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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Das Elend der Berliner Hausarv eiterinnen

wird allein Anschein nach
durch die gegenwärtige Ansstandsbewegung keine wesentliche und dauernde Abstellung
erfahren. Nur ein durchgreifendes Vorgehen der Regierung, gestützt auf die Mit¬
arbeit der besitzenden Kreise, zumal der Frauen, kann das Übel an der Wurzel
fassen und sein Weiterfressen verhindern. Ob das durch deu Hehlschen Antrag ver¬
anlaßt werden wird, ist zweifelhaft; zunächst sind umfangreiche "Erhebungen" für
nötig erklärt worden, vielleicht wird auch ein bischen Statistik "aufgemacht" werden,
beides über Dinge, die man längst kennt, auch ohne zu erheben und zu zähle".
Die an der Hausarbeit, namentlich für die Berliner Konfektions- und Wäschgeschäfte,
beteiligte weibliche Arbeiterschaft ist aus gruudverschiedneu Bestandteilen zusammen¬
gesetzt, ergänzt sich fortwährend aus so weiten, und mannichfaltigen Kreisen, daß der
Streik als Kampfmittel vou vornherein aussichtslos erscheinen mußte und seine Unter¬
stützung durch Geldmittel, wie Wildenbruch und andre in einer an sich erfreulichen
Gefühlsaufwallung angeregt hatten, mehr schaden als nützen kann. Die Deutsche
volkswirtschaftliche Korrespondenz hat in ihrem Urteil über diese Sammlungen einmal
nicht so ganz Unrecht -- ausnahmsweise! Unter den Arbeiterinnen für die genannten
Geschäfte spielen zunächst die vielen Tausende von Töchtern gebildeter Familien eine
große, traurige, oft recht falsch beurteilte Rolle. Wie mau zu sagen pflegt, und wie
diese Damen namentlich selbst nicht laut genug versichern können, wenn sie einmal
Auskunft geben müsse", hat diese Arbeit nur den Zweck, nebenher ein kleines Taschen¬
geld für Luxusausgaben zu verschaffen. Und doch ist das meistens nicht der Fall.
Die wenigen Groschen -- es sind das gerade die ärgsten Hungerlöhne --, die diese
"verschämten" Arbeiterinnen verdienen, sind leider nnr zu oft dringend nötig zum
Leben der Fnmilie neben deu für die großstädtische" und die Staudesverhältuisse
kleinen Gehalte", Pensionen, Rente" der Väter und Mütter, selbst wenn die Ein¬
nahme" von "Zimmerherren" und "Pensionärinnen" nicht fehlen. Es ist eben das
Elend des vermögenslosen Beamtentums, namentlich des höhern und mittlern, das
diese Dame" aus dem Westen zur Konkurrenz mit der Arbeiterwitwe ans dem vierten
Stock im dritten Hofe im, Südosten zwingt. Wenn ein Berliner Versicherungsagent,
dessen Sohn eben Assessor geworden war, kürzlich klagte, daß der Richter bis zum
Oberlandesgerichtspräsidenten hinauf doch Proletarier bleibe, von auskömmlichen
Einkomme" jedenfalls gar nicht sprechen könne, dann gab er der in der Berliner
"Gesellschaft" herrschenden Anschauung einen durchaus zutreffende" Ausdruck. Ob
der preußische Finanzminister für solche Erscheinungen Verständnis hat? Das Rezept:
der tüchtige Beamte muß reich sein, Geld ererbt, verdient oder erarbeitet haben --
hilft leider dem altpreußischen Beamtentum über die heutige Unerträglichkeit der
sozialen Stellung in Berlin nicht hinweg. Nach vielen tausende" zählen ferner die
Frauen der kleinen Beamten im Staats- und Privatdienst, der Boten, Schaffner,
auch der Schutzleute usw., die sich je mich der in der Hauswirtschaft zu erübrigenden
Zeit, leider oft weit über das im Interesse der Hauswirtschaft und Kindererziehung
gebotene Maß hinaus, sich zur Wäsche- und Mäutelnäherei drängen, trotz der Hunger-
löhne, die dafür gezahlt werden. Es steckt in diesem kleinen Beamtentum Berlins
ein unendlich wertvoller Fonds, den man hegen und pflegen sollte mit aller Liebe
und Sorgfalt. Ist es den Leuten zu verdenken, wenn sie nach Nebeneinnahmen
durch die Arbeit ihrer Frauen trachten inmitten eines mehr als irgendwo dem
äußern Schein, huldigenden Kleinbürgertums, dem das "Protze"" der höchste Genuß,
das erste, Lebensglück zu sein scheint?

