Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr.Landwirtschaftliche Reinertrage laufbahn einschlagen können. Dann würde er, wenn er sich zum Verkaufe Ich kann diese Art von Ncinertragsberechnung so wenig für "ganz zweck¬ Der Sachverständige schwächt freilich seine Zinsberechnung durch folgende Landwirtschaftliche Reinertrage laufbahn einschlagen können. Dann würde er, wenn er sich zum Verkaufe Ich kann diese Art von Ncinertragsberechnung so wenig für „ganz zweck¬ Der Sachverständige schwächt freilich seine Zinsberechnung durch folgende <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0175" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/222479"/> <fw type="header" place="top"> Landwirtschaftliche Reinertrage</fw><lb/> <p xml:id="ID_488" prev="#ID_487"> laufbahn einschlagen können. Dann würde er, wenn er sich zum Verkaufe<lb/> seines Hofes entschlossen Hütte, als Einnahme seinen Gehalt und noch die<lb/> Zinsen von der Verkaufssumme haben."</p><lb/> <p xml:id="ID_489"> Ich kann diese Art von Ncinertragsberechnung so wenig für „ganz zweck¬<lb/> mäßig" halten, daß ich sie vielmehr als das Grundübel in der heutigen Agrar¬<lb/> frage bezeichnen möchte. Hält der Sachverständige wirklich die herausgerechneten<lb/> 2720 Mark 79 Pfennige für den Reinertrag des Grundkapitals einschließlich<lb/> des lebenden und toten Inventars der Wirtschaft, so ist es geradezu eine<lb/> Sünde, den Besitzer und seine Erben in dem Wahne zu bestärken, das Gut<lb/> habe einen Wert von 149559 Mark. Sind denn die Leute im Kreise Peine<lb/> so zahlreich, die für Halbbauerhöfe Luxuspreise zahlen? Kann der Besitzer<lb/> diesen Preis erwarten, wenn er beim Verkauf offen und ehrlich den Hof als<lb/> Luxusgut bezeichnet? Soll er bei der Ordnung des Erbgangs seinem Schwieger¬<lb/> sohne — denn der Sohn scheint nicht Halbbauer werden zu wollen — das<lb/> Gut nach diesem „heutigen wirklichen Verkaufswert" mit einem „Voraus" von<lb/> etwa einem Drittel berechnen? Darf er selber, wenn ihn die Not drückt,<lb/> Schulden macheu wie ein Manu von 150000 Mark? Wie will er denn die<lb/> Zinsen zahlen, wenn er nur die Hälfte dieser Summe aufnimmt? Und wie<lb/> soll es erst werden, wenn der Nachbesitzer fünf, sechs Kinder hat? Der Ber¬<lb/> liner Bankier mag seinen Luxusbesitz auf Rüge», der nur kostet und nichts<lb/> einbringt, mit einem gewissen, sehr vorsichtig zu bemessenden Verkaufswert aktiv<lb/> hundelt, der Halbbauer im Kreise Peine darf das nicht, oder er hört eben auf,<lb/> der solide Landmann zu sein und wird zum unsolider Spekulanten. Aber<lb/> dann soll er auch, wenn er bankrott wird, keine andre Behandlung beanspruche»<lb/> als der Bankrotteur im Handel und Gewerbe. Es gereicht den hannoverschen<lb/> Landwirten sehr zum Lobe, auch moralisch, daß sie sich im allgemeinen von<lb/> der Güterspeknlation und Preistreiberei fern gehalten haben, die in den Ost¬<lb/> provinzen mehr als alles andre die Widerstandsfähigkeit des Großgrundbesitzes<lb/> und leider auch eines Teils der Bauern untergraben hat; aber um so mehr<lb/> ist die Luxuspreistheorie bei der Reiuertragsberechnnng der Peiner Halbbauer¬<lb/> höfe zurückzuweisen.</p><lb/> <p xml:id="ID_490" next="#ID_491"> Der Sachverständige schwächt freilich seine Zinsberechnung durch folgende<lb/> Bemerkung etwas ab: „Mau kann bei dieser Berechnung einwenden, daß der Be¬<lb/> sitzer des Halbbauerhofes auch nicht einen Sohn auf das Gymnasium zu schicken<lb/> brauchte, er könnte auch noch sparen an Getränken. Fleisch, Tabak, kurz, er<lb/> könnte vielleicht mit der Hälfte der angegebnen Hanshaltungsausgabeu aus¬<lb/> kommen. Dieser Einwand ist berechtigt. Die Haushaltnngsausgaben ver¬<lb/> dunkeln derartige Berechnungen sehr. Der Besitzer des Halbbauerhofes hätte<lb/> ja noch einmal so viel für seinen Haushalt ausgeben können, und dann hätte<lb/> ^r sogar Schulden gemacht. Man gewinnt vielleicht ein klareres und zum<lb/> vergleich mit der Lage andrer Stände geeigneteres Bild, wenn man die Haus-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0175]
Landwirtschaftliche Reinertrage
laufbahn einschlagen können. Dann würde er, wenn er sich zum Verkaufe
seines Hofes entschlossen Hütte, als Einnahme seinen Gehalt und noch die
Zinsen von der Verkaufssumme haben."
