Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr.Die Verwirrung in der Schreibung unsrer Straßennamen und Karlstadt, in Baiern Karlsgrün und Karlstein, in Österreich Karlsbad Meine zehnte Frage lautete: "Ist die in der Zeitschrift des deutschen Die Straßen werden bezeichnet: 1. durch ein einfaches Hauptwort; z. B. Kante (Bonn), Salaterei (Marien¬ werder). Schreibung natürlich: ein Wort, auch wenn das Wort ursprüng¬ lich aus zweien besteht, aber von alters her als ein Begriff gilt, z. B. Sandkaule, Belderberg; 2. durch ein Hauptwort mit davorstehendem Verhältniswort; z. B. Unter Taschenmacher, Im Rosenthal, An der Wachsbleiche; oder auch -- wie in Straßburg i. E. -- durch ganze kurze Sätze, z.B. Brand ein End, Wo der Fuchs den Enten predigt. Schreibung: die natürliche, beim Druck der Beispiele angedeutete; 3. durch zwei Wörter, von denen das erste ein Eigenschaftswort ist, z. B. Grüner Weg, Breite Straße, Grimmaische Straße, Metzer Platz. Schreibung nur: zwei vollständig getrennte, selbständige Wörter. Unterabteilung: Bezeichnungen wie Lange Veguinen-Gasse, Schmale Vrück- Straße, bei denen das Eigenschaftswort sich auf Gasse, Straße usw. be¬ zieht, nicht etwa bloß auf den ersten Bestandteil der Zusammensetzung (wie z. V. in Welschnonnen-Straße, vergl. 5). Schreibung: das Eigen¬ schaftswort vollständig abgetrennt, die Zusammensetzung nach Maßgabe der unter 4 verzeichneten Regeln; 4. durch ein zusammengesetztes Wort: a) das bestimmende Wort ist der Stamm eines Zeitwortes, z. B. Schie߬ bleiche (Zittau), Drehgasse") (Zittau), Spülgasse (Wesel), vielleicht auch Baustraße (Wesel und Elberfeld"*). Schreibung: siehe Ä, "; ") Alte Bezeichnung einer Sackgasse, in der man umwenden und auf derselben Seite hinausfahren mußte. **) Bleich-Straße gehört wohl nicht, wie in der Elberfelder Antwort angegeben wird,
hierher, sondern ist aus Straße "an der Bleich(e)" entstanden. Die Verwirrung in der Schreibung unsrer Straßennamen und Karlstadt, in Baiern Karlsgrün und Karlstein, in Österreich Karlsbad Meine zehnte Frage lautete: „Ist die in der Zeitschrift des deutschen Die Straßen werden bezeichnet: 1. durch ein einfaches Hauptwort; z. B. Kante (Bonn), Salaterei (Marien¬ werder). Schreibung natürlich: ein Wort, auch wenn das Wort ursprüng¬ lich aus zweien besteht, aber von alters her als ein Begriff gilt, z. B. Sandkaule, Belderberg; 2. durch ein Hauptwort mit davorstehendem Verhältniswort; z. B. Unter Taschenmacher, Im Rosenthal, An der Wachsbleiche; oder auch — wie in Straßburg i. E. — durch ganze kurze Sätze, z.B. Brand ein End, Wo der Fuchs den Enten predigt. Schreibung: die natürliche, beim Druck der Beispiele angedeutete; 3. durch zwei Wörter, von denen das erste ein Eigenschaftswort ist, z. B. Grüner Weg, Breite Straße, Grimmaische Straße, Metzer Platz. Schreibung nur: zwei vollständig getrennte, selbständige Wörter. Unterabteilung: Bezeichnungen wie Lange Veguinen-Gasse, Schmale Vrück- Straße, bei denen das Eigenschaftswort sich auf Gasse, Straße usw. be¬ zieht, nicht etwa bloß auf den ersten Bestandteil der Zusammensetzung (wie z. V. in Welschnonnen-Straße, vergl. 5). Schreibung: das Eigen¬ schaftswort vollständig abgetrennt, die Zusammensetzung nach Maßgabe der unter 4 verzeichneten Regeln; 4. durch ein zusammengesetztes Wort: a) das bestimmende Wort ist der Stamm eines Zeitwortes, z. B. Schie߬ bleiche (Zittau), Drehgasse") (Zittau), Spülgasse (Wesel), vielleicht auch Baustraße (Wesel und Elberfeld"*). Schreibung: siehe Ä, «; ") Alte Bezeichnung einer Sackgasse, in der man umwenden und auf derselben Seite hinausfahren mußte. **) Bleich-Straße gehört wohl nicht, wie in der Elberfelder Antwort angegeben wird,
