Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.In der That bedeutet auch nach unsrer Ansicht die Eröffnung des Eisernen Außerdem hat der österreichische Staat durch "Entfernung der Strom¬ Wie an den ungarischen Staat, so treten auch an die österreichischen Noch von größerer Bedeutung aber würde der geplante Donan-Moldau- In der That bedeutet auch nach unsrer Ansicht die Eröffnung des Eisernen Außerdem hat der österreichische Staat durch »Entfernung der Strom¬ Wie an den ungarischen Staat, so treten auch an die österreichischen Noch von größerer Bedeutung aber würde der geplante Donan-Moldau- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0264" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/223848"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_827"> In der That bedeutet auch nach unsrer Ansicht die Eröffnung des Eisernen<lb/> Thores das politische Übergewicht Österreich-Ungarns über die Balkanstaaten;<lb/> denn die Beziehungen der Staaten und Völker unter einander hängen nicht<lb/> mehr von dem Willen einzelner, sondern von den Handelsbeziehungen unter<lb/> einander ab. Je reger und inniger diese sind, um so inniger ist auch die<lb/> Freundschaft und Interessengemeinschaft, um so mehr sind die Geschicke der<lb/> Völker an einander gekettet.</p><lb/> <p xml:id="ID_828"> Außerdem hat der österreichische Staat durch »Entfernung der Strom¬<lb/> hindernisse auch in militärischer Hinsicht an Schlagfertigkeit gewonnen. Er<lb/> kaun in kurzer Zeit mit seiner Donauslotte Truppen vom obern Flußläufe<lb/> nach dem untern werfen. Allerdings muß dazu — und das verlangen auch<lb/> schon die militärischen Sachverständigen — die Donauflotte verstärkt werden.<lb/> Es ist das um so nötiger, als sich Österreich-Ungarn durch Erschließung<lb/> des Eisernen Thores einer natürlichen Festung beraubt hat. Augenblicklich<lb/> steht einer aus der Donau nach Ungarn eindringenden feindlichen Macht der<lb/> Fluß bis Peterwardein offen. Durch Uferbefestigungen und eine stärkere Flotte<lb/> wird diesem Übelstande aber wohl abgeholfen werden können.</p><lb/> <p xml:id="ID_829"> Wie an den ungarischen Staat, so treten auch an die österreichischen<lb/> Kronlande neue Anforderungen heran, wenn es gelingen soll, das österreichische<lb/> Übergewicht in den Ländern an der untern Donau zu befestigen. Die schon<lb/> 1892 geplanten und von dem österreichischen Abgeordnetenhaus«.' anch gebilligten<lb/> Verbindungen der Donau mit der Oder und mit der Elbe sind nun geradezu<lb/> zur Notwendigkeit geworden. Die Industriegebiete Böhmens, Mährens und<lb/> Österreich-Schlesiens müssen dem Donaunetz angeschlossen werden, und diese<lb/> wieder werden dadurch ein neues gewaltiges Absatzgebiet erhalten. Von dem<lb/> Donau-Oderkanal könnte anch die oberschlesische Industrie großen Vorteil ziehen,<lb/> wenn der Kanal auf preußisches Gebiet weitergeführt würde. Auch würde<lb/> es der oberschlesischen Kohle dadurch möglich gemacht werden, mit der englischen<lb/> in Wettbewerb zu treten, denn bisher beherrscht England mit seiner Kohle die<lb/> untern Donauländer. Nach den bisher aufgestellten Berechnungen war die<lb/> Einträglichkeit des Donau-Oderkancils schon durch den österreichischen Jnlcmds-<lb/> verkehr gesichert, um wie viel mehr müßte sie aber steigen, wenn auch Ober¬<lb/> schlesien dem Absatzgebiete der Balkanländer näher gebracht würde!</p><lb/> <p xml:id="ID_830" next="#ID_831"> Noch von größerer Bedeutung aber würde der geplante Donan-Moldau-<lb/> Elbekaual sein; denn erstens würde Böhmen, das Hauptindustriegebiet Öster¬<lb/> reichs, angeschlossen werden, und dann anch Sachsen; denn die sächsische<lb/> Industrie unterhält schon jetzt zu den Balkanländern sehr rege Beziehungen.<lb/> Beträgt doch der Wert der deutschen Ausfuhr nach Rumänien augenblicklich<lb/> jährlich gegen hundertvierzig Millionen Mark, und ungefähr auf ebenso hoch<lb/> beläuft sich die Einfuhr vou dorther. Der Handel mit Serbien und Bulgarien<lb/> ist ebenfalls fortwährend im Steigen begriffen, sodaß die Franzosen, die bisher</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0264]
In der That bedeutet auch nach unsrer Ansicht die Eröffnung des Eisernen
Thores das politische Übergewicht Österreich-Ungarns über die Balkanstaaten;
denn die Beziehungen der Staaten und Völker unter einander hängen nicht
mehr von dem Willen einzelner, sondern von den Handelsbeziehungen unter
einander ab. Je reger und inniger diese sind, um so inniger ist auch die
Freundschaft und Interessengemeinschaft, um so mehr sind die Geschicke der
Völker an einander gekettet.
