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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr.

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Richard Mulder und die deutsche Kunstwissenschaft

Handlungen in Sonderabzügen müßten nur dann ausgegeben werden, wenn sie
zu wissenschaftlichen Zwecken verlangt werden. Drittens wäre zu wünschen,
daß zu den Abhandlungen sorgfältige und praktische Register angelegt würden,
um ihre Benutzung zu erleichtern. Durch die trefflichen Arbeiten von Kluß-
mcmn ist schon viel geschehen; aber noch viel mehr bleibt zu thun übrig.
So fehlen z. B. Verzeichnisse der behandelten Stellen, Namens- und Orts¬
register u. a. in. Viertens müßte ausdrücklich den Verfassern ihr Autorrecht
gewahrt werden, so gut wie den Universitätslehrern, die ja auch ihre Pro¬
gramme öfter als Oxuseula, gesammelt haben. In tausend Fällen wird
das ja höchstens einmal praktisch werden: aber auch für diesen einen Fall ist
es nötig, daß der Verfasser eine rechtliche Grundlage habe, um sich sein geistiges
Eigentum zu sichern und zu verwerten. Besonders tüchtige Leute haben sich
oft nur deshalb nicht entschließen können, ihre guten, neuen Gedanken in einem
Programm zu "vergraben" (das ist der übliche Kunstausdruck), weil sie sich
in jeder Hinsicht gebunden fühlten: das würde anders werden, wenn auch hier
die vielleicht nicht einmal beabsichtigte Schranke fiele.")




Richard Mulder und die deutsche Kunstwissenschaft
Gin Beitrag zur Klärung der "Mutherhetze"

le "Geschichte der Malerei im neunzehnten Jahrhundert" von
Richard Mulder, die vor drei Jahren zu erscheinen anfing, gehört
zu der kleinen Zahl der Bücher, die in den Kreisen der Fach¬
genossen wie im großen Publikum Aussehen erregen und wirklich
gelesen werden. Man macht sich keiner Übertreibung schuldig,
wenn man sagt, daß wohl nie zuvor in Deutschland ein kunstgeschichtliches
Werk auch von der Laienwelt so begierig aufgenommen und so emsig studirt
worden ist, wie dieses Buch. Es haben sich Vereinigungen und Lesekränzchen
gebildet, besonders von Damen, zu gemeinsamem Lesen des Buches. Ein großer
Teil des gebildeten Publikums, der sonst den Veröffentlichungen aus Fach¬
kreisen fern zu bleiben pflegt, liegt förmlich im Banne der Mutherschen
"Geschichte der Malerei."



Sollte wirklich ein Lehrer verhindert werden können, eine Progrmnmabhandlung gleich¬
zeitig in einer Zeitschrift zu veröffentlichen, wo er ein Honorar dafür erhält? Das ist doch
D. N. undenkbar.
Richard Mulder und die deutsche Kunstwissenschaft

Handlungen in Sonderabzügen müßten nur dann ausgegeben werden, wenn sie
zu wissenschaftlichen Zwecken verlangt werden. Drittens wäre zu wünschen,
daß zu den Abhandlungen sorgfältige und praktische Register angelegt würden,
um ihre Benutzung zu erleichtern. Durch die trefflichen Arbeiten von Kluß-
mcmn ist schon viel geschehen; aber noch viel mehr bleibt zu thun übrig.
So fehlen z. B. Verzeichnisse der behandelten Stellen, Namens- und Orts¬
register u. a. in. Viertens müßte ausdrücklich den Verfassern ihr Autorrecht
gewahrt werden, so gut wie den Universitätslehrern, die ja auch ihre Pro¬
gramme öfter als Oxuseula, gesammelt haben. In tausend Fällen wird
das ja höchstens einmal praktisch werden: aber auch für diesen einen Fall ist
es nötig, daß der Verfasser eine rechtliche Grundlage habe, um sich sein geistiges
Eigentum zu sichern und zu verwerten. Besonders tüchtige Leute haben sich
oft nur deshalb nicht entschließen können, ihre guten, neuen Gedanken in einem
Programm zu „vergraben" (das ist der übliche Kunstausdruck), weil sie sich
in jeder Hinsicht gebunden fühlten: das würde anders werden, wenn auch hier
die vielleicht nicht einmal beabsichtigte Schranke fiele.")




