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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Viertes Vierteljahr.

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Blut -- schon das rechtfertigt jedes Opfer an Geld für sie. Wir müssen
eine Flotte haben, die jedem Feinde entgegentreten und ihn schlagen kann,
und wir müssen die Mittel dazu aufbringen. Das Wislicennssche Werk zeigt
die vorhandne Grundlage und wie darauf weitergebaut werde" muß, mit
aller Kraft, ohne Rücksicht darauf, was an Veraltendes vergeudet werden
mußte und für Neues neu aufzuwenden ist.

Ja, und "die Borgers möttens betasten" hält man uns höhnisch entgegen.
Ja, sie müssen es bezahlen und sie können es. Tabak lind Bier können es
mit indirekten, die großen Vermögen mit direkten Steuern. Es ist schmach¬
voll, daß man sich sträubt, diese Steuern zu bewillige" und sich dahinter zu
verkriechen, daß man behauptet, wir wären ein armes Volk und an der Grenze
unsrer Leistungsfähigkeit angelangt, wo es sich um das Glück unsrer Kinder
und das Gedeihen des ganzen Volkes handelt. Wollten wir uns wirklich keine
Entbehrungen auferlegen, um waffenfähig und kriegswichtig zu bleiben, uns
einen genügenden Anteil am Raume der Erde zu schaffen? Ohne gute Waffen
kommen wir in die Gefahr, daß unsre besten Volkskräfte aus Mangel an Raum
verkümmern. Wir müssen kriegstüchtig sein, um leben zu könne" und uns
zwischen all de" Slawen und Romanen aufrecht zu erhalten, sonst sind wir bald
ihre Beute. Und was für Entbehrungen werden denn verlangt? Wieviel
könnte von uns jährlich mehr aufgebracht werden, als jetzt geschieht, ohne
daß die, die es zu steuern hätten, auch nur einen kleinen Teil ihrer Genüsse
aufzugeben brauchten! So lange Hotels, Bierpaläste, Kneipen, Casus und
Korpshäuser noch mit dem Aufwand von Millionen ausgestattet werden können
überall im deutschen Reiche, so lange noch in allen Städten und Städtchen
die alten einfachen Häuser weggerissen werde", um Prnnkgebänden aus kostbaren
Materialien Platz zu machen, so lange alles geschehen kann und geschehen darf,
um das Leben der besitzenden Klassen immer reicher, immer genußvoller zu
gestalten, so lange ist es kindisch, sich und andern vorzulügen, das Land sei
an der Grenze seiner Stenerfähigkeit angelaiigt. Wir sollte" nur eüimal wirklich
in Not komme", unsre Feinde sollten in die Lage kommen, unsre Häfen zu
blockiren und unsre zu schwache" Heere in die Grenzen hereinzuwerfen und
selbst ins Land zu dringen: dann sollten wir merken, was wir für Heere und
Flotten aufzubringen vermöchten, aber nicht für die eigne", sondern für die
fremden. Niemand wird jetzt gezwungen, sein Letztes herzugeben für das
Vaterland, wie es in den Freiheitskriegen tausende und abertausende haben
thun müssen und gern thaten. ES ist n"r el" Teil dessen, was wir hergeben
könne", der dafür genügt, unser Heer und unsre Flotte zu den stärkste" der
Welt zu machen, und unsre Pflicht ist es, die Hände aufzuthun, daß es geschieht.

Und sind wir Deutschen nicht von alters her ein waffentragendes Volk
gewesen, ist es nicht jedes Mannes Ehre, mit der Waffe in der Hand und
wie er es sonst kann, dem Vaterlande zu diene"? Wen" das Volk endlich


Blut — schon das rechtfertigt jedes Opfer an Geld für sie. Wir müssen
eine Flotte haben, die jedem Feinde entgegentreten und ihn schlagen kann,
und wir müssen die Mittel dazu aufbringen. Das Wislicennssche Werk zeigt
die vorhandne Grundlage und wie darauf weitergebaut werde» muß, mit
aller Kraft, ohne Rücksicht darauf, was an Veraltendes vergeudet werden
mußte und für Neues neu aufzuwenden ist.