Außerdem hat der österreichische Staat durch »Entfernung der Strom¬
hindernisse auch in militärischer Hinsicht an Schlagfertigkeit gewonnen. Er
kaun in kurzer Zeit mit seiner Donauslotte Truppen vom obern Flußläufe
nach dem untern werfen. Allerdings muß dazu — und das verlangen auch
schon die militärischen Sachverständigen — die Donauflotte verstärkt werden.
Es ist das um so nötiger, als sich Österreich-Ungarn durch Erschließung
des Eisernen Thores einer natürlichen Festung beraubt hat. Augenblicklich
steht einer aus der Donau nach Ungarn eindringenden feindlichen Macht der
Fluß bis Peterwardein offen. Durch Uferbefestigungen und eine stärkere Flotte
wird diesem Übelstande aber wohl abgeholfen werden können.
Wie an den ungarischen Staat, so treten auch an die österreichischen
Kronlande neue Anforderungen heran, wenn es gelingen soll, das österreichische
Übergewicht in den Ländern an der untern Donau zu befestigen. Die schon
1892 geplanten und von dem österreichischen Abgeordnetenhaus«.' anch gebilligten
Verbindungen der Donau mit der Oder und mit der Elbe sind nun geradezu
zur Notwendigkeit geworden. Die Industriegebiete Böhmens, Mährens und
Österreich-Schlesiens müssen dem Donaunetz angeschlossen werden, und diese
wieder werden dadurch ein neues gewaltiges Absatzgebiet erhalten. Von dem
Donau-Oderkanal könnte anch die oberschlesische Industrie großen Vorteil ziehen,
wenn der Kanal auf preußisches Gebiet weitergeführt würde. Auch würde
es der oberschlesischen Kohle dadurch möglich gemacht werden, mit der englischen
in Wettbewerb zu treten, denn bisher beherrscht England mit seiner Kohle die
untern Donauländer. Nach den bisher aufgestellten Berechnungen war die
Einträglichkeit des Donau-Oderkancils schon durch den österreichischen Jnlcmds-
verkehr gesichert, um wie viel mehr müßte sie aber steigen, wenn auch Ober¬
schlesien dem Absatzgebiete der Balkanländer näher gebracht würde!
Noch von größerer Bedeutung aber würde der geplante Donan-Moldau-
Elbekaual sein; denn erstens würde Böhmen, das Hauptindustriegebiet Öster¬
reichs, angeschlossen werden, und dann anch Sachsen; denn die sächsische
Industrie unterhält schon jetzt zu den Balkanländern sehr rege Beziehungen.
Beträgt doch der Wert der deutschen Ausfuhr nach Rumänien augenblicklich
jährlich gegen hundertvierzig Millionen Mark, und ungefähr auf ebenso hoch
beläuft sich die Einfuhr vou dorther. Der Handel mit Serbien und Bulgarien
ist ebenfalls fortwährend im Steigen begriffen, sodaß die Franzosen, die bisher
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