Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Verkehrsmittel in Deutsch-Vstafrika

vom Lande gebotne Vieh berücksichtigen wollte. Massaiesel sind billig und
von hervorragender Beschaffenheit. Sie kommen auch schon bei Karawanen
nach den Massailcindern immer mehr in Aufnahme. Daß sie lange Zeit un¬
beachtet geblieben sind, lag wohl an der noch bor wenigen Jahren grassirenden
Furcht vor den Massai. Das Massailand bietet und benutzt aber auch schon
ausgiebig ein andres Lasttier, den Ochsen. Auch der Reichtum der Wahehe
an Vieh ist nicht zu unterschätzen und verdient Berücksichtigung. Als Vorzug
bei der Verwendung von Ochsen und Eseln zum Transport fallen ins Gewicht:
Billigkeit, Ausbildungsfähigkeit der Tiere zum Karawanendienst, ferner der
Umstand, daß Menschen zum Nutzen der Plantagenwirtschaft gespart werden
und die Viehzucht einen bedeutenden Aufschwung nehmen wird. Natürlich
würde sich die Beschaffenheit der Tiere noch bedeutend durch rationelle Zucht
verbessern lassen, wie das ja schon jetzt nebenbei die "Kilimandscharo-Straußen-
zuchtgesellschaft" mit der Züchtung eines kräftigen Zugtieres (Kreuzung zwischen
Zebra, Halbesel und Pferd) versucht. Daß bisher verhältnismäßig wenig Ver¬
suche gemacht worden sind, die Träger durch bessere Transportmittel zu er¬
setzen, liegt wohl daran, daß die Expeditionen keine Versuche machen konnten,
und vor allem anch daran, daß sie wegen der allgemein herrschenden Unsicher¬
heit der Straße die Träger bevorzugen mußten. Die Versuche aber, die un¬
günstig verlaufen sind, haben keinen stichhaltigen Beweis gegen die Verwend¬
barkeit von Lasttieren liefern können. Meist hat wohl unrichtige Behandlung
der Lasttiere deu Mißerfolg herbeigeführt. Allerdings bezeichnete auch Premier¬
leutnant v. Hehdebreck in einem Vortrag (Kölnische Zeitung 1896, Ur. 177)
über deu Untergang der Expedition Zelewskis den Versuch, Esel als Lasttiere
zu benutzen, für mißlungen, da die Tiere, die die Gcschützteile trugen, die
Kolonnen verlängerten und den Marsch erschwerten und dann, als es zu dem
Überfall kam, durch das Feuer geängstigt entflohen. Das ist aber doch kein
Beweis gegen ihre Verwendbarkeit im Handelsverkehr.

Was die Verwendung von Zugtieren anlangt, so hat man nach dem
Muster südafrikanischer Verkehrsmittel den Ochsenkarren in Vorschlag gebracht,
ohne zu bedenken, daß die Vegetationsformen in Südafrika und Deutsch-Ostafrika
gänzlich verschieden sind. In unsern Kolonien herrscht die Buschsteppe vor,
in der für die Ochsenkarren erst breite Wege geschaffen werden müßten, was
sehr schwierig ist. Zudem scheint das Vieh unsrer Kolonie zu Zugzwecken
nach dem Urteil von Fachleuten wenig geeignet, und die Kosten des Transports
mit Ochsenwagen würden sich mindestens ebenso hoch stellen wie die mit Trägern.
Der einzige Vorteil wäre auch hier die Ersparnis an Menschenkraft.

