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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Viertes Vierteljahr.

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Robert Schumann und Robena Laidlaw

Schumann war höchst liebenswürdig, sprach von meinem künstlerischen Erfolg
in Warschau und sagte beim Abschiede, daß er unsern Besuch bald erwidern
würde, was er (wenn ich mich recht erinnere) noch denselben Tag ausführte.
Bei seinem Besuche lachten wir sehr, da er bei der Vorstellung unsers freund-
lichen Dresdner Führers verstanden hatte "Fürst ans Warschau"; das Mi߬
verständnis war durch den Namen Fürstenau und meine Worte, daß ich aus
Warschau gekommen sei, entstanden."

Schumann hörte nun Miß Laidlaw spielen -- Stücke von verschiednen
Komponisten und in verschiednen Stilarten -- und war außerordentlich davon
erbaut. Mit Freuden half er ihr bei den Vorbereitungen ihres Konzerts,
gewann David und deu eben auf Gastrollen anwesenden vorzüglichen Bari-
tonisten Hammermeister (den ersten Darsteller des Templers in Marschners Oper)
für die Mitwirkung und machte in seiner Zeitschrift "auf die ausgezeichnete
Künstlerin und ihre Leistungen ganz besonders aufmerksam."

Er kam auch häufig mit den beiden Damen zusammen und war in jeder
Weise auf ihre Unterhaltung bedacht. Zuerst führte er sie ins Rosenthal.
"Das Wetter war sehr schön, und wir drei wanderten den Gurten zu. Nach
dem Kaffee schlug ich einen Spaziergang durch die Anlagen vor. Wir hatten
ihn kaum begonnen, als uns Schumann plötzlich verließ und eine kleine Anhöhe
hinan eilte.^) Meine Mutter und ich hielten sür das beste, ihn da wieder zu
erwarten, wo wir waren, und beobachteten nun, wie er jeden Rosenstrauch
musterte und zuletzt behutsam eine Rose abschnitt, mit der er zu uns zurück¬
eilte. Er fragte, was wir von seinem Verschwinden gedacht hätten, er habe
eine Rose von tadelloser Schönheit suchen wollen, um sie mir zu überreichen.
Als ich ihm verbindlichst dankte, sagte er: nun lassen Sie uns etwas ans dem
Wasser fahren. Meine Mutter lehnte es ab, eins der kleinen Boote zu be¬
steigen, und war auch dagegen, daß ich es thäte; als ich aber Schumanns
Enttäuschung bemerkte, sagte ich, ich wolle mich seiner Obhut anvertrauen.
Darauf suchte er ein Boot aus, ordnete die Kissen, und wir traten unsre
Wasserheldenfahrt an, während Mama am Ufer sitzend uns zusah. Ich ruderte
sehr gut, und nach einer Stunde kehrten wir zu meiner ängstlichen Mutter
zurück. Den Beschluß machte el" schöner Spaziergang rings um den pracht¬
vollen Platz." Solche Nuderpartien liebte Schumann; das Vergnügen wurde
denn auch wiederholt.

Aus Schumanns Gesprächen teilt Miß Laidlaw allerlei mit. "Seine
Unterhaltung war immer geistreich und anziehend; ganz eigenartig --er kopirte
nie andre, weder in Manieren noch in Worten. Wir sprachen wiederholt über
E. Th. A. Hoffmann, den er sehr liebte. Ebenso über Walter Scott und seine
herrlichen Werke; es interessirte ihn, zu hören, daß meine Großeltern, die



D. R. Das wird der Schneckenberg am Schwnnenteiche gewesen sein.
Robert Schumann und Robena Laidlaw

Schumann war höchst liebenswürdig, sprach von meinem künstlerischen Erfolg
in Warschau und sagte beim Abschiede, daß er unsern Besuch bald erwidern
würde, was er (wenn ich mich recht erinnere) noch denselben Tag ausführte.
Bei seinem Besuche lachten wir sehr, da er bei der Vorstellung unsers freund-
lichen Dresdner Führers verstanden hatte »Fürst ans Warschau«; das Mi߬
verständnis war durch den Namen Fürstenau und meine Worte, daß ich aus
Warschau gekommen sei, entstanden."

Schumann hörte nun Miß Laidlaw spielen — Stücke von verschiednen
Komponisten und in verschiednen Stilarten — und war außerordentlich davon
erbaut. Mit Freuden half er ihr bei den Vorbereitungen ihres Konzerts,
gewann David und deu eben auf Gastrollen anwesenden vorzüglichen Bari-
tonisten Hammermeister (den ersten Darsteller des Templers in Marschners Oper)
für die Mitwirkung und machte in seiner Zeitschrift „auf die ausgezeichnete
Künstlerin und ihre Leistungen ganz besonders aufmerksam."

