Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Aampf in den Gstmarken

gehorsam zusammenhält. Ihren Obern müssen diese Ordensritter, unbeschadet
der Reichs- und Landesgesetze, unbedingte Treue und Gefolgschaft schwören
und Gehorsam bis zum Tode. Ihre Seele, ihren Leib und ihr Vermögen müssen
sie ohne Vorbehalt in den Dienst des Ordens stellen und nach den Befehlen
der Ordensobern, die mit dem Gesamtordcn gleichzeitig ihr Schutz und ihre
Zuflucht sind, zum Wohle des Deutschtums ihr Leben lang arbeiten. Unwill¬
kürlich drängt sich hier das Vorbild des Jesuitenordens auf. Und wir scheuen
diesen Vergleich uicht, wir weisen auf ihn hin. Zeigt der Jesuitenorden doch,
daß auch in unsrer angeblich ideallosen Zeit noch zahlreiche Menschen von
hoher geistiger Kraft sind, denen das ganze eigne Leben, der ganze eigne Vor¬
teil ein Nichts ist, in Rauch aufgeht, vor der idealen Selbstaufopferung für
die Ziele ihres Ordens. Und sicherlich sind doch die Gedanken, die wir mit
dem Worte "deutsch" umfassen, nicht weniger rein, edel und begeisternd, wie
die treibenden Gedanken des Jesuitenordens. Lernen wir von der Kriegskunst
dieses Ordens, der jedem starken Volkstum feindlich ist, und benutzen wir seine
eigne Technik, um sein Werkzeug, die römische Kirche, so weit und so lange sie
dem Polentum dienstbar ist, zu bekämpfen. In der Ordenstechnik ist der Je¬
suitenorden bewunderungswürdig. Ahnen wir den Leib nach, aber hauchen
wir dann dem Leibe eine edle deutsche, begeisterte, treue Jünglingsseele ein.

Unser andrer Vorschlag knüpft an mehr gegenwärtige deutsche Geistes¬
einrichtungen an, an die Universitäten. Zur Erhaltung und Erhöhung deut¬
schen Sinnes haben neben den Thaten der preußischen Könige und Bismarcks
hauptsächlich die deutschen Universitäten beigetragen. Sie sind sogar von den
Unglückstagen Preußens im Jahre 1806 an bis zur Morgendämmerung des
neuen Reichs in den sechziger Jahren fast die einzigen Bewahrer des heiligen
Feuers der Vaterlandsliebe gewesen. Auch in Zukunft werden die Universi¬
täten diese Stellung im deutschen Geistesleben einnehmen und in nebligen
Zeiten das Licht nicht verlöschen lassen, wenn man täppische Eingriffe in ihre
Gerechtsame unterläßt und geringfügige Irrungen übersieht.

Man gründe daher neue Lichtbringer dieser Art im Feindeslande, in den
Ostmarken, zwei neue Universitäten in den Provinzen Westpreußen und Posen.
Diese beideu preußischen Provinzen entbehren ja auch bis jetzt allein der Uni¬
versitäten. Man gründe sie mit vollen Fakultäten, und zwar mit theologischer
Fakultät sowohl für evangelische als auch sür katholische Theologie. Als Sitz
dieser Universitäten kommt in Westpreußen in Betracht Danzig oder Marien¬
burg, in Posen die Stadt Posen oder Gnesen. Wählte man Danzig und Posen,
so würde man nach dem Grundsatze handeln, daß Universitäten in den wirt¬
schaftlichen Mittelpunkten der Landschaften liegen müssen, für die sie bestimmt
sind, damit an den anderweitigen Interessen solcher Mittelpunkte sich die rein
geistigen Interessen der Universität immer von neuem entzünden, verjüngen und
vor Einseitigkeit bewahren. Wählte man Marienburg und Gnesen, so würde


