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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr.

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Unsre Pflicht im Transvaal

genügt auch diesesmal wie in den zahlreichen Fällen, wo Deutschland John
Bulls breite Ellbogen zu fühlen bekam, ein derber Gegenstoß als Hinweis,
daß wir feststehen. Doch wird diese Begegnung unzweifelhaft eine tiefere
Spur lassen, denn sie ist schon hente mit einer empfindlichen Niederlage der
englischen Politik verknüpft.

Wir gehen nicht auf die Mitwissenschaft der amtlichen Kreise Englands ein;
sie ist für jeden, der mit südafrikanischen Angelegenheiten bekannt ist, unzweifel¬
haft.*) Erinnern wir doch nur an ein einziges Wort Salisburys in einer
Parlamentssitzung des letzten Winters: "Selbst die Regierung von Transvaal,
so feindlich sie uns gesinnt war, findet allmählich den Druck der Thätigkeit
der Engländer rings umher so stark, daß sie langsam nachgiebt, und wir
zweifeln nicht, daß durch freundliche und friedliche, wenn auch unwider¬
stehliche Mittel Transvaal gezwungen werden wird, sich der Konföderation
anzuschließen, die eigentlich schon fertig ist." Die Zukunft wird noch andre
Dinge an den Tag bringen. Die Verbindung höchstgestellter Personen, vom
Prinzen von Wales abwärts, mit den Besitzern der Diamant- und Goldminen
Südafrikas zu gemeinsamer Ausbeutung, zu denen ebenso der Minister der
Kapkolonie und Dirigent von Britisch-Südafrika, Cecil Rhodes, wie dessen
Lord Kommissar, der Vertreter der Krone im Kapland, Hercules Robinson,
vor allem aber auch Rothschild gehört, giebt allen englischen Unternehmungen
in Südafrika einen ganz ausgesprochen phönizischen Charakter. Wie selbst¬
bewußt sich auch die englischen Blätter jetzt stellen mögen, wir sagen voraus,
daß noch in ihren eignen Spalten die offne Besprechung dieser südafrikanischen
Diamant-, Gold- und Machtspekulation, die unvermeidlich geworden ist, die
englische Politik mit Schande bedecken wird. Doch davon bei passenderer
Gelegenheit.

Wichtiger ist jetzt für uns die Frage: Was kann und soll nun Deutschland
thun? Es muß der südafrikanischen Republik beistehen, den Grad von poli¬
tischer Unabhängigkeit zu bewahren, den ihr jener Londoner Vertrag gelassen
hat. Es muß das Gebiet wirtschaftlich offenhalten, das die Großengländer
und die Kapengländer um die Wette in ihre Zollsysteme ziehen, d. h. für Eng¬
lands Ausbeutung vorbehalten möchten. Das ist aber nur möglich, wenn
Deutschland im Verein mit dem nächstbeteiligten Grenznachbar in Südostafrika,



*) Wie klar vor allen Augen, die sich überhaupt Südafrika in diesen letzten Monaten
zugewandt haben, die Bedrohung der Unabhängigkeit der Bnrenfreistanten lag, beweist ein
Artikel "Der Untergang von Transvaal," der vor dem Einbrüche der Engländer geschrieben
wurde und am S. Januar in der ersten Nummer der "Deutschen Wochenschrift" in Berlin
erschienen ist. Sein Verfasser ist der mit afrikanischen Dingen wodlvertraute Dr. Schröder-
Poggelvw. Es heißt dort u. a.: "Die Organisation der Engländer zum Kampf gegen
Transvaal wird im Lande selbst ganz offen betrieben, und die Ziele der englischen Verge¬
waltigung treten klar hervor."
Unsre Pflicht im Transvaal

genügt auch diesesmal wie in den zahlreichen Fällen, wo Deutschland John
Bulls breite Ellbogen zu fühlen bekam, ein derber Gegenstoß als Hinweis,
daß wir feststehen. Doch wird diese Begegnung unzweifelhaft eine tiefere
Spur lassen, denn sie ist schon hente mit einer empfindlichen Niederlage der
englischen Politik verknüpft.

Wir gehen nicht auf die Mitwissenschaft der amtlichen Kreise Englands ein;
sie ist für jeden, der mit südafrikanischen Angelegenheiten bekannt ist, unzweifel¬
haft.*) Erinnern wir doch nur an ein einziges Wort Salisburys in einer
Parlamentssitzung des letzten Winters: „Selbst die Regierung von Transvaal,
so feindlich sie uns gesinnt war, findet allmählich den Druck der Thätigkeit
der Engländer rings umher so stark, daß sie langsam nachgiebt, und wir
zweifeln nicht, daß durch freundliche und friedliche, wenn auch unwider¬
stehliche Mittel Transvaal gezwungen werden wird, sich der Konföderation
anzuschließen, die eigentlich schon fertig ist." Die Zukunft wird noch andre
Dinge an den Tag bringen. Die Verbindung höchstgestellter Personen, vom
Prinzen von Wales abwärts, mit den Besitzern der Diamant- und Goldminen
Südafrikas zu gemeinsamer Ausbeutung, zu denen ebenso der Minister der
Kapkolonie und Dirigent von Britisch-Südafrika, Cecil Rhodes, wie dessen
Lord Kommissar, der Vertreter der Krone im Kapland, Hercules Robinson,
vor allem aber auch Rothschild gehört, giebt allen englischen Unternehmungen
in Südafrika einen ganz ausgesprochen phönizischen Charakter. Wie selbst¬
bewußt sich auch die englischen Blätter jetzt stellen mögen, wir sagen voraus,
daß noch in ihren eignen Spalten die offne Besprechung dieser südafrikanischen
Diamant-, Gold- und Machtspekulation, die unvermeidlich geworden ist, die
englische Politik mit Schande bedecken wird. Doch davon bei passenderer
Gelegenheit.

Wichtiger ist jetzt für uns die Frage: Was kann und soll nun Deutschland
thun? Es muß der südafrikanischen Republik beistehen, den Grad von poli¬
tischer Unabhängigkeit zu bewahren, den ihr jener Londoner Vertrag gelassen
hat. Es muß das Gebiet wirtschaftlich offenhalten, das die Großengländer
und die Kapengländer um die Wette in ihre Zollsysteme ziehen, d. h. für Eng¬
lands Ausbeutung vorbehalten möchten. Das ist aber nur möglich, wenn
Deutschland im Verein mit dem nächstbeteiligten Grenznachbar in Südostafrika,



*) Wie klar vor allen Augen, die sich überhaupt Südafrika in diesen letzten Monaten
zugewandt haben, die Bedrohung der Unabhängigkeit der Bnrenfreistanten lag, beweist ein
Artikel „Der Untergang von Transvaal," der vor dem Einbrüche der Engländer geschrieben
wurde und am S. Januar in der ersten Nummer der „Deutschen Wochenschrift" in Berlin
erschienen ist. Sein Verfasser ist der mit afrikanischen Dingen wodlvertraute Dr. Schröder-
Poggelvw. Es heißt dort u. a.: „Die Organisation der Engländer zum Kampf gegen
Transvaal wird im Lande selbst ganz offen betrieben, und die Ziele der englischen Verge¬
waltigung treten klar hervor."
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_221645/93>, abgerufen am 25.11.2024.