Er kam auch häufig mit den beiden Damen zusammen und war in jeder
Weise auf ihre Unterhaltung bedacht. Zuerst führte er sie ins Rosenthal.
„Das Wetter war sehr schön, und wir drei wanderten den Gurten zu. Nach
dem Kaffee schlug ich einen Spaziergang durch die Anlagen vor. Wir hatten
ihn kaum begonnen, als uns Schumann plötzlich verließ und eine kleine Anhöhe
hinan eilte.^) Meine Mutter und ich hielten sür das beste, ihn da wieder zu
erwarten, wo wir waren, und beobachteten nun, wie er jeden Rosenstrauch
musterte und zuletzt behutsam eine Rose abschnitt, mit der er zu uns zurück¬
eilte. Er fragte, was wir von seinem Verschwinden gedacht hätten, er habe
eine Rose von tadelloser Schönheit suchen wollen, um sie mir zu überreichen.
Als ich ihm verbindlichst dankte, sagte er: nun lassen Sie uns etwas ans dem
Wasser fahren. Meine Mutter lehnte es ab, eins der kleinen Boote zu be¬
steigen, und war auch dagegen, daß ich es thäte; als ich aber Schumanns
Enttäuschung bemerkte, sagte ich, ich wolle mich seiner Obhut anvertrauen.
Darauf suchte er ein Boot aus, ordnete die Kissen, und wir traten unsre
Wasserheldenfahrt an, während Mama am Ufer sitzend uns zusah. Ich ruderte
sehr gut, und nach einer Stunde kehrten wir zu meiner ängstlichen Mutter
zurück. Den Beschluß machte el» schöner Spaziergang rings um den pracht¬
vollen Platz." Solche Nuderpartien liebte Schumann; das Vergnügen wurde
denn auch wiederholt.

Aus Schumanns Gesprächen teilt Miß Laidlaw allerlei mit. „Seine
Unterhaltung war immer geistreich und anziehend; ganz eigenartig —er kopirte
nie andre, weder in Manieren noch in Worten. Wir sprachen wiederholt über
E. Th. A. Hoffmann, den er sehr liebte. Ebenso über Walter Scott und seine
herrlichen Werke; es interessirte ihn, zu hören, daß meine Großeltern, die



D. R. Das wird der Schneckenberg am Schwnnenteiche gewesen sein.
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[0326] Robert Schumann und Robena Laidlaw Schumann war höchst liebenswürdig, sprach von meinem künstlerischen Erfolg in Warschau und sagte beim Abschiede, daß er unsern Besuch bald erwidern würde, was er (wenn ich mich recht erinnere) noch denselben Tag ausführte. Bei seinem Besuche lachten wir sehr, da er bei der Vorstellung unsers freund- lichen Dresdner Führers verstanden hatte »Fürst ans Warschau«; das Mi߬ verständnis war durch den Namen Fürstenau und meine Worte, daß ich aus Warschau gekommen sei, entstanden." Schumann hörte nun Miß Laidlaw spielen — Stücke von verschiednen Komponisten und in verschiednen Stilarten — und war außerordentlich davon erbaut. Mit Freuden half er ihr bei den Vorbereitungen ihres Konzerts, gewann David und deu eben auf Gastrollen anwesenden vorzüglichen Bari- tonisten Hammermeister (den ersten Darsteller des Templers in Marschners Oper) für die Mitwirkung und machte in seiner Zeitschrift „auf die ausgezeichnete Künstlerin und ihre Leistungen ganz besonders aufmerksam." Er kam auch häufig mit den beiden Damen zusammen und war in jeder Weise auf ihre Unterhaltung bedacht. Zuerst führte er sie ins Rosenthal. „Das Wetter war sehr schön, und wir drei wanderten den Gurten zu. Nach dem Kaffee schlug ich einen Spaziergang durch die Anlagen vor. Wir hatten ihn kaum begonnen, als uns Schumann plötzlich verließ und eine kleine Anhöhe hinan eilte.^) Meine Mutter und ich hielten sür das beste, ihn da wieder zu erwarten, wo wir waren, und beobachteten nun, wie er jeden Rosenstrauch musterte und zuletzt behutsam eine Rose abschnitt, mit der er zu uns zurück¬ eilte. Er fragte, was wir von seinem Verschwinden gedacht hätten, er habe eine Rose von tadelloser Schönheit suchen wollen, um sie mir zu überreichen. Als ich ihm verbindlichst dankte, sagte er: nun lassen Sie uns etwas ans dem Wasser fahren. Meine Mutter lehnte es ab, eins der kleinen Boote zu be¬ steigen, und war auch dagegen, daß ich es thäte; als ich aber Schumanns Enttäuschung bemerkte, sagte ich, ich wolle mich seiner Obhut anvertrauen. Darauf suchte er ein Boot aus, ordnete die Kissen, und wir traten unsre Wasserheldenfahrt an, während Mama am Ufer sitzend uns zusah. Ich ruderte sehr gut, und nach einer Stunde kehrten wir zu meiner ängstlichen Mutter zurück. Den Beschluß machte el» schöner Spaziergang rings um den pracht¬ vollen Platz." Solche Nuderpartien liebte Schumann; das Vergnügen wurde denn auch wiederholt. Aus Schumanns Gesprächen teilt Miß Laidlaw allerlei mit. „Seine Unterhaltung war immer geistreich und anziehend; ganz eigenartig —er kopirte nie andre, weder in Manieren noch in Worten. Wir sprachen wiederholt über E. Th. A. Hoffmann, den er sehr liebte. Ebenso über Walter Scott und seine herrlichen Werke; es interessirte ihn, zu hören, daß meine Großeltern, die D. R. Das wird der Schneckenberg am Schwnnenteiche gewesen sein.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220975/326>, abgerufen am 24.07.2024.