Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.Die Ernennung der Mitglieder des Reichsgerichts verursacht,*) eine Vertretung in Anspruch nehmen, auch wenn es nicht in der Über eine überraschende Ernennung aus jüngster Zeit will ich mich bei Fragt man nun, weshalb an dem Vorschlagsrecht der einzelnen Landes¬ *) Die mir als Vorsitzenden des dritten Zivilsenats seinerzeit zu Händen gekommenen Urteile des preußischen Oberlandeskulturgerichts waren so sorgfältig begründet, das; dadurch die rechtliche Beurteilung für die Revisionsinstnnz wesentlich erleichtert war. Immerhin war die Bearbeitung dieser Sachen sür einen damit nicht vertrauten Referenten bei dem meistens sehr umfassenden Aktemnnterial recht zeitraubend und unbequem. Und nur daraus würde ich es mir erklären können, wenn etwa beim Abgang des Reichsgcrichtsrats Rintelen in dem mit der großem >^ahi dieser Sachen befaßten fünften Zivilsenat der Wunsch laut geworden wäre, wieder ein Mitglied zu erlangen, das Gelegenheit gehabt hätte, sich mit diesen Sachen vertraut zu machen. Db dies aber geschehen ist und ob infolge eines solchen Wunsches der Präsident etwa zu einem entsprechenden Antrag Veranlassung genommen hat, weiß ich nicht. ^) Unter Landesrecht verstehe ich hier natürlich das sich zu dem in den verschiednen Lnndes-
leilen geltenden gemeinen Recht, dem allgemeinen preußischen Landrecht "ut dein französischen Recht als Pnrtikulnrrecht verhaltende Recht der Einzelstaaten. Die Ernennung der Mitglieder des Reichsgerichts verursacht,*) eine Vertretung in Anspruch nehmen, auch wenn es nicht in der Über eine überraschende Ernennung aus jüngster Zeit will ich mich bei Fragt man nun, weshalb an dem Vorschlagsrecht der einzelnen Landes¬ *) Die mir als Vorsitzenden des dritten Zivilsenats seinerzeit zu Händen gekommenen Urteile des preußischen Oberlandeskulturgerichts waren so sorgfältig begründet, das; dadurch die rechtliche Beurteilung für die Revisionsinstnnz wesentlich erleichtert war. Immerhin war die Bearbeitung dieser Sachen sür einen damit nicht vertrauten Referenten bei dem meistens sehr umfassenden Aktemnnterial recht zeitraubend und unbequem. Und nur daraus würde ich es mir erklären können, wenn etwa beim Abgang des Reichsgcrichtsrats Rintelen in dem mit der großem >^ahi dieser Sachen befaßten fünften Zivilsenat der Wunsch laut geworden wäre, wieder ein Mitglied zu erlangen, das Gelegenheit gehabt hätte, sich mit diesen Sachen vertraut zu machen. Db dies aber geschehen ist und ob infolge eines solchen Wunsches der Präsident etwa zu einem entsprechenden Antrag Veranlassung genommen hat, weiß ich nicht. ^) Unter Landesrecht verstehe ich hier natürlich das sich zu dem in den verschiednen Lnndes-
leilen geltenden gemeinen Recht, dem allgemeinen preußischen Landrecht »ut dein französischen Recht als Pnrtikulnrrecht verhaltende Recht der Einzelstaaten. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0501" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/224085"/> <fw type="header" place="top"> Die Ernennung der Mitglieder des Reichsgerichts</fw><lb/> <p xml:id="ID_1485" prev="#ID_1484"> verursacht,*) eine Vertretung in Anspruch nehmen, auch wenn es nicht in der<lb/> Lage ist, dafür einen Beamten vorzuschlagen, der in Dienstverhältnissen ge¬<lb/> standen hat, die eine ausreichende Bürgschaft dafür biete», daß er nicht bloß<lb/> als Spezialist, sondern überhaupt in dem höchsten deutschen Gerichtshof