf dein ersten Stand zum Dann gedulden Sie sich nur bis zum letzte" Treiben, sagte ich, und da kam Grenzbowi IV 1897 "t
Aur Weihnachtszeit gehen, »ut so ein bischen leichte, bequeme Jagd kann ich nun einmal nicht ent¬ Sind Sie denn hier oben zufrieden? fragte ich, um mich nicht weiter auf Ach jn, so einigermaßen, in gewisser Hinsicht. Aber es ist doch ein häßliches So? Ja, das kann man. Zu Hause habe ich es doch nie auf mehr als zwölf Das ist ja ganz schön, aber wird Ihnen denn die Zeit niemals lang? Nein, das kann ich nicht sagen. Hexe da verkürzt mir auch manche Stunde. Ich sah auf seinen Hund herab, eine höchst sonderbare Mischung von Spür¬ Das ist ein seltner Hund, fuhr Mathem fort. Er ist mir zugelaufen, und er Während dieser Unterhaltung sind wir an den Teil des Reviers gelangt, Es rührt sich keine Tannennadel, und eine Zeit lang vernimmt man keinen Sehen Sie wohl, ich bekam keinen Auerhahn auf dein ersten Stand zum Dann gedulden Sie sich nur bis zum letzte» Treiben, sagte ich, und da kam Grenzbowi IV 1897 «t
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0651" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/226881"/> <fw type="header" place="top"> Aur Weihnachtszeit</fw><lb/> <p xml:id="ID_1669" prev="#ID_1668"> gehen, »ut so ein bischen leichte, bequeme Jagd kann ich nun einmal nicht ent¬<lb/> behren — ich werde förmlich herzenskrank, wenn ich im September dasitzen und<lb/> die Hänser anstarren soll.</p><lb/> <p xml:id="ID_1670"> Sind Sie denn hier oben zufrieden? fragte ich, um mich nicht weiter auf<lb/> die Trennung und die ehelichen Verhältnisse einzulassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1671"> Ach jn, so einigermaßen, in gewisser Hinsicht. Aber es ist doch ein häßliches<lb/> Land: es sind so viele Steine und so viele Hügel hier, ich habe um liebsten, was<lb/> flach und eben ist. Na, wenn Herr Holgersen nicht hier ist, dann habe» wir ja<lb/> ein herrliches, bequemes Leben, das will ich nicht leugnen, und dünn kann man<lb/> hier mehr schlafen als in Dänemark.</p><lb/> <p xml:id="ID_1672"> So?</p><lb/> <p xml:id="ID_1673"> Ja, das kann man. Zu Hause habe ich es doch nie auf mehr als zwölf<lb/> Stunden in einer Tour bringe» können, aber hier bringe ich es leicht auf<lb/> vierzehn!</p><lb/> <p xml:id="ID_1674"> Das ist ja ganz schön, aber wird Ihnen denn die Zeit niemals lang?</p><lb/> <p xml:id="ID_1675"> Nein, das kann ich nicht sagen. Hexe da verkürzt mir auch manche Stunde.</p><lb/> <p xml:id="ID_1676"> Ich sah auf seinen Hund herab, eine höchst sonderbare Mischung von Spür¬<lb/> hund und Spitz.</p><lb/> <p xml:id="ID_1677"> Das ist ein seltner Hund, fuhr Mathem fort. Er ist mir zugelaufen, und er<lb/> ist so klug, daß es ganz erstaunlich ist. Er muß anch bei Kunstreitern oder der¬<lb/> gleichen Leuten gewesen sein, die was für seine Erziehung gethan habe», denn eines<lb/> Tages, als ich ganz zufällig „hopp!" zu ihm sage, schlägt er einen Purzelbaum,<lb/> und das thut er, sobald ich nur „hopp!" sage. Und an Winterabenden, wissen Sie,<lb/> da sitze ich oft da und sage alle möglichen Wörter zu ihm, die mir gerade ein¬<lb/> fallen, den» es könnte doch sein, daß mau zufällig ein Wort träfe, das er<lb/> leimt, und wobei er ein neues Kunststück macht. Damit geht die Zeit ganz gut<lb/> hin. Wissen Sie, was er auch kann? Sobald er etwas findet, was jemand ver-<lb/> loren hat, ganz gleich, wer es ist, so bringt er es gleich, nicht zu mir, sondern<lb/> zu dem, ders verloren hat, das kann er spüren. Ja, es ist ein seltner Hund!</p><lb/> <p xml:id="ID_1678"> Während dieser Unterhaltung sind wir an den Teil des Reviers gelangt,<lb/> wo zuerst gejagt werden soll. Mndsen geht mit den Treiber», und Hvlgcrsen stellt<lb/> die Schützen auf.</p><lb/> <p xml:id="ID_1679"> Es rührt sich keine Tannennadel, und eine Zeit lang vernimmt man keinen<lb/> Latte. Da wird die Stille dnrch ein fernes Knistern unterbrochen, das näher und<lb/> näher kommt, hin und wieder klingt es, als wenn ein Kind jammerte — es ist<lb/> ein Holzwageu mit Ochsen davor. In weiter, meilenweiter Ferne pfeift ein Zug,<lb/> man kauu hören, wie er bei einer Station breast, und dann wird alles doppelt<lb/> so still wie zuvor. Jetzt beginnt die lustige Xylophonmusik der Treiber, der erste<lb/> Schuß kracht, und bald fährt ein großer Birkhahn, den Hals vorgestreckt wie eine<lb/> wilde Ente, aus dem Dickicht heraus, bald segelt ein Auerhahn, majestätisch wie<lb/> ein Raubvogel und schnell wie eine Schnepfe, über den Hochwald hin.</p><lb/> <p xml:id="ID_1680"> Sehen Sie wohl, ich bekam keinen Auerhahn auf dein ersten Stand zum<lb/> Schuß, wie Sie mir versprochen hatten! sagte Naht mit einem melamholischen<lb/> Lächeln — ich glaube beinahe, er hatte meine Worte als Omen betrachtet.</p><lb/> <p xml:id="ID_1681" next="#ID_1682"> Dann gedulden Sie sich nur bis zum letzte» Treiben, sagte ich, und da kam<lb/> er denn mich wirklich zum Schuß, schoß aber vorbei. Er war sehr niedergeschlagen<lb/> — am »leisten ärgerte es ihn wohl, daß der Baron neben ihm gestanden und<lb/> ihm zugesehen hatte —, aber Mathem verstand es, ihn zu trösten. Es war nur<lb/> gut, daß Sie den nicht trafen, sagte er, denn die beiden Hähne, die wir bekommen</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzbowi IV 1897 «t</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0651]
Aur Weihnachtszeit
gehen, »ut so ein bischen leichte, bequeme Jagd kann ich nun einmal nicht ent¬
behren — ich werde förmlich herzenskrank, wenn ich im September dasitzen und
die Hänser anstarren soll.