Der Aampf in den Gstmarken

gehorsam zusammenhält. Ihren Obern müssen diese Ordensritter, unbeschadet
der Reichs- und Landesgesetze, unbedingte Treue und Gefolgschaft schwören
und Gehorsam bis zum Tode. Ihre Seele, ihren Leib und ihr Vermögen müssen
sie ohne Vorbehalt in den Dienst des Ordens stellen und nach den Befehlen
der Ordensobern, die mit dem Gesamtordcn gleichzeitig ihr Schutz und ihre
Zuflucht sind, zum Wohle des Deutschtums ihr Leben lang arbeiten. Unwill¬
kürlich drängt sich hier das Vorbild des Jesuitenordens auf. Und wir scheuen
diesen Vergleich uicht, wir weisen auf ihn hin. Zeigt der Jesuitenorden doch,
daß auch in unsrer angeblich ideallosen Zeit noch zahlreiche Menschen von
hoher geistiger Kraft sind, denen das ganze eigne Leben, der ganze eigne Vor¬
teil ein Nichts ist, in Rauch aufgeht, vor der idealen Selbstaufopferung für
die Ziele ihres Ordens. Und sicherlich sind doch die Gedanken, die wir mit
dem Worte „deutsch" umfassen, nicht weniger rein, edel und begeisternd, wie
die treibenden Gedanken des Jesuitenordens. Lernen wir von der Kriegskunst
dieses Ordens, der jedem starken Volkstum feindlich ist, und benutzen wir seine
eigne Technik, um sein Werkzeug, die römische Kirche, so weit und so lange sie
dem Polentum dienstbar ist, zu bekämpfen. In der Ordenstechnik ist der Je¬
suitenorden bewunderungswürdig. Ahnen wir den Leib nach, aber hauchen
wir dann dem Leibe eine edle deutsche, begeisterte, treue Jünglingsseele ein.

Unser andrer Vorschlag knüpft an mehr gegenwärtige deutsche Geistes¬
einrichtungen an, an die Universitäten. Zur Erhaltung und Erhöhung deut¬
schen Sinnes haben neben den Thaten der preußischen Könige und Bismarcks
hauptsächlich die deutschen Universitäten beigetragen. Sie sind sogar von den
Unglückstagen Preußens im Jahre 1806 an bis zur Morgendämmerung des
neuen Reichs in den sechziger Jahren fast die einzigen Bewahrer des heiligen
Feuers der Vaterlandsliebe gewesen. Auch in Zukunft werden die Universi¬
täten diese Stellung im deutschen Geistesleben einnehmen und in nebligen
Zeiten das Licht nicht verlöschen lassen, wenn man täppische Eingriffe in ihre
Gerechtsame unterläßt und geringfügige Irrungen übersieht.

Man gründe daher neue Lichtbringer dieser Art im Feindeslande, in den
Ostmarken, zwei neue Universitäten in den Provinzen Westpreußen und Posen.
Diese beideu preußischen Provinzen entbehren ja auch bis jetzt allein der Uni¬
versitäten. Man gründe sie mit vollen Fakultäten, und zwar mit theologischer
Fakultät sowohl für evangelische als auch sür katholische Theologie. Als Sitz
dieser Universitäten kommt in Westpreußen in Betracht Danzig oder Marien¬
burg, in Posen die Stadt Posen oder Gnesen. Wählte man Danzig und Posen,
so würde man nach dem Grundsatze handeln, daß Universitäten in den wirt¬
schaftlichen Mittelpunkten der Landschaften liegen müssen, für die sie bestimmt
sind, damit an den anderweitigen Interessen solcher Mittelpunkte sich die rein
geistigen Interessen der Universität immer von neuem entzünden, verjüngen und
vor Einseitigkeit bewahren. Wählte man Marienburg und Gnesen, so würde


