Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Drittes Vierteljahr.Dichter und Kritiker Meeren gekleidet. Alles ist fragmentarisch, nichts abgeschlossen. Wie selten Schwarzes Tennis Sie spielten Tennis im Schloßpark allein,Da trat ein fremder Wanderer ein, Sie mußten ihn grüßen und nennen. Wohin er schritt, erstarb das Blühn, Wohin er blickte, verdarb das Grün, Und sie mühten sich ab, ihn zu kennen. Das ist ein ganz modernes Motiv, aber in der Stimmung einer vergangnen Die einzelnen Dichter treten mit einem unglaublichen Selbstvertrauen auf. Grenzboten III 1897
Dichter und Kritiker Meeren gekleidet. Alles ist fragmentarisch, nichts abgeschlossen. Wie selten Schwarzes Tennis Sie spielten Tennis im Schloßpark allein,Da trat ein fremder Wanderer ein, Sie mußten ihn grüßen und nennen. Wohin er schritt, erstarb das Blühn, Wohin er blickte, verdarb das Grün, Und sie mühten sich ab, ihn zu kennen. Das ist ein ganz modernes Motiv, aber in der Stimmung einer vergangnen Die einzelnen Dichter treten mit einem unglaublichen Selbstvertrauen auf. Grenzboten III 1897
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Dichter und Kritiker
Meeren gekleidet. Alles ist fragmentarisch, nichts abgeschlossen. Wie selten
ist darunter ein besondrer Eindruck, wie z. B. in folgenden sechs Zeilen, die
wir hersetzen, um zu zeigen, daß wir besseres, wenn es nur da ist, auch zu
schätzen wissen:
Schwarzes Tennis Sie spielten Tennis im Schloßpark allein,
Da trat ein fremder Wanderer ein,
Sie mußten ihn grüßen und nennen. Wohin er schritt, erstarb das Blühn,
Wohin er blickte, verdarb das Grün,
Und sie mühten sich ab, ihn zu kennen.
Das ist ein ganz modernes Motiv, aber in der Stimmung einer vergangnen
Zeit, und es mutet an, wie ein Stück aus einer alten Romanze. Es ist von
einem Deutschösterreicher, dessen Prosastücke sich ebenfalls durch eine ganz
eigentümliche Anschaulichkeit auszeichnen. Dagegen hätte der Herausgeber dem
Verfasser von „Jennes Ruh, Herrn Rentier Jeune in Schwedt a. O. gewidmet"
klar zu machen suchen müssen, daß ein Rentier, mag er persönlich noch so
schätzenswert sein, doch unter allen Umständen eine ganz nnlyrische Figur ist.
Daß ferner in zahlreichen Gedichten ein andres ganz modernes Etwas für die
Poesie erobert werden soll, dürfte kaum als eine glückliche Gebietserweiterung
anzusehen sein. Klopstock hat zwar den Eislauf verherrlicht, aber das Fahrrad
mit allen dazu gehörigen Bezeichnungen Pneumatic, Rover usw. paßt nicht in
das Reich der Lieder, außer im Scherz. Bischer hat auch schon einmal die
Stimmung des Eisenbahnreisenden, an dessen Blicke die Telegraphenstangen
vorüberfliegen, hübsch in Verse gebracht. Aber bei den Dichtern des Musen¬
almanachs liegt die Sache etwas anders. Sie radeln und sehen alles, was
sie thun, für wichtig an. Das Fahrrad, die Maschine des kleinen Mannes,
der sich kein Reitpferd leisten kann, wächst unter ihnen mindestens zum edeln
Renner, auf dessen Rucke« sie unsterbliche Lieder singen, während auf den
Leser diese Kavalkade ganz unpoetisch wirkt, weil er das rasende Fahrrad und
den jodelnden Mann darauf von seinen Spaziergängen her kennt, wo sie ihm
den Naturgenuß verderben. Also das Rad kann höchstens in dem Sinne ein
Gegenstand der Poesie werden, wie der Tingeltangel und ähnliches — mit
sentimentalen und hochgemutem Ton, wie hier, vorgeführt, wirkt es auf jede
feinere Natur komisch.
Die einzelnen Dichter treten mit einem unglaublichen Selbstvertrauen auf.
„Nicht aus der Fülle der Zeit, aus unsrer Fülle kommt dies neue Geschlecht
und seine gewaltig brausende Dichtung: der Große, die Großen" S. 243,
unterzeichnet Peter Hille. Noch besser S. 154: „Mystik wird wieder Religion
der Zukunft werden. Moderne Propheten der neuen Religion nennen sich in
Dichterkreisen Margarete Halm und Peter Hille." Ein langes Gedicht: Der
Grenzboten III 1897
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