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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

untersten Behörden zuzulassen. Daß das nicht in allen Fallen möglich ist, geben
wir zu; die Zwischeninstanzen haben sich ja oft gutachtlich über vorliegende Berichte
unterer Behörden zu äußern.


Schranzeustil.

In dem Jahresbericht eines österreichischen Gymnasiums
wird über eiuen Besuch des Direktors berichtet. Wir wenden uns mit der Frage
an die Lehrer der deutschen Sprache, ob der dabei angewandte Stil der Jngend
als Muster empfohlen werden kann. Der Bericht lautet:

Am 28. September 1894 wurde der Direktor von seiner kaiserlichen und könig¬
liche" Hoheit dem durchlauchtigsten Herrn Erzherzog .Karl Ludwig Allerhuldvollst zur
Audienz zugelassen, um deu unterthttnigsten und ehrerbietigsten Dank sür die
Allergnndigste Entgegennahme des X. Gymnasialjahresberichts gehorsamst zu unter-
breiten. Seine kaiserliche und königliche Hoheit geruhten den ehrfurchtsvollsten
Dank in gnädigster Weise entgegenzunehmen, den Direktor eingehend über die
Entwicklung und alle Verhältnisse der Schule huldvollst zu befragen und zu dem
dermalen erreichten Zustande des Gymnasiums zu beglückwünschen und endlich
Höchstseinen gelegentlichen gnädigsten Besuch der Lehranstalt huldreichst in Aussicht
zu stellen. Am Ende der über eine Viertelstunde währenden Audienz gernhten
Seine kaiserliche und königliche Hoheit dem Direktor gnädigst die Hand zu reichen
und die huldvollste Versicherung Höchstseiuer weitern wohlwollenden Gewogenheit
auszusprechen.


Berichtigung.

In meinem Aufsatz über deu.Frauentag in Kassel (Heft 26)
habe ich am Schluß einen Vorfall mitgeteilt, der sich nach der Erzählung von
Frau Schwerin vor dem Berliner Einignngsnmt zugetragen haben soll, und der
mir einer öffentlichen Aufklärung bedürftig erschien. Der Vorsitzende des Einigungs¬
amts, Herr von Schulz, erklärt jetzt in einer Zuschrift an die Redaktion, es sei
unwahr, daß er nach Vernehmung des betreffenden Mädchens Frau Schwerin
gefragt habe: "Verstehen Sie, wie die mit sechs Mark auskommt, bei ihrer Kleidung
obendrein? Ich verstehe es nicht." Weder diese noch eine ähnliche Äußerung sei
während der Verhandlungen von seiner Seite gefallen. Ich ergreife mit Freuden
die mir von der Redaktion gevotne Gelegenheit, dies auch vor den Lesern der
Grenzboten festzustellen, sowie die sich notwendig daraus ergebende Folgerung, daß
Frau Schwerin in der That, wie ich es schon damals als möglich andeutete, sich
"geirrt," d. h. der Versammlung ein Märchen erzählt hat. Damit wäre ein neuer,
charakteristischer Beitrag geliefert zu der Art und Weise, wie manche Führerinnen
der Frauenbewegung für ihre Sache wirken.






Für die Redaktion verantwortlich! Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. -- Druck von Carl Marquart in Leipzig
Maßgebliches und Unmaßgebliches

untersten Behörden zuzulassen. Daß das nicht in allen Fallen möglich ist, geben
wir zu; die Zwischeninstanzen haben sich ja oft gutachtlich über vorliegende Berichte
unterer Behörden zu äußern.


Schranzeustil.

In dem Jahresbericht eines österreichischen Gymnasiums
wird über eiuen Besuch des Direktors berichtet. Wir wenden uns mit der Frage
an die Lehrer der deutschen Sprache, ob der dabei angewandte Stil der Jngend
als Muster empfohlen werden kann. Der Bericht lautet:

Am 28. September 1894 wurde der Direktor von seiner kaiserlichen und könig¬
liche» Hoheit dem durchlauchtigsten Herrn Erzherzog .Karl Ludwig Allerhuldvollst zur
Audienz zugelassen, um deu unterthttnigsten und ehrerbietigsten Dank sür die
Allergnndigste Entgegennahme des X. Gymnasialjahresberichts gehorsamst zu unter-
breiten. Seine kaiserliche und königliche Hoheit geruhten den ehrfurchtsvollsten
Dank in gnädigster Weise entgegenzunehmen, den Direktor eingehend über die
Entwicklung und alle Verhältnisse der Schule huldvollst zu befragen und zu dem
dermalen erreichten Zustande des Gymnasiums zu beglückwünschen und endlich
Höchstseinen gelegentlichen gnädigsten Besuch der Lehranstalt huldreichst in Aussicht
zu stellen. Am Ende der über eine Viertelstunde währenden Audienz gernhten
Seine kaiserliche und königliche Hoheit dem Direktor gnädigst die Hand zu reichen
und die huldvollste Versicherung Höchstseiuer weitern wohlwollenden Gewogenheit
auszusprechen.