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0461" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/222107"/>
          <fw type="header" place="top"> Der Aampf in den Gstmarken</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1537" prev="#ID_1536"> gehorsam zusammenhält. Ihren Obern müssen diese Ordensritter, unbeschadet<lb/>
der Reichs- und Landesgesetze, unbedingte Treue und Gefolgschaft schwören<lb/>
und Gehorsam bis zum Tode. Ihre Seele, ihren Leib und ihr Vermögen müssen<lb/>
sie ohne Vorbehalt in den Dienst des Ordens stellen und nach den Befehlen<lb/>
der Ordensobern, die mit dem Gesamtordcn gleichzeitig ihr Schutz und ihre<lb/>
Zuflucht sind, zum Wohle des Deutschtums ihr Leben lang arbeiten. Unwill¬<lb/>
kürlich drängt sich hier das Vorbild des Jesuitenordens auf. Und wir scheuen<lb/>
diesen Vergleich uicht, wir weisen auf ihn hin. Zeigt der Jesuitenorden doch,<lb/>
daß auch in unsrer angeblich ideallosen Zeit noch zahlreiche Menschen von<lb/>
hoher geistiger Kraft sind, denen das ganze eigne Leben, der ganze eigne Vor¬<lb/>
teil ein Nichts ist, in Rauch aufgeht, vor der idealen Selbstaufopferung für<lb/>
die Ziele ihres Ordens. Und sicherlich sind doch die Gedanken, die wir mit<lb/>
dem Worte &#x201E;deutsch" umfassen, nicht weniger rein, edel und begeisternd, wie<lb/>
die treibenden Gedanken des Jesuitenordens. Lernen wir von der Kriegskunst<lb/>
dieses Ordens, der jedem starken Volkstum feindlich ist, und benutzen wir seine<lb/>
eigne Technik, um sein Werkzeug, die römische Kirche, so weit und so lange sie<lb/>
dem Polentum dienstbar ist, zu bekämpfen. In der Ordenstechnik ist der Je¬<lb/>
suitenorden bewunderungswürdig. Ahnen wir den Leib nach, aber hauchen<lb/>
wir dann dem Leibe eine edle deutsche, begeisterte, treue Jünglingsseele ein.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1538"> Unser andrer Vorschlag knüpft an mehr gegenwärtige deutsche Geistes¬<lb/>
einrichtungen an, an die Universitäten. Zur Erhaltung und Erhöhung deut¬<lb/>
schen Sinnes haben neben den Thaten der preußischen Könige und Bismarcks<lb/>
hauptsächlich die deutschen Universitäten beigetragen. Sie sind sogar von den<lb/>
Unglückstagen Preußens im Jahre 1806 an bis zur Morgendämmerung des<lb/>
neuen Reichs in den sechziger Jahren fast die einzigen Bewahrer des heiligen<lb/>
Feuers der Vaterlandsliebe gewesen. Auch in Zukunft werden die Universi¬<lb/>
täten diese Stellung im deutschen Geistesleben einnehmen und in nebligen<lb/>
Zeiten das Licht nicht verlöschen lassen, wenn man täppische Eingriffe in ihre<lb/>
Gerechtsame unterläßt und geringfügige Irrungen übersieht.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1539" next="#ID_1540"> Man gründe daher neue Lichtbringer dieser Art im Feindeslande, in den<lb/>
Ostmarken, zwei neue Universitäten in den Provinzen Westpreußen und Posen.<lb/>
Diese beideu preußischen Provinzen entbehren ja auch bis jetzt allein der Uni¬<lb/>
versitäten. Man gründe sie mit vollen Fakultäten, und zwar mit theologischer<lb/>
Fakultät sowohl für evangelische als auch sür katholische Theologie. Als Sitz<lb/>
dieser Universitäten kommt in Westpreußen in Betracht Danzig oder Marien¬<lb/>
burg, in Posen die Stadt Posen oder Gnesen. Wählte man Danzig und Posen,<lb/>
so würde man nach dem Grundsatze handeln, daß Universitäten in den wirt¬<lb/>
schaftlichen Mittelpunkten der Landschaften liegen müssen, für die sie bestimmt<lb/>
sind, damit an den anderweitigen Interessen solcher Mittelpunkte sich die rein<lb/>