Nicht, schlechter, zuweilen besser ist der tüchtige Arbeiter daran. Aber wie viele
sind "tüchtig" vou deu Tausenden, die alljährlich zuströmen und trotz alles Elends


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Das Elend der Berliner Hausarv eiterinnen

wird allein Anschein nach
durch die gegenwärtige Ansstandsbewegung keine wesentliche und dauernde Abstellung
erfahren. Nur ein durchgreifendes Vorgehen der Regierung, gestützt auf die Mit¬
arbeit der besitzenden Kreise, zumal der Frauen, kann das Übel an der Wurzel
fassen und sein Weiterfressen verhindern. Ob das durch deu Hehlschen Antrag ver¬
anlaßt werden wird, ist zweifelhaft; zunächst sind umfangreiche „Erhebungen" für
nötig erklärt worden, vielleicht wird auch ein bischen Statistik „aufgemacht" werden,
beides über Dinge, die man längst kennt, auch ohne zu erheben und zu zähle».
Die an der Hausarbeit, namentlich für die Berliner Konfektions- und Wäschgeschäfte,
beteiligte weibliche Arbeiterschaft ist aus gruudverschiedneu Bestandteilen zusammen¬
gesetzt, ergänzt sich fortwährend aus so weiten, und mannichfaltigen Kreisen, daß der
Streik als Kampfmittel vou vornherein aussichtslos erscheinen mußte und seine Unter¬
stützung durch Geldmittel, wie Wildenbruch und andre in einer an sich erfreulichen
Gefühlsaufwallung angeregt hatten, mehr schaden als nützen kann. Die Deutsche
volkswirtschaftliche Korrespondenz hat in ihrem Urteil über diese Sammlungen einmal
nicht so ganz Unrecht — ausnahmsweise! Unter den Arbeiterinnen für die genannten
Geschäfte spielen zunächst die vielen Tausende von Töchtern gebildeter Familien eine
große, traurige, oft recht falsch beurteilte Rolle. Wie mau zu sagen pflegt, und wie
diese Damen namentlich selbst nicht laut genug versichern können, wenn sie einmal
Auskunft geben müsse», hat diese Arbeit nur den Zweck, nebenher ein kleines Taschen¬
geld für Luxusausgaben zu verschaffen. Und doch ist das meistens nicht der Fall.
Die wenigen Groschen — es sind das gerade die ärgsten Hungerlöhne —, die diese
„verschämten" Arbeiterinnen verdienen, sind leider nnr zu oft dringend nötig zum
Leben der Fnmilie neben deu für die großstädtische» und die Staudesverhältuisse
kleinen Gehalte», Pensionen, Rente» der Väter und Mütter, selbst wenn die Ein¬
nahme» von „Zimmerherren" und „Pensionärinnen" nicht fehlen. Es ist eben das
Elend des vermögenslosen Beamtentums, namentlich des höhern und mittlern, das
diese Dame» aus dem Westen zur Konkurrenz mit der Arbeiterwitwe ans dem vierten
Stock im dritten Hofe im, Südosten zwingt. Wenn ein Berliner Versicherungsagent,
dessen Sohn eben Assessor geworden war, kürzlich klagte, daß der Richter bis zum
Oberlandesgerichtspräsidenten hinauf doch Proletarier bleibe, von auskömmlichen
Einkomme» jedenfalls gar nicht sprechen könne, dann gab er der in der Berliner
„Gesellschaft" herrschenden Anschauung einen durchaus zutreffende« Ausdruck. Ob
der preußische Finanzminister für solche Erscheinungen Verständnis hat? Das Rezept:
der tüchtige Beamte muß reich sein, Geld ererbt, verdient oder erarbeitet haben —
hilft leider dem altpreußischen Beamtentum über die heutige Unerträglichkeit der
sozialen Stellung in Berlin nicht hinweg. Nach vielen tausende« zählen ferner die
Frauen der kleinen Beamten im Staats- und Privatdienst, der Boten, Schaffner,
auch der Schutzleute usw., die sich je mich der in der Hauswirtschaft zu erübrigenden
Zeit, leider oft weit über das im Interesse der Hauswirtschaft und Kindererziehung
gebotene Maß hinaus, sich zur Wäsche- und Mäutelnäherei drängen, trotz der Hunger-
löhne, die dafür gezahlt werden. Es steckt in diesem kleinen Beamtentum Berlins
ein unendlich wertvoller Fonds, den man hegen und pflegen sollte mit aller Liebe
und Sorgfalt. Ist es den Leuten zu verdenken, wenn sie nach Nebeneinnahmen
durch die Arbeit ihrer Frauen trachten inmitten eines mehr als irgendwo dem
äußern Schein, huldigenden Kleinbürgertums, dem das „Protze»" der höchste Genuß,
das erste, Lebensglück zu sein scheint?

