Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.Die Prozeßfnhrung armer Leute und die Mühe, die sie in vielen Fällen den Armensachen ohne Entgelt opfern, In der Wirklichkeit wird sich die Sache freilich meist so stellen, daß der Um diesen Übelständen abzuhelfen, müßten in dem oben angegebnen Z 36 Es kann auch zweifelhaft sein, ob die Briefe der Referendare und Gerichts¬ Endlich dürfte es auch angemessen sein, eine dem 8 21 der Gebühren¬ Die Prozeßfnhrung armer Leute und die Mühe, die sie in vielen Fällen den Armensachen ohne Entgelt opfern, In der Wirklichkeit wird sich die Sache freilich meist so stellen, daß der Um diesen Übelständen abzuhelfen, müßten in dem oben angegebnen Z 36 Es kann auch zweifelhaft sein, ob die Briefe der Referendare und Gerichts¬ Endlich dürfte es auch angemessen sein, eine dem 8 21 der Gebühren¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0490" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/224074"/> <fw type="header" place="top"> Die Prozeßfnhrung armer Leute</fw><lb/> <p xml:id="ID_1443" prev="#ID_1442"> und die Mühe, die sie in vielen Fällen den Armensachen ohne Entgelt opfern,<lb/> möchten sie sicher lieber den Sachen widmen, in denen sie für ihre Mühe bezahlt<lb/> werden. Im allgemeinen sind aber die Rechtsanwälte nicht so engherzig; sie<lb/> beantragen, wie ich überzeugt bin, deshalb nicht ihre Zulassung bei dem Amts¬<lb/> gericht, weil diese Zulassung eben nicht nötig ist; sie denken nicht an den K 36<lb/> der Nechtscmwaltsordnung, der sie mit Armenmcindaten verschont für den Fall,<lb/> daß sie beim Amtsgericht nicht zugelassen sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_1444"> In der Wirklichkeit wird sich die Sache freilich meist so stellen, daß der<lb/> Amtsrichter das Gesuch einem Rechtsanwälte mit der Anfrage vorlegt, ob er<lb/> das Mandat übernehmen wolle. Die meisten Rechtsanwülte werden dann wohl,<lb/> allerdings ohne dazu verpflichtet zu sein, das Mandat übernehmen. Sollte<lb/> sich aber kein Rechtsanwalt finden, so wird das Amtsgericht so vorgehen, wie<lb/> es oben für den Fall, daß an dem Gerichtsorte kein Rechtsanwalt ansässig ist,<lb/> geschildert ist. Die nicht zahlungsfähigen Parteien sind dann aber den zahlungs¬<lb/> fähigen Parteien gegenüber im Nachteil; denn die einen werden durch nicht<lb/> besonders geschäftskundige Referendare oder Sekretäre, Assistenten usw., die<lb/> andern aber durch geschäftsgewandte Rechtsanwälte vertreten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1445"> Um diesen Übelständen abzuhelfen, müßten in dem oben angegebnen Z 36<lb/> der Nechtsanwaltsorduung an Stelle der Worte: „bei diesem zugelassenen<lb/> Rechtsanwälte" — folgende Worte gesetzt werden: „an dem Gerichtsvrte an¬<lb/> sässigen und bei dem Gerichte ihre Geschüststhätigkeit ausübenden Rechts¬<lb/> anwülte." Der Justizminister aber müßte eine allgemeine Verfügung des In¬<lb/> halts erlassen: Der aufsichtführende Amtsrichter kann in Ermanglung von<lb/> Nechtscmwälten und Referendarien armen Parteien zur unentgeltlichen Wahr¬<lb/> nehmung ihrer Rechte in Zivilprozesfen Gerichtsschreibereibeamte beiordnen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1446"> Es kann auch zweifelhaft sein, ob die Briefe der Referendare und Gerichts¬<lb/> schreibereibeamten nach den bestehenden Bestimmungen Portofreiheit genießen;<lb/> auch hierüber