geistigen Interessen der Universität immer von neuem entzünden, verjüngen und<lb/>
vor Einseitigkeit bewahren.  Wählte man Marienburg und Gnesen, so würde</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0461] Der Aampf in den Gstmarken gehorsam zusammenhält. Ihren Obern müssen diese Ordensritter, unbeschadet der Reichs- und Landesgesetze, unbedingte Treue und Gefolgschaft schwören und Gehorsam bis zum Tode. Ihre Seele, ihren Leib und ihr Vermögen müssen sie ohne Vorbehalt in den Dienst des Ordens stellen und nach den Befehlen der Ordensobern, die mit dem Gesamtordcn gleichzeitig ihr Schutz und ihre Zuflucht sind, zum Wohle des Deutschtums ihr Leben lang arbeiten. Unwill¬ kürlich drängt sich hier das Vorbild des Jesuitenordens auf. Und wir scheuen diesen Vergleich uicht, wir weisen auf ihn hin. Zeigt der Jesuitenorden doch, daß auch in unsrer angeblich ideallosen Zeit noch zahlreiche Menschen von hoher geistiger Kraft sind, denen das ganze eigne Leben, der ganze eigne Vor¬ teil ein Nichts ist, in Rauch aufgeht, vor der idealen Selbstaufopferung für die Ziele ihres Ordens. Und sicherlich sind doch die Gedanken, die wir mit dem Worte „deutsch" umfassen, nicht weniger rein, edel und begeisternd, wie die treibenden Gedanken des Jesuitenordens. Lernen wir von der Kriegskunst dieses Ordens, der jedem starken Volkstum feindlich ist, und benutzen wir seine eigne Technik, um sein Werkzeug, die römische Kirche, so weit und so lange sie dem Polentum dienstbar ist, zu bekämpfen. In der Ordenstechnik ist der Je¬ suitenorden bewunderungswürdig. Ahnen wir den Leib nach, aber hauchen wir dann dem Leibe eine edle deutsche, begeisterte, treue Jünglingsseele ein. Unser andrer Vorschlag knüpft an mehr gegenwärtige deutsche Geistes¬ einrichtungen an, an die Universitäten. Zur Erhaltung und Erhöhung deut¬ schen Sinnes haben neben den Thaten der preußischen Könige und Bismarcks hauptsächlich die deutschen Universitäten beigetragen. Sie sind sogar von den Unglückstagen Preußens im Jahre 1806 an bis zur Morgendämmerung des neuen Reichs in den sechziger Jahren fast die einzigen Bewahrer des heiligen Feuers der Vaterlandsliebe gewesen. Auch in Zukunft werden die Universi¬ täten diese Stellung im deutschen Geistesleben einnehmen und in nebligen Zeiten das Licht nicht verlöschen lassen, wenn man täppische Eingriffe in ihre Gerechtsame unterläßt und geringfügige Irrungen übersieht. Man gründe daher neue Lichtbringer dieser Art im Feindeslande, in den Ostmarken, zwei neue Universitäten in den Provinzen Westpreußen und Posen. Diese beideu preußischen Provinzen entbehren ja auch bis jetzt allein der Uni¬ versitäten. Man gründe sie mit vollen Fakultäten, und zwar mit theologischer Fakultät sowohl für evangelische als auch sür katholische Theologie. Als Sitz dieser Universitäten kommt in Westpreußen in Betracht Danzig oder Marien¬ burg, in Posen die Stadt Posen oder Gnesen. Wählte man Danzig und Posen, so würde man nach dem Grundsatze handeln, daß Universitäten in den wirt¬ schaftlichen Mittelpunkten der Landschaften liegen müssen, für die sie bestimmt sind, damit an den anderweitigen Interessen solcher Mittelpunkte sich die rein geistigen Interessen der Universität immer von neuem entzünden, verjüngen und vor Einseitigkeit bewahren. Wählte man Marienburg und Gnesen, so würde

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_221645
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_221645/461
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_221645/461>, abgerufen am 01.09.2024.