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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr.

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Die Besiedlung des brasilischen Alto-Uruguaygebiets

seien, die einen vortrefflichen Absatz sür ihre Erzeugnisse sowohl auf der
Wasserstraße des Uruguay flußabwärts, wie nach dem gegenüberliegenden
argentinischen Ufer hätten. Man sollte also in Deutschland diese günstige
Gelegenheit benutzen und recht viele Kolonisten hinüberschicken, da sich hier
-- d. h. in dem gesamten Waldgebiet des obern Uruguay -- nicht nnr Raum
für Hunderttausende von Ackerbauern biete, sondern die Ländereien auch zu
den besten im ganzen Staate gehören.

Diese Nachricht ist wichtig genng, um volle Beachtung zu verdienen und
zu eiuer eingehenden Prüfung der in Betracht kommenden Verhältnisse anzu¬
regen, soweit eine solche von hier aus ermöglicht ist. Wir stützen uns dabei
auf die Aussagen urteilsfähiger und zuverlässiger Beobachter von Land und
Leuten, vor allen Max Beschorens, über dessen achtzehnjährige Thätigkeit als
Feldmesser in der Provinz seine wertvollen, von H. Lange veröffentlichten
Aufzeichnungen (Petermanns Mitteilungen, 1889 bis 1890) berichten.

Klima und Vodenbeschaffenheit sind in dem viele Hunderte von Quadrat¬
meilen umfassenden Gebiete der Missionen für die Besiedlung günstiger als
in allen andern Teilen der Provinz. Daß das gelbe Fieber hier wie in ganz
Rio Grande do Sui unbekannt ist, braucht wohl kaum erwähnt zu werden.
Vereinzelte Schneefälle kommen nur auf der Hochfläche, nicht in dem jetzt der
Besiedlung zu erschließenden Waldtaube der Niederungen vor; auch der Reis,
dieser Todfeind der Pflanzungen, ist in den Uferlündereien des Rio Uruguay
und seiner Nebenflüsse eine seltene Erscheinung. Bezeichnend für das ganze
Waldland ist das Urteil Beschorens über das Thal des Gvyo-en, wie der
Uruguay eine Strecke lang in seinein Oberlauf heißt, an der Grenze von
Sta. Catharina. "Was das Thal und das ganze Waldgebiet des Uruguay sein
und werden könnten, davon kann man in Nonohay einen kleinen Begriff be¬
kommen. Hier herrscht nie Mangel, obgleich der Ackerbau immerhin nur in
sehr bescheidnen Maßstabe betrieben wird; hier giebt es alles zu jeder Jahres¬
zeit, und wenn andre Gegenden darben und leiden, in Nonohay herrscht Über¬
fluß. Wie nirgends an einem andern Punkte der Provinz sieht man hier die
tropischen Produkte gedeihen neben denen der gemäßigten Zone, den Kassee¬
baum und das Zuckerrohr neben der Kartoffel und dem Mandioeea, den Taha!
und die Baumwolle neben dem Mais und den Bohnen----Was hier fehlt, sind
nnr Menschen, tüchtige Arbeiter, tüchtige deutsche Kolonisten. Wer sich hier
niederläßt und Lust zur Arbeit mitbringt, wird bald seine Mühe belohnt sehen,
umso mehr, wenn er über Kapital verfügen kann zur Anlage von Branntwein¬
brennereien oder Schneidemühlen oder Farinhamühlen oder zur rationellen
Bewirtschaftung der Kaffeepflanzungen."

Von den Waldbäumen werden der Theebaum fllsx MMFu^önsiZ), der
einen hauptsächlichen Ausfuhrartikel für die ganze Provinz liefert, und der
Pinheiro (^r-iuo^rig. Izi'WilisllslL) hervorgehoben. Uuter den vielen Nutzhölzern
steht der Ipu als "König der Hölzer" obenan. Beschoren sah Balken und


Die Besiedlung des brasilischen Alto-Uruguaygebiets

seien, die einen vortrefflichen Absatz sür ihre Erzeugnisse sowohl auf der
Wasserstraße des Uruguay flußabwärts, wie nach dem gegenüberliegenden
argentinischen Ufer hätten. Man sollte also in Deutschland diese günstige
Gelegenheit benutzen und recht viele Kolonisten hinüberschicken, da sich hier
— d. h. in dem gesamten Waldgebiet des obern Uruguay — nicht nnr Raum
für Hunderttausende von Ackerbauern biete, sondern die Ländereien auch zu
den besten im ganzen Staate gehören.

Diese Nachricht ist wichtig genng, um volle Beachtung zu verdienen und
zu eiuer eingehenden Prüfung der in Betracht kommenden Verhältnisse anzu¬
regen, soweit eine solche von hier aus ermöglicht ist. Wir stützen uns dabei
auf die Aussagen urteilsfähiger und zuverlässiger Beobachter von Land und
Leuten, vor allen Max Beschorens, über dessen achtzehnjährige Thätigkeit als
Feldmesser in der Provinz seine wertvollen, von H. Lange veröffentlichten
Aufzeichnungen (Petermanns Mitteilungen, 1889 bis 1890) berichten.

