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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Drittes Vierteljahr.

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Zur Beförderung und Verabschiedung der Offiziere

licher Vorgesetzter, der der gleichen Behandlung unterworfen war und ihr noch
untersteht, erscheint doch Wohl zuverlässiger. Handelt die Kommission so wie
sie soll, also nach der einzigen Richtschnur der Förderung der Armee und der
kriegerischen Erziehung des wehrfähigen Volkes, so wird sie nur in sehr seltnen
Fällen anders urteilen als die Vorgesetzten, und diese seltnen Fälle werden
sich gegenseitig aufheben. Machen sich aber in der Kommission andre Rück¬
sichten geltend als die rein militärischen, etwa auf die Interessen der Offiziere
als Bürger, Familienväter usw., so würde das wohl für den oder jenen
Offizier angenehm und für den Pensionsfonds günstig sein, aber die Schlag¬
fertigkeit der Armee würde darunter leiden.

Es ist ferner, auch in der erwähnten Stuttgarter Broschüre, die gesetzliche
Feststellung von Altersgrenzen für die verschiednen Chargen befürwortet worden,
und dieser Vorschlag hat etwas bestechendes, denn damit würde für die not¬
wendigen Pensioniruugen eine allgemeine rechtliche Grundlage geschaffen werden.
Die Einrichtung besteht auch in Frankreich und ist aus den schon angeführten
Gründen dort sicher am Platze. In Wirklichkeit besteht sie aber auch in
Deutschland, und das Militärkabinett verführt schon nach diesem Grundsatz,
wenn er auch nicht gesetzlich festgelegt ist. Spielraum für Ausnahmen muß
ein solches Gesetz gewähren, und dafür ist auch in Frankreich gesorgt. Daß
sich in der Praxis der bei uns fest eingewurzelte Gebrauch irgendwie von der
Handhabung eines neuen Gesetzes unterscheiden würde, ist nicht wohl an¬
zunehmen, denn das Entscheidende dabei wird immer sein, unter welchen
Beweggründen die Ausnahmen erfolgen. Bleiben allein die Rücksichten auf die
Kriegstüchtigkeit maßgebend, so wird eine gesetzliche Festlegung der Altersgrenze
nichts ändern; sollten aber andre Interessen, etwa kameradschaftlicher Natur,
Einfluß gewinnen, so würde das bloß auf Kosten der kriegerischen Brauchbarkeit
des Offizierkorps geschehen. Man erwäge wohl, ob nicht die gesetzliche Regelung
zur rein mechanischen Handhabung des Grundsatzes führen und gerade dadurch
verderblichen Einflüssen den Zugang eröffnen würde. In allen solchen Fällen
erscheint doch der entscheidende Anteil des verantwortlichen Vorgesetzten, dem
schon in Friedenszeiten daran liegen muß, ein ebenso erfahrnes als feld¬
dienstfähiges Offizierkorps unter sich zu haben, als das Natürlichste und Beste.

Man mag also die aufgetauchten Änderungsvorschläge betrachten, wie man
will, man kommt schließlich zu dem Ergebnis, daß sie keine Verbesserung be¬
deuten, am allerwenigsten in der Richtung, in der sie wohl eigentlich gemeint
sind: den Notstand pensionirter Offiziere zu beseitigen. Es ist eine Täuschung,
daß dadurch auch uur eine Linderung erreicht werden könnte; wenn mau uicht
die Armee ihrem eigentlichen Zweck entfremden will, so wird man keinen Weg
ausfindig machen, auf dem es möglich wäre, jeden Offizier so lange in seiner
Stellung zu lassen, bis er sich eine ausreichende Pension erdient hat. Eine
Abhilfe ist nur von einer Erhöhung der Pensionen, namentlich der untern


Zur Beförderung und Verabschiedung der Offiziere

licher Vorgesetzter, der der gleichen Behandlung unterworfen war und ihr noch
untersteht, erscheint doch Wohl zuverlässiger. Handelt die Kommission so wie
sie soll, also nach der einzigen Richtschnur der Förderung der Armee und der
kriegerischen Erziehung des wehrfähigen Volkes, so wird sie nur in sehr seltnen
Fällen anders urteilen als die Vorgesetzten, und diese seltnen Fälle werden
sich gegenseitig aufheben. Machen sich aber in der Kommission andre Rück¬
sichten geltend als die rein militärischen, etwa auf die Interessen der Offiziere
als Bürger, Familienväter usw., so würde das wohl für den oder jenen
Offizier angenehm und für den Pensionsfonds günstig sein, aber die Schlag¬
fertigkeit der Armee würde darunter leiden.

