Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Robert Schumann und Robeua Laidlaw

Auf eine" an Schumann gerichteten Brief erhielt Miß Laidlaw folgende
Antwort:

Leipzig, den 19^°" Aug. 1837

Besten Dank, mein teures Fräulein, daß Sie Ihr Versprechen gehalten. Die
Zeit Ihres Aufenthaltes hier wird mir stets eine recht schöne Erinnerung bleiben,
und daß dies wahr ist, was ich schreibe, werden Sie noch klarer in acht Phautasie-
stückeu sür Pianoforte finden, die bald erscheinen und Ihren Namen an der Stirne
tragen. Um Erlaubnis eiuer Dediccice habe ich zwar nicht besonders angefragt;
aber sie gehören Ihnen -- und das ganze Rosenthal mit romantischem Zubehör
steht in der Musik. Bis Eude September werden die Phantasiestücke fertig sein.
Wie, auf welche Weise soll ich sie Ihnen zusenden?

Es geht mir wohl, ja glücklich, und wenn uns nicht so viele Meilen trennten,
sollten Sie mehr darüber erfahren. Zum Schreiben ist es zu laug -- und, wer
weiß, ob Sie den Brief überhaupt entziffern können, so große Mühe ich mir
auch gegeben habe und eben gebe, mich zu zeigen. (Mich zu zeigen, ist wirklich
lesbar.) --

Hr. Anger ist erstaunlich nachsinnend geworden nach Ihrer Abreise und er
schwärmt oft von jenem Don Juan Abend ini Hütet de Baviöre. or. Reuter
empfiehlt sich Ihnen.

Ihr Bild habe ich bis jetzt noch nicht erhalten. Sie werden es nicht ver¬
gessen, nicht wahr?

Schreiben Sie nur von Ihren Plänen, Studien :c. Sie glauben nicht, wie
sehr ich Teil nehme an allem. Petersburg ist weit. Gehen Sie noch dahin?

Empfehlen Sie mich Ihrer verehrten Frau Mutter, die so lebendig vor mir
steht, wie Ihrem Herrn Vater und geben Sie bald ein Zeichen der Erinnerung


Ihremergebenen
Robert Schumann.

Antworten Sie mir lieber in englischer Sprache. Ich bitte recht schön
darum.

Die Phantasiestücke sind die "Phantasien für Pianoforte," die Schumann
am 22. Mai 1837 Hcirtel anbot; sie wurden angenommen und in der Zeit¬
schrift vom 25. Juli (unter dem Titel "Fantasiestücke") als demnächst er¬
scheinend angekündigt. Aber die Druckvorlage lieferte Schumann erst am
7. August; "Sie sollen auch einige Freude daran haben, hoffe ich," schrieb er
dabei an Hürtel. Obwohl der Stich bis Ende September fertig sein sollte,
und Schumann unterm 15. September an diese Vereinbarung erinnerte ("Auf
eine Korrektur der Phantasiestücke sehe ich mit Sehnsucht auf"), so verzögerte
sich doch die Herausgabe bis in den Februar 1838. Eine Abschrift von Ur. 1
"Des Abends" fertigte er am 18. August 1837 für E. A. Becker in Freiberg
und schrieb darauf: "Seinem lieben Becker Robert Schumann." Darunter
steht von der Hand seiner Braut: "Bescheiden doch mit Liebe unterschreibt sich
Klara Wieck." Das Manuskript des ganzen Heftes schenkte Schumann am
6. November 1837 dem weimarischen Musikdirektor Karl Montag. Zur weitern
Geschichte der Phantasieftücke sei noch bemerkt, daß sie ihren Weg ohne Geleits-


Robert Schumann und Robeua Laidlaw

Auf eine» an Schumann gerichteten Brief erhielt Miß Laidlaw folgende
Antwort:

Leipzig, den 19^°" Aug. 1837

Besten Dank, mein teures Fräulein, daß Sie Ihr Versprechen gehalten. Die
Zeit Ihres Aufenthaltes hier wird mir stets eine recht schöne Erinnerung bleiben,
und daß dies wahr ist, was ich schreibe, werden Sie noch klarer in acht Phautasie-
stückeu sür Pianoforte finden, die bald erscheinen und Ihren Namen an der Stirne
tragen. Um Erlaubnis eiuer Dediccice habe ich zwar nicht besonders angefragt;
aber sie gehören Ihnen — und das ganze Rosenthal mit romantischem Zubehör
steht in der Musik. Bis Eude September werden die Phantasiestücke fertig sein.
Wie, auf welche Weise soll ich sie Ihnen zusenden?

Es geht mir wohl, ja glücklich, und wenn uns nicht so viele Meilen trennten,
sollten Sie mehr darüber erfahren. Zum Schreiben ist es zu laug — und, wer
weiß, ob Sie den Brief überhaupt entziffern können, so große Mühe ich mir
auch gegeben habe und eben gebe, mich zu zeigen. (Mich zu zeigen, ist wirklich
lesbar.) —

Hr. Anger ist erstaunlich nachsinnend geworden nach Ihrer Abreise und er
schwärmt oft von jenem Don Juan Abend ini Hütet de Baviöre. or. Reuter
empfiehlt sich Ihnen.