hierher, sondern ist aus Straße „an der Bleich(e)" entstanden. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0426" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/222072"/> <fw type="header" place="top"> Die Verwirrung in der Schreibung unsrer Straßennamen</fw><lb/> <p xml:id="ID_1417" prev="#ID_1416"> und Karlstadt, in Baiern Karlsgrün und Karlstein, in Österreich Karlsbad<lb/> und Karlstift, in Baden Petersthal und Peterzell usw., ferner in Holland<lb/> Willemsoord und Willemstad, in Schweden Karlskrona und Karlstad, im eng¬<lb/> lischen Sprachgebiet Edwardsville und Edwardstone."</p><lb/> <p xml:id="ID_1418"> Meine zehnte Frage lautete: „Ist die in der Zeitschrift des deutschen<lb/> Sprachvereins von 1894, Spalte 117, gegebne Einteilung nebst dem Nach¬<lb/> trage (Sy. 227—228) erschöpfend? oder kommen Straßennamen vor, die sich<lb/> nicht einordnen lassen? Welche sind das? Und wie soll dann eingeteilt werden?"<lb/> Hier haben alle Vereine mit wenigen Ausnahmen die erste Frage gar nicht<lb/> oder mit „Ja" beantwortet. Einzelheiten, die angegeben werden, weiß ich bei<lb/> meiner Einteilung doch unterzubringen; nur Elberfeld, Wesel und Zittau<lb/> schlagen andre Einteilungen vor. Ich habe nun mit Berücksichtigung dieser<lb/> Vorschläge eine neue Einteilung gemacht, die ich hier nebst den Vorschlägen<lb/> zu richtiger und einheitlicher Schreibung vorlege.</p><lb/> <p xml:id="ID_1419"> Die Straßen werden bezeichnet:</p><lb/> <list> <item> 1. durch ein einfaches Hauptwort; z. B. Kante (Bonn), Salaterei (Marien¬<lb/> werder). Schreibung natürlich: ein Wort, auch wenn das Wort ursprüng¬<lb/> lich aus zweien besteht, aber von alters her als ein Begriff gilt, z. B.<lb/> Sandkaule, Belderberg;</item> <item> 2. durch ein Hauptwort mit davorstehendem Verhältniswort; z. B. Unter<lb/> Taschenmacher, Im Rosenthal, An der Wachsbleiche; oder auch — wie in<lb/> Straßburg i. E. — durch ganze kurze Sätze, z.B. Brand ein End, Wo<lb/> der Fuchs den Enten predigt. Schreibung: die natürliche, beim Druck der<lb/> Beispiele angedeutete;</item> <item> 3. durch zwei Wörter, von denen das erste ein Eigenschaftswort ist, z. B.<lb/> Grüner Weg, Breite Straße, Grimmaische Straße, Metzer Platz. Schreibung<lb/> nur: zwei vollständig getrennte, selbständige Wörter.</item> <item> Unterabteilung: Bezeichnungen wie Lange Veguinen-Gasse, Schmale Vrück-<lb/> Straße, bei denen das Eigenschaftswort sich auf Gasse, Straße usw. be¬<lb/> zieht, nicht etwa bloß auf den ersten Bestandteil der Zusammensetzung<lb/> (wie z. V. in Welschnonnen-Straße, vergl. 5). Schreibung: das Eigen¬<lb/> schaftswort vollständig abgetrennt, die Zusammensetzung nach Maßgabe<lb/> der unter 4 verzeichneten Regeln;</item> <item> 4. durch ein zusammengesetztes Wort:</item> <item> a) das bestimmende Wort ist der Stamm eines Zeitwortes, z. B. Schie߬<lb/> bleiche (Zittau), Drehgasse") (Zittau), Spülgasse (Wesel), vielleicht auch<lb/> Baustraße (Wesel und Elberfeld"*). Schreibung: siehe Ä, «;</item> </list><lb/> <note xml:id="FID_63" place="foot"> ") Alte Bezeichnung einer Sackgasse, in der man umwenden und auf derselben Seite<lb/> hinausfahren mußte.</note><lb/> <note xml:id="FID_64" place="foot"> **) Bleich-Straße gehört wohl nicht, wie in der Elberfelder Antwort angegeben wird,<lb/> hierher, sondern ist aus Straße „an der Bleich(e)" entstanden.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0426]
Die Verwirrung in der Schreibung unsrer Straßennamen
und Karlstadt, in Baiern Karlsgrün und Karlstein, in Österreich Karlsbad
und Karlstift, in Baden Petersthal und Peterzell usw., ferner in Holland
Willemsoord und Willemstad, in Schweden Karlskrona und Karlstad, im eng¬
lischen Sprachgebiet Edwardsville und Edwardstone."