seinen<lb/> Platz ganz auszufüllen vermag? Und doch möchte ich in diesem Falle nicht<lb/> vorschnell ein absprechendes Urteil fällen. Denn was ich aus guter Quelle<lb/> erfahren habe, läßt darauf schließen, daß die getroffne Wahl für das Reichs¬<lb/> gericht gewinnbringender sein werde, als die eines andern, der eine ausreichende<lb/> Anciennität im höhern Justizdicnste auszuweisen hat. Und da ich die Ansicht<lb/> vertreten möchte, daß weder auf Aneicnnitüt noch auf die bisherigen Dienst¬<lb/> verhältnisse gesehen werden dürfe, wenn es sich um Gewinnung einer Kraft<lb/> handelt, die zu großen Erwartungen berechtigt, so wäre ich gewiß der letzte,<lb/> den es nicht aufrichtig erfreuen würde, zu erfahren, daß sich dieser Grundsatz<lb/> "n gegebnen Falle glänzend bewährt habe. Aber zunächst bleibt es doch eine<lb/> auffallende Erscheinung, daß, während man für den preußischen Richter eine<lb/> gewisse Anciennität im höhern Justizdienst zur Beförderung ins Reichsgericht<lb/> für nötig hält, hier, ohne alle Rücksicht auf amtliche Anciennität, ein Ver¬<lb/> waltungsbeamter, der in der Justiz nur als Amtsrichter thätig gewesen ist,<lb/> für das Reichsgericht vorgeschlagen worden ist, eine Erscheinung, die zu der<lb/> beunruhigenden Frage zurückführt, ob nicht doch ein untergeordnetes Sonder¬<lb/> interesse sür die getroffne Wahl ausschlaggebend gewesen sei.</p><lb/> <p xml:id="ID_1486"> Über eine überraschende Ernennung aus jüngster Zeit will ich mich bei<lb/> dem großen Aufsehen, das sie wenigstens in juristischen Kreisen gemacht hat,<lb/> hier nicht verbreiten und nur bemerken, daß es sich um die Besetzung einer<lb/> Stelle gehandelt hat, für die Preußen das Vorschlagsrecht hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1487" next="#ID_1488"> Fragt man nun, weshalb an dem Vorschlagsrecht der einzelnen Landes¬<lb/> regierungen immer noch festgehalten wird, so liegt es wohl nahe, den Grund<lb/> dafür darin zu suchen, daß man eine genaue Kunde der Landesrechte im Reichs¬<lb/> gerichte vertreten zu sehen wünscht."*) Aber wenn ich auch diesem Wunsche</p><lb/> <note xml:id="FID_54" place="foot"> *) Die mir als Vorsitzenden des dritten Zivilsenats seinerzeit zu Händen gekommenen<lb/> Urteile des preußischen Oberlandeskulturgerichts waren so sorgfältig begründet, das; dadurch<lb/> die rechtliche Beurteilung für die Revisionsinstnnz wesentlich erleichtert war. Immerhin war<lb/> die Bearbeitung dieser Sachen sür einen damit nicht vertrauten Referenten bei dem meistens sehr<lb/> umfassenden Aktemnnterial recht zeitraubend und unbequem. Und nur daraus würde ich es mir<lb/> erklären können, wenn etwa beim Abgang des Reichsgcrichtsrats Rintelen in dem mit der großem<lb/> >^ahi dieser Sachen befaßten fünften Zivilsenat der Wunsch laut geworden wäre, wieder ein<lb/> Mitglied zu erlangen, das Gelegenheit gehabt hätte, sich mit diesen Sachen vertraut zu machen.<lb/> Db dies aber geschehen ist und ob infolge eines solchen Wunsches der Präsident etwa zu einem<lb/> entsprechenden Antrag Veranlassung genommen hat, weiß ich nicht.</note><lb/> <note xml:id="FID_55" place="foot"> ^) Unter Landesrecht verstehe ich hier natürlich das sich zu dem in den verschiednen Lnndes-<lb/> leilen geltenden gemeinen Recht, dem allgemeinen preußischen Landrecht »ut dein französischen<lb/> Recht als Pnrtikulnrrecht verhaltende Recht der Einzelstaaten.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0501]