Klima und Vodenbeschaffenheit sind in dem viele Hunderte von Quadrat¬
meilen umfassenden Gebiete der Missionen für die Besiedlung günstiger als
in allen andern Teilen der Provinz. Daß das gelbe Fieber hier wie in ganz
Rio Grande do Sui unbekannt ist, braucht wohl kaum erwähnt zu werden.
Vereinzelte Schneefälle kommen nur auf der Hochfläche, nicht in dem jetzt der
Besiedlung zu erschließenden Waldtaube der Niederungen vor; auch der Reis,
dieser Todfeind der Pflanzungen, ist in den Uferlündereien des Rio Uruguay
und seiner Nebenflüsse eine seltene Erscheinung. Bezeichnend für das ganze
Waldland ist das Urteil Beschorens über das Thal des Gvyo-en, wie der
Uruguay eine Strecke lang in seinein Oberlauf heißt, an der Grenze von
Sta. Catharina. „Was das Thal und das ganze Waldgebiet des Uruguay sein
und werden könnten, davon kann man in Nonohay einen kleinen Begriff be¬
kommen. Hier herrscht nie Mangel, obgleich der Ackerbau immerhin nur in
sehr bescheidnen Maßstabe betrieben wird; hier giebt es alles zu jeder Jahres¬
zeit, und wenn andre Gegenden darben und leiden, in Nonohay herrscht Über¬
fluß. Wie nirgends an einem andern Punkte der Provinz sieht man hier die
tropischen Produkte gedeihen neben denen der gemäßigten Zone, den Kassee¬
baum und das Zuckerrohr neben der Kartoffel und dem Mandioeea, den Taha!
und die Baumwolle neben dem Mais und den Bohnen----Was hier fehlt, sind
nnr Menschen, tüchtige Arbeiter, tüchtige deutsche Kolonisten. Wer sich hier
niederläßt und Lust zur Arbeit mitbringt, wird bald seine Mühe belohnt sehen,
umso mehr, wenn er über Kapital verfügen kann zur Anlage von Branntwein¬
brennereien oder Schneidemühlen oder Farinhamühlen oder zur rationellen
Bewirtschaftung der Kaffeepflanzungen."

Von den Waldbäumen werden der Theebaum fllsx MMFu^önsiZ), der
einen hauptsächlichen Ausfuhrartikel für die ganze Provinz liefert, und der
Pinheiro (^r-iuo^rig. Izi'WilisllslL) hervorgehoben. Uuter den vielen Nutzhölzern
steht der Ipu als „König der Hölzer" obenan. Beschoren sah Balken und


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[0171] Die Besiedlung des brasilischen Alto-Uruguaygebiets seien, die einen vortrefflichen Absatz sür ihre Erzeugnisse sowohl auf der Wasserstraße des Uruguay flußabwärts, wie nach dem gegenüberliegenden argentinischen Ufer hätten. Man sollte also in Deutschland diese günstige Gelegenheit benutzen und recht viele Kolonisten hinüberschicken, da sich hier — d. h. in dem gesamten Waldgebiet des obern Uruguay — nicht nnr Raum für Hunderttausende von Ackerbauern biete, sondern die Ländereien auch zu den besten im ganzen Staate gehören. Diese Nachricht ist wichtig genng, um volle Beachtung zu verdienen und zu eiuer eingehenden Prüfung der in Betracht kommenden Verhältnisse anzu¬ regen, soweit eine solche von hier aus ermöglicht ist. Wir stützen uns dabei auf die Aussagen urteilsfähiger und zuverlässiger Beobachter von Land und Leuten, vor allen Max Beschorens, über dessen achtzehnjährige Thätigkeit als Feldmesser in der Provinz seine wertvollen, von H. Lange veröffentlichten Aufzeichnungen (Petermanns Mitteilungen, 1889 bis 1890) berichten. Klima und Vodenbeschaffenheit sind in dem viele Hunderte von Quadrat¬ meilen umfassenden Gebiete der Missionen für die Besiedlung günstiger als in allen andern Teilen der Provinz. Daß das gelbe Fieber hier wie in ganz Rio Grande do Sui unbekannt ist, braucht wohl kaum erwähnt zu werden. Vereinzelte Schneefälle kommen nur auf der Hochfläche, nicht in dem jetzt der Besiedlung zu erschließenden Waldtaube der Niederungen vor; auch der Reis, dieser Todfeind der Pflanzungen, ist in den Uferlündereien des Rio Uruguay und seiner Nebenflüsse eine seltene Erscheinung. Bezeichnend für das ganze Waldland ist das Urteil Beschorens über das Thal des Gvyo-en, wie der Uruguay eine Strecke lang in seinein Oberlauf heißt, an der Grenze von Sta. Catharina. „Was das Thal und das ganze Waldgebiet des Uruguay sein und werden könnten, davon kann man in Nonohay einen kleinen Begriff be¬ kommen. Hier herrscht nie Mangel, obgleich der Ackerbau immerhin nur in sehr bescheidnen Maßstabe betrieben wird; hier giebt es alles zu jeder Jahres¬ zeit, und wenn andre Gegenden darben und leiden, in Nonohay herrscht Über¬ fluß. Wie nirgends an einem andern Punkte der Provinz sieht man hier die tropischen Produkte gedeihen neben denen der gemäßigten Zone, den Kassee¬ baum und das Zuckerrohr neben der Kartoffel und dem Mandioeea, den Taha! und die Baumwolle neben dem Mais und den Bohnen----Was hier fehlt, sind nnr Menschen, tüchtige Arbeiter, tüchtige deutsche Kolonisten. Wer sich hier niederläßt und Lust zur Arbeit mitbringt, wird bald seine Mühe belohnt sehen, umso mehr, wenn er über Kapital verfügen kann zur Anlage von Branntwein¬ brennereien oder Schneidemühlen oder Farinhamühlen oder zur rationellen Bewirtschaftung der Kaffeepflanzungen." Von den Waldbäumen werden der Theebaum fllsx MMFu^önsiZ), der einen hauptsächlichen Ausfuhrartikel für die ganze Provinz liefert, und der Pinheiro (^r-iuo^rig. Izi'WilisllslL) hervorgehoben. Uuter den vielen Nutzhölzern steht der Ipu als „König der Hölzer" obenan. Beschoren sah Balken und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_226231/171>, abgerufen am 29.06.2024.