Ja, und „die Borgers möttens betasten" hält man uns höhnisch entgegen.
Ja, sie müssen es bezahlen und sie können es. Tabak lind Bier können es
mit indirekten, die großen Vermögen mit direkten Steuern. Es ist schmach¬
voll, daß man sich sträubt, diese Steuern zu bewillige» und sich dahinter zu
verkriechen, daß man behauptet, wir wären ein armes Volk und an der Grenze
unsrer Leistungsfähigkeit angelangt, wo es sich um das Glück unsrer Kinder
und das Gedeihen des ganzen Volkes handelt. Wollten wir uns wirklich keine
Entbehrungen auferlegen, um waffenfähig und kriegswichtig zu bleiben, uns
einen genügenden Anteil am Raume der Erde zu schaffen? Ohne gute Waffen
kommen wir in die Gefahr, daß unsre besten Volkskräfte aus Mangel an Raum
verkümmern. Wir müssen kriegstüchtig sein, um leben zu könne» und uns
zwischen all de» Slawen und Romanen aufrecht zu erhalten, sonst sind wir bald
ihre Beute. Und was für Entbehrungen werden denn verlangt? Wieviel
könnte von uns jährlich mehr aufgebracht werden, als jetzt geschieht, ohne
daß die, die es zu steuern hätten, auch nur einen kleinen Teil ihrer Genüsse
aufzugeben brauchten! So lange Hotels, Bierpaläste, Kneipen, Casus und
Korpshäuser noch mit dem Aufwand von Millionen ausgestattet werden können
überall im deutschen Reiche, so lange noch in allen Städten und Städtchen
die alten einfachen Häuser weggerissen werde», um Prnnkgebänden aus kostbaren
Materialien Platz zu machen, so lange alles geschehen kann und geschehen darf,
um das Leben der besitzenden Klassen immer reicher, immer genußvoller zu
gestalten, so lange ist es kindisch, sich und andern vorzulügen, das Land sei
an der Grenze seiner Stenerfähigkeit angelaiigt. Wir sollte» nur eüimal wirklich
in Not komme», unsre Feinde sollten in die Lage kommen, unsre Häfen zu
blockiren und unsre zu schwache» Heere in die Grenzen hereinzuwerfen und
selbst ins Land zu dringen: dann sollten wir merken, was wir für Heere und
Flotten aufzubringen vermöchten, aber nicht für die eigne», sondern für die
fremden. Niemand wird jetzt gezwungen, sein Letztes herzugeben für das
Vaterland, wie es in den Freiheitskriegen tausende und abertausende haben
thun müssen und gern thaten. ES ist n»r el» Teil dessen, was wir hergeben
könne», der dafür genügt, unser Heer und unsre Flotte zu den stärkste» der
Welt zu machen, und unsre Pflicht ist es, die Hände aufzuthun, daß es geschieht.

Und sind wir Deutschen nicht von alters her ein waffentragendes Volk
gewesen, ist es nicht jedes Mannes Ehre, mit der Waffe in der Hand und
wie er es sonst kann, dem Vaterlande zu diene»? Wen» das Volk endlich


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[0449] Blut — schon das rechtfertigt jedes Opfer an Geld für sie. Wir müssen eine Flotte haben, die jedem Feinde entgegentreten und ihn schlagen kann, und wir müssen die Mittel dazu aufbringen. Das Wislicennssche Werk zeigt die vorhandne Grundlage und wie darauf weitergebaut werde» muß, mit aller Kraft, ohne Rücksicht darauf, was an Veraltendes vergeudet werden mußte und für Neues neu aufzuwenden ist. Ja, und „die Borgers möttens betasten" hält man uns höhnisch entgegen. Ja, sie müssen es bezahlen und sie können es. Tabak lind Bier können es mit indirekten, die großen Vermögen mit direkten Steuern. Es ist schmach¬ voll, daß man sich sträubt, diese Steuern zu bewillige» und sich dahinter zu verkriechen, daß man behauptet, wir wären ein armes Volk und an der Grenze unsrer Leistungsfähigkeit angelangt, wo es sich um das Glück unsrer Kinder und das Gedeihen des ganzen Volkes handelt. Wollten wir uns wirklich keine Entbehrungen auferlegen, um waffenfähig und kriegswichtig zu bleiben, uns einen genügenden Anteil am Raume der Erde zu schaffen? Ohne gute Waffen kommen wir in die Gefahr, daß unsre besten Volkskräfte aus Mangel an Raum verkümmern. Wir müssen kriegstüchtig sein, um leben zu könne» und uns zwischen all de» Slawen und Romanen aufrecht zu erhalten, sonst sind wir bald ihre Beute. Und was für Entbehrungen werden denn verlangt? Wieviel könnte von uns jährlich mehr aufgebracht werden, als jetzt geschieht, ohne daß die, die es zu steuern hätten, auch nur einen kleinen Teil ihrer Genüsse aufzugeben brauchten! So lange Hotels, Bierpaläste, Kneipen, Casus und Korpshäuser noch mit dem Aufwand von Millionen ausgestattet werden können überall im deutschen Reiche, so lange noch in allen Städten und Städtchen die alten einfachen Häuser weggerissen werde», um Prnnkgebänden aus kostbaren Materialien Platz zu machen, so lange alles geschehen kann und geschehen darf, um das Leben der besitzenden Klassen immer reicher, immer genußvoller zu gestalten, so lange ist es kindisch, sich und andern vorzulügen, das Land sei an der Grenze seiner Stenerfähigkeit angelaiigt. Wir sollte» nur eüimal wirklich in Not komme», unsre Feinde sollten in die Lage kommen, unsre Häfen zu blockiren und unsre zu schwache» Heere in die Grenzen hereinzuwerfen und selbst ins Land zu dringen: dann sollten wir merken, was wir für Heere und Flotten aufzubringen vermöchten, aber nicht für die eigne», sondern für die fremden. Niemand wird jetzt gezwungen, sein Letztes herzugeben für das Vaterland, wie es in den Freiheitskriegen tausende und abertausende haben thun müssen und gern thaten. ES ist n»r el» Teil dessen, was wir hergeben könne», der dafür genügt, unser Heer und unsre Flotte zu den stärkste» der Welt zu machen, und unsre Pflicht ist es, die Hände aufzuthun, daß es geschieht. Und sind wir Deutschen nicht von alters her ein waffentragendes Volk gewesen, ist es nicht jedes Mannes Ehre, mit der Waffe in der Hand und wie er es sonst kann, dem Vaterlande zu diene»? Wen» das Volk endlich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220975/449>, abgerufen am 25.07.2024.