Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Drittes Vierteljahr.Aus unsrer Gstmark den Weg gelegt wären, erklärt. Übrigens kann die Absicht der Kolonisation 0 Die Lage des Deutschtums in den Ostmarken ist, wie die vorstehende Das Beginnen wird, das soll sich niemand verhehlen, reich an Mühen Aus unsrer Gstmark den Weg gelegt wären, erklärt. Übrigens kann die Absicht der Kolonisation 0 Die Lage des Deutschtums in den Ostmarken ist, wie die vorstehende Das Beginnen wird, das soll sich niemand verhehlen, reich an Mühen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0463" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/226049"/> <fw type="header" place="top"> Aus unsrer Gstmark</fw><lb/> <p xml:id="ID_1140" prev="#ID_1139"> den Weg gelegt wären, erklärt. Übrigens kann die Absicht der Kolonisation<lb/> hier im Osten nicht auf die Schaffung von Bauernprovinzen, wie es Hannover<lb/> und Westfalen sind, sondern nur auf die Herstellung der gesunden Mischung<lb/> von Groß-, Mittel- und Kleinbesitz (nicht Zwergbesitz nach polnischem Muster)<lb/> gerichtet sein, wie sie z. B. die Provinz Sachsen aufweist; die Arbeit eines<lb/> Menschenalters wird nötig sein, um auch nur dieses Ziel zu erreichen. Wird<lb/> es erreicht, dann werden die ausschließlich polnischen Arbeiter der zerschlagnen<lb/> Rittergüter teils überflüssig werden, teils den Arbeitermangel und damit die<lb/> Notwendigkeit beseitigen, Polen von jenseits der Grenze zuzulassen, teils in<lb/> der heimischen Industrie beschäftigt werden können, die 1896 im Bezirk der<lb/> Handelskammer des Regierungsbezirks Bromberg, der eine lebensfähige, sich<lb/> schnell entwickelnde Industrie hat, schon 30000 Industriearbeiter beschäftigte.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> 0</head><lb/> <p xml:id="ID_1141"> Die Lage des Deutschtums in den Ostmarken ist, wie die vorstehende<lb/> Darstellung zeigt, zum Teil durch die Schuld der Deutschen sehr bedenklich.<lb/> Was zu geschehen hat, was die Negierung und was die Deutschen zu ihrem<lb/> Teil zu thun haben, um das Gedeihen der hiesigen Deutschen zu fördern und<lb/> damit die Baude zu festigen, die die Ostprovinzen mit dem Körper des deutschen<lb/> Reichs zusammenhalten, habe ich eingehend dargelegt. Man kann die Gefahr<lb/> bestreiten und die von patriotischen Männern oft geäußerten Befürchtungen als<lb/> Hirngespinste verlachen, oder man kann die Gefahr für unüberwindlich erklären<lb/> und den Deutschen der Ostmark raten, sich in ihr Schicksal zu ergeben, der<lb/> Entwicklung der Dinge mit verschränkten Armen zuzusehen und uneinig und<lb/> unthätig wie bisher zu bleiben. Für die einen wie für die andern habe ich<lb/> eine Sisyphusarbeit geleistet. Wer jedoch meine Schilderung der Gefahr als<lb/> richtig ansieht und die Möglichkeit zugiebt, sie zu bannen, der wird auch zu¬<lb/> geben, daß es hohe Zeit ist, die Aufgabe unter Anwendung der angegebnen oder<lb/> sonstiger Mittel in Angriff zu nehmen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1142" next="#ID_1143"> Das Beginnen wird, das soll sich niemand verhehlen, reich an Mühen<lb/> sein, Erfolge werden nur allmählich hervortreten, wer die Führung im Streit<lb/> übernimmt, wird nicht auf viel Dank rechnen dürfen; die Männer, die zuerst<lb/> in die Bresche traten, haben nicht bloß von den Polen, sondern auch aus den<lb/> Reihen der Stammesgenossen Verdächtigungen und Verunglimpfungen in Menge<lb/> erfahren. Stünden wir nicht mitten in einer schweren Agrarkrisis von unge¬<lb/> wöhnlicher Dauer, die Schwierigkeiten der Aufgabe waren geringer, denn, wie<lb/> ein Deutschböhme vor einige« Jahren treffend bemerkt hat, unter Bedingungen,<lb/> wo sich der Slawe noch üppig entwickelt, geht der Deutsche mit seiner Familie<lb/> ein und wird so mit der Zeit verdrängt; das zeigt sich in Böhmen, in Posen<lb/> und überall, wo heute Deutsche im Gemenge mit Slawen leben. Sollte eine</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0463]
