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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Viertes Vierteljahr.

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Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte in der Frage der Verleihung
von Korporationsrechten um die Vereine gänzlich beseitigen werde. Er mag
Sorge tragen, den Nahmen der den Vereinen zuzugestehenden Thätigkeit im
Gesetze selbst, zwar mit einem gewissen anständigen Spielraum und ohne Fu߬
angeln, aber doch so genau zu bezeichnen, daß es den richterlichen Instanzen
allein vorbehalten bleiben kann, das Statut der um die Vermögensfähigkeit
uachsucheuden Bereine und demnächst ihre Wirksamkeit auf die Überein¬
stimmung mit diesem gesetzlichen Rahmen zu prüfen. Ebenso darf die Schließung
und Auflösung eines mit Korporationsrechten ausgestatteten Vereins schlechter¬
dings nur durch richterliches Erkenntnis zugelassen werden. Handelt es
sich doch dabei zugleich um Vermögensfragen von vielleicht bedeutender Trag¬
weite, deren Entscheidung auch sonst ausschließlich dem Schutze der Gerichte
anvertraut ist. Soweit öffentliche Interessen dabei mit in Frage kommen,
mag man die Verwaltungsbehörden ermächtigen, auch ihrerseits die Klage vor
dem Zivilrichter anhängig zu machen.

Ob derartige Bestimmungen im bürgerlichen Gesetzbuch selbst oder in
einem besondern Vereins- und Versammlungsgesetz ihre Stelle finden sollen,
ist eine rein technische Frage. Wir würden es für das Richtigste halten, wenn
sich der Reichstag darauf beschränken wollte, alles das aus dem Entwurf
auszumerzen, was er mit den Bedürfnissen sowohl als mit den Rechtsempfin-
dungcn der Gegenwart unvereinbar findet. Die Fragen über die Zulassung,
Schließung und Auflösung der Vereine, die der Entwurf auch künftig der
Laudesgesetzgcbuug vorbehalten wissen will, wären am besten in ein besondres
Reichsgesetz zu verweisen, das freilich mit einem guten Teile der aus der
Reaktionszeit der 1850er Jahre stammenden partikularen Rechte über das
Vereins- und Versammlungswesen gründlich aufzuräumen hätte. Den Einfluß
auf eine zweckmäßige Gestaltung dieses neuen Reichsrechts könnte sich der
Reichstag durch eine einfache Klausel sichern, die schon bei Erlaß der Rcichs-
jnstizgesetze angewendet wurde. Er brauchte nur dem Einführungsgesetze zum
bürgerlichen Gesetzbuche die Bestimmung anzufügen: Das bürgerliche Gesetz¬
buch tritt gleichzeitig mit dein zu erlassende" Reichsgesetze betreffend das
Vereins- und Bersammluugsrecht in Kraft.




Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte in der Frage der Verleihung
von Korporationsrechten um die Vereine gänzlich beseitigen werde. Er mag
Sorge tragen, den Nahmen der den Vereinen zuzugestehenden Thätigkeit im
Gesetze selbst, zwar mit einem gewissen anständigen Spielraum und ohne Fu߬
angeln, aber doch so genau zu bezeichnen, daß es den richterlichen Instanzen
allein vorbehalten bleiben kann, das Statut der um die Vermögensfähigkeit
uachsucheuden Bereine und demnächst ihre Wirksamkeit auf die Überein¬
stimmung mit diesem gesetzlichen Rahmen zu prüfen. Ebenso darf die Schließung
und Auflösung eines mit Korporationsrechten ausgestatteten Vereins schlechter¬
dings nur durch richterliches Erkenntnis zugelassen werden. Handelt es
sich doch dabei zugleich um Vermögensfragen von vielleicht bedeutender Trag¬
weite, deren Entscheidung auch sonst ausschließlich dem Schutze der Gerichte
anvertraut ist. Soweit öffentliche Interessen dabei mit in Frage kommen,
mag man die Verwaltungsbehörden ermächtigen, auch ihrerseits die Klage vor
dem Zivilrichter anhängig zu machen.