Ihr Bild habe ich bis jetzt noch nicht erhalten. Sie werden es nicht ver¬
gessen, nicht wahr?

Schreiben Sie nur von Ihren Plänen, Studien :c. Sie glauben nicht, wie
sehr ich Teil nehme an allem. Petersburg ist weit. Gehen Sie noch dahin?

Empfehlen Sie mich Ihrer verehrten Frau Mutter, die so lebendig vor mir
steht, wie Ihrem Herrn Vater und geben Sie bald ein Zeichen der Erinnerung


Ihremergebenen
Robert Schumann.

Antworten Sie mir lieber in englischer Sprache. Ich bitte recht schön
darum.

Die Phantasiestücke sind die „Phantasien für Pianoforte," die Schumann
am 22. Mai 1837 Hcirtel anbot; sie wurden angenommen und in der Zeit¬
schrift vom 25. Juli (unter dem Titel „Fantasiestücke") als demnächst er¬
scheinend angekündigt. Aber die Druckvorlage lieferte Schumann erst am
7. August; „Sie sollen auch einige Freude daran haben, hoffe ich," schrieb er
dabei an Hürtel. Obwohl der Stich bis Ende September fertig sein sollte,
und Schumann unterm 15. September an diese Vereinbarung erinnerte („Auf
eine Korrektur der Phantasiestücke sehe ich mit Sehnsucht auf"), so verzögerte
sich doch die Herausgabe bis in den Februar 1838. Eine Abschrift von Ur. 1
„Des Abends" fertigte er am 18. August 1837 für E. A. Becker in Freiberg
und schrieb darauf: „Seinem lieben Becker Robert Schumann." Darunter
steht von der Hand seiner Braut: „Bescheiden doch mit Liebe unterschreibt sich
Klara Wieck." Das Manuskript des ganzen Heftes schenkte Schumann am
6. November 1837 dem weimarischen Musikdirektor Karl Montag. Zur weitern
Geschichte der Phantasieftücke sei noch bemerkt, daß sie ihren Weg ohne Geleits-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0330" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/221304"/>
          <fw type="header" place="top"> Robert Schumann und Robeua Laidlaw</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1048"> Auf eine» an Schumann gerichteten Brief erhielt Miß Laidlaw folgende<lb/>
Antwort:</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1049"> Leipzig, den 19^°" Aug. 1837</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1050"> Besten Dank, mein teures Fräulein, daß Sie Ihr Versprechen gehalten. Die<lb/>
Zeit Ihres Aufenthaltes hier wird mir stets eine recht schöne Erinnerung bleiben,<lb/>
und daß dies wahr ist, was ich schreibe, werden Sie noch klarer in acht Phautasie-<lb/>
stückeu sür Pianoforte finden, die bald erscheinen und Ihren Namen an der Stirne<lb/>
tragen. Um Erlaubnis eiuer Dediccice habe ich zwar nicht besonders angefragt;<lb/>
aber sie gehören Ihnen &#x2014; und das ganze Rosenthal mit romantischem Zubehör<lb/>
steht in der Musik. Bis Eude September werden die Phantasiestücke fertig sein.<lb/>
Wie, auf welche Weise soll ich sie Ihnen zusenden?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1051"> Es geht mir wohl, ja glücklich, und wenn uns nicht so viele Meilen trennten,<lb/>
sollten Sie mehr darüber erfahren. Zum Schreiben ist es zu laug &#x2014; und, wer<lb/>
weiß, ob Sie den Brief überhaupt entziffern können, so große Mühe ich mir<lb/>
auch gegeben habe und eben gebe, mich zu zeigen. (Mich zu zeigen, ist wirklich<lb/>
lesbar.) &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1052"> Hr. Anger ist erstaunlich nachsinnend geworden nach Ihrer Abreise und er<lb/>
schwärmt oft von jenem Don Juan Abend ini Hütet de Baviöre. or. Reuter<lb/>
empfiehlt sich Ihnen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1053"> Ihr Bild habe ich bis jetzt noch nicht erhalten. Sie werden es nicht ver¬<lb/>
gessen, nicht wahr?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1054"> Schreiben Sie nur von Ihren Plänen, Studien :c. Sie glauben nicht, wie<lb/>
sehr ich Teil nehme an allem.  Petersburg ist weit.  Gehen Sie noch dahin?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1055"> Empfehlen Sie mich Ihrer verehrten Frau Mutter, die so lebendig vor mir<lb/>
steht, wie Ihrem Herrn Vater und geben Sie bald ein Zeichen der Erinnerung</p><lb/>
          <note type="closer"> Ihremergebenen</note><lb/>
          <note type="bibl"> Robert Schumann.</note><lb/>
          <p xml:id="ID_1056"> Antworten Sie mir lieber in englischer Sprache. Ich bitte recht schön<lb/>
darum.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1057" next="#ID_1058"> Die Phantasiestücke sind die &#x201E;Phantasien für Pianoforte," die Schumann<lb/>