Aus unsrer Gstmark
den Weg gelegt wären, erklärt. Übrigens kann die Absicht der Kolonisation
hier im Osten nicht auf die Schaffung von Bauernprovinzen, wie es Hannover
und Westfalen sind, sondern nur auf die Herstellung der gesunden Mischung
von Groß-, Mittel- und Kleinbesitz (nicht Zwergbesitz nach polnischem Muster)
gerichtet sein, wie sie z. B. die Provinz Sachsen aufweist; die Arbeit eines
Menschenalters wird nötig sein, um auch nur dieses Ziel zu erreichen. Wird
es erreicht, dann werden die ausschließlich polnischen Arbeiter der zerschlagnen
Rittergüter teils überflüssig werden, teils den Arbeitermangel und damit die
Notwendigkeit beseitigen, Polen von jenseits der Grenze zuzulassen, teils in
der heimischen Industrie beschäftigt werden können, die 1896 im Bezirk der
Handelskammer des Regierungsbezirks Bromberg, der eine lebensfähige, sich
schnell entwickelnde Industrie hat, schon 30000 Industriearbeiter beschäftigte.
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Die Lage des Deutschtums in den Ostmarken ist, wie die vorstehende
Darstellung zeigt, zum Teil durch die Schuld der Deutschen sehr bedenklich.
Was zu geschehen hat, was die Negierung und was die Deutschen zu ihrem
Teil zu thun haben, um das Gedeihen der hiesigen Deutschen zu fördern und
damit die Baude zu festigen, die die Ostprovinzen mit dem Körper des deutschen
Reichs zusammenhalten, habe ich eingehend dargelegt. Man kann die Gefahr
bestreiten und die von patriotischen Männern oft geäußerten Befürchtungen als
Hirngespinste verlachen, oder man kann die Gefahr für unüberwindlich erklären
und den Deutschen der Ostmark raten, sich in ihr Schicksal zu ergeben, der
Entwicklung der Dinge mit verschränkten Armen zuzusehen und uneinig und
unthätig wie bisher zu bleiben. Für die einen wie für die andern habe ich
eine Sisyphusarbeit geleistet. Wer jedoch meine Schilderung der Gefahr als
richtig ansieht und die Möglichkeit zugiebt, sie zu bannen, der wird auch zu¬
geben, daß es hohe Zeit ist, die Aufgabe unter Anwendung der angegebnen oder
sonstiger Mittel in Angriff zu nehmen.
Das Beginnen wird, das soll sich niemand verhehlen, reich an Mühen
sein, Erfolge werden nur allmählich hervortreten, wer die Führung im Streit
übernimmt, wird nicht auf viel Dank rechnen dürfen; die Männer, die zuerst
in die Bresche traten, haben nicht bloß von den Polen, sondern auch aus den
Reihen der Stammesgenossen Verdächtigungen und Verunglimpfungen in Menge
erfahren. Stünden wir nicht mitten in einer schweren Agrarkrisis von unge¬
wöhnlicher Dauer, die Schwierigkeiten der Aufgabe waren geringer, denn, wie
ein Deutschböhme vor einige« Jahren treffend bemerkt hat, unter Bedingungen,
wo sich der Slawe noch üppig entwickelt, geht der Deutsche mit seiner Familie
ein und wird so mit der Zeit verdrängt; das zeigt sich in Böhmen, in Posen
und überall, wo heute Deutsche im Gemenge mit Slawen leben. Sollte eine
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