Berichtigung.

In meinem Aufsatz über deu.Frauentag in Kassel (Heft 26)
habe ich am Schluß einen Vorfall mitgeteilt, der sich nach der Erzählung von
Frau Schwerin vor dem Berliner Einignngsnmt zugetragen haben soll, und der
mir einer öffentlichen Aufklärung bedürftig erschien. Der Vorsitzende des Einigungs¬
amts, Herr von Schulz, erklärt jetzt in einer Zuschrift an die Redaktion, es sei
unwahr, daß er nach Vernehmung des betreffenden Mädchens Frau Schwerin
gefragt habe: „Verstehen Sie, wie die mit sechs Mark auskommt, bei ihrer Kleidung
obendrein? Ich verstehe es nicht." Weder diese noch eine ähnliche Äußerung sei
während der Verhandlungen von seiner Seite gefallen. Ich ergreife mit Freuden
die mir von der Redaktion gevotne Gelegenheit, dies auch vor den Lesern der
Grenzboten festzustellen, sowie die sich notwendig daraus ergebende Folgerung, daß
Frau Schwerin in der That, wie ich es schon damals als möglich andeutete, sich
„geirrt," d. h. der Versammlung ein Märchen erzählt hat. Damit wäre ein neuer,
charakteristischer Beitrag geliefert zu der Art und Weise, wie manche Führerinnen
der Frauenbewegung für ihre Sache wirken.






Für die Redaktion verantwortlich! Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. — Druck von Carl Marquart in Leipzig
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[0584] Maßgebliches und Unmaßgebliches untersten Behörden zuzulassen. Daß das nicht in allen Fallen möglich ist, geben wir zu; die Zwischeninstanzen haben sich ja oft gutachtlich über vorliegende Berichte unterer Behörden zu äußern. Schranzeustil. In dem Jahresbericht eines österreichischen Gymnasiums wird über eiuen Besuch des Direktors berichtet. Wir wenden uns mit der Frage an die Lehrer der deutschen Sprache, ob der dabei angewandte Stil der Jngend als Muster empfohlen werden kann. Der Bericht lautet: Am 28. September 1894 wurde der Direktor von seiner kaiserlichen und könig¬ liche» Hoheit dem durchlauchtigsten Herrn Erzherzog .Karl Ludwig Allerhuldvollst zur Audienz zugelassen, um deu unterthttnigsten und ehrerbietigsten Dank sür die Allergnndigste Entgegennahme des X. Gymnasialjahresberichts gehorsamst zu unter- breiten. Seine kaiserliche und königliche Hoheit geruhten den ehrfurchtsvollsten Dank in gnädigster Weise entgegenzunehmen, den Direktor eingehend über die Entwicklung und alle Verhältnisse der Schule huldvollst zu befragen und zu dem dermalen erreichten Zustande des Gymnasiums zu beglückwünschen und endlich Höchstseinen gelegentlichen gnädigsten Besuch der Lehranstalt huldreichst in Aussicht zu stellen. Am Ende der über eine Viertelstunde währenden Audienz gernhten Seine kaiserliche und königliche Hoheit dem Direktor gnädigst die Hand zu reichen und die huldvollste Versicherung Höchstseiuer weitern wohlwollenden Gewogenheit auszusprechen. Berichtigung. In meinem Aufsatz über deu.Frauentag in Kassel (Heft 26) habe ich am Schluß einen Vorfall mitgeteilt, der sich nach der Erzählung von Frau Schwerin vor dem Berliner Einignngsnmt zugetragen haben soll, und der mir einer öffentlichen Aufklärung bedürftig erschien. Der Vorsitzende des Einigungs¬ amts, Herr von Schulz, erklärt jetzt in einer Zuschrift an die Redaktion, es sei unwahr, daß er nach Vernehmung des betreffenden Mädchens Frau Schwerin gefragt habe: „Verstehen Sie, wie die mit sechs Mark auskommt, bei ihrer Kleidung obendrein? Ich verstehe es nicht." Weder diese noch eine ähnliche Äußerung sei während der Verhandlungen von seiner Seite gefallen. Ich ergreife mit Freuden die mir von der Redaktion gevotne Gelegenheit, dies auch vor den Lesern der Grenzboten festzustellen, sowie die sich notwendig daraus ergebende Folgerung, daß Frau Schwerin in der That, wie ich es schon damals als möglich andeutete, sich „geirrt," d. h. der Versammlung ein Märchen erzählt hat. Damit wäre ein neuer, charakteristischer Beitrag geliefert zu der Art und Weise, wie manche Führerinnen der Frauenbewegung für ihre Sache wirken. Für die Redaktion verantwortlich! Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. — Druck von Carl Marquart in Leipzig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_222941/584>, abgerufen am 28.07.2024.