Vorschlagen ließen sich noch schmalspurige zweirüdrige Karren mit Esel-
bespauuung, wie sie in Ägypten gnug und gäbe sind. Beim Bau der Karren,
die zwei bis drei Lasten fassen könnten, ließe sich der Zustand deutschostafrika-
uischer Wege wohl berücksichtigen. Als Reittiere sind schon seit langer Zeit


Die Verkehrsmittel in Deutsch-Vstafrika

vom Lande gebotne Vieh berücksichtigen wollte. Massaiesel sind billig und
von hervorragender Beschaffenheit. Sie kommen auch schon bei Karawanen
nach den Massailcindern immer mehr in Aufnahme. Daß sie lange Zeit un¬
beachtet geblieben sind, lag wohl an der noch bor wenigen Jahren grassirenden
Furcht vor den Massai. Das Massailand bietet und benutzt aber auch schon
ausgiebig ein andres Lasttier, den Ochsen. Auch der Reichtum der Wahehe
an Vieh ist nicht zu unterschätzen und verdient Berücksichtigung. Als Vorzug
bei der Verwendung von Ochsen und Eseln zum Transport fallen ins Gewicht:
Billigkeit, Ausbildungsfähigkeit der Tiere zum Karawanendienst, ferner der
Umstand, daß Menschen zum Nutzen der Plantagenwirtschaft gespart werden
und die Viehzucht einen bedeutenden Aufschwung nehmen wird. Natürlich
würde sich die Beschaffenheit der Tiere noch bedeutend durch rationelle Zucht
verbessern lassen, wie das ja schon jetzt nebenbei die „Kilimandscharo-Straußen-
zuchtgesellschaft" mit der Züchtung eines kräftigen Zugtieres (Kreuzung zwischen
Zebra, Halbesel und Pferd) versucht. Daß bisher verhältnismäßig wenig Ver¬
suche gemacht worden sind, die Träger durch bessere Transportmittel zu er¬
setzen, liegt wohl daran, daß die Expeditionen keine Versuche machen konnten,
und vor allem anch daran, daß sie wegen der allgemein herrschenden Unsicher¬
heit der Straße die Träger bevorzugen mußten. Die Versuche aber, die un¬
günstig verlaufen sind, haben keinen stichhaltigen Beweis gegen die Verwend¬
barkeit von Lasttieren liefern können. Meist hat wohl unrichtige Behandlung
der Lasttiere deu Mißerfolg herbeigeführt. Allerdings bezeichnete auch Premier¬
leutnant v. Hehdebreck in einem Vortrag (Kölnische Zeitung 1896, Ur. 177)
über deu Untergang der Expedition Zelewskis den Versuch, Esel als Lasttiere
zu benutzen, für mißlungen, da die Tiere, die die Gcschützteile trugen, die
Kolonnen verlängerten und den Marsch erschwerten und dann, als es zu dem
Überfall kam, durch das Feuer geängstigt entflohen. Das ist aber doch kein
Beweis gegen ihre Verwendbarkeit im Handelsverkehr.

Was die Verwendung von Zugtieren anlangt, so hat man nach dem
Muster südafrikanischer Verkehrsmittel den Ochsenkarren in Vorschlag gebracht,
ohne zu bedenken, daß die Vegetationsformen in Südafrika und Deutsch-Ostafrika
gänzlich verschieden sind. In unsern Kolonien herrscht die Buschsteppe vor,
in der für die Ochsenkarren erst breite Wege geschaffen werden müßten, was
sehr schwierig ist. Zudem scheint das Vieh unsrer Kolonie zu Zugzwecken
nach dem Urteil von Fachleuten wenig geeignet, und die Kosten des Transports
mit Ochsenwagen würden sich mindestens ebenso hoch stellen wie die mit Trägern.
Der einzige Vorteil wäre auch hier die Ersparnis an Menschenkraft.

Vorschlagen ließen sich noch schmalspurige zweirüdrige Karren mit Esel-
bespauuung, wie sie in Ägypten gnug und gäbe sind. Beim Bau der Karren,
die zwei bis drei Lasten fassen könnten, ließe sich der Zustand deutschostafrika-
uischer Wege wohl berücksichtigen. Als Reittiere sind schon seit langer Zeit


