Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr.j)ein in Dresden und München "gelbe Kröte" als Titel seiner nicht einmal witzigen Schnurre nicht wenig zu Leider ist es aber bei Polyp, Kntnrrh und dem schönen österreichischen juridisch
D. R> ^eins ,j uriäiLus) dieselbe Sache. j)ein in Dresden und München „gelbe Kröte" als Titel seiner nicht einmal witzigen Schnurre nicht wenig zu Leider ist es aber bei Polyp, Kntnrrh und dem schönen österreichischen juridisch
D. R> ^eins ,j uriäiLus) dieselbe Sache. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0466" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/224712"/> <fw type="header" place="top"> j)ein in Dresden und München</fw><lb/> <p xml:id="ID_1365" prev="#ID_1364" next="#ID_1366"> „gelbe Kröte" als Titel seiner nicht einmal witzigen Schnurre nicht wenig zu<lb/> gute thut. Das Muster zu solchen Scherzen geben die französischen „Analytiker"<lb/> mit ihrem äsclouvIsMönt; sie behaupten wenigstens, daß durch ihre Seiltänzer¬<lb/> künste die Sprache an Fähigkeit, sich auszudrücken, gewinne. Unser deutscher<lb/> Jüngling, der seine gelbe Kröte unter anderm „ein riesiges, giftiges Amphib"<lb/> nennt, weiß noch nicht einmal, und die Redaktion, wie es scheint, ebenso wenig,<lb/> daß, was er abgeworfen hat, keine gleichgiltige Endung, sondern ein für die<lb/> Bedeutung wichtiger stammten, und daß sein „Amphib" genau so viel wert ist,<lb/> wie wenn er statt des Vierfüßlers sagen wollte der Vierf.*) Müßte also nach<lb/> Tertia zurück! Wieder ein andres Kunstwerk nennt sich „Ballade," ist aber nach<lb/> alter Terminologie ein Stück aus eiuer Erzählung in erster Person von sehr<lb/> dürftigem Inhalt (jemand hat eine Geliebte, weiß aber nicht, ob es zur Heirat<lb/> kommen wird, weil beide arm sind, und beobachtet einstweilen die Wirkung<lb/> dieses unsichern Zustandes auf sein interessantes Ich), und, um dafür in den<lb/> Worten einen Ersatz zu schaffen, wird jeder satzten, z.B. ein Nebensatz, zu<lb/> einem Satze sür sich, und jeder Satz wird als Absatz für sich gedruckt. Und<lb/> damit man erkenne, wieviel diese Wortgebilde wert seien, stehn dazwischen<lb/> reichliche....., die nnn allerdings gar nichts wert sind, weil sie jeder An-<lb/> alphabete machen kann. Diese „Ballade" enthält außer der Betrachtung des<lb/> Ichs noch einen großen Vorrat an Sinn- und stimmungsloser Beschreibung,<lb/> wie sie die französischen Impressionisten gepflegt haben, und andre exotische<lb/> Feinheiten. Z. B. auf dem Bahnsteig, als der Zug einfährt, im Menschen¬<lb/> gedränge (jedenfalls also vor der Zeit der Perrvnsperre oder ohne Rücksicht<lb/> auf solche niedere Dinge) erwartet der Erzähler seine Geliebte; er kann sie<lb/> noch nicht sehen, aber „er roch den Duft, den sie ausströmte," heißt es wörtlich<lb/> Seite 114. Pfui! wird da ein anständiger deutscher Leser denken. Aber der<lb/> Ärmste weiß nicht, daß nach der höhern Einsicht der „Symbolisten" Riechen<lb/> besser ist als Sehen, und Ahnen besser als Wissen, und daß, wenn man erst<lb/> einen Gegenstand hat und kennt und mit seinem einfachen richtigen Namen<lb/> nennt, das ganze Vergnügen zu Ende ist, woran sich in Frankreich seit den<lb/> achtziger Jahren eine Anzahl von Journalisten erlustigt. Und die weniger<lb/> graziösen deutschen Jünglinge ahmen ihnen unbeholfen nach und meinen, wenn sie<lb/> solch unreifes Zeug zusammenschreiben, sie wären Schriftsteller. Warum sollten<lb/> sich aber auch uicht, wenn mans ihnen abnimmt und ans Kartonpapier drückt,<lb/> und es dann in einer Zeitschrift für die feinsten und vornehmsten Kreise zu<lb/> lesen steht? Wir haben keine Lust, noch mehr davon hervorzuholen, denn<lb/> es würde für den Gesamteindruck nichts ändern, wenn wir z. B. ein unsagbar<lb/> langweiliges Bruchstück einer Novelle von Max Halbe (Neue Ziele ans Hans</p><lb/> <note xml:id="FID_41" place="foot"> Leider ist es aber bei Polyp, Kntnrrh und dem schönen österreichischen juridisch<lb/><note type="byline"> D. R></note> ^eins ,j uriäiLus) dieselbe Sache. </note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0466]
