Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.Die Begründung von Rentengütern in Preußen laufen will und daher eine größere bare Anzahlung verlangen muß. Der Es soll durchaus nicht befürwortet werden, völlig mittellose Erwerber Richtig zu ermitteln und zu beurteilen, ob der Ansiedler persönlich tüchtig Solange es unmöglich ist, Ansiedler zu unterstützen, muß geradezu angst- Die Begründung von Rentengütern in Preußen laufen will und daher eine größere bare Anzahlung verlangen muß. Der Es soll durchaus nicht befürwortet werden, völlig mittellose Erwerber Richtig zu ermitteln und zu beurteilen, ob der Ansiedler persönlich tüchtig Solange es unmöglich ist, Ansiedler zu unterstützen, muß geradezu angst- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0131" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/223715"/> <fw type="header" place="top"> Die Begründung von Rentengütern in Preußen</fw><lb/> <p xml:id="ID_390" prev="#ID_389"> laufen will und daher eine größere bare Anzahlung verlangen muß. Der<lb/> Staat aber sollte nicht das Finanzinteresse in den Vordergrund stellen, sondern<lb/> auch die Gefahr etwaiger Verluste ruhig übernehmen. Wie sollen denn die<lb/> zahlreichen tüchtigen landwirtschaftlichen Arbeiter und kleinen Handwerker zu<lb/> Grundbesitz kommen, wenn ihnen nicht der Staat das in ihrer persönlichen<lb/> Tüchtigkeit, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit liegende Kapital beleibt?<lb/> Und warum sollen die geistig höherstehenden zweiten Söhne wohlhabenderer<lb/> Familien, die sich ansässig machen wollen, gezwungen werden, eine Arbciter-<lb/> stelle zu kaufen, nur weil ihr augenblickliches Barvermögen nach jenen An¬<lb/> forderungen nicht zur Erwerbung einer größern Stelle ausreicht? In solchen<lb/> Fällen sollte gerade die Nentengutsgesetzgebung aushelfend eingreifen. Jetzt<lb/> wird die Sache geradezu auf den Kopf gestellt: statt daß der Staat den Un¬<lb/> bemittelten hülfe, unterstützt er die, die schon über ein verhältnismäßig hohes<lb/> Kapital verfügen. Wer ein ausreichendes Kapital nachweist, dem werden,<lb/> gewissermaßen als Prämie, die Wohlthaten der Rentengutsgesetzgebung zu teil!</p><lb/> <p xml:id="ID_391"> Es soll durchaus nicht befürwortet werden, völlig mittellose Erwerber<lb/> zuzulassen oder wohl gar nur solche zuzulassen; so viel Vermögen muß min¬<lb/> destens vorhanden sein, daß der Ansiedler das völlige — lebende und tote —<lb/> Inventar und die ganze Ernte zu eigen hat — wobei allerdings ein normaler<lb/> Düngungszustand vorausgesetzt wird. Wer aber so viel besitzt und die Stelle<lb/> zu einem Preise gekauft hat, daß er aus ihren voraussichtlichen Erträgen<lb/> neben seinem Unterhalt die Zinsen und Tilgnngsbeiträgc abgeben und uoch<lb/> ein geringes erübrigen kann, der müßte — selbst ohne Anzahlung — zugelassen<lb/> werden können, für den müßte der Staat das Risiko für schlechte Ernten,<lb/> Unglücksfälle usw. übernehmen — für mangelhafte Wirtschaftsführung und<lb/> deren Folgen selbstverständlich aber nicht. Als Pächter werden doch solche<lb/> Leute oft unbedenklich angenommen, obwohl sie vielleicht an Pacht mehr zahlen<lb/> müssen, als die Rentengutsrente betragen würde, wobei dann in der Pacht¬<lb/> summe noch nicht einmal ein Tilgungsbeitrag enthalten ist!</p><lb/> <p xml:id="ID_392"> Richtig zu ermitteln und zu beurteilen, ob der Ansiedler persönlich tüchtig<lb/> und leistungsfähig erscheint, ist freilich außerordentlich schwer; es fragt sich<lb/> auch, ob die jetzige Einrichtung der Generalkommissioncn dazu ausreicht, und<lb/> ob nicht für die Bewerber Rcchtsbürgschaften zu schaffen wären. Es würde<lb/> aber z. B. zu erwägen sein, ob man nicht in solchen zweifelhaften Fällen den<lb/> Ansiedler erst eine etwa fünfjährige Probezeit durchmachen ließe — vielleicht<lb/> so, daß bis zu diesem Zeitpunkte eine Kündigung der Rente möglich wäre,<lb/> oder daß er zunächst als Pächter angenommen würde. Selbstverständlich soll<lb/> das Gläubigerrecht des Staates, das Nentengut zur Zwangsversteigerung zu<lb/> bringen, wenn der Besitzer seine Renten nicht bezahlt, nicht eingeschränkt<lb/> werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_393" next="#ID_394"> Solange es unmöglich ist, Ansiedler zu unterstützen, muß geradezu angst-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0131]
Die Begründung von Rentengütern in Preußen
laufen will und daher eine größere bare Anzahlung verlangen muß. Der
Staat aber sollte nicht das Finanzinteresse in den Vordergrund stellen, sondern
auch die Gefahr etwaiger Verluste ruhig übernehmen. Wie sollen denn die
zahlreichen tüchtigen landwirtschaftlichen Arbeiter und kleinen Handwerker zu
Grundbesitz kommen, wenn ihnen nicht der Staat das in ihrer persönlichen
Tüchtigkeit, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit liegende Kapital beleibt?
Und warum sollen die geistig höherstehenden zweiten Söhne wohlhabenderer
Familien, die sich ansässig machen wollen, gezwungen werden, eine Arbciter-
stelle zu kaufen, nur weil ihr augenblickliches Barvermögen nach jenen An¬
forderungen nicht zur Erwerbung einer größern Stelle ausreicht? In solchen
Fällen sollte gerade die Nentengutsgesetzgebung aushelfend eingreifen. Jetzt
wird die Sache geradezu auf den Kopf gestellt: statt daß der Staat den Un¬
bemittelten hülfe, unterstützt er die, die schon über ein verhältnismäßig hohes
Kapital verfügen. Wer ein ausreichendes Kapital nachweist, dem werden,
gewissermaßen als Prämie, die Wohlthaten der Rentengutsgesetzgebung zu teil!
Es soll durchaus nicht befürwortet werden, völlig mittellose Erwerber
zuzulassen oder wohl gar nur solche zuzulassen; so viel Vermögen muß min¬
destens vorhanden sein, daß der Ansiedler das völlige — lebende und tote —
Inventar und die ganze Ernte zu eigen hat — wobei allerdings ein normaler
Düngungszustand vorausgesetzt wird. Wer aber so viel besitzt und die Stelle
zu einem Preise gekauft hat, daß er aus ihren voraussichtlichen Erträgen
neben seinem Unterhalt die Zinsen und Tilgnngsbeiträgc abgeben und uoch
ein geringes erübrigen kann, der müßte — selbst ohne Anzahlung — zugelassen
werden können, für den müßte der Staat das Risiko für schlechte Ernten,
Unglücksfälle usw. übernehmen — für mangelhafte Wirtschaftsführung und
deren Folgen selbstverständlich aber nicht. Als Pächter werden doch solche
Leute oft unbedenklich angenommen, obwohl sie vielleicht an Pacht mehr zahlen
müssen, als die Rentengutsrente betragen würde, wobei dann in der Pacht¬
summe noch nicht einmal ein Tilgungsbeitrag enthalten ist!
Richtig zu ermitteln und zu beurteilen, ob der Ansiedler persönlich tüchtig
und leistungsfähig erscheint, ist freilich außerordentlich schwer; es fragt sich
auch, ob die jetzige Einrichtung der Generalkommissioncn dazu ausreicht, und
ob nicht für die Bewerber Rcchtsbürgschaften zu schaffen wären. Es würde
aber z. B. zu erwägen sein, ob man nicht in solchen zweifelhaften Fällen den
Ansiedler erst eine etwa fünfjährige Probezeit durchmachen ließe — vielleicht
so, daß bis zu diesem Zeitpunkte eine Kündigung der Rente möglich wäre,
oder daß er zunächst als Pächter angenommen würde. Selbstverständlich soll
das Gläubigerrecht des Staates, das Nentengut zur Zwangsversteigerung zu
bringen, wenn der Besitzer seine Renten nicht bezahlt, nicht eingeschränkt
werden.
Solange es unmöglich ist, Ansiedler zu unterstützen, muß geradezu angst-
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