Es ist ferner, auch in der erwähnten Stuttgarter Broschüre, die gesetzliche
Feststellung von Altersgrenzen für die verschiednen Chargen befürwortet worden,
und dieser Vorschlag hat etwas bestechendes, denn damit würde für die not¬
wendigen Pensioniruugen eine allgemeine rechtliche Grundlage geschaffen werden.
Die Einrichtung besteht auch in Frankreich und ist aus den schon angeführten
Gründen dort sicher am Platze. In Wirklichkeit besteht sie aber auch in
Deutschland, und das Militärkabinett verführt schon nach diesem Grundsatz,
wenn er auch nicht gesetzlich festgelegt ist. Spielraum für Ausnahmen muß
ein solches Gesetz gewähren, und dafür ist auch in Frankreich gesorgt. Daß
sich in der Praxis der bei uns fest eingewurzelte Gebrauch irgendwie von der
Handhabung eines neuen Gesetzes unterscheiden würde, ist nicht wohl an¬
zunehmen, denn das Entscheidende dabei wird immer sein, unter welchen
Beweggründen die Ausnahmen erfolgen. Bleiben allein die Rücksichten auf die
Kriegstüchtigkeit maßgebend, so wird eine gesetzliche Festlegung der Altersgrenze
nichts ändern; sollten aber andre Interessen, etwa kameradschaftlicher Natur,
Einfluß gewinnen, so würde das bloß auf Kosten der kriegerischen Brauchbarkeit
des Offizierkorps geschehen. Man erwäge wohl, ob nicht die gesetzliche Regelung
zur rein mechanischen Handhabung des Grundsatzes führen und gerade dadurch
verderblichen Einflüssen den Zugang eröffnen würde. In allen solchen Fällen
erscheint doch der entscheidende Anteil des verantwortlichen Vorgesetzten, dem
schon in Friedenszeiten daran liegen muß, ein ebenso erfahrnes als feld¬
dienstfähiges Offizierkorps unter sich zu haben, als das Natürlichste und Beste.

Man mag also die aufgetauchten Änderungsvorschläge betrachten, wie man
will, man kommt schließlich zu dem Ergebnis, daß sie keine Verbesserung be¬
deuten, am allerwenigsten in der Richtung, in der sie wohl eigentlich gemeint
sind: den Notstand pensionirter Offiziere zu beseitigen. Es ist eine Täuschung,
daß dadurch auch uur eine Linderung erreicht werden könnte; wenn mau uicht
die Armee ihrem eigentlichen Zweck entfremden will, so wird man keinen Weg
ausfindig machen, auf dem es möglich wäre, jeden Offizier so lange in seiner
Stellung zu lassen, bis er sich eine ausreichende Pension erdient hat. Eine
Abhilfe ist nur von einer Erhöhung der Pensionen, namentlich der untern


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[0307] Zur Beförderung und Verabschiedung der Offiziere licher Vorgesetzter, der der gleichen Behandlung unterworfen war und ihr noch untersteht, erscheint doch Wohl zuverlässiger. Handelt die Kommission so wie sie soll, also nach der einzigen Richtschnur der Förderung der Armee und der kriegerischen Erziehung des wehrfähigen Volkes, so wird sie nur in sehr seltnen Fällen anders urteilen als die Vorgesetzten, und diese seltnen Fälle werden sich gegenseitig aufheben. Machen sich aber in der Kommission andre Rück¬ sichten geltend als die rein militärischen, etwa auf die Interessen der Offiziere als Bürger, Familienväter usw., so würde das wohl für den oder jenen Offizier angenehm und für den Pensionsfonds günstig sein, aber die Schlag¬ fertigkeit der Armee würde darunter leiden. Es ist ferner, auch in der erwähnten Stuttgarter Broschüre, die gesetzliche Feststellung von Altersgrenzen für die verschiednen Chargen befürwortet worden, und dieser Vorschlag hat etwas bestechendes, denn damit würde für die not¬ wendigen Pensioniruugen eine allgemeine rechtliche Grundlage geschaffen werden. Die Einrichtung besteht auch in Frankreich und ist aus den schon angeführten Gründen dort sicher am Platze. In Wirklichkeit besteht sie aber auch in Deutschland, und das Militärkabinett verführt schon nach diesem Grundsatz, wenn er auch nicht gesetzlich festgelegt ist. Spielraum für Ausnahmen muß ein solches Gesetz gewähren, und dafür ist auch in Frankreich gesorgt. Daß sich in der Praxis der bei uns fest eingewurzelte Gebrauch irgendwie von der Handhabung eines neuen Gesetzes unterscheiden würde, ist nicht wohl an¬ zunehmen, denn das Entscheidende dabei wird immer sein, unter welchen Beweggründen die Ausnahmen erfolgen. Bleiben allein die Rücksichten auf die Kriegstüchtigkeit maßgebend, so wird eine gesetzliche Festlegung der Altersgrenze nichts ändern; sollten aber andre Interessen, etwa kameradschaftlicher Natur, Einfluß gewinnen, so würde das bloß auf Kosten der kriegerischen Brauchbarkeit des Offizierkorps geschehen. Man erwäge wohl, ob nicht die gesetzliche Regelung zur rein mechanischen Handhabung des Grundsatzes führen und gerade dadurch verderblichen Einflüssen den Zugang eröffnen würde. In allen solchen Fällen erscheint doch der entscheidende Anteil des verantwortlichen Vorgesetzten, dem schon in Friedenszeiten daran liegen muß, ein ebenso erfahrnes als feld¬ dienstfähiges Offizierkorps unter sich zu haben, als das Natürlichste und Beste. Man mag also die aufgetauchten Änderungsvorschläge betrachten, wie man will, man kommt schließlich zu dem Ergebnis, daß sie keine Verbesserung be¬ deuten, am allerwenigsten in der Richtung, in der sie wohl eigentlich gemeint sind: den Notstand pensionirter Offiziere zu beseitigen. Es ist eine Täuschung, daß dadurch auch uur eine Linderung erreicht werden könnte; wenn mau uicht die Armee ihrem eigentlichen Zweck entfremden will, so wird man keinen Weg ausfindig machen, auf dem es möglich wäre, jeden Offizier so lange in seiner Stellung zu lassen, bis er sich eine ausreichende Pension erdient hat. Eine Abhilfe ist nur von einer Erhöhung der Pensionen, namentlich der untern

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_225585/307>, abgerufen am 29.12.2024.