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0171" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/224417"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Verkehrsmittel in Deutsch-Vstafrika</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_470" prev="#ID_469"> vom Lande gebotne Vieh berücksichtigen wollte. Massaiesel sind billig und<lb/>
von hervorragender Beschaffenheit. Sie kommen auch schon bei Karawanen<lb/>
nach den Massailcindern immer mehr in Aufnahme. Daß sie lange Zeit un¬<lb/>
beachtet geblieben sind, lag wohl an der noch bor wenigen Jahren grassirenden<lb/>
Furcht vor den Massai. Das Massailand bietet und benutzt aber auch schon<lb/>
ausgiebig ein andres Lasttier, den Ochsen. Auch der Reichtum der Wahehe<lb/>
an Vieh ist nicht zu unterschätzen und verdient Berücksichtigung. Als Vorzug<lb/>
bei der Verwendung von Ochsen und Eseln zum Transport fallen ins Gewicht:<lb/>
Billigkeit, Ausbildungsfähigkeit der Tiere zum Karawanendienst, ferner der<lb/>
Umstand, daß Menschen zum Nutzen der Plantagenwirtschaft gespart werden<lb/>
und die Viehzucht einen bedeutenden Aufschwung nehmen wird. Natürlich<lb/>
würde sich die Beschaffenheit der Tiere noch bedeutend durch rationelle Zucht<lb/>
verbessern lassen, wie das ja schon jetzt nebenbei die &#x201E;Kilimandscharo-Straußen-<lb/>
zuchtgesellschaft" mit der Züchtung eines kräftigen Zugtieres (Kreuzung zwischen<lb/>
Zebra, Halbesel und Pferd) versucht. Daß bisher verhältnismäßig wenig Ver¬<lb/>
suche gemacht worden sind, die Träger durch bessere Transportmittel zu er¬<lb/>
setzen, liegt wohl daran, daß die Expeditionen keine Versuche machen konnten,<lb/>
und vor allem anch daran, daß sie wegen der allgemein herrschenden Unsicher¬<lb/>
heit der Straße die Träger bevorzugen mußten. Die Versuche aber, die un¬<lb/>
günstig verlaufen sind, haben keinen stichhaltigen Beweis gegen die Verwend¬<lb/>
barkeit von Lasttieren liefern können. Meist hat wohl unrichtige Behandlung<lb/>
der Lasttiere deu Mißerfolg herbeigeführt. Allerdings bezeichnete auch Premier¬<lb/>
leutnant v. Hehdebreck in einem Vortrag (Kölnische Zeitung 1896, Ur. 177)<lb/>
über deu Untergang der Expedition Zelewskis den Versuch, Esel als Lasttiere<lb/>
zu benutzen, für mißlungen, da die Tiere, die die Gcschützteile trugen, die<lb/>
Kolonnen verlängerten und den Marsch erschwerten und dann, als es zu dem<lb/>
Überfall kam, durch das Feuer geängstigt entflohen. Das ist aber doch kein<lb/>
Beweis gegen ihre Verwendbarkeit im Handelsverkehr.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_471"> Was die Verwendung von Zugtieren anlangt, so hat man nach dem<lb/>
Muster südafrikanischer Verkehrsmittel den Ochsenkarren in Vorschlag gebracht,<lb/>
ohne zu bedenken, daß die Vegetationsformen in Südafrika und Deutsch-Ostafrika<lb/>
gänzlich verschieden sind. In unsern Kolonien herrscht die Buschsteppe vor,<lb/>
in der für die Ochsenkarren erst breite Wege geschaffen werden müßten, was<lb/>
sehr schwierig ist. Zudem scheint das Vieh unsrer Kolonie zu Zugzwecken<lb/>
nach dem Urteil von Fachleuten wenig geeignet, und die Kosten des Transports<lb/>
mit Ochsenwagen würden sich mindestens ebenso hoch stellen wie die mit Trägern.<lb/>
Der einzige Vorteil wäre auch hier die Ersparnis an Menschenkraft.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_472" next="#ID_473"> Vorschlagen ließen sich noch schmalspurige zweirüdrige Karren mit Esel-<lb/>
bespauuung, wie sie in Ägypten gnug und gäbe sind. Beim Bau der Karren,<lb/>