j)ein in Dresden und München
„gelbe Kröte" als Titel seiner nicht einmal witzigen Schnurre nicht wenig zu
gute thut. Das Muster zu solchen Scherzen geben die französischen „Analytiker"
mit ihrem äsclouvIsMönt; sie behaupten wenigstens, daß durch ihre Seiltänzer¬
künste die Sprache an Fähigkeit, sich auszudrücken, gewinne. Unser deutscher
Jüngling, der seine gelbe Kröte unter anderm „ein riesiges, giftiges Amphib"
nennt, weiß noch nicht einmal, und die Redaktion, wie es scheint, ebenso wenig,
daß, was er abgeworfen hat, keine gleichgiltige Endung, sondern ein für die
Bedeutung wichtiger stammten, und daß sein „Amphib" genau so viel wert ist,
wie wenn er statt des Vierfüßlers sagen wollte der Vierf.*) Müßte also nach
Tertia zurück! Wieder ein andres Kunstwerk nennt sich „Ballade," ist aber nach
alter Terminologie ein Stück aus eiuer Erzählung in erster Person von sehr
dürftigem Inhalt (jemand hat eine Geliebte, weiß aber nicht, ob es zur Heirat
kommen wird, weil beide arm sind, und beobachtet einstweilen die Wirkung
dieses unsichern Zustandes auf sein interessantes Ich), und, um dafür in den
Worten einen Ersatz zu schaffen, wird jeder satzten, z.B. ein Nebensatz, zu
einem Satze sür sich, und jeder Satz wird als Absatz für sich gedruckt. Und
damit man erkenne, wieviel diese Wortgebilde wert seien, stehn dazwischen
reichliche....., die nnn allerdings gar nichts wert sind, weil sie jeder An-
alphabete machen kann. Diese „Ballade" enthält außer der Betrachtung des
Ichs noch einen großen Vorrat an Sinn- und stimmungsloser Beschreibung,
wie sie die französischen Impressionisten gepflegt haben, und andre exotische
Feinheiten. Z. B. auf dem Bahnsteig, als der Zug einfährt, im Menschen¬
gedränge (jedenfalls also vor der Zeit der Perrvnsperre oder ohne Rücksicht
auf solche niedere Dinge) erwartet der Erzähler seine Geliebte; er kann sie
noch nicht sehen, aber „er roch den Duft, den sie ausströmte," heißt es wörtlich
Seite 114. Pfui! wird da ein anständiger deutscher Leser denken. Aber der
Ärmste weiß nicht, daß nach der höhern Einsicht der „Symbolisten" Riechen
besser ist als Sehen, und Ahnen besser als Wissen, und daß, wenn man erst
einen Gegenstand hat und kennt und mit seinem einfachen richtigen Namen
nennt, das ganze Vergnügen zu Ende ist, woran sich in Frankreich seit den
achtziger Jahren eine Anzahl von Journalisten erlustigt. Und die weniger
graziösen deutschen Jünglinge ahmen ihnen unbeholfen nach und meinen, wenn sie
solch unreifes Zeug zusammenschreiben, sie wären Schriftsteller. Warum sollten
sich aber auch uicht, wenn mans ihnen abnimmt und ans Kartonpapier drückt,
und es dann in einer Zeitschrift für die feinsten und vornehmsten Kreise zu
lesen steht? Wir haben keine Lust, noch mehr davon hervorzuholen, denn
es würde für den Gesamteindruck nichts ändern, wenn wir z. B. ein unsagbar
langweiliges Bruchstück einer Novelle von Max Halbe (Neue Ziele ans Hans
Leider ist es aber bei Polyp, Kntnrrh und dem schönen österreichischen juridisch
D. R> ^eins ,j uriäiLus) dieselbe Sache.
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