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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Zweites Vierteljahr.

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Lecil Rhodes

lichen Lohn einen ganzen Schilling, der dort so viel Wert hat wie bei uns ein
Zehnpfennigstuck. Will er aber von dieser Erlaubnis keinen Gebrauch machen,
daun bekommt er "ungebrannte Asche" oder ein gerade zur Hand liegendes
Äquivalent zu kosten, bis er erklärt, daß es ihm ungeheure Freude mache, sür
den weißen Mann zu arbeiten. Nicht mit Unrecht hat Chcunberlain in dem
Untersuchungsausschuß gefragt, worin sich diese Behandlung vom Frohndienst
unterscheide.

So weit hatte also das Glück Rhodes begleitet. Nun wandte es ihm
den Rücken. Wie der Appetit mit dem Essen kommt, so reizte ihn der leichte
Erwerb weiter Strecken, noch mehr zu verschlucken. Zwar hatte die Loa von-
striotor LritMniosi, schon genug verschlungen, um ihren Verdauungswerkzeugen
sür längere Zeit Arbeit zu geben; aber sie hätte am liebsten ganz Afrika dnrch
ihren Schlund wandern lassen. Eine kühn entworfne Landkarte zeigte vom
Kap bis nach Alexandria einen breiten roten Streifen: das ganze innere Afrika
wurde also als Hinterland der Kapkolonie angesehen.

Für Deutschland wäre es nun besser gewesen, wenn es unter seinen
Kolouialeuthusiasten auch ein paar Krösusse gehabt hätte, deuen es auf einige
zehn Millionen Mark im Dienste einer großen Sache nicht angekommen wäre.
Aber auch mit beschränkten Mitteln und trotz der Apathie seines zweiten Kanzlers
wurde der englische Plan durchkreuzt, und wenn sich auch England die besten,
für europäische Besiedlung geeignetsten Landschaften angeeignet hat, so ist doch
das deutsche Gebiet auch nicht schlecht, und der weitern englischen Ausbreitung
nach Norden ist ein fester Damm entgegengesetzt.

Rhodes versuchte uun, seine Absicht mit Umgehung von Deutsch-Ostafrika
zu erreichen. Durch Vermittlung Roseberrys kam der famose Kongovertrag
zustande, durch den England einen Streifen des Kongostaats vom Südende
des Tanganjika bis zum Nil erwarb. Als auch dieser tiefsinnige Plan an
dem Widerspruch Deutschlands und Frankreichs scheiterte, mußte sich der
Napoleon von Afrika auf den Süden beschränken, wo ja ebenfalls noch manches
schone Stück Land nicht rot bemalt war. Da waren deutsche und portugiesische
Gebiete und vor allem die beiden Boerenrepnbliken, die sich unbequem vor
Nhodesia legten. Den beiden Europäern wurde das Leben so sauer wie möglich
gemacht. Durch eine Verhandlung vor dem Queen's Beuch Gerichtshofe in
London ist kürzlich offen zu Tage gekommen, daß Rhodes dem Häuptling
Gungunhana im portugiesischen Gebiete ein Geschenk von "süßen Weinen"
übersandte. Die Sendung bestand aus tausend Gewehren und zwanzigtausend
Patronen, wie die Portugiesen gar bald zu ihrem Schaden erfuhren. "Süße
Weine" haben auch bei den Hottentottenunrnhen in Südwestafrika eine Rolle
gespielt.

Wie Portugal sonst mitgespielt wurde, ist von geringem Interesse, wenn
man es mit dem großen Komplott gegen die Transvaalrepublik vergleicht.


Lecil Rhodes

lichen Lohn einen ganzen Schilling, der dort so viel Wert hat wie bei uns ein
Zehnpfennigstuck. Will er aber von dieser Erlaubnis keinen Gebrauch machen,
daun bekommt er „ungebrannte Asche" oder ein gerade zur Hand liegendes
Äquivalent zu kosten, bis er erklärt, daß es ihm ungeheure Freude mache, sür
den weißen Mann zu arbeiten. Nicht mit Unrecht hat Chcunberlain in dem
Untersuchungsausschuß gefragt, worin sich diese Behandlung vom Frohndienst
unterscheide.

So weit hatte also das Glück Rhodes begleitet. Nun wandte es ihm
den Rücken. Wie der Appetit mit dem Essen kommt, so reizte ihn der leichte
Erwerb weiter Strecken, noch mehr zu verschlucken. Zwar hatte die Loa von-
striotor LritMniosi, schon genug verschlungen, um ihren Verdauungswerkzeugen
sür längere Zeit Arbeit zu geben; aber sie hätte am liebsten ganz Afrika dnrch
ihren Schlund wandern lassen. Eine kühn entworfne Landkarte zeigte vom
Kap bis nach Alexandria einen breiten roten Streifen: das ganze innere Afrika
wurde also als Hinterland der Kapkolonie angesehen.

Für Deutschland wäre es nun besser gewesen, wenn es unter seinen
Kolouialeuthusiasten auch ein paar Krösusse gehabt hätte, deuen es auf einige
zehn Millionen Mark im Dienste einer großen Sache nicht angekommen wäre.
Aber auch mit beschränkten Mitteln und trotz der Apathie seines zweiten Kanzlers
wurde der englische Plan durchkreuzt, und wenn sich auch England die besten,
für europäische Besiedlung geeignetsten Landschaften angeeignet hat, so ist doch
das deutsche Gebiet auch nicht schlecht, und der weitern englischen Ausbreitung
nach Norden ist ein fester Damm entgegengesetzt.

Rhodes versuchte uun, seine Absicht mit Umgehung von Deutsch-Ostafrika
zu erreichen. Durch Vermittlung Roseberrys kam der famose Kongovertrag
zustande, durch den England einen Streifen des Kongostaats vom Südende
des Tanganjika bis zum Nil erwarb. Als auch dieser tiefsinnige Plan an
dem Widerspruch Deutschlands und Frankreichs scheiterte, mußte sich der
Napoleon von Afrika auf den Süden beschränken, wo ja ebenfalls noch manches
schone Stück Land nicht rot bemalt war. Da waren deutsche und portugiesische
Gebiete und vor allem die beiden Boerenrepnbliken, die sich unbequem vor
Nhodesia legten. Den beiden Europäern wurde das Leben so sauer wie möglich
gemacht. Durch eine Verhandlung vor dem Queen's Beuch Gerichtshofe in
London ist kürzlich offen zu Tage gekommen, daß Rhodes dem Häuptling
Gungunhana im portugiesischen Gebiete ein Geschenk von „süßen Weinen"
übersandte. Die Sendung bestand aus tausend Gewehren und zwanzigtausend
Patronen, wie die Portugiesen gar bald zu ihrem Schaden erfuhren. „Süße
Weine" haben auch bei den Hottentottenunrnhen in Südwestafrika eine Rolle
gespielt.

Wie Portugal sonst mitgespielt wurde, ist von geringem Interesse, wenn
man es mit dem großen Komplott gegen die Transvaalrepublik vergleicht.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224927/175>, abgerufen am 23.07.2024.