Nicht, schlechter, zuweilen besser ist der tüchtige Arbeiter daran. Aber wie viele
sind „tüchtig" vou deu Tausenden, die alljährlich zuströmen und trotz alles Elends


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[0446] Maßgebliches und Unmaßgebliches Das Elend der Berliner Hausarv eiterinnen wird allein Anschein nach durch die gegenwärtige Ansstandsbewegung keine wesentliche und dauernde Abstellung erfahren. Nur ein durchgreifendes Vorgehen der Regierung, gestützt auf die Mit¬ arbeit der besitzenden Kreise, zumal der Frauen, kann das Übel an der Wurzel fassen und sein Weiterfressen verhindern. Ob das durch deu Hehlschen Antrag ver¬ anlaßt werden wird, ist zweifelhaft; zunächst sind umfangreiche „Erhebungen" für nötig erklärt worden, vielleicht wird auch ein bischen Statistik „aufgemacht" werden, beides über Dinge, die man längst kennt, auch ohne zu erheben und zu zähle». Die an der Hausarbeit, namentlich für die Berliner Konfektions- und Wäschgeschäfte, beteiligte weibliche Arbeiterschaft ist aus gruudverschiedneu Bestandteilen zusammen¬ gesetzt, ergänzt sich fortwährend aus so weiten, und mannichfaltigen Kreisen, daß der Streik als Kampfmittel vou vornherein aussichtslos erscheinen mußte und seine Unter¬ stützung durch Geldmittel, wie Wildenbruch und andre in einer an sich erfreulichen Gefühlsaufwallung angeregt hatten, mehr schaden als nützen kann. Die Deutsche volkswirtschaftliche Korrespondenz hat in ihrem Urteil über diese Sammlungen einmal nicht so ganz Unrecht — ausnahmsweise! Unter den Arbeiterinnen für die genannten Geschäfte spielen zunächst die vielen Tausende von Töchtern gebildeter Familien eine große, traurige, oft recht falsch beurteilte Rolle. Wie mau zu sagen pflegt, und wie diese Damen namentlich selbst nicht laut genug versichern können, wenn sie einmal Auskunft geben müsse», hat diese Arbeit nur den Zweck, nebenher ein kleines Taschen¬ geld für Luxusausgaben zu verschaffen. Und doch ist das meistens nicht der Fall. Die wenigen Groschen — es sind das gerade die ärgsten Hungerlöhne —, die diese „verschämten" Arbeiterinnen verdienen, sind leider nnr zu oft dringend nötig zum Leben der Fnmilie neben deu für die großstädtische» und die Staudesverhältuisse kleinen Gehalte», Pensionen, Rente» der Väter und Mütter, selbst wenn die Ein¬ nahme» von „Zimmerherren" und „Pensionärinnen" nicht fehlen. Es ist eben das Elend des vermögenslosen Beamtentums, namentlich des höhern und mittlern, das diese Dame» aus dem Westen zur Konkurrenz mit der Arbeiterwitwe ans dem vierten Stock im dritten Hofe im, Südosten zwingt. Wenn ein Berliner Versicherungsagent, dessen Sohn eben Assessor geworden war, kürzlich klagte, daß der Richter bis zum Oberlandesgerichtspräsidenten hinauf doch Proletarier bleibe, von auskömmlichen Einkomme» jedenfalls gar nicht sprechen könne, dann gab er der in der Berliner „Gesellschaft" herrschenden Anschauung einen durchaus zutreffende« Ausdruck. Ob der preußische Finanzminister für solche Erscheinungen Verständnis hat? Das Rezept: der tüchtige Beamte muß reich sein, Geld ererbt, verdient oder erarbeitet haben — hilft leider dem altpreußischen Beamtentum über die heutige Unerträglichkeit der sozialen Stellung in Berlin nicht hinweg. Nach vielen tausende« zählen ferner die Frauen der kleinen Beamten im Staats- und Privatdienst, der Boten, Schaffner, auch der Schutzleute usw., die sich je mich der in der Hauswirtschaft zu erübrigenden Zeit, leider oft weit über das im Interesse der Hauswirtschaft und Kindererziehung gebotene Maß hinaus, sich zur Wäsche- und Mäutelnäherei drängen, trotz der Hunger- löhne, die dafür gezahlt werden. Es steckt in diesem kleinen Beamtentum Berlins ein unendlich wertvoller Fonds, den man hegen und pflegen sollte mit aller Liebe und Sorgfalt. Ist es den Leuten zu verdenken, wenn sie nach Nebeneinnahmen durch die Arbeit ihrer Frauen trachten inmitten eines mehr als irgendwo dem äußern Schein, huldigenden Kleinbürgertums, dem das „Protze»" der höchste Genuß, das erste, Lebensglück zu sein scheint? Nicht, schlechter, zuweilen besser ist der tüchtige Arbeiter daran. Aber wie viele sind „tüchtig" vou deu Tausenden, die alljährlich zuströmen und trotz alles Elends

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_221645/446>, abgerufen am 01.09.2024.