Sind Sie denn hier oben zufrieden? fragte ich, um mich nicht weiter auf
die Trennung und die ehelichen Verhältnisse einzulassen.
Ach jn, so einigermaßen, in gewisser Hinsicht. Aber es ist doch ein häßliches
Land: es sind so viele Steine und so viele Hügel hier, ich habe um liebsten, was
flach und eben ist. Na, wenn Herr Holgersen nicht hier ist, dann habe» wir ja
ein herrliches, bequemes Leben, das will ich nicht leugnen, und dünn kann man
hier mehr schlafen als in Dänemark.
So?
Ja, das kann man. Zu Hause habe ich es doch nie auf mehr als zwölf
Stunden in einer Tour bringe» können, aber hier bringe ich es leicht auf
vierzehn!
Das ist ja ganz schön, aber wird Ihnen denn die Zeit niemals lang?
Nein, das kann ich nicht sagen. Hexe da verkürzt mir auch manche Stunde.
Ich sah auf seinen Hund herab, eine höchst sonderbare Mischung von Spür¬
hund und Spitz.
Das ist ein seltner Hund, fuhr Mathem fort. Er ist mir zugelaufen, und er
ist so klug, daß es ganz erstaunlich ist. Er muß anch bei Kunstreitern oder der¬
gleichen Leuten gewesen sein, die was für seine Erziehung gethan habe», denn eines
Tages, als ich ganz zufällig „hopp!" zu ihm sage, schlägt er einen Purzelbaum,
und das thut er, sobald ich nur „hopp!" sage. Und an Winterabenden, wissen Sie,
da sitze ich oft da und sage alle möglichen Wörter zu ihm, die mir gerade ein¬
fallen, den» es könnte doch sein, daß mau zufällig ein Wort träfe, das er
leimt, und wobei er ein neues Kunststück macht. Damit geht die Zeit ganz gut
hin. Wissen Sie, was er auch kann? Sobald er etwas findet, was jemand ver-
loren hat, ganz gleich, wer es ist, so bringt er es gleich, nicht zu mir, sondern
zu dem, ders verloren hat, das kann er spüren. Ja, es ist ein seltner Hund!
Während dieser Unterhaltung sind wir an den Teil des Reviers gelangt,
wo zuerst gejagt werden soll. Mndsen geht mit den Treiber», und Hvlgcrsen stellt
die Schützen auf.
Es rührt sich keine Tannennadel, und eine Zeit lang vernimmt man keinen
Latte. Da wird die Stille dnrch ein fernes Knistern unterbrochen, das näher und
näher kommt, hin und wieder klingt es, als wenn ein Kind jammerte — es ist
ein Holzwageu mit Ochsen davor. In weiter, meilenweiter Ferne pfeift ein Zug,
man kauu hören, wie er bei einer Station breast, und dann wird alles doppelt
so still wie zuvor. Jetzt beginnt die lustige Xylophonmusik der Treiber, der erste
Schuß kracht, und bald fährt ein großer Birkhahn, den Hals vorgestreckt wie eine
wilde Ente, aus dem Dickicht heraus, bald segelt ein Auerhahn, majestätisch wie
ein Raubvogel und schnell wie eine Schnepfe, über den Hochwald hin.
Sehen Sie wohl, ich bekam keinen Auerhahn auf dein ersten Stand zum
Schuß, wie Sie mir versprochen hatten! sagte Naht mit einem melamholischen
Lächeln — ich glaube beinahe, er hatte meine Worte als Omen betrachtet.
Dann gedulden Sie sich nur bis zum letzte» Treiben, sagte ich, und da kam
er denn mich wirklich zum Schuß, schoß aber vorbei. Er war sehr niedergeschlagen
— am »leisten ärgerte es ihn wohl, daß der Baron neben ihm gestanden und
ihm zugesehen hatte —, aber Mathem verstand es, ihn zu trösten. Es war nur
gut, daß Sie den nicht trafen, sagte er, denn die beiden Hähne, die wir bekommen
Grenzbowi IV 1897 «t
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |