Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.Bibliophilie der einzelnen Ausschnitte nach der Größe, ja nach der Form des Kuvertteils, Schließlich sind, wenn anch gerade nicht selten, doch ziemlich gesucht Werke und So vereinigen sich Umstände mannichfachster Art, die Preise der Bücher in die Bei den Bibliomanen ein wissenschaftliches Interesse anzunehmen, wäre Bibliophilie der einzelnen Ausschnitte nach der Größe, ja nach der Form des Kuvertteils, Schließlich sind, wenn anch gerade nicht selten, doch ziemlich gesucht Werke und So vereinigen sich Umstände mannichfachster Art, die Preise der Bücher in die Bei den Bibliomanen ein wissenschaftliches Interesse anzunehmen, wäre <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0100" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/223684"/> <fw type="header" place="top"> Bibliophilie</fw><lb/> <p xml:id="ID_307" prev="#ID_306"> der einzelnen Ausschnitte nach der Größe, ja nach der Form des Kuvertteils,<lb/> ob eckig oder oval, richtet.</p><lb/> <p xml:id="ID_308"> Schließlich sind, wenn anch gerade nicht selten, doch ziemlich gesucht Werke und<lb/> Sammlungen von großem Umfange. Bei den Hunderten von Bänden, die eine<lb/> solche Sammlung zählt, bedarf es nur einer geringen Nachlässigkeit, und der<lb/> Verlust eines einzigen Bündchens, das sich schwer und meist nur durch<lb/> Zufall ersetzen läßt, wirft den ursprünglichen Wert um mehr als die Hälfte<lb/> herunter. Natürlich haben sich die vielbändigen Sammlungen bei den Wande¬<lb/> rungen und Gefahren, denen sie ausgesetzt waren, nur schwer vollständig er¬<lb/> halten. Mignes l^troIvM, die vollständige Sammlung aller Kirchenväter, die<lb/> ^ot-ii, 8ni.nvtornm, die seit 1643 erscheinen und alle auf die Heiligen bezüglichen<lb/> Lebensnachrichten enthalten, die zahlreichen Sammlungen belletristischen Inhalts<lb/> aus dem vorigen Jahrhundert, meist in Duodezformat, oft mit langen Unter¬<lb/> brechungen und an verschiednen Orten erschienen, dann große Zeitschriftenserien,<lb/> sind Werke, die sehr selten vollständig und nur bei Versteigerungen sehr großer<lb/> Bibliotheken vorkommen. In neuerer Zeit ist von einem Schlesier, Rudolf<lb/> Appel, ein chemisches Verfahren, das sogenannte „anastatische," erfunden worden,<lb/> wodurch es möglich ist, von einzelnen Bänden auf chemischem Wege bis<lb/> 200 Nachbildungen zu erzeugen. Dieses Verfahren empfiehlt sich besonders<lb/> zur Ergänzung solcher Werke, bei denen die Mehrzahl der Bände in größern<lb/> Auflagen vorhanden, nur einige gänzlich vergriffen sind. Die Originaldrncke<lb/> werden natürlich überall vorgezogen und dementsprechend höher bezahlt.</p><lb/> <p xml:id="ID_309"> So vereinigen sich Umstände mannichfachster Art, die Preise der Bücher in die<lb/> Höhe zu treiben und die Erwerbung einer umfangreichen Sammlung seltener Werke<lb/> auch dem Begüterten zu erschweren. Eine nach der Bandzahl durchaus nicht<lb/> große Sammlung dieser Art bildet oft ein riesiges Vermögen. So hat die<lb/> Snnderlandsche Bibliothek, die in den Jahren 1881 bis 1883 an einundfünfzig<lb/> Tagen versteigert wurde, die Summe von 1131620 Mark ergeben, und doch<lb/> enthielt sie nur 14000 Nummern. Die Beckfordsche Bibliothek, die um die¬<lb/> selbe Zeit unter den Hammer kam, umfaßte nur 9837 Nummern und ergab<lb/> 1471020 Mark. Die höchste Durchschnittssumme wurde im Jahre 1877 bei<lb/> der Versteigerung der Seilliereschen Bibliothek in London erreicht, die bei<lb/> einem Bestände von 1147 Nummern für 300000 Mark verkauft wurde. Der<lb/> Vaud kostete also durchschnittlich 320 Mark.</p><lb/> <p xml:id="ID_310" next="#ID_311"> Bei den Bibliomanen ein wissenschaftliches Interesse anzunehmen, wäre<lb/> irrig. Es ist eine Sammelleidenschaft wie jede andre, bei der nicht der<lb/> Gegenstand, sondern das Sammeln selbst Freude gewährt. Ja es ist sicher,<lb/> daß der Wissenschaft dadurch nicht nur kein Dienst geleistet wird, sondern<lb/> daß sie sogar beeinträchtigt wird. Denn die Wissenschaft ist öffentlich, und<lb/> so müssen auch ihre Hilfsmittel und Grundlagen öffentlich, d. h. allgemein<lb/> zugänglich und benutzbar sein. So lange sich „seltene" Werke in den Händen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0100]
Bibliophilie
der einzelnen Ausschnitte nach der Größe, ja nach der Form des Kuvertteils,
ob eckig oder oval, richtet.
Schließlich sind, wenn anch gerade nicht selten, doch ziemlich gesucht Werke und
Sammlungen von großem Umfange. Bei den Hunderten von Bänden, die eine
solche Sammlung zählt, bedarf es nur einer geringen Nachlässigkeit, und der
Verlust eines einzigen Bündchens, das sich schwer und meist nur durch
Zufall ersetzen läßt, wirft den ursprünglichen Wert um mehr als die Hälfte
herunter. Natürlich haben sich die vielbändigen Sammlungen bei den Wande¬
rungen und Gefahren, denen sie ausgesetzt waren, nur schwer vollständig er¬
halten. Mignes l^troIvM, die vollständige Sammlung aller Kirchenväter, die
^ot-ii, 8ni.nvtornm, die seit 1643 erscheinen und alle auf die Heiligen bezüglichen
Lebensnachrichten enthalten, die zahlreichen Sammlungen belletristischen Inhalts
aus dem vorigen Jahrhundert, meist in Duodezformat, oft mit langen Unter¬
brechungen und an verschiednen Orten erschienen, dann große Zeitschriftenserien,
sind Werke, die sehr selten vollständig und nur bei Versteigerungen sehr großer
Bibliotheken vorkommen. In neuerer Zeit ist von einem Schlesier, Rudolf
Appel, ein chemisches Verfahren, das sogenannte „anastatische," erfunden worden,
wodurch es möglich ist, von einzelnen Bänden auf chemischem Wege bis
200 Nachbildungen zu erzeugen. Dieses Verfahren empfiehlt sich besonders
zur Ergänzung solcher Werke, bei denen die Mehrzahl der Bände in größern
Auflagen vorhanden, nur einige gänzlich vergriffen sind. Die Originaldrncke
werden natürlich überall vorgezogen und dementsprechend höher bezahlt.
So vereinigen sich Umstände mannichfachster Art, die Preise der Bücher in die
Höhe zu treiben und die Erwerbung einer umfangreichen Sammlung seltener Werke
auch dem Begüterten zu erschweren. Eine nach der Bandzahl durchaus nicht
große Sammlung dieser Art bildet oft ein riesiges Vermögen. So hat die
Snnderlandsche Bibliothek, die in den Jahren 1881 bis 1883 an einundfünfzig
Tagen versteigert wurde, die Summe von 1131620 Mark ergeben, und doch
enthielt sie nur 14000 Nummern. Die Beckfordsche Bibliothek, die um die¬
selbe Zeit unter den Hammer kam, umfaßte nur 9837 Nummern und ergab
1471020 Mark. Die höchste Durchschnittssumme wurde im Jahre 1877 bei
der Versteigerung der Seilliereschen Bibliothek in London erreicht, die bei
einem Bestände von 1147 Nummern für 300000 Mark verkauft wurde. Der
Vaud kostete also durchschnittlich 320 Mark.
Bei den Bibliomanen ein wissenschaftliches Interesse anzunehmen, wäre
irrig. Es ist eine Sammelleidenschaft wie jede andre, bei der nicht der
Gegenstand, sondern das Sammeln selbst Freude gewährt. Ja es ist sicher,
daß der Wissenschaft dadurch nicht nur kein Dienst geleistet wird, sondern
daß sie sogar beeinträchtigt wird. Denn die Wissenschaft ist öffentlich, und
so müssen auch ihre Hilfsmittel und Grundlagen öffentlich, d. h. allgemein
zugänglich und benutzbar sein. So lange sich „seltene" Werke in den Händen
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