Ob derartige Bestimmungen im bürgerlichen Gesetzbuch selbst oder in
einem besondern Vereins- und Versammlungsgesetz ihre Stelle finden sollen,
ist eine rein technische Frage. Wir würden es für das Richtigste halten, wenn
sich der Reichstag darauf beschränken wollte, alles das aus dem Entwurf
auszumerzen, was er mit den Bedürfnissen sowohl als mit den Rechtsempfin-
dungcn der Gegenwart unvereinbar findet. Die Fragen über die Zulassung,
Schließung und Auflösung der Vereine, die der Entwurf auch künftig der
Laudesgesetzgcbuug vorbehalten wissen will, wären am besten in ein besondres
Reichsgesetz zu verweisen, das freilich mit einem guten Teile der aus der
Reaktionszeit der 1850er Jahre stammenden partikularen Rechte über das
Vereins- und Versammlungswesen gründlich aufzuräumen hätte. Den Einfluß
auf eine zweckmäßige Gestaltung dieses neuen Reichsrechts könnte sich der
Reichstag durch eine einfache Klausel sichern, die schon bei Erlaß der Rcichs-
jnstizgesetze angewendet wurde. Er brauchte nur dem Einführungsgesetze zum
bürgerlichen Gesetzbuche die Bestimmung anzufügen: Das bürgerliche Gesetz¬
buch tritt gleichzeitig mit dein zu erlassende» Reichsgesetze betreffend das
Vereins- und Bersammluugsrecht in Kraft.




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[0431] Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte in der Frage der Verleihung von Korporationsrechten um die Vereine gänzlich beseitigen werde. Er mag Sorge tragen, den Nahmen der den Vereinen zuzugestehenden Thätigkeit im Gesetze selbst, zwar mit einem gewissen anständigen Spielraum und ohne Fu߬ angeln, aber doch so genau zu bezeichnen, daß es den richterlichen Instanzen allein vorbehalten bleiben kann, das Statut der um die Vermögensfähigkeit uachsucheuden Bereine und demnächst ihre Wirksamkeit auf die Überein¬ stimmung mit diesem gesetzlichen Rahmen zu prüfen. Ebenso darf die Schließung und Auflösung eines mit Korporationsrechten ausgestatteten Vereins schlechter¬ dings nur durch richterliches Erkenntnis zugelassen werden. Handelt es sich doch dabei zugleich um Vermögensfragen von vielleicht bedeutender Trag¬ weite, deren Entscheidung auch sonst ausschließlich dem Schutze der Gerichte anvertraut ist. Soweit öffentliche Interessen dabei mit in Frage kommen, mag man die Verwaltungsbehörden ermächtigen, auch ihrerseits die Klage vor dem Zivilrichter anhängig zu machen. Ob derartige Bestimmungen im bürgerlichen Gesetzbuch selbst oder in einem besondern Vereins- und Versammlungsgesetz ihre Stelle finden sollen, ist eine rein technische Frage. Wir würden es für das Richtigste halten, wenn sich der Reichstag darauf beschränken wollte, alles das aus dem Entwurf auszumerzen, was er mit den Bedürfnissen sowohl als mit den Rechtsempfin- dungcn der Gegenwart unvereinbar findet. Die Fragen über die Zulassung, Schließung und Auflösung der Vereine, die der Entwurf auch künftig der Laudesgesetzgcbuug vorbehalten wissen will, wären am besten in ein besondres Reichsgesetz zu verweisen, das freilich mit einem guten Teile der aus der Reaktionszeit der 1850er Jahre stammenden partikularen Rechte über das Vereins- und Versammlungswesen gründlich aufzuräumen hätte. Den Einfluß auf eine zweckmäßige Gestaltung dieses neuen Reichsrechts könnte sich der Reichstag durch eine einfache Klausel sichern, die schon bei Erlaß der Rcichs- jnstizgesetze angewendet wurde. Er brauchte nur dem Einführungsgesetze zum bürgerlichen Gesetzbuche die Bestimmung anzufügen: Das bürgerliche Gesetz¬ buch tritt gleichzeitig mit dein zu erlassende» Reichsgesetze betreffend das Vereins- und Bersammluugsrecht in Kraft.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220975/431>, abgerufen am 29.06.2024.