Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.Die preußischen Richter und Gerichtsassessoren Entwurf will das Besoldungsdienstalter, wenn nicht frühere Anstellung erfolgt, Daß der bis zum zehnten Jahre diätarisch beschäftigte Assessor geringere Wiederum ist die einzig richtige Antwort: Weil es ihr vor allem auf Die preußischen Richter und Gerichtsassessoren Entwurf will das Besoldungsdienstalter, wenn nicht frühere Anstellung erfolgt, Daß der bis zum zehnten Jahre diätarisch beschäftigte Assessor geringere Wiederum ist die einzig richtige Antwort: Weil es ihr vor allem auf <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0183" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/223767"/> <fw type="header" place="top"> Die preußischen Richter und Gerichtsassessoren</fw><lb/> <p xml:id="ID_527" prev="#ID_526"> Entwurf will das Besoldungsdienstalter, wenn nicht frühere Anstellung erfolgt,<lb/> vom vollendeten vierten Jahre des Asfessorats ab rechnen. Erlangt also jemand<lb/> nach zehnjährigen Assessorat ein festes Richteramt, so erlangt er es nach<lb/> der vorgeschlagnen Stufenfolge nicht mit einem Gehalte von 2400, sondern<lb/> von 3600 Mark, also mit demselben Einkommen, das er nach zehn Jahren<lb/> erhalten haben würde, wenn er nach vier Jahren endgiltig angestellt worden<lb/> wäre. Damit ist der Zusammenhang des Assessorenparagraphen mit dem Be¬<lb/> soldungsgesetze beseitigt. Sowohl für deu Staat wie für den einzelnen Richter<lb/> ist es finanziell völlig gleichgiltig, ob das Richteramt nach vier Jahren, nach<lb/> zehn Jahren oder noch später erlangt wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_528"> Daß der bis zum zehnten Jahre diätarisch beschäftigte Assessor geringere<lb/> Diäten und keine Pensionsansprüche hat, ist von keiner Seite eingewendet worden<lb/> und konnte es auch nicht werden, schon deshalb nicht, weil ein zehnjähriges<lb/> und längeres Assessorat in andern Verwaltungszweigen lange Zeit die unbe¬<lb/> anstandete Regel war. Soll die Ausführung des Ministers verständlich werden,<lb/> so kann man nur annehmen, daß sie sich auf den Wunsch gründet,, den Beginn<lb/> des Besoldungsdienstalters nicht nur fingirt, sondern in der Regel anch<lb/> thatsächlich mit dem Beginn des festes Richteramts zusammenfallen zu lassen.<lb/> Dieser Wunsch, aus dem sich die Notwendigkeit, die Asfcsforenzahl zu be--<lb/> schränken, von selbst ergeben würde, steht aber in keinem innern Zusammen¬<lb/> hange mit der Finanzvorlage, und es drängt sich deshalb die Frage auf,<lb/> weshalb die Regierung dennoch beides in Verbindung gebracht und sogar das<lb/> Stehe» und Fallen des ganzen Gesetzes von dem Assessorenparagraphen abhängig<lb/> gemacht hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_529" next="#ID_530"> Wiederum ist die einzig richtige Antwort: Weil es ihr vor allem auf<lb/> diesen Paragraph, d. h. auf eine Sichtung der Richter ankam. Die Verbindung<lb/> beruht nicht auf Notwendigkeit-, sondern auf Zweckmäßigkeitsrücksichten. Zweck¬<lb/> mäßig konnte sie der Regierung aber nur deshalb erscheinen, weil sie die ge-<lb/> fürchtete Opposition mit Hilfe der allseitig freudig begrüßten Finanz-<lb/> Vorlage leichter zu überwinden hoffte. Weshalb sie Opposition fürchtete,<lb/> darüber später. Hier kommt es zunächst dnranf an, daß die Verbindung für<lb/> unlösbar erklärt wurde, und daß es doch nur Zweckmüßigkeitsgründe waren,<lb/> die sie verursacht haben, daß ferner den Richtern die Gehaltsverbesseruug, die<lb/> fast allen andern Beamtenklassen längst bedingungslos gewährt ist, nur unter<lb/> der Bedingung zugestanden werden sollte, daß der Assessvrenparagraph