Meine zehnte Frage lautete: „Ist die in der Zeitschrift des deutschen
Sprachvereins von 1894, Spalte 117, gegebne Einteilung nebst dem Nach¬
trage (Sy. 227—228) erschöpfend? oder kommen Straßennamen vor, die sich
nicht einordnen lassen? Welche sind das? Und wie soll dann eingeteilt werden?"
Hier haben alle Vereine mit wenigen Ausnahmen die erste Frage gar nicht
oder mit „Ja" beantwortet. Einzelheiten, die angegeben werden, weiß ich bei
meiner Einteilung doch unterzubringen; nur Elberfeld, Wesel und Zittau
schlagen andre Einteilungen vor. Ich habe nun mit Berücksichtigung dieser
Vorschläge eine neue Einteilung gemacht, die ich hier nebst den Vorschlägen
zu richtiger und einheitlicher Schreibung vorlege.
Die Straßen werden bezeichnet:
1. durch ein einfaches Hauptwort; z. B. Kante (Bonn), Salaterei (Marien¬
werder). Schreibung natürlich: ein Wort, auch wenn das Wort ursprüng¬
lich aus zweien besteht, aber von alters her als ein Begriff gilt, z. B.
Sandkaule, Belderberg;
2. durch ein Hauptwort mit davorstehendem Verhältniswort; z. B. Unter
Taschenmacher, Im Rosenthal, An der Wachsbleiche; oder auch — wie in
Straßburg i. E. — durch ganze kurze Sätze, z.B. Brand ein End, Wo
der Fuchs den Enten predigt. Schreibung: die natürliche, beim Druck der
Beispiele angedeutete;
3. durch zwei Wörter, von denen das erste ein Eigenschaftswort ist, z. B.
Grüner Weg, Breite Straße, Grimmaische Straße, Metzer Platz. Schreibung
nur: zwei vollständig getrennte, selbständige Wörter.
Unterabteilung: Bezeichnungen wie Lange Veguinen-Gasse, Schmale Vrück-
Straße, bei denen das Eigenschaftswort sich auf Gasse, Straße usw. be¬
zieht, nicht etwa bloß auf den ersten Bestandteil der Zusammensetzung
(wie z. V. in Welschnonnen-Straße, vergl. 5). Schreibung: das Eigen¬
schaftswort vollständig abgetrennt, die Zusammensetzung nach Maßgabe
der unter 4 verzeichneten Regeln;
4. durch ein zusammengesetztes Wort:
a) das bestimmende Wort ist der Stamm eines Zeitwortes, z. B. Schie߬
bleiche (Zittau), Drehgasse") (Zittau), Spülgasse (Wesel), vielleicht auch
Baustraße (Wesel und Elberfeld"*). Schreibung: siehe Ä, «;
") Alte Bezeichnung einer Sackgasse, in der man umwenden und auf derselben Seite
hinausfahren mußte.
**) Bleich-Straße gehört wohl nicht, wie in der Elberfelder Antwort angegeben wird,
hierher, sondern ist aus Straße „an der Bleich(e)" entstanden.
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