Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr.Ballade und Romanze Schließlich betrachtete man es auch als durchaus nicht der Natur der Nicht weniger verschiedenartig als die Behandlungsweise war aber auch Grenzboten III 18W "Z5
Ballade und Romanze Schließlich betrachtete man es auch als durchaus nicht der Natur der Nicht weniger verschiedenartig als die Behandlungsweise war aber auch Grenzboten III 18W «Z5
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Ballade und Romanze
Schließlich betrachtete man es auch als durchaus nicht der Natur der
Romanze zuwiderlaufend, einen vollkommen ernsten Ton anzuschlagen und dnrch
das ganze Gedicht durchzuführen. In ausgesprochnen Gegensatze zu der
herrschenden Meinung, daß komisches Gedicht und Romanze gleichbedeutend
seien, suchte H. E. Raspe in diese Dichtart eine edlere Sprache einzuführen
dnrch seine „Geschichte aus den Ritterzciten Hermin und Gunilde"; dieses
Gedicht wird von dem Rezensenten in der Bibliothek der schönen Wissen¬
schaften (1766, III, 1, S. 11) als Romanze bezeichnet, von dem Herausgeber
der „Romanzen der Deutschen" (Leipzig, 1774, S. 24) als „größere historische
Romanze." Es ist auch dadurch merkwürdig, daß es die Reihe der alle¬
gorischen Romanzen beginnt, die später Uhland und A. W. von Schlegel
besser ausführten. Wie nämlich der Verfasser am Schlüsse angiebt, soll Gunilde
die Mode und Hermin den Stolz bedeuten.
Nicht weniger verschiedenartig als die Behandlungsweise war aber auch
der Gegenstand der von Gleim und seinen Nachahmern gedichteten Romanzen.
Gleim hatte fast ausschließlich Stoffe der Liebe, besonders die schädlichen Folgen
der Eifersucht behandelt und für wirkliche, in der Gegenwart geschehene Vor¬
fälle ausgegeben, sodaß man seine Romanzen vielleicht bürgerliche Romanzen
nennen könnte. Nachdem dann aber als eigentümlicher Stoff der Romanze
das „Abenteuerliche der Begebenheit" (Romanzen der Deutschen, S. XI) oder
„ein abenteuerliches Wunderbare mit einer possirlichen Traurigkeit erzählt"
(Bibliothek der schönen Wissenschaften, 1758, S. 321) bestimmt worden war, lag
nichts näher, als in die antike Mythologie zurückzugreifen. Löwen war der erste, der
den Gegenstand einer Romanze (Tarquin und Lucretia) aus dieser Quelle
schöpfte und den Tod der edeln Römerin durch lüsternen Spott verhöhnte.
Ganz besonders hat dann Schiebeler die griechisch-römische Mythologie für seine
Romanzen ausgebeutet, sodaß er von sich sagen konnte: „Wir verbessern den
Ovidius, der es geduldig leiden muß" (Ausgabe von Eschenburg 1773, S. 233).
Man beschränkte sich um auch nicht mehr auf Stoffe der Liebe, sondern wählte
jeden Gegenstand, aus dem sich eine Mordgeschichte im weitern Sinne bilden
ließ. Als Mordgeschichte bezeichnet Schiebeler sogar seine „Pandora," in der
von einem Morde gar nicht die Rede ist. Neben der antiken Mythologie griff
man endlich zur deutschen Sage, seitdem Klopstock die Augen der Litteraten
auf sie gerichtet hatte. Löwen behandelte in einer „Romanze" die Sage von dem
Grafen Ludwig von Gleichen und seiner Doppelehe, die später (1782) F. L.
von Stolberg zum Gegenstand einer „Ballade" wählte. Man könnte diese
Art von Gedichten Ritterromanzen nennen und müßte dann auch Gleims
"Sänger und Ritter" und Gollers „Blaubart" dazu rechnen. Dagegen trägt
Raspes Romanze „Hermin und Gunilde," die aus eiuer im Volksmunde
lebenden Sage hervorgegangen war, mehr den Charakter einer Schäferromanze;
auch Gleims „Alexiade" gehört hierher.
Grenzboten III 18W «Z5
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