an¬<lb/> genommen würde, und daß man schließlich das Eintreten des Richterstandes<lb/> für den Paragraphen augenscheinlich erwartete. Das ist verletzend sowohl für<lb/> den Landtag, wie für deu Richterstand, und die Antwort durch die ablehnende<lb/> Entscheidung der Volksvertretung hat denn anch nicht auf sich warten lassen,<lb/> wie das Schweigen der Richter den Beweis geliefert hat, daß es dem Richter-<lb/> stmidc zur Zeit noch nicht an dem nötigen Takte fehlt. Treffend zeichnete der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0183]
Die preußischen Richter und Gerichtsassessoren
Entwurf will das Besoldungsdienstalter, wenn nicht frühere Anstellung erfolgt,
vom vollendeten vierten Jahre des Asfessorats ab rechnen. Erlangt also jemand
nach zehnjährigen Assessorat ein festes Richteramt, so erlangt er es nach
der vorgeschlagnen Stufenfolge nicht mit einem Gehalte von 2400, sondern
von 3600 Mark, also mit demselben Einkommen, das er nach zehn Jahren
erhalten haben würde, wenn er nach vier Jahren endgiltig angestellt worden
wäre. Damit ist der Zusammenhang des Assessorenparagraphen mit dem Be¬
soldungsgesetze beseitigt. Sowohl für deu Staat wie für den einzelnen Richter
ist es finanziell völlig gleichgiltig, ob das Richteramt nach vier Jahren, nach
zehn Jahren oder noch später erlangt wird.
Daß der bis zum zehnten Jahre diätarisch beschäftigte Assessor geringere
Diäten und keine Pensionsansprüche hat, ist von keiner Seite eingewendet worden
und konnte es auch nicht werden, schon deshalb nicht, weil ein zehnjähriges
und längeres Assessorat in andern Verwaltungszweigen lange Zeit die unbe¬
anstandete Regel war. Soll die Ausführung des Ministers verständlich werden,
so kann man nur annehmen, daß sie sich auf den Wunsch gründet,, den Beginn
des Besoldungsdienstalters nicht nur fingirt, sondern in der Regel anch
thatsächlich mit dem Beginn des festes Richteramts zusammenfallen zu lassen.
Dieser Wunsch, aus dem sich die Notwendigkeit, die Asfcsforenzahl zu be--
schränken, von selbst ergeben würde, steht aber in keinem innern Zusammen¬
hange mit der Finanzvorlage, und es drängt sich deshalb die Frage auf,
weshalb die Regierung dennoch beides in Verbindung gebracht und sogar das
Stehe» und Fallen des ganzen Gesetzes von dem Assessorenparagraphen abhängig
gemacht hat.
Wiederum ist die einzig richtige Antwort: Weil es ihr vor allem auf
diesen Paragraph, d. h. auf eine Sichtung der Richter ankam. Die Verbindung
beruht nicht auf Notwendigkeit-, sondern auf Zweckmäßigkeitsrücksichten. Zweck¬
mäßig konnte sie der Regierung aber nur deshalb erscheinen, weil sie die ge-
fürchtete Opposition mit Hilfe der allseitig freudig begrüßten Finanz-
Vorlage leichter zu überwinden hoffte. Weshalb sie Opposition fürchtete,
darüber später. Hier kommt es zunächst dnranf an, daß die Verbindung für
unlösbar erklärt wurde, und daß es doch nur Zweckmüßigkeitsgründe waren,
die sie verursacht haben, daß ferner den Richtern die Gehaltsverbesseruug, die
fast allen andern Beamtenklassen längst bedingungslos gewährt ist, nur unter
der Bedingung zugestanden werden sollte, daß der Assessvrenparagraph an¬
genommen würde, und daß man schließlich das Eintreten des Richterstandes
für den Paragraphen augenscheinlich erwartete. Das ist verletzend sowohl für
den Landtag, wie für deu Richterstand, und die Antwort durch die ablehnende
Entscheidung der Volksvertretung hat denn anch nicht auf sich warten lassen,
wie das Schweigen der Richter den Beweis geliefert hat, daß es dem Richter-
stmidc zur Zeit noch nicht an dem nötigen Takte fehlt. Treffend zeichnete der
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