die zwei bis drei Lasten fassen könnten, ließe sich der Zustand deutschostafrika-<lb/>
uischer Wege wohl berücksichtigen.  Als Reittiere sind schon seit langer Zeit</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0171] Die Verkehrsmittel in Deutsch-Vstafrika vom Lande gebotne Vieh berücksichtigen wollte. Massaiesel sind billig und von hervorragender Beschaffenheit. Sie kommen auch schon bei Karawanen nach den Massailcindern immer mehr in Aufnahme. Daß sie lange Zeit un¬ beachtet geblieben sind, lag wohl an der noch bor wenigen Jahren grassirenden Furcht vor den Massai. Das Massailand bietet und benutzt aber auch schon ausgiebig ein andres Lasttier, den Ochsen. Auch der Reichtum der Wahehe an Vieh ist nicht zu unterschätzen und verdient Berücksichtigung. Als Vorzug bei der Verwendung von Ochsen und Eseln zum Transport fallen ins Gewicht: Billigkeit, Ausbildungsfähigkeit der Tiere zum Karawanendienst, ferner der Umstand, daß Menschen zum Nutzen der Plantagenwirtschaft gespart werden und die Viehzucht einen bedeutenden Aufschwung nehmen wird. Natürlich würde sich die Beschaffenheit der Tiere noch bedeutend durch rationelle Zucht verbessern lassen, wie das ja schon jetzt nebenbei die „Kilimandscharo-Straußen- zuchtgesellschaft" mit der Züchtung eines kräftigen Zugtieres (Kreuzung zwischen Zebra, Halbesel und Pferd) versucht. Daß bisher verhältnismäßig wenig Ver¬ suche gemacht worden sind, die Träger durch bessere Transportmittel zu er¬ setzen, liegt wohl daran, daß die Expeditionen keine Versuche machen konnten, und vor allem anch daran, daß sie wegen der allgemein herrschenden Unsicher¬ heit der Straße die Träger bevorzugen mußten. Die Versuche aber, die un¬ günstig verlaufen sind, haben keinen stichhaltigen Beweis gegen die Verwend¬ barkeit von Lasttieren liefern können. Meist hat wohl unrichtige Behandlung der Lasttiere deu Mißerfolg herbeigeführt. Allerdings bezeichnete auch Premier¬ leutnant v. Hehdebreck in einem Vortrag (Kölnische Zeitung 1896, Ur. 177) über deu Untergang der Expedition Zelewskis den Versuch, Esel als Lasttiere zu benutzen, für mißlungen, da die Tiere, die die Gcschützteile trugen, die Kolonnen verlängerten und den Marsch erschwerten und dann, als es zu dem Überfall kam, durch das Feuer geängstigt entflohen. Das ist aber doch kein Beweis gegen ihre Verwendbarkeit im Handelsverkehr. Was die Verwendung von Zugtieren anlangt, so hat man nach dem Muster südafrikanischer Verkehrsmittel den Ochsenkarren in Vorschlag gebracht, ohne zu bedenken, daß die Vegetationsformen in Südafrika und Deutsch-Ostafrika gänzlich verschieden sind. In unsern Kolonien herrscht die Buschsteppe vor, in der für die Ochsenkarren erst breite Wege geschaffen werden müßten, was sehr schwierig ist. Zudem scheint das Vieh unsrer Kolonie zu Zugzwecken nach dem Urteil von Fachleuten wenig geeignet, und die Kosten des Transports mit Ochsenwagen würden sich mindestens ebenso hoch stellen wie die mit Trägern. Der einzige Vorteil wäre auch hier die Ersparnis an Menschenkraft. Vorschlagen ließen sich noch schmalspurige zweirüdrige Karren mit Esel- bespauuung, wie sie in Ägypten gnug und gäbe sind. Beim Bau der Karren, die zwei bis drei Lasten fassen könnten, ließe sich der Zustand deutschostafrika- uischer Wege wohl berücksichtigen. Als Reittiere sind schon seit langer Zeit

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224245
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224245/171
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224245/171>, abgerufen am 19.10.2024.