Richard Mulder und die deutsche Kunstwissenschaft
Gin Beitrag zur Klärung der „Mutherhetze"

le „Geschichte der Malerei im neunzehnten Jahrhundert" von
Richard Mulder, die vor drei Jahren zu erscheinen anfing, gehört
zu der kleinen Zahl der Bücher, die in den Kreisen der Fach¬
genossen wie im großen Publikum Aussehen erregen und wirklich
gelesen werden. Man macht sich keiner Übertreibung schuldig,
wenn man sagt, daß wohl nie zuvor in Deutschland ein kunstgeschichtliches
Werk auch von der Laienwelt so begierig aufgenommen und so emsig studirt
worden ist, wie dieses Buch. Es haben sich Vereinigungen und Lesekränzchen
gebildet, besonders von Damen, zu gemeinsamem Lesen des Buches. Ein großer
Teil des gebildeten Publikums, der sonst den Veröffentlichungen aus Fach¬
kreisen fern zu bleiben pflegt, liegt förmlich im Banne der Mutherschen
„Geschichte der Malerei."



Sollte wirklich ein Lehrer verhindert werden können, eine Progrmnmabhandlung gleich¬
zeitig in einer Zeitschrift zu veröffentlichen, wo er ein Honorar dafür erhält? Das ist doch
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[0130] Richard Mulder und die deutsche Kunstwissenschaft Handlungen in Sonderabzügen müßten nur dann ausgegeben werden, wenn sie zu wissenschaftlichen Zwecken verlangt werden. Drittens wäre zu wünschen, daß zu den Abhandlungen sorgfältige und praktische Register angelegt würden, um ihre Benutzung zu erleichtern. Durch die trefflichen Arbeiten von Kluß- mcmn ist schon viel geschehen; aber noch viel mehr bleibt zu thun übrig. So fehlen z. B. Verzeichnisse der behandelten Stellen, Namens- und Orts¬ register u. a. in. Viertens müßte ausdrücklich den Verfassern ihr Autorrecht gewahrt werden, so gut wie den Universitätslehrern, die ja auch ihre Pro¬ gramme öfter als Oxuseula, gesammelt haben. In tausend Fällen wird das ja höchstens einmal praktisch werden: aber auch für diesen einen Fall ist es nötig, daß der Verfasser eine rechtliche Grundlage habe, um sich sein geistiges Eigentum zu sichern und zu verwerten. Besonders tüchtige Leute haben sich oft nur deshalb nicht entschließen können, ihre guten, neuen Gedanken in einem Programm zu „vergraben" (das ist der übliche Kunstausdruck), weil sie sich in jeder Hinsicht gebunden fühlten: das würde anders werden, wenn auch hier die vielleicht nicht einmal beabsichtigte Schranke fiele.") Richard Mulder und die deutsche Kunstwissenschaft Gin Beitrag zur Klärung der „Mutherhetze" le „Geschichte der Malerei im neunzehnten Jahrhundert" von Richard Mulder, die vor drei Jahren zu erscheinen anfing, gehört zu der kleinen Zahl der Bücher, die in den Kreisen der Fach¬ genossen wie im großen Publikum Aussehen erregen und wirklich gelesen werden. Man macht sich keiner Übertreibung schuldig, wenn man sagt, daß wohl nie zuvor in Deutschland ein kunstgeschichtliches Werk auch von der Laienwelt so begierig aufgenommen und so emsig studirt worden ist, wie dieses Buch. Es haben sich Vereinigungen und Lesekränzchen gebildet, besonders von Damen, zu gemeinsamem Lesen des Buches. Ein großer Teil des gebildeten Publikums, der sonst den Veröffentlichungen aus Fach¬ kreisen fern zu bleiben pflegt, liegt förmlich im Banne der Mutherschen „Geschichte der Malerei." Sollte wirklich ein Lehrer verhindert werden können, eine Progrmnmabhandlung gleich¬ zeitig in einer Zeitschrift zu veröffentlichen, wo er ein Honorar dafür erhält? Das ist doch D. N. undenkbar.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_222941/130>, abgerufen am 01.09.2024.