Die Ernennung der Mitglieder des Reichsgerichts
verursacht,*) eine Vertretung in Anspruch nehmen, auch wenn es nicht in der
Lage ist, dafür einen Beamten vorzuschlagen, der in Dienstverhältnissen ge¬
standen hat, die eine ausreichende Bürgschaft dafür biete», daß er nicht bloß
als Spezialist, sondern überhaupt in dem höchsten deutschen Gerichtshof seinen
Platz ganz auszufüllen vermag? Und doch möchte ich in diesem Falle nicht
vorschnell ein absprechendes Urteil fällen. Denn was ich aus guter Quelle
erfahren habe, läßt darauf schließen, daß die getroffne Wahl für das Reichs¬
gericht gewinnbringender sein werde, als die eines andern, der eine ausreichende
Anciennität im höhern Justizdicnste auszuweisen hat. Und da ich die Ansicht
vertreten möchte, daß weder auf Aneicnnitüt noch auf die bisherigen Dienst¬
verhältnisse gesehen werden dürfe, wenn es sich um Gewinnung einer Kraft
handelt, die zu großen Erwartungen berechtigt, so wäre ich gewiß der letzte,
den es nicht aufrichtig erfreuen würde, zu erfahren, daß sich dieser Grundsatz
"n gegebnen Falle glänzend bewährt habe. Aber zunächst bleibt es doch eine
auffallende Erscheinung, daß, während man für den preußischen Richter eine
gewisse Anciennität im höhern Justizdienst zur Beförderung ins Reichsgericht
für nötig hält, hier, ohne alle Rücksicht auf amtliche Anciennität, ein Ver¬
waltungsbeamter, der in der Justiz nur als Amtsrichter thätig gewesen ist,
für das Reichsgericht vorgeschlagen worden ist, eine Erscheinung, die zu der
beunruhigenden Frage zurückführt, ob nicht doch ein untergeordnetes Sonder¬
interesse sür die getroffne Wahl ausschlaggebend gewesen sei.
Über eine überraschende Ernennung aus jüngster Zeit will ich mich bei
dem großen Aufsehen, das sie wenigstens in juristischen Kreisen gemacht hat,
hier nicht verbreiten und nur bemerken, daß es sich um die Besetzung einer
Stelle gehandelt hat, für die Preußen das Vorschlagsrecht hatte.
Fragt man nun, weshalb an dem Vorschlagsrecht der einzelnen Landes¬
regierungen immer noch festgehalten wird, so liegt es wohl nahe, den Grund
dafür darin zu suchen, daß man eine genaue Kunde der Landesrechte im Reichs¬
gerichte vertreten zu sehen wünscht."*) Aber wenn ich auch diesem Wunsche
*) Die mir als Vorsitzenden des dritten Zivilsenats seinerzeit zu Händen gekommenen
Urteile des preußischen Oberlandeskulturgerichts waren so sorgfältig begründet, das; dadurch
die rechtliche Beurteilung für die Revisionsinstnnz wesentlich erleichtert war. Immerhin war
die Bearbeitung dieser Sachen sür einen damit nicht vertrauten Referenten bei dem meistens sehr
umfassenden Aktemnnterial recht zeitraubend und unbequem. Und nur daraus würde ich es mir
erklären können, wenn etwa beim Abgang des Reichsgcrichtsrats Rintelen in dem mit der großem
>^ahi dieser Sachen befaßten fünften Zivilsenat der Wunsch laut geworden wäre, wieder ein
Mitglied zu erlangen, das Gelegenheit gehabt hätte, sich mit diesen Sachen vertraut zu machen.
Db dies aber geschehen ist und ob infolge eines solchen Wunsches der Präsident etwa zu einem
entsprechenden Antrag Veranlassung genommen hat, weiß ich nicht.
^) Unter Landesrecht verstehe ich hier natürlich das sich zu dem in den verschiednen Lnndes-
leilen geltenden gemeinen Recht, dem allgemeinen preußischen Landrecht »ut dein französischen
Recht als Pnrtikulnrrecht verhaltende Recht der Einzelstaaten.
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