müßte das Staatsministerium einen Beschluß fassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1447"> Endlich dürfte es auch angemessen sein, eine dem 8 21 der Gebühren¬<lb/> ordnung für Gerichtsvollzieher entsprechende Bestimmung für die Rechtsanwülte<lb/> zu geben. Dieser 8 21 lautet: „Im Falle der Bewilligung des Armenrechts<lb/> werden dem für die arme Partei bestellten Gerichtsvollzieher die baren Aus¬<lb/> lagen von der Staatskasse ersetzt, falls nicht dieselben von dem Ersatzpflichtigen<lb/> beigetrieben werden können." Eine solche Bestimmung könnte als Z 86s, in<lb/> die Gebührenordnung für die Rechtsanwälte eingeschoben werden.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0490]
Die Prozeßfnhrung armer Leute
und die Mühe, die sie in vielen Fällen den Armensachen ohne Entgelt opfern,
möchten sie sicher lieber den Sachen widmen, in denen sie für ihre Mühe bezahlt
werden. Im allgemeinen sind aber die Rechtsanwälte nicht so engherzig; sie
beantragen, wie ich überzeugt bin, deshalb nicht ihre Zulassung bei dem Amts¬
gericht, weil diese Zulassung eben nicht nötig ist; sie denken nicht an den K 36
der Nechtscmwaltsordnung, der sie mit Armenmcindaten verschont für den Fall,
daß sie beim Amtsgericht nicht zugelassen sind.
In der Wirklichkeit wird sich die Sache freilich meist so stellen, daß der
Amtsrichter das Gesuch einem Rechtsanwälte mit der Anfrage vorlegt, ob er
das Mandat übernehmen wolle. Die meisten Rechtsanwülte werden dann wohl,
allerdings ohne dazu verpflichtet zu sein, das Mandat übernehmen. Sollte
sich aber kein Rechtsanwalt finden, so wird das Amtsgericht so vorgehen, wie
es oben für den Fall, daß an dem Gerichtsorte kein Rechtsanwalt ansässig ist,
geschildert ist. Die nicht zahlungsfähigen Parteien sind dann aber den zahlungs¬
fähigen Parteien gegenüber im Nachteil; denn die einen werden durch nicht
besonders geschäftskundige Referendare oder Sekretäre, Assistenten usw., die
andern aber durch geschäftsgewandte Rechtsanwälte vertreten.
Um diesen Übelständen abzuhelfen, müßten in dem oben angegebnen Z 36
der Nechtsanwaltsorduung an Stelle der Worte: „bei diesem zugelassenen
Rechtsanwälte" — folgende Worte gesetzt werden: „an dem Gerichtsvrte an¬
sässigen und bei dem Gerichte ihre Geschüststhätigkeit ausübenden Rechts¬
anwülte." Der Justizminister aber müßte eine allgemeine Verfügung des In¬
halts erlassen: Der aufsichtführende Amtsrichter kann in Ermanglung von
Nechtscmwälten und Referendarien armen Parteien zur unentgeltlichen Wahr¬
nehmung ihrer Rechte in Zivilprozesfen Gerichtsschreibereibeamte beiordnen.
Es kann auch zweifelhaft sein, ob die Briefe der Referendare und Gerichts¬
schreibereibeamten nach den bestehenden Bestimmungen Portofreiheit genießen;
auch hierüber müßte das Staatsministerium einen Beschluß fassen.
Endlich dürfte es auch angemessen sein, eine dem 8 21 der Gebühren¬
ordnung für Gerichtsvollzieher entsprechende Bestimmung für die Rechtsanwülte
zu geben. Dieser 8 21 lautet: „Im Falle der Bewilligung des Armenrechts
werden dem für die arme Partei bestellten Gerichtsvollzieher die baren Aus¬
lagen von der Staatskasse ersetzt, falls nicht dieselben von dem Ersatzpflichtigen
beigetrieben werden können." Eine solche Bestimmung könnte als Z 86s, in
die Gebührenordnung für die Rechtsanwälte eingeschoben werden.
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