Ich kann diese Art von Ncinertragsberechnung so wenig für „ganz zweck¬
mäßig" halten, daß ich sie vielmehr als das Grundübel in der heutigen Agrar¬
frage bezeichnen möchte. Hält der Sachverständige wirklich die herausgerechneten
2720 Mark 79 Pfennige für den Reinertrag des Grundkapitals einschließlich
des lebenden und toten Inventars der Wirtschaft, so ist es geradezu eine
Sünde, den Besitzer und seine Erben in dem Wahne zu bestärken, das Gut
habe einen Wert von 149559 Mark. Sind denn die Leute im Kreise Peine
so zahlreich, die für Halbbauerhöfe Luxuspreise zahlen? Kann der Besitzer
diesen Preis erwarten, wenn er beim Verkauf offen und ehrlich den Hof als
Luxusgut bezeichnet? Soll er bei der Ordnung des Erbgangs seinem Schwieger¬
sohne — denn der Sohn scheint nicht Halbbauer werden zu wollen — das
Gut nach diesem „heutigen wirklichen Verkaufswert" mit einem „Voraus" von
etwa einem Drittel berechnen? Darf er selber, wenn ihn die Not drückt,
Schulden macheu wie ein Manu von 150000 Mark? Wie will er denn die
Zinsen zahlen, wenn er nur die Hälfte dieser Summe aufnimmt? Und wie
soll es erst werden, wenn der Nachbesitzer fünf, sechs Kinder hat? Der Ber¬
liner Bankier mag seinen Luxusbesitz auf Rüge», der nur kostet und nichts
einbringt, mit einem gewissen, sehr vorsichtig zu bemessenden Verkaufswert aktiv
hundelt, der Halbbauer im Kreise Peine darf das nicht, oder er hört eben auf,
der solide Landmann zu sein und wird zum unsolider Spekulanten. Aber
dann soll er auch, wenn er bankrott wird, keine andre Behandlung beanspruche»
als der Bankrotteur im Handel und Gewerbe. Es gereicht den hannoverschen
Landwirten sehr zum Lobe, auch moralisch, daß sie sich im allgemeinen von
der Güterspeknlation und Preistreiberei fern gehalten haben, die in den Ost¬
provinzen mehr als alles andre die Widerstandsfähigkeit des Großgrundbesitzes
und leider auch eines Teils der Bauern untergraben hat; aber um so mehr
ist die Luxuspreistheorie bei der Reiuertragsberechnnng der Peiner Halbbauer¬
höfe zurückzuweisen.
Der Sachverständige schwächt freilich seine Zinsberechnung durch folgende
Bemerkung etwas ab: „Mau kann bei dieser Berechnung einwenden, daß der Be¬
sitzer des Halbbauerhofes auch nicht einen Sohn auf das Gymnasium zu schicken
brauchte, er könnte auch noch sparen an Getränken. Fleisch, Tabak, kurz, er
könnte vielleicht mit der Hälfte der angegebnen Hanshaltungsausgabeu aus¬
kommen. Dieser Einwand ist berechtigt. Die Haushaltnngsausgaben ver¬
dunkeln derartige Berechnungen sehr. Der Besitzer des Halbbauerhofes hätte
ja noch einmal so viel für seinen Haushalt ausgeben können, und dann hätte
^r sogar Schulden gemacht. Man gewinnt vielleicht ein klareres und zum
vergleich mit der Lage andrer Stände geeigneteres Bild, wenn man die Haus-
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