am 22. Mai 1837 Hcirtel anbot; sie wurden angenommen und in der Zeit¬<lb/>
schrift vom 25. Juli (unter dem Titel &#x201E;Fantasiestücke") als demnächst er¬<lb/>
scheinend angekündigt. Aber die Druckvorlage lieferte Schumann erst am<lb/>
7. August; &#x201E;Sie sollen auch einige Freude daran haben, hoffe ich," schrieb er<lb/>
dabei an Hürtel. Obwohl der Stich bis Ende September fertig sein sollte,<lb/>
und Schumann unterm 15. September an diese Vereinbarung erinnerte (&#x201E;Auf<lb/>
eine Korrektur der Phantasiestücke sehe ich mit Sehnsucht auf"), so verzögerte<lb/>
sich doch die Herausgabe bis in den Februar 1838. Eine Abschrift von Ur. 1<lb/>
&#x201E;Des Abends" fertigte er am 18. August 1837 für E. A. Becker in Freiberg<lb/>
und schrieb darauf: &#x201E;Seinem lieben Becker Robert Schumann." Darunter<lb/>
steht von der Hand seiner Braut: &#x201E;Bescheiden doch mit Liebe unterschreibt sich<lb/>
Klara Wieck." Das Manuskript des ganzen Heftes schenkte Schumann am<lb/>
6. November 1837 dem weimarischen Musikdirektor Karl Montag. Zur weitern<lb/>
Geschichte der Phantasieftücke sei noch bemerkt, daß sie ihren Weg ohne Geleits-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0330] Robert Schumann und Robeua Laidlaw Auf eine» an Schumann gerichteten Brief erhielt Miß Laidlaw folgende Antwort: Leipzig, den 19^°" Aug. 1837 Besten Dank, mein teures Fräulein, daß Sie Ihr Versprechen gehalten. Die Zeit Ihres Aufenthaltes hier wird mir stets eine recht schöne Erinnerung bleiben, und daß dies wahr ist, was ich schreibe, werden Sie noch klarer in acht Phautasie- stückeu sür Pianoforte finden, die bald erscheinen und Ihren Namen an der Stirne tragen. Um Erlaubnis eiuer Dediccice habe ich zwar nicht besonders angefragt; aber sie gehören Ihnen — und das ganze Rosenthal mit romantischem Zubehör steht in der Musik. Bis Eude September werden die Phantasiestücke fertig sein. Wie, auf welche Weise soll ich sie Ihnen zusenden? Es geht mir wohl, ja glücklich, und wenn uns nicht so viele Meilen trennten, sollten Sie mehr darüber erfahren. Zum Schreiben ist es zu laug — und, wer weiß, ob Sie den Brief überhaupt entziffern können, so große Mühe ich mir auch gegeben habe und eben gebe, mich zu zeigen. (Mich zu zeigen, ist wirklich lesbar.) — Hr. Anger ist erstaunlich nachsinnend geworden nach Ihrer Abreise und er schwärmt oft von jenem Don Juan Abend ini Hütet de Baviöre. or. Reuter empfiehlt sich Ihnen. Ihr Bild habe ich bis jetzt noch nicht erhalten. Sie werden es nicht ver¬ gessen, nicht wahr? Schreiben Sie nur von Ihren Plänen, Studien :c. Sie glauben nicht, wie sehr ich Teil nehme an allem. Petersburg ist weit. Gehen Sie noch dahin? Empfehlen Sie mich Ihrer verehrten Frau Mutter, die so lebendig vor mir steht, wie Ihrem Herrn Vater und geben Sie bald ein Zeichen der Erinnerung Ihremergebenen Robert Schumann. Antworten Sie mir lieber in englischer Sprache. Ich bitte recht schön darum. Die Phantasiestücke sind die „Phantasien für Pianoforte," die Schumann am 22. Mai 1837 Hcirtel anbot; sie wurden angenommen und in der Zeit¬ schrift vom 25. Juli (unter dem Titel „Fantasiestücke") als demnächst er¬ scheinend angekündigt. Aber die Druckvorlage lieferte Schumann erst am 7. August; „Sie sollen auch einige Freude daran haben, hoffe ich," schrieb er dabei an Hürtel. Obwohl der Stich bis Ende September fertig sein sollte, und Schumann unterm 15. September an diese Vereinbarung erinnerte („Auf eine Korrektur der Phantasiestücke sehe ich mit Sehnsucht auf"), so verzögerte sich doch die Herausgabe bis in den Februar 1838. Eine Abschrift von Ur. 1 „Des Abends" fertigte er am 18. August 1837 für E. A. Becker in Freiberg und schrieb darauf: „Seinem lieben Becker Robert Schumann." Darunter steht von der Hand seiner Braut: „Bescheiden doch mit Liebe unterschreibt sich Klara Wieck." Das Manuskript des ganzen Heftes schenkte Schumann am 6. November 1837 dem weimarischen Musikdirektor Karl Montag. Zur weitern Geschichte der Phantasieftücke sei noch bemerkt, daß sie ihren Weg ohne Geleits-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220975
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220975/330
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220975